Samstag, 14. November 2015

Mit dem Siegel der Unauflöslichkeit geprägt

Mit dem Siegel der Unauflöslichkeit geprägt

Der Einheit des ehelichen Bandes sehen wir das Siegel der Unauflöslichkeit aufgeprägt. Gewiss ist es ein Band, zu dem auch die Natur hinneigt, das aber nicht notwendig durch die Prinzipien der Natur verursacht ist, sondern durch den freien Willen vollzogen wird. Der einfache Wille der Kontrahenten kann es knüpfen, vermag es aber nicht mehr zu lösen. Das gilt nicht nur für die christliche Ehe, sondern allgemein für jede gültige Ehe, die hier auf Erden in gegenseitiger Einwilligung der Ehegatten geschlossen wird.
Wenn aber der Wille der Eheleute das eheliche Band nicht mehr lösen kann, darf es dann vielleicht die von Christus für das religiöse Leben der Menschen eingesetzte Obrigkeit tun, die über den Eheleuten steht?
Das Band der christlichen Ehe ist so stark, dass, wenn es durch den Gebrauch der ehelichen Rechte seine volle Festigkeit erlangt hat, keine Macht der Welt, nicht einmal die Unsere, die des Stellvertreters Christi, stark genug ist, es zu lösen. Wahr ist, dass Wir erkennen und erklären können, dass eine Ehe, die als gültig geschlossen wurde, in Wirklichkeit wegen irgendeines Hindernisses, eines wesentlichen Mangels oder eines substantiellen Formfehlers nichtig war. Wir können auch in besonderen Fällen aus schwerwiegenden Gründen Ehen lösen, denen der sakramentale Charakter fehlt. Wir können sogar, falls ein gerechter und angemessener Grund vorliegt, die Verbindung zwischen christlichen Eheleuten, das von ihnen vor dem Altar gesprochene Ja aufheben, wenn feststeht, dass sie nicht Ihre Vollendung mit der Verwirklichung des ehelichen Zusammenlebens erreicht hat. Ist dies aber einmal geschehen, so bleibt das Band jeder menschlichen Gewalt entzogen. Hat nicht Christus die eheliche Gemeinschaft auf jene fundamentale Würde zurückgeführt, die der Schöpfer am Paradiesesmorgen des Menschengeschlechts ihr gegeben hatte, auf die unverletzliche Würde der einen und unauflöslichen Ehe?
Jesus Christus, der Erlöser der gefallenen Menschheit, war nicht gekommen, um das göttliche Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen und wiederherzustellen, um - Gesetzgeber mehr als Moses, Weiser mehr als Salomo, Prophet mehr als die Propheten - wahrzumachen, was von ihm vorhergesagt worden war, vorausverkünndigt gleich Moses, erwartet von den Kindern Israel, auf dessen Lippen der Herr sein Wort gelegt hatte, während alle, die nicht auf ihn hörten, aus dem Volke Gottes ausgerottet werden sollten. Daher erhöhte Christi unvergängliches Wort in der Ehe den Mann und erhöhte aufs Neue die Frau, die in der vorchristlichen Ära als Sklavin erniedrigt worden war, die der strengste Zensor Roms einer „ungezügelten Natur und einem ungezähmten Tier“ gleichgestellt hatte. Derselbe Erlöser hatte schon in sich selbst nicht nur den Mann erhöht, sondern auch die Frau, indem er von einer Frau die Menschennatur annahm, und seine Mutter, gebenedeit unter den Frauen, die im Himmel zur Königin der Engel und der Heiligen gekrönt wurde, zum makellosen Spiegel der Tugend und der Gnade für jede christliche Familie durch alle Jahrhunderte hindurch erhob.

Aus der Ansprache an Neuvermählte, 22. April 1942, in „Der Papst sagt“ – Lehren Pius XII., Verlag Heinrich Scheffler, Frankfurt am Main, 1955.


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