Mit dem Siegel der Unauflöslichkeit geprägt
Der Einheit des ehelichen Bandes sehen wir das Siegel der
Unauflöslichkeit aufgeprägt. Gewiss ist es ein Band, zu dem auch die Natur
hinneigt, das aber nicht notwendig durch die Prinzipien der Natur verursacht
ist, sondern durch den freien Willen vollzogen wird. Der einfache Wille der
Kontrahenten kann es knüpfen, vermag es aber nicht mehr zu lösen. Das gilt
nicht nur für die christliche Ehe, sondern allgemein für jede gültige Ehe, die
hier auf Erden in gegenseitiger Einwilligung der Ehegatten geschlossen wird.
Wenn aber der Wille der Eheleute das eheliche Band nicht
mehr lösen kann, darf es dann vielleicht die von Christus für das religiöse
Leben der Menschen eingesetzte Obrigkeit tun, die über den Eheleuten steht?
Das Band der christlichen Ehe ist so stark, dass, wenn es
durch den Gebrauch der ehelichen Rechte seine volle Festigkeit erlangt hat,
keine Macht der Welt, nicht einmal die Unsere, die des Stellvertreters Christi,
stark genug ist, es zu lösen. Wahr ist, dass Wir erkennen und erklären können,
dass eine Ehe, die als gültig geschlossen wurde, in Wirklichkeit wegen
irgendeines Hindernisses, eines wesentlichen Mangels oder eines substantiellen
Formfehlers nichtig war. Wir können auch in besonderen Fällen aus
schwerwiegenden Gründen Ehen lösen, denen der sakramentale Charakter fehlt. Wir
können sogar, falls ein gerechter und angemessener Grund vorliegt, die
Verbindung zwischen christlichen Eheleuten, das von ihnen vor dem Altar
gesprochene Ja aufheben, wenn feststeht, dass sie nicht Ihre Vollendung mit der
Verwirklichung des ehelichen Zusammenlebens erreicht hat. Ist dies aber einmal
geschehen, so bleibt das Band jeder menschlichen Gewalt entzogen. Hat nicht
Christus die eheliche Gemeinschaft auf jene fundamentale Würde zurückgeführt,
die der Schöpfer am Paradiesesmorgen des Menschengeschlechts ihr gegeben hatte,
auf die unverletzliche Würde der einen und unauflöslichen Ehe?
Jesus Christus, der Erlöser der gefallenen Menschheit,
war nicht gekommen, um das göttliche Gesetz aufzuheben, sondern um es zu
erfüllen und wiederherzustellen, um - Gesetzgeber mehr als Moses, Weiser mehr
als Salomo, Prophet mehr als die Propheten - wahrzumachen, was von ihm
vorhergesagt worden war, vorausverkünndigt gleich Moses, erwartet von den
Kindern Israel, auf dessen Lippen der Herr sein Wort gelegt hatte, während
alle, die nicht auf ihn hörten, aus dem Volke Gottes ausgerottet werden
sollten. Daher erhöhte Christi unvergängliches Wort in der Ehe den Mann und
erhöhte aufs Neue die Frau, die in der vorchristlichen Ära als Sklavin
erniedrigt worden war, die der strengste Zensor Roms einer „ungezügelten Natur
und einem ungezähmten Tier“ gleichgestellt hatte. Derselbe Erlöser hatte schon
in sich selbst nicht nur den Mann erhöht, sondern auch die Frau, indem er von
einer Frau die Menschennatur annahm, und seine Mutter, gebenedeit unter den
Frauen, die im Himmel zur Königin der Engel und der Heiligen gekrönt wurde, zum
makellosen Spiegel der Tugend und der Gnade für jede christliche Familie durch
alle Jahrhunderte hindurch erhob.
Aus der Ansprache an Neuvermählte, 22. April 1942, in
„Der Papst sagt“ – Lehren Pius XII., Verlag Heinrich Scheffler, Frankfurt am
Main, 1955.
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