»Wir lehren also und
erklären: Nach den Berichten des Evangeliums wurde der Jurisdiktionsprimat
(Regierungsvorrang) über die ganze Kirche Gottes von Christus dem Herrn
unmittelbar und direkt dem heiligen Apostel Petrus verheißen und übertragen.
Denn Simon allein ist es, zu dem der Herr schon lang zuvor das Wort gesprochen
hatte: „Du sollst Kephas, Fels, genannt werden“ (Joh 1,41). Und Simon allein ist
es, an den der Herr nach dessen Bekenntnis: „Du bist Christus, der Sohn des
lebendigen Gottes!“ die feierliche Erklärung richtete: „Selig bist du,
Simon, Sohn des Jonas! Denn nicht Fleisch und Blut haben dir das geoffenbart,
sondern mein Vater, der im Himmel ist. Und ich sage dir: Du bist Petrus, und auf
diesen Felsen will im meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie
nicht überwältigen. Dir will ich die Schlüssel des Himmelreiches geben. Alles,
was du auf Erden binden wirst, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles,
was du auf Erden lösen wirst, wird auch im Himmel gelöst sein.“ (Mt
16,16ff) Simon Petrus allein endlich verlieh Jesus nach seiner Auferstehung die
oberste Hirten- und Führergewalt über seine ganze Herde mit den Worten: „Weide
meine Lämmer. Weide meine Schafe.“ (Joh 21,15ff)
Zu dieser ganz eindeutigen
Lehre der Heiligen Schrift, die die katholische Kirche allezeit auch in diesem
Sinn verstanden hat, stehen in offenem Gegensatze gewisse verwerfliche
Ansichten, deren Vertreter die von Christus dem Herrn seiner Kirche gegebene
Regierungsform umstürzen wollen, indem sie leugnen, dass Petrus allein vor den
übrigen Aposteln — und zwar vor jedem einzelnen wie vor ihrer Gesamtheit — von
Christus mit dem wahren und eigentlichen Jurisdiktionsprimat ausgerüstet wurde;
oder indem sie behaupten, der Primat sei nicht unmittelbar und direkt dem
heiligen Petrus selbst, sondern der Kirche übertragen und erst durch die Kirche
an Petrus als ihren Diener weitergegeben worden.«
Aus der „Dogmatischen Konstitution I über die Kirche Christ“, von Pius IX. mit dem I. Vatikanischen Konzil