Montag, 26. Dezember 2022

Der hl. Joseph mit dem Jesuskind

Guido Reni (1575-1642) gilt als ein großer
Barockmaler Italiens. Da es ihm gelingt,  Gefühle
intensiv darzustellen, wird er in unserer gefühllosen Zeit
manchmal als Kitschmaler völlig falsch beurteilt.


Der hl. Joseph mit Kind ist ein beliebtes Motiv des Malers. Dieses Bild befindet sich im Museum of Fine Art in Houston. Es zeigt Joseph in Dreiviertelfigur als einen alten Mann: Seine Haare sind schon grau und leicht schütter, sein Gesicht ist von Furchen durchzogen, sein Bart ist weiß und seine Hände sind die eines Handwerkers. Sein Alter und seine Haltung deuten auf seine Berufung im Dienst der Familie. Er hält das Kind so liebevoll auf seinen Armen und blickt es so zärtlich und ergeben an, wie man es von jedem Vater erwarten möchte.

Der kleine Jesus ist nackt, mit blonden Haaren und glatter Haut. Kindheit und Alter im Gegensatz und im Miteinander. Jesus entgegnet Josephs Blick leicht fragend. Er hält ihm einen Apfel entgegen. Ist es ein Symbol für Joseph als Nährvater oder verweist der Apfel auf den Sündenfall und auf die begonnene Erlösung?

Während Joseph leicht aus der senkrechten Frontalansicht gewendet ist, hat das Kind eine leichte Wendung aus der horizontalen Seitenansicht. Diese beiden Wendungen sind genial. Durch sie wird die Vater-Kind-Beziehung intensiviert. Der Mantel von Joseph verdeutlicht die Einheit von Vater und Sohn.

Beeindruckend ist die harmonische Farbgestaltung des Bildes.

Alois Epple

 

Quelle: Der Fels, Titelbild März 2021.
Eichendorfer Str. 17, D-86916 Kaufering.
Redaktion:
Hubert.Gindert@der–fels.de

© Nachdruck ist mit Quellenangabe gestattet.

Dienstag, 13. Dezember 2022

Eine kummervolle Seele


Weihnachtsgeschichte

      Das Angstgefühl einer Seele, die im Laufe der Jahre die göttlichen Gebote vergaß, aber in der Erinnerung an die Freuden, die der Weihnachtszeit eigen sind, von der Gnade bewegt wurde und vom Erlöser auf die Fürsprache der Heiligen Jungfrau die Vergebung für ihr widerspenstiges Leben erhielt.

* * *

Benoît Bemelmans (2005)

      In ihrem schmerzenden Körper war auch ihre Seele traurig und verwundet.

      Mehr als die Kälte der Nacht, mehr als die Schmerzen in ihren Gliedern, weil sie so viel in der Stadt unterwegs war, litt sie unter einem verborgenen und tiefen Unwohlsein.

      In dieser Weihnachtsnacht wanderte die gequälte Seele durch die Straßen und versuchte, die Ursache ihres Leidens zu ignorieren.

      Sie hatte sich längst in Gleichgültigkeit eingerichtet. Wann hatte sie das letzte Mal in einem Beichtstuhl gekniet, um Vergebung für ihre Fehler zu erhalten?

      Sie war keine große Kriminelle, nein. Sie war eine ganz normale Person, die ihrem täglichen Leben nachging. Sie hatte nur das Gesetz Gottes vergessen, das sie durch ihr eigenes Vergnügen, ihre Selbstsucht und alle Arten von Niedertracht ersetzt hatte, die ihre Seele durchdrangen wie das Rascheln toter Blätter, die vom Wirbelwind eines bösen Atems fortgetragen
werden.

      War es ein Mann? War es eine Frau?

      Das spielt keine Rolle. Es war eine Seele, die in Traurigkeit versunken war, die unvermeidliche und bittere Frucht eines schlechten Gewissens, wenn sie, ohne es sich selbst eingestehen zu wollen, all das sieht, was sie durch die Ablehnung der Freundschaft Gottes verloren hat. Es gibt so viele solcher Seelen in der heutigen neuheidnischen Welt, die durch die Gewohnheit der Skepsis verhärtet sind!

      Den ganzen Tag über war sie damit beschäftigt gewesen, die letzten Vorbereitungen für Weihnachten zu treffen. Denn trotz der Vernachlässigung ihres geistlichen Lebens erinnerte sich diese Seele noch an die Freude und Unschuld ihrer ersten Weihnachtsfeiertage. Sie sehnte sich nach einem Glück, das ihr immer mehr zu entgleiten schien, und versuchte, so weit wie möglich, die Atmosphäre der Weihnachtsfeste ihrer Kindheit um sich herum wiederherzustellen. Sie war sehr begabt darin und schaffte es trotz allem, einige Freunde und Verwandte um einen schön geschmückten Tannenbaum, eine kleine Krippe und ein Abendessen zu versammeln, um nicht alleine ein allzu melancholisches Fest zu feiern.

      Die Jahre waren vergangen, aber die unsterbliche Seele bewahrte noch die Spuren ihrer unschuldigen Kindheit.

      Übrigens, wenn der Leser die Erwachsenen beobachtet, wird er sehen, dass in ihren Seelen das Kind nie sehr weit weg ist, selbst wenn die Sünden es verdunkelt haben. Wird dieses Kind eines Tages erwachen?

      Der Baum leuchtete schon seit einigen Tagen mit all seinen bunten Kugeln, und die Krippe über dem Kamin wartete nur noch auf die heilige Nacht, in der sie das Jesuskind aufnehmen würde.


     
Jeden Abend freute sich die Seele, wenn sie ihr kleines Lehmlamm voranschreiten ließ. Sie begann auch das Gebet zu sprechen, dass ihre Mutter sie vor der Krippe hatte sprechen lassen. Das Lamm hatte sich von der Höhe des Papierhügels auf den Weg gemacht, und die Seele fragte sich, ob es die Krippe rechtzeitig zum Heiligen Abend erreichen würde.

      Ihr Lamm erinnerte sie daran, dass auch sie, ganz in Weiß gekleidet, zum Stall gehen sollte, um durch die Muttergottes ein inbrünstiges Gebet an das göttliche Kind zu richten. Es war das beste Geschenk, das sie dem Jesuskind machen konnte, das ja gekommen ist, uns zu retten.

      - Zu retten, mich, wovor? - fragte sie sich.

      Um sie von der Sünde zu erlösen, ihr die Pforten des Himmels zu öffnen, sie zu einem Kind Gottes zu machen, sie aus den Klauen des Teufels zu befreien, indem er für sie am Kreuz sterben würde.

      In der Krippe liegend, zwischen Ochs und Esel, breitet das Jesuskind seine Arme aus, um uns zu empfangen... aber es breitet sie bereits in Form eines Kreuzes aus!

      Als sie zur Erstkommunion gegangen war, war Weihnachten noch schöner geworden.

      Wie strahlend war die Christmette in der Pfarrkirche! Die Kerzen leuchteten auf dem Altar, Weihnachtslieder stiegen mit den Weihrauchwolken zum Himmel auf... Bei der Kommunion empfängt die Seele Jesus, ihren Retter. Sie betete ihn an, wie es die Hirten im Stall zu Bethlehem getan hatten, sie bot sich ihm an und war überwältigt von der Freude über seine barmherzige Liebe.

      Sie hatte sich sorgfältig auf diese wunderbare Begegnung vorbereitet. Einige Tage zuvor hatte sie ihre Fehler demütig und reumütig einem alten Priester gebeichtet, der sie immer freundlich ermutigt hatte, auf dem Weg des Guten zu bleiben.

      - Bete auch für mich. Denn es wird der Tag kommen, an dem Sie mich nicht mehr hier finden werden, um Sie zu beraten.

      Die Seele verließ den Beichtstuhl mit einem großen Gefühl der Leichtigkeit, erfüllt von der ruhigen Freude, sich in der Freundschaft Gottes zu wissen.

      Und jeden Abend sprach sie vor der Krippe das Gebet, das ihr ihre Mutter beigebracht hatte, um sich auf Weihnachten vorzubereiten. Es war ein wunderschönes Gebet, das an die Heilige Jungfrau gerichtet war, die für uns alles von ihrem göttlichen Sohn erhält.

      - Wie war dieses Gebet noch? -- fragte ihre gequälte Seele.

      Aus den Tiefen der jahrelangen Gleichgültigkeit tauchten allmählich die lange vergessenen Worte in ihrem Gedächtnis auf:

      Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria, von Ewigkeit her ist es unerhört, dass einer, der zu dir seine Zuflucht genommen, deine Hilfe angerufen, um deine Fürsprache gebeten, von dir sei verlassen worden. Von diesem Vertrauen beseelt, eile ich zu dir, o Jungfrau der Jungfrauen und Mutter; zu dir komme ich, vor dir stehe ich seufzend unter der Last meiner Sünden. Verschmähe nicht meine Worte, du Mutter des menschgewordenen Wortes, sondern höre sie gnädig an und erhöre mich! Amen.

      In einer ersten Bewegung von bitterem Stolz fragte sich die Seele: Bin ich die Erste, die sagt, dass die Gottesmutter mir nicht zur Hilfe gekommen ist?

      Dann wurde ihr klar, dass sie sich nicht die Mühe gemacht hatte, nur ein einziges Mal um diese Hilfe gebeten zu haben.

      Und als sie durch die kalten, leeren Straßen ging, wiederholte sie die Worte ihres Gebetes aus der Kindheit: Seufzend unter der Last meiner Sünden [...] von Ewigkeit her ist es unerhört, dass einer, der zu dir seine Zuflucht genommen [...] von dir sei verlassen worden! Von diesem Vertrauen beseelt, eile ich zu dir, o Jungfrau der Jungfrauen und Mutter...

      Ein großer Schmerz überfiel diese gequälte Seele, als sie sich ihres beklagenswerten Zustands bewusst wurde. Aus der Tiefe ihres Wesens stieg der Wunsch auf, die Freundschaft Gottes und die frühlingshaften Düfte ihres geistlichen Lebens wiederzugewinnen, ihre verlorene Unschuld wiederherzustellen.

      - Wird das noch möglich sein? -- fragte sie sich.

      - Von Ewigkeit her ist es unerhört... – antwortet ihr eine innere Stimme.

      Von der Gnade ergriffen, wiederholte sie die Worte des Memorare mit aller Aufrichtigkeit und bat die Muttergottes um Hilfe.

      - Mal sehen, was passiert - dachte sie mit einem Hauch von Ungläubigkeit. Und sie bog um die Ecke.

* * *

      Das Licht im Inneren der Kirche beleuchtete die bunten Glasfenster. Die Tür war offen. Zögernd und überrascht trat sie ein. Die Weihnachtsvigil stand kurz vor dem Beginn. Sie ging durch den Seitengang zum Altar der Muttergottes. Von der Orgel erklang eine Weihnachtsmelodie; die Seele brach in Tränen aus.

      Nach so vielen Jahren der Trockenheit in Selbstgefälligkeit ertrank sie in Schluchzern der Reue. Die Tränen liefen ihr in Strömen über die Wangen, und ihr Oberkörper schüttelte sich im krampfhaften Rhythmus des Schluchzens, wie bei einem Kind....

      Es war da ein Priester, um die Beichte zu hören. Und das war nicht das Geringste der Wunder für die Zeit, in der wir leben. Die Seele klagte sich selbst an, so gut sie es konnte, etwas verwirrt, über ihr trauriges Leben fern von Gott. Und erhielt die Absolution für ihre Fehler.

      Ich überlasse es dem Leser, sich die Freude vorzustellen, die das Herz des Jesuskindes in jener Nacht empfand durch die Rückkehr in die Herde seines kleinen verlorenen Schafes.

      Das Jesuskind ist vor allem für die Sünder gekommen. Es lehnt ihre Vergebung niemals ab. Es empfängt jede demütige Zerknirschung mit Güte und Barmherzigkeit. Gestern, heute, immer: Jesus Christus ist die Lösung für die Welt, die in der Nacht des Neuheidentums versinkt.

      Im größten Drama unseres Lebens wollen wir uns vertrauensvoll an unseren Erlöser wenden, durch die Heilige Jungfrau, der Er nichts verweigert...

 

 Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von DeepL/Übersetzer (kostenlose Version) von „Alma aflita“, vom Autor persönlich zugestellt.

Diese deutsche Fassung „Eine kummervolle Seele“ erschien erstmals in www.r-gr.blogspot.com

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