Mittwoch, 31. Mai 2023

„Was vom Feuer verschont blieb, will das Bistum zerstören“

 


Offener Brief an Mgr. Laurent Ulrich, Erzbischof von Paris: Exzellenz, verschonen Sie Notre-Dame!

von Avenir de la Culture

Exzellenz,

Ich schreibe diesen Brief als Vorsitzender von Avenir de la Culture, einer Vereinigung katholischer Laien, die seit 1986 christliche Werte in der französischen Gesellschaft verteidigt. Ich vertrete außerdem mehr als 110.000 Menschen, die die angeführte Petition unterzeichnet haben, in der die Diözese Paris aufgefordert wird, auf die Einführung zeitgenössischer Kunst in Notre-Dame zu verzichten.

Die Tragödie vom 15. April 2019

Manche Daten bleiben auf tragische Weise in der Geschichte eines Landes eingraviert. Was unser Land betrifft, ist es sicher, dass der 15. April 2019 eines davon ist. Es ist nicht nötig, Sie daran zu erinnern, dass an diesem Tag Notre-Dame einem Brand zum Opfer fiel. Unter den bestürzenden Blicken der Pariser und Menschen aus aller Welt verschlangen die Flammen die jahrhundertealten Balken der Kathedrale. Der Spitzturm von der Vierung stürzte ein und wurde von einem Abgrund aus Feuer verschlungen. Wer hatte beim Anblick des sinkenden Mastes nicht Angst vor dem Totalverlust des Schiffes? Die ganze Nacht über führten Feuerwehre einen heldenhaften Kampf, um eine fast tausendjährige Geschichte zu retten, begleitet von den spontanen Gebeten der Gläubigen, die die Himmelskönigin auf den Knien anflehten, die ihr geweihte Kathedrale nicht zu verlassen. Im Morgengrauen tauchte die aufgehende Sonne einen Ozean aus Asche in ihr Licht. In der Mitte ragten die Türme von Notre-Dame empor, wie durch ein Wunder unversehrt blieben. Notre-Dame verhöhnt! Notre-Dame gebrochen! Notre Dame gemartert! Aber auch Notre-Dame  war gerettet! Wie alle vom Himmel gewährten Wunder lädt auch das von Notre-Dame de Paris zur Bekehrung ein.

Warum diese Tragödie?

Die Kathedrale war Zeuge der bilderstürmerischen Wut der Reformation, der gottlosen Rachsucht der Sans-Culottes, der preußischen Kartätschen und der Gräueltaten zweier Weltkriege. Sie wandelte aufrecht durch die Wechselfälle der Geschichte, bevor sie am Beginn des dritten Jahrtausends strauchelte. Warum ließ Gott die Tragödie vom 15. April 2019 zu? Und warum hat er in extremis sein Heiligtum verschont? Kann man in diesem Feuer nicht eine Allegorie des Dramas sehen, das unser Land durchmacht? In frühen Zeiten war es Kommandeur der Christenheit, jetzt schwankt es, zerfressen von Abtrünnigkeit und Gotteshass. «Frankreich, älteste Tochter der Kirche, bist du treu den Versprechen deiner Taufe?» fragte Papst Johannes Paul II. anlässlich seiner ersten apostolischen Reise nach Frankreich im Frühjahr 1980. Wie an die von Chlodwig bei seiner Taufe an Weihnachten 496 in Reims gemachten Versprechen wiederanknüpfen, ohne treu den Jahrhunderten der Christenheit zu sein, die ihre Frucht und Notre Dame ihre schönste Blüte ist? Die Tragödie vom 15. April 2019 war eine Gelegenheit, die Barmherzigkeit des Himmels anzuflehen, so wie es die Gläubigen spontan verstanden haben, die mit dem Rosenkranz in der Hand und auf den Knien am brennenden Ufer der Seine Gott anflehten.

Eine «zeitgenössische Geste» berücksichtigen

Unglücklicherweise drohte Notre-Dame, sobald das Feuer gelöscht war, ein schlimmeres Unheil als das, was ihr durch die Flammen zugefügt wurde. Das Staatsoberhaupt beschwörte eine «zeitgenössische Geste» beim Wiederaufbau des durch den Brand zerstörten Daches und des Spitzturms von Viollet-le-Duc. Sofort wetteiferten Architektenbüros der sogenannten «avant-garde» mit verirrenden Vorschlägen, die ein brutaler Bruch mit der Heiligkeit des Ortes darstellten. Das Studio Paul Godart und Pierre Roussel aus Dijon schlug ein verglastes Dach vor, das für das Herumwandeln von Touristen gedacht war. Das NAB-Studio und der Architekt Nicolas Abdelkader boten an, das Dach durch ein botanisches Gewächshaus zu ersetzen, um insbesondere «die berufliche Wiedereingliederung durch das Erlernen der städtischen Landwirtschaft, des Gartenbaus und der Permakultur zu unterstützen». Mathieu Lehanneur, ein Designer im 2. Bezirk von Paris, schlug vor, den Spitzturm durch eine schreckliche Riesenflamme zu ersetzen, die dem Brand vom 15. April irgendwie die Ehre für lange Zeiten verleihen sollte. Der obszönste und unglaubwürdigste Vorschlag war jedoch der, den die Gefährtin des Präsidenten der Republik persönlich im Privaten verteidigte, wenn man Roselyne Bachelot glauben darf. In ihrem Buch 682 Tage sagt die ehemalige Kulturministerin: «Beim Mittagessen ein paar Tage später mit Brigitte Macron zeigt sie mir ein Projekt mit einer Art erigiertem Glied, das an seiner Basis von Goldkugeln umgeben war …» Wunderartig von den Flammen verschont, drohte nun jetzt Notre-Dame die Fratze unserer Zeit anzunehmen: atheistisch, verspielt, recycelbar und sogar pornographisch.

Das Staatsoberhaupt fühlt sich gezwungen, nachgeben

Glücklicherweise erregten die «Modernisierungs»-Projekte von Notre-Dame, denen Herr Macron die Tür geöffnet hatte, die Missbilligung von Kulturliebhabern. «Man kann mit Notre-Dame nicht spielen (…) man macht keine „zeitgenössische architektonische Geste“ an einem historischen Denkmal wie dieser Kathedrale», warnte Didier Rykner, Historiker und Direktor von La Tribune de l'Art. Der identische Wiederaufbau des Spitzturms sei «die kostengünstigste, schnellste und effektivste Lösung, es ist der Weg der Weisheit und der Legalität», fügt Stéphane Bern, der «Monsieur Patrimoine» der Regierung, hinzu. Auch die öffentliche Meinung erhob sich. Die Französische Vereinigung zur Verteidigung von Tradition, Familie und Eigentum – TFP - ergriff die Initiative und richtete eine internationale Petition an das Staatsoberhaupt und den Kulturminister, um eine identische Restaurierung von Notre-Dame zu fordern. Diese Petition, die von Dutzenden französischen und ausländischen Vereine, insbesondere Avenir de la Culture, unterstützt wurde, sammelte mehr als 110.000 Unterschriften und beweist somit, wenn es noch nötig wäre, die immense Ausstrahlung Ihrer Kathedrale. Angesichts der Proteste aller Seiten gegen die von ihm angekündigte «zeitgenössische Geste» musste Emmanuel Macron einen Rückzieher machen. «Nach leidenschaftlichen Debatten stellt sich der Präsident auf die Seite der Verteidiger des Erbes und der öffentlichen Meinung», bemerkte Le Figaro am 9. Juli 2021. Notre-Dame schien damals vor der Entstellung gerettet zu sein … Leider, ohne dabei mit dem unanständigen Opportunismus derer zu rechnen, die den Auftrag bekommen haben, die Integrität des Heiligtums zu wahren.

Notre-Dame als Disneyland entstellt?

Ab Herbst 2020 gingen beunruhigende Gerüchte durch die Presse. Le Figaro schlug Alarm gegen das «umstrittene Projekt von Bischof Aupetit», die Kathedrale neu zu gestalten: «Die computergenerierten Fotos erwecken den Eindruck einer Landebahn eines Flughafens, oder eines „Parkplatzes“…» Das Entwicklungsprojekt, zu dem die Tageszeitung berichtet Zugang gehabt zu haben, würde ein Geflecht «störender Schöpfungen» sein, das die «jahrhundertealte Harmonie» von Notre-Dame zwangsläufig zerstören würde. Die 14 Seitenkapellen des Gebäudes würden zugunsten der Aufwertung von Kunstwerken komplett renoviert: «Alte Gemälde aus dem 16. und 18. Jahrhundert werden mit zeitgenössischen Kunstwerken interagieren.» Ein Jahr später, als das Projekt von der Commission National du Patrimoine et de l’Architecture geprüft werden sollte, äußerte die britische Presse neue Bedenken. «Es ist, als ob Disneyland in Notre-Dame eingeführt würde», prangerte der Architekt Maurice Culot gegenüber dem Telegraph an. Der Spezialist fügte hinzu: «Was sie vorschlagen […] wäre in der Westminster Abbey oder im Petersdom in Rom niemals vorgekommen. Es ist eine Art Themenpark, angesichts der Größe des Ortes sehr kindisch und trivial.» Mehrere Architekten, die Zugang zu der Akte hatten, prangerten gegenüber der britischen Tageszeitung abnorme Neuerungen an, wie einen «Entdeckungspfad», der die Besucher auf eine Reise durch Afrika und Asien mitnehmen würde, an die Wände projizierte Texte in verschiedenen Sprachen, Ausstellungen von mittelmäßigem Geschmack und dergleichen und die Widmung einer Kapelle zum profanen Thema Ökologie. Beichtstühle, Altäre und klassische Skulpturen sollten verschrottet werden. «Das ist eine verrückt gewordene politische Korrektheit. Man will Notre-Dame zu einer experimentellen liturgischen Ausstellungshalle machen, die es sonst nirgendwo gibt, obwohl sie ein Wahrzeichen sein sollte, bei dem die kleinste Änderung mit größter Vorsicht behandelt werden müsste», schließt ein vom Telegraph zitierter Architekt.

Antichristliche Künstler

Ein weiterer und nicht zuletzt wichtiger Grund zur Sorge ist der von der Diözese geplante Rückgriff auf Künstler, deren Orientierungen und Werke in jeder Hinsicht im Widerspruch zur Lehre der Kirche stehen. Unter ihnen: Ernest Pignon-Ernest, Louise Bourgeois und Anselm Kiefer. Der erste ist der Präsident der Gesellschaft „Freunde der Menschheit“, einer berühmten kommunistischen Tageszeitung. Er ist seit fast 50 Jahren Mitglied der PCF und kämpfte insbesondere für die Legalisierung der Abtreibung. 1974 plakatierte Ernest Pignon-Ernest öffentliche Plätze mit Zeichnungen von nackten Frauen, Opfer heimlicher Abtreibungen, um die Abgeordneten zu ermutigen, für das Simone Veil-Gesetz zu stimmen. Im Jahr 2019, anlässlich der Europawahlen, war der Künstler stolz darauf, für die Liste gestimmt zu haben, die von Ian Brossat angeführt wurde, einem gewählten Pariser Beamten, der die Entweihung der Herz Jesu-Kirche von Montmartre forderte! Auch die 2010 verstorbene Louise Bourgeois stand feministischen Bewegungen nahe. Sie ist Autorin pornografischer Werke, in denen sie männliche und weibliche Genitalien gefeiert werden. Ihre letzte große Installation, das Steilneset Memorial, ist eine Hommage an Hexen. Der deutsche Maler und Bildhauer Anselm Kiefer ist bekannt für seine Faszination für die Kabbala. «Das Alte Testament hat mich immer tief im Herzen berührt, weil es die Grausamkeit Gottes zum Ausdruck bringt», behauptet er. Exzellenz, allein die Möglichkeit, dass die Diözese erwägt, mit solchen Leuten zusammenzuarbeiten, ist ein Skandal! Wie können die Werke gottloser Künstler Hand in Hand gehen, ohne die Werke der Verkünder Gottes des Mittelalters zu beflecken?

„Was das Feuer verschont hat, will das Bistum vernichten“

Wieder einmal lösten die Enstellungsprojekte von Notre-Dame eine heftige Reaktion seitens der Liebhaber des kulturellen Erbes aus. Am 7. Dezember 2021 in den Spalten von Le Figaro, erschien ein Artikel, der von mehr als hundert Persönlichkeiten aus der akademischen und künstlerischen Welt unterzeichnet wurde – insbesondere den Philosophen Alain Finkielkraut und Pierre Manent, dem Historiker Pierre Nora und dem Filmemacher Jean- Charles Fitoussi. Sie verurteilten die geplante Entwicklungsarbeit unmissverständlich: «Was das Feuer verschont hat, will die Diözese zerstören.» Wie können Sie glauben, Exzellenz, dass so bedeutende Persönlichkeiten so schreckliche Worte gebrauchen, ohne sie vorher abgewogen zu haben? «Die Diözese von Paris möchte (…) das Restaurierungsprojekt nutzen, um das Innere von Notre-Dame in ein Projekt zu verwandeln, das die Dekoration und den liturgischen Raum völlig verzerrt», konnten wir in diesem Forum lesen. Die Unterzeichner prangerten reihenweise «die Installation verrückbarer Bänke, wechselnder Beleuchtung je nach Jahreszeit, Videoprojektionen an den Wänden usw. an, also dieselben modischen (und daher schon furchtbar altmodischen) «Vermittlungsgeräte» die man in allen «immersiven» Kulturprojekte vorfindet, wo vielmals Albernheiten mit Kitsch konkurrieren. Sie beschwörten die Diözese, nachzugeben: «Respektieren wir die Arbeit von Viollet-le-Duc, respektieren wir die Arbeit der Künstler und Handwerker, die daran gearbeitet haben, uns dieses Juwel zu schenken, respektieren wir ganz einfach die Prinzipien des Erbgutes eines historischen Monuments». Vor diesem Forum hatte der Akademiker Jean-Marie Rouart mit einer für den Quai Conti ungewöhnlichen Heftigkeit ebenfalls gegeißelt: «Künstlerische Spielchen, die geeignet sind, sie zu verzerren, unsere Erinnerungen zu verderben, den Geist und die Seele, die in diesem heiligen Ort schwebte, für immer zu beschädigen..». «Notre-Dame ist auf wundersame Weise allem entkommen. Vielleicht leider nicht dem reformistischen Juckreiz von Bischof Aupetit», beklagte er sich in den Kolumnen von Le Figaro.

Welche Künstler wurden von der Diözese in die engere Wahl gezogen?

Wie reagierte die Diözese Paris auf diesen Regen der Kritik? Eine geschickte Stille, die darauf wartet, dass der Sturm nachlässt. Sobald der Blitz einschlug und die Wolken sich verzogen, ging die Intrige mit aller Diskretion weiter. Laut Le Figaro «haben fünf Künstler zwei Monate lang an den neuen liturgischen Möbeln gearbeitet und müssen ihre Exemplare am 23. Mai zurückgeben». Unter den Künstlern, die «der Kirche mehr oder weniger nahe stehen», finden wir Constance Guisset, «eine selbstbewusste und fortschrittliche Feministin in sozialen Fragen» und Laurent Grasso, «fasziniert vom Sonnenstern und seinen Auswirkungen.» Eine kurze Suche im Internet zeigt, dass die von der Diözese ausgewählten Künstler die Urheber hässlicher, grotesker und weit hergeholter zeitgenössischer Werke sind, weit entfernt von der heiligen Harmonie und Pracht der christlichen Kunst. Alles deutet darauf hin, dass Notre-Dame verwüstet, entstellt und geschändet wird. In den Kolumnen von Le Figaro versuchte Mgr. Olivier Dumas, Rektor und Erzpriester der Kathedrale, nicht ohne Zynismus, der Kontroverse ein Ende zu setzen: «Wir stellen ihnen (den Künstlern) keine Fragen über ihr spirituelles Leben oder ihre religiösen Praktiken.» Wir wollen es glauben, aber das ist der Kern des Problems: Gottlosen Menschen die Pflege seines Hauses anzuvertrauen. «Wer es fassen kann, der fasse es!», sagt unser Herr im Evangelium (Mt 19,12)...

Eine Bitte blieb unbeantwortet

Begleitet von Kritikern aus der akademischen Welt erhoben sich die Gläubigen und im weiteren Sinne alle Franzosen, die dem Erbe verbunden sind. Diesmal war es Avenir de la Culture, der den Protest anführte. Der Verein, dem ich vorstehen darf, richtete an den Apostolischen Administrator der Diözese, Mgr. Georges Pontier, eine Petition, um ihn aufzufordern, die Schlacken der zeitgenössischen Kunst in seiner Kathedrale aufzugeben. «Herr Macron machte einen Rückzieher, indem er für das Äußere der Kathedrale auf die Verhöhnung einer „zeitgenössischen architektonischen Geste“ verzichtete. Und siehe, jetzt stürmt die Diözese dorthin», beklagten die 108.536 Unterzeichner des Schreibens. Obwohl ihm mehrere Briefe der Liebhaber von Notre-Dame mitteilten, dass dieser Schrei aus tiefstem Herzen an ihn gerichtet war, verweigerte Mgr. Pontier ihnen das Almosen einer Antwort. «Der Klerikalismus ist eine Perversion in der Kirche», sagte Papst Franziskus im Februar 2022 im italienischen Fernsehen. «Unter jeder Art von Strenge steckt Fäulnis», fügte er bei dieser Gelegenheit hinzu. Würden diese Warnungen des Papstes nicht auch für die Verantwortlichen der Erzdiözese Paris gelten? In der Tat, Exzellenz, wie könnten wir diese unglaubliche Verachtung der Diözesanbehörden gegenüber Zehntausenden von Gläubigen, die sich schmerzerfüllt an ihren Pfarrer wenden, nicht als «klerikal» und «streng» bezeichnen? Würden die Tugenden des Dialogs und der «Synodalität», die so oft in den Reden der Geistlichen vorkommen, nicht auch für die Gläubigen gelten, die unser christliches Erbe bewahren wollen? Wie Jean-Marie Rouart uns zu Recht daran erinnerte, gehört Notre-Dame nicht dem Erzbischof von Paris, sondern der gesamten Nation. Daher ist es richtig und normal, dass die Franzosen und insbesondere die Katholiken sich äußern, wenn sie glauben, dass die Natur der Kathedrale bedroht ist. Und das Mindeste wäre, das man ihnen antwortet!

Nur Ihre Hand...

Trotz Protesten von allen Seiten fiel am 9. Dezember 2021 das Urteil: Das Innensanierungsprojekt der Kathedrale wurde von den Mitgliedern der Nationalen Kommission für Denkmalschutz und Architektur genehmigt, allerdings mit Vorbehalten einerseits hinsichtlich der Entfernung der Heiligenstatuen aus den Kapellen und andererseits die von der Diözese vorgesehenen Bänke mit Rädern und Beleuchtung. Keine andere Hand kann daher die Befleckung von Notre-Dame verhindern, wenn nicht Ihre, Exzellenz! Denken Sie an das Urteil der Geschichte und noch mehr an das Urteil Gottes, wenn Sie das Unwiederbringliche zulassen. Notre-Dame bleibt trotz der Narben des Feuers das schönste Heiligtum der Christenheit. Die Königin der Kathedralen ist ein Juwel der Schönheit und dazu bestimmt, das Heiligste der Welt zu beherbergen: das heilige Messopfer. Ihre Silhouette lässt einen sofort erkennen, dass sie ein Schiff ist, das Seelen in den Himmel führt. Jede ihrer bunten Glasfenster, jede ihrer Statuen und Steine sind der Ehre Gottes geweiht. Wie sollte man beim Betrachten ihres Kirchenschiffs nicht an das himmlische Jerusalem denken, das in der Apokalypse des hl. Johannes in Kapitel 21 beschrieben wird: «Ihr Lichtglanz gleicht einem kostbarsten Stein, wie kristallheller Jaspis. (…) Die Stadt bedarf weder der Sonne noch des Mondes, dass sie scheinen in ihr; denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtete sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. Die Völker werden in ihrem Licht einhergehen.»

Pädagogik des Heiligen

Vor ihrer Schließung kamen jedes Jahr dreizehn Millionen Besucher in Notre-Dame. Was suchten diese Menschen, die manchmal vom anderen Ende der Welt kamen? Ein Spiegel ihrer Zeit? Nein, ganz im Gegenteil, sie strebten nach Schönheit und Heiligkeit, die unserer Welt ohne Gott so grausam vorenthalten wird. Sie suchten, oft ohne es zu wissen, nach einer Spur dieser gesegneten Zeit, als die «Philosophie des Evangeliums die Staaten regierte», wie Papst Leo XIII. in seiner Enzyklika Immortale Dei vom 1. November 1885 sich ausdrückte.

«Es war eine Zeit, wo die Weisheitslehre des Evangeliums die Staaten leitete. Gesetze, Einrichtungen, Volkssitten, alle Ordnungen und Beziehungen des Staatslebens waren in dieser Zeit von christlicher Klugheit und göttlicher Kraft durchdrungen», schreibt der Papst über die Christenheit. «Diese Staatsordnung trug über alles Erwarten reiche Früchte, die noch nicht vergessen sind. Hierfür gibt es unzählige Zeugnisse aus der Geschichte, welche durch keine Arglist der Feinde verfälscht oder verdunkelt werden können», fährt Papst Leo XIII. fort. Ist Notre-Dame nicht eines der wunderbarsten «Dokumente» dieser Zeit, das den Namen Christi trägt? Die von den Zeitgenossen Suger und dem hl. Ludwig gewünschte Pädagogik des Sakralen spricht nicht nur die Intelligenz an, sondern auch die Seelen. «Ich selbst stand in der Menge, in der Nähe der zweiten Säule am Eingang zum Chor auf der rechten Seite der Sakristei. Und da geschah das Ereignis, das mein ganzes Leben beherrscht. In einem Augenblick wurde mein Herz berührt und ich glaubte.» Wie viele von Gott entfernte Seelen  haben unter den heiligen Gewölben von Notre-Dame, die Begegnung, die Paul Claudel an diesen Orten erschütterte, erlebt? Wo sollen diese durstigen Seelen trinken gehen, wenn die Quelle durch Ihre Schuld versiegen würde?

Woher kommen diese schlechten Winde?

Exzellenz, woher kommen die schlechten Winde, die plötzlich über Notre-Dame hinwegzufegen drohen? Zweifellos bietet uns Pater Gilles Drouin, der für die liturgische und kulturelle Planung Ihrer Kathedrale verantwortlich ist, den Anfang einer Antwort, wenn er erklärt: «Wenn das Zweite Vatikanische Konzil mit der lateinischen Messe gebrochen und die Altäre umgekehrt hat, um der Herde entgegenzukommen, anstatt ihr den Rücken zu drehen, bleibt fünfzig Jahre später ein Teil der Arbeit noch zu erledigen. Es wäre also eine Frage des Rückbaus von Notre-Dame, um daraus eine „konziliare“ Kathedrale zu machen, die nicht mehr Gott, sondern den Menschen ehrt! Leider haben sehr viele Kirchen das gleiche Schicksal erlitten! «Der französische Klerus interpretierte in den 1960er Jahren das Zweite Vatikanische Konzil, indem er im Namen eines zweifelhaften Modernismus einen seit der Französischen Revolution beispiellosen Vandalismus durchführte», erinnert sich Didier Rykner. Ein Vandalismus, der sich leider nicht nur auf die Architektur beschränkt ... Wie Guillaume Cuchet in seinem Buch «Wie unsere Welt aufgehört hat, christlich zu sein» meisterhaft dargelegt hat, fiel das von Johannes XXIII. einberufene Konzil mit dem Beginn eines beispiellosen Zusammenbruchs des Katholizismus in Frankreich, ausgenommen der Zeit der Verfolgung, zusammen. Das sakramentale Leben ist in unserem Land rückläufig, die Zahl der Priesterweihen geht von Jahr zu Jahr zurück, und wie Sie wissen, ist der Klerus mit unsauberen moralischen Fragen überhäuft, die die Gläubigen verzweifeln lassen und deren Ende niemand sieht. Exzellenz, nicht nur Notre-Dame brennt: In fünfzig Jahren würde auch das christliche Frankreich in Schutt und Asche gelegt. Und jetzt, mitten in dieser dunklen Nacht, sind Sie dabei, Notre-Dame, das ultimative Leuchtfeuer des Christentums, zu löschen...

Exzellenz, es ist noch nicht zu spät, zu verhindern, das der «Rauch Satans» in Notre-Dame eindringt, der die Kirche verpestet, nach den tragischen Worten Papst Paul VI. Ihre Kathedrale der gottlosen Moderne auszuliefern, wäre nicht nur eine Beleidigung derjenigen, die sie gebaut und erhalten haben, sondern vor allem auch eine Beleidigung des Einen, dem sie gehört. Aus diesem Vorhaben würde unvermeidliches Unheil für die älteste Tochter der Kirche entstehen, genau in dem Moment, in dem den Katholiken Frankreichs eine heimliche Verfolgung droht. Wie sollte man nicht schaudern, wenn man daran denkt, dass der Erzbischof von Paris ein Kapitel dieser Trübsal schreiben würde, indem er daran arbeitet, seine eigene Kathedrale zu entweihen? Exzellenz, verschonen Sie um der Liebe Gottes Willen Notre-Dame! Es ist noch Zeit.

Empfangen Sie, Exzellenz, die Zusicherung meiner hohen und kindlichen Wertschätzung,

Paris, 25. März 2023

Am Fest Mariä Verkündigung

José Antonio URETA

Vorsitzender

 

 

Aus dem Französischen mit Hilfe von Google-Übersetzer von „Lettre ouverte a Monseigneur Laurent Ulrich Archevêque de Paris: Excellence epargnez Notre-Dame“ in https://avenirdelaculture.info/articles/lettre-ouverte-a-monseigneur-laurent-ulrich-archeveque-de-paris-excellence-epargnez-notre-dame

Eingesehen am 28.05.2023

Die deutsche Fassung „Offener Brief an Mgr. Laurent Ulrich, Erzbischof von Paris: Exzellenz, verschonen Sie Notre-Dame!“ erschien erstmals in www.r-gr.blogspot.com

© Nachdruck oder Veröffentlichung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Bild: Quelle: Notre-Dame en feu - GodefroyParis, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Dienstag, 30. Mai 2023

Die Entdeckung eines sonderbaren Gipfelkreuzes

 Auf dem Pic Carlit, dem höchsten Gipfel der Ost-Pyrenäen,
taucht auf mysteriöse Weise ein Kreuz wieder auf

Dienstag, 28. Juli 2020, 18:39 Uhr -

Von François David, Frace Bleu Roussillon, France Bleu Angoustrine-Villeneuve-des-Escaldes

 

Als Opfer einer Profanierung, verschwand das Kreuz auf dem Gipfel Carlit, im Jahr 2018. In den letzten Tagen (dieses Monats Juli 2020) wurde jedoch ganz unauffällig ein neues Kreuz auf den mehr als 2.900 Meter hohen Gipfel wieder aufgestellt.

Aber wer könnte das Kreuz oben auf Pic Carlit wieder aufgestellt haben? Vor einigen Tagen haben Wanderer, die zum höchsten Punkt der Ost-Pyrenäen hinaufgeklettert waren, ein brandneues Kreuz mit Blick auf eine atemberaubende Landschaft entdeckt. Es ist mehrere zehn Kilo schwer und muss auf dem Rücken eines oder einiger Menschen getragen worden sein, offensichtlich über Nacht, zu einer Höhe von 2.921 Metern.

Seit 2018 hatte Pic Carlit nach einem Akt des Vandalismus kein Kreuz mehr. Das vorherige Kreuz war, nach mehreren Monaten der Kontroverse, bei der Wanderer sich über die Vermehrung religiöser Symbole auf den Gipfeln der Pyrenäen beklagten, von Unbekannten mit einem Schleifwerkzeug abgesägt und in die Leere des Abgrunds geworfen worden.

Das Kreuz, Opfer der Profanierung, war 1,40 Meter hoch, wurde 2015 von Soldaten des Centre National d’Entrainement Commando (CNEC) von Mont-Louis mit einem Hubschrauber aufgestellt. Zu dieser Zeit ging es darum, ein altes Kreuz zu ersetzen, das veraltert war. Nach dem jetzigen Akt des Vandalismus beschloss die Armee im Einvernehmen mit dem Bistum und der Präfektur, im Geiste der Befriedung, kein neues Kreuz zu installieren.

Laut mehreren Wanderern, die den Ort gewöhnlich besteigen, ähnelt das in den letzten Tagen installierte neue Kreuz seltsamerweise dem alten. Gleiche Größe, gleiche Form, gleiches Design. Mit einem Detail: Das Logo der Armee wurde durch ein katalanisches Wappen ersetzt. Ein hochrangiger CNEC-Beauftragter, der von France Bleu kontaktiert wurde, bestätigt: „Wir haben nichts mit der Installation dieses neuen Kreuzes zu tun.“

Der Pic Carlit befindet sich möglicherweise auf dem Gebiet der Kommune von Angoustrine. Der neue Bürgermeister Christian Pallares behauptet, „nichts zu wissen“ und keinen Antrag auf Genehmigung erhalten zu haben. Der Bischof von Perpignan, Monsignore Norbert Turini, gibt an, dass er „keine Informationen darüber habe, wer dieses Symbol neu aufstellen wollte, aber es geht sicherlich um Menschen, die sich von der Abwesenheit dieses profanierten Symbols der Vorfahren verletzt fühlten. Ich persönlich finde diese Geste sehr mutig.“

„Wer hat dieses Kreuz aufgestellt? Es ist ein ungelöstes Rätsel“, lacht Eric Charre, Direktor des benachbarten Skigebiets Porte-Puymorens und Stadtrat von Angoustrine. „Ich habe großen Respekt vor Menschen, die es geschafft haben, in dieser Höhe ein Kreuz zu errichten. Es gab immer ein Kreuz da oben. Mein Urgroßvater, ein Hochgebirgsführer, hatte sich selbst fotografiert vor dem Kreuz. Zwei Jahre lang fehlte hier etwas. Der Pic Carlit verbindet sich nun wieder mit der Geschichte und der Tradition.“

Das neue Carlit-Kreuz, fotografiert von einem Wanderer - @ mariie.chn

Aus dem Französischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

https://www.francebleu.fr/infos/insolite/une-croix-reapparait-mysterieusement-au-sommet-du-pic-carlit-point-culminant-des-pyrenees-orientales-1595953492

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Kreuze zerstört: „Ich bin empört und traurig darüber“

Kommuniqué des Bischofs von Perpignan-Elbe zur Zerstörung der Kreuze von Carlit und Cambre d’Aze im Juli 2018

In meiner Abwesenheit von Perpignan wurde ich von meinen Mitarbeitern und der lokalen Presse auf diesen feigen, verabscheuungswürdigen und namenlosen Skandal aufmerksam gemacht, der sich auf der Spitze des Carlit ereignete, wo Personen nichts Besseres fanden, als das Kreuz zu abzusägen, das 2015 von den CNEC-Soldaten errichtet wurde. Sie waren dafür aufgekommen, lieferten das gesamte Material für die Aufstellung und erhielten die Genehmigungen des Departements und des Naturparks.

Einige Bürger hatten bereits im Namen des Respekts vor dem Säkularismus in Petitionen an die Regierung darum gebeten, dieses Kreuz und andere, die auf den Gipfeln unserer Berge gepflanzt wurden, zu entfernen.

Dies ist nicht mehr notwendig, da „Söldner“ sich darum gekümmert haben. Sie wurden so in gewisser Weise erhört!

Das zerstörte Original auf dem Pic Carlit

Wenn die Republik durch diese Kreuze beleidigt wurde, bitte ich um Entschuldigung. Aber wer wird die Katholiken und allgemein alle Christen um Vergebung bitten, die im Kreuz das Symbol ihres Glaubens bekennen?

Glauben Sie nicht, dass sie sich von solch einer hasserfüllten Tat nicht betroffen fühlten? Haben sie nur das Recht zu schweigen? Gut, für sie werde ich nicht schweigen!

Wer wird sich entschuldigen, wenn ihre religiösen Überzeugungen angegriffen werden? Diejenigen, die die Petitionen zur Verteidigung des Säkularismus unterzeichnet haben?

Ehrlich gesagt, ich frage mich, ob man hier nicht einen falschen Kampf führt!

Es ist eine sehr alte Tradition, dass Kreuze nicht nur in katalanischen Ländern, sondern auch anderswo auf unseren Bergen gepflanzt werden. Gehen diejenigen, die einen Säkularismus strenger Observanz verteidigen, jeden Tag an diesen Kreuzen vorbei, um schockiert zu sein? Stört es sie wirklich? Oder ist es nur ein ideologischer Kampf einiger hartnäckiger „Säkularisten“?

Diejenigen, die diese Kreuze vor 1905 aufgestellt haben, standen in der Tradition. Und diejenigen, die sie später pflanzen, sind es nicht mehr oder sogar illegal, als hätten die Gesetze von 1905 der Tradition ein Ende gesetzt?

Sie sollten wissen, dass diese Kreuze von Soldaten und normalen Bürgern auf unseren Gipfeln platziert wurden. Ja, sie haben es aus Tradition getan und danach? Sollten sie dann vor Gericht gestellt werden, weil sie den Säkularismus beleidigt haben?

Sind sie jetzt auf der Anklagebank, weil sie sie aufgestellt haben oder Opfer dieses abscheulichen Skandals?

Es gibt in diesem Departement und in anderen natürliche, spontane Gesten, die Teil unserer lokalen Kultur sind und die weder durch Provokation noch gegen das Gesetz verübt werden, sondern weil sie mit unserer eigenen gesunden Geschichte verbunden sind.

Und ich möchte klarstellen, dass es Gläubige gibt, aber auch Ungläubige, die mit dem Aufstellen dieser Kreuze verbunden sind.

Nicht jeder sieht sie als religiöses Zeichen, sondern als einfaches Wahrzeichen, als Sammelort, als Symbol.

Ich kenne leidenschaftliche Verteidiger des Säkularismus, die nicht zögern, zum Tag Johannes des Täufers ihre Holzbündel zum Croix du Canigou zu bringen. Stehen sie deshalb im Widerspruch zu ihren Prinzipien? Ich denke, sie denken nicht einmal darüber nach, weil es eine Tradition ist, die Teil ihrer Kultur ist.

Was die Täter dieses Verbrechens betrifft, bin ich traurig über sie!

Sie haben ihre geringe Wirkung geweckt, da die Presse über sie spricht, aber was für ein Mangel an Mut, nicht ihr offenes Gesicht zu zeigen, um Behauptungen aufzustellen, die sie für gerecht halten. Ich werde nicht mehr sagen, weil sie es nicht verdienen, ihnen zu viel Bedeutung zu geben!

Heute werden die Kreuze nicht nur auf den Gipfeln unserer Berge gepflanzt, sondern auch im Leben von Migranten, Arbeitslosen, Kranken, Behinderten, Menschen auf der Straße, Familien ohne Ressourcen, jungen Menschen in großer Unsicherheit, verfolgte Gläubige usw. Für diese Kreuze müssen wir den wirklichen Kampf führen, um ihre Würde zu behaupten.

Msgr. Norbert Turini

Bischof von Perpignan-Elne

26. Juli 2018

 


Bild: Gipfelkr Bistum perpignan.catholique.fr


Aus dem Französischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

http://perpignan.catholique.fr/actualites-evenements/11-actualites/202-je-suis-indigne-et-triste-pour-eux

© Nachdruck der deutschen Fassung dieses Beitrags ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Dieser Beitrag erschien in deutscher Sprache zuerst im Blog Revolution und Gegenrevolution.

 

Donnerstag, 25. Mai 2023

„Amen. Der Papst antwortet“ Die Disney-Dokumentation veranschaulicht die „Synodale Kirche“

 

von Luiz Sérgio Solimeo
11. Mai 2023

Der Ausdruck „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ bedeutet, dass mit einem einzigen Bild mehrere und komplexe Ideen vermittelt werden können. Vielleicht könnte man sagen, dass ein Video mit Audio, Dialogen und Animationen mehr sagt als eine Million Worte.

Dies gilt insbesondere für das 83-minütige Video, das kürzlich von Disney veröffentlicht wurde – einem Giganten der Unterhaltungsindustrie und Propagandist der Homosexuellenbewegung. Nach einer Pressemitteilung vom 5. April 2023 unterhälft sich Papst Franziskus freundschaftlich mit zehn spanischsprachigen Jugendlichen.(1)

Das Video fasst als Dokumentarfilm alles zusammen, was Papst Franziskus über seine „Synodalkirche“ gesagt und geschrieben hat. Es trägt den Titel „Amén. Francisco Responde“ [„Amen. Franziskus antwortet“].(2) Wie wir sehen werden, hätte der Titel des Films treffender und synodaler sein können: „Amen: Franziskus hört zu und stimmt zu.“

„Vor allem ein Bild der Synodalität“

Laut Papst Franziskus ist die neue „Synodale Kirche“ eine umgekehrte Pyramide, deren Macht unten liegt und nicht oben steht. Es ist eine Kirche, die nicht lehrt, sondern auf das hört, was der „Geist“ zu ihrer Basis spricht.(3)

Das neue Disney-Video ist ein lebendiges Beispiel dieser „Synodalen Kirche“. Der Papst lernt von den Jugendlichen. Nachdem er junge Menschen gehört hatte, die Abtreibung, Pornografie, Bisexualität usw. verteidigten, sagte er: „Ich habe viel von Ihnen gelernt, danke für das Gute, das Sie getan haben.“(4)

Fr. Máximo Jurcinovic, Leiter des Kommunikationsbüros der Argentinischen Bischofskonferenz, kommentiert: „Der Geist inspirierte den Heiligen Vater, damit alles, was über Synodalität gesagt und gemeint wurde, ein Bild bekam. Ein Bild, das Zweifel zerstreut und uns den Weg zum Verständnis [der Synodalität] zeigt. Die Disney-Dokumentation mit dem Titel Amen. Der Papst antwortet ist in erster Linie ein Bild der Synodalität.“(5)

Handverlesene Jugendliche

In einer Atmosphäre der Kameradschaft und Entspannung beginnt Papst Franziskus ein freundschaftliches Gespräch mit zehn jungen Männern und Frauen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, die größtenteils vulgär in Shorts gekleidet sind. Zwei junge Frauen mit nacktem Bauch. Bei einer sind ihre Brüste fast entblößt. Sie sitzen gelassen da, eine junge Frau auf einem Tisch, andere auf dem Boden. Sie sprechen den Papst oft mit der spanischen Form der Behandlung unter Gleichen an: „tu“ („DU“).

Der Papst ließ den Videoproduzenten, den Spaniern Jordi Évole und Màrius Sánchez, völlige Freiheit bei der Auswahl der Teilnehmer, also wählten sie die zehn jungen Leute handverlesen aus. Als die Produzenten ihm den fertigen Film zeigten, genehmigte Franziskus es, ohne die Löschung der darin enthaltenen obszönen Szenen anzuordnen.

„Laut Évole und Sánchez hat Papst Franziskus keine roten Linien gesetzt, als es darum ging, dieses Treffen zu filmen, obwohl er halb im Scherz darum gebeten hatte, dass es mindestens einen Katholiken geben sollte; er hat auch nichts zensiert, als ihm die letzte Montage gezeigt wurde.“(6)

Die Teilnehmer waren spanischsprachige Jugendliche aus verschiedenen Ländern. Eine junge Spanierin bezeichnet sich selbst als „nicht binär“ und scheint eine andere Frau zu küssen. Eine andere ist eine ehemalige peruanische Nonne, die jetzt eine lesbische Ungläubige ist. Eine junge Kolumbianerin erklärt, dass sie ihren Lebensunterhalt mit Pornografie verdient, indem sie sich für Internet- und Social-Media-Kunden bloßstellt. Eine Argentinierin sagt, sie sei Katholikin, Katechetin und gleichzeitig „eine stolze Aktivistin für Abtreibung“. Ein Ecuadorianer ist ein ehemaliger Katholik, der jetzt protestantisch ist. Nur eine junge Spanierin bezeichnet sich selbst als vollwertige Katholikin und verteidigt die Lehre und Moral der Kirche. Einer der jungen Männer ist ein muslimischer Emigrant aus dem Senegal, während andere sich selbst als Ungläubige oder Verwirrte bezeichnen. Ein anderer behauptet, er sei in einer katholischen Schule(8) misshandelt worden.(7)

„Dieser Dokumentarfilm ist nicht für jedes Publikum geeignet.“

Der Untertitel stammt aus der Warnung von Kelsey Wicks in einem Artikel auf der katholischen Website ACI Prensa. Sie erklärt:

„Die Teilnahme an der Dokumentation von Alejandra, einer jungen Kolumbianerin, die nach eigenen Angaben pornografische Inhalte erstellt und diese im Internet und in sozialen Medien verbreitet, eröffnet den Weg zu detaillierten Beschreibungen von Masturbation und Sexualität. Der Dokumentarfilm wechselt den Dialog zwischen den Jugendlichen und dem Papst mit einigen Bildern dieser jungen Menschen an ihren Herkunftsorten. Dazu gehören eine Bettszene [zweier Frauen] (ohne explizite sexuelle Handlungen) und Zungenküsse zwischen weiblichen Paaren.“(9)

Wie bereits erwähnt, hat Papst Franziskus das Video gesehen und genehmigt, auch wenn es solche unmoralischen Szenen enthielt.

„Die Katechese zum Thema Sex steckt noch in den Windeln“

Die jahrhundertealte Morallehre der Kirche verliert in der neuen „Synodalen Kirche“ ihre Bedeutung. Eine andere Moral sei in Arbeit, die laut Papst Franziskus „immer noch in Windeln steckt“.

Nach einer Beschreibung der pornografieproduzierenden jungen Frau und ihrer Vorgehensweise kommt es zu einer Diskussion über Masturbation, in der die spanische Katholikin als einzige Jugendliche die richtige Position einnimmt. Papst Franziskus kommt zu dem Schluss: „Die Katechese zum Thema Sex steckt noch in den Kinderschuhen. Ich denke, wir Christen hatten nicht immer eine ausgereifte Katechese zum Thema Sexualität.“(10)

Solche Worte zeigen Verachtung für die großen Moralisten, Kirchenväter und Kirchenlehrer, zum Beispiel den heiligen Thomas von Aquin und den heiligen Alfons von Liguori, sowie für das Lehramt, das seit Jahrhunderten auf der Grundlage der Heiligen Schrift und des Naturgesetzes Moral formuliert und lehrt.

„Gott weist niemanden zurück; Gott ist Vater“

Während des Gesprächs sagt die „nicht binäre“ Frau dem Papst: „Ich wollte Sie fragen, ob ich in der Kirche Raum für Transsexuelle und nicht-binäre Menschen oder für das LGTB-Gruppen finde.“(11)

Wie bereits zuvor antwortet Papst Franziskus, dass alle Kinder Gottes seien und dass er sie daher niemals ablehne: „Im Allgemeinen ist jeder Mensch ein Kind Gottes, jeder Mensch. Gott lehnt niemanden ab, Gott ist Vater, und ich habe nicht das Recht, jemanden aus der Kirche zu werfen; außerdem muss die Kirche immer empfangen; sie kann niemandem die Tür verschließen.“(12)

Die junge Frau besteht darauf, dass es „Priester gibt, die Hass fördern und die Bibel nutzen, um Hassreden zu unterstützen und sie ihnen wie ein Evangelium vorzulesen, um zu sagen: Nein, ich schließe Sie nicht aus, die Bibel sagt das, nicht ich.“(13)

In seiner Antwort übt der Papst scharfe Kritik an diesen gläubigen Priestern und nennt sie „Eindringlinge“: „Ich habe es satt zu sagen, dass dies nicht die Botschaft Jesu ist. Diese Leute sind Eindringlinge. Sie sind Eindringlinge, die die Kirche für ihre persönlichen Leidenschaften und ihre Engstirnigkeit ausnutzen; dies ist eine der Korruptionen der Kirche. Diese Ideologien sind nicht wahr.“(14)

In Anlehnung an die Freudsche Psychoanalyse hält Papst Franziskus solche gläubigen Priester für neurotisch: „Am Ende haben alle diese Menschen ein inneres Drama, ein Drama großer innerer Inkohärenz, dass sie leben, um andere zu verurteilen, weil sie nicht wissen, wie sie für sich selbst um Vergebung für ihre Fehler bitten sollen. Nein. Im Allgemeinen sind solche Menschen inkohärent (nicht zusammenhängend mit den Taten. Anm. des Übersetzers) und haben etwas in ihrem Inneren. Sie befreien sich selbst, indem sie andere verurteilen, obwohl sie dazu gezwungen wären, ihre Denkweise anzupassen und ihre eigene Schuld ins Auge zu fassen.“

Die Kirche, fährt er fort, müsse jeden akzeptieren, „ob blind, taub, lahm, gut, oder böse, jeden.“(15)

„Geht weg von mir, ihr Übeltäter“

Die Aussage, dass alle Kinder Gottes sind und dass Gott als ihr Vater niemanden ablehnt, widerspricht der wahren Vaterschaft, die ein schlechtes Kind bestraft, denn „wer seine Rute schont, hasst seinen Sohn, doch wer ihn liebt, nimmt ihn früh in Zucht.“ (Spr 13,24).

Darüber hinaus werden die beiden Bedeutungen, in denen Gott Vater genannt werden kann, nicht berücksichtigt, wie der Katechismus des Konzils von Trient erklärt: „Als Schöpfer kann Gott in Analogie zu irdischen Vätern Vater aller genannt werden. In einem passenderen Sinne ist Gott jedoch der Vater derer, die vom Geist Gottes geführt, durch die Gnade seine Adoptivkinder werden und mit Christus sie Erben Gottes werden.(16)

Tatsächlich sagt der heilige Paulus: „Denn, die vom Geist Gottes geleitet werden, die sind Söhne Gottes. Ihr habt ja nicht den Geist der Knechtschaft empfangen ... sondern den Geist der Kindschaft, in dem wir rufen: Abba, Vater! ... Sind wir aber Kinder, dann auch Erben Gottes und Miterben Christi, sofern wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden“ (Römer 8,14–15,17).

Deshalb werden diejenigen, die die Gebote verachten und nicht als adoptierte Kinder Gottes leben, beim Gericht von unserem Herrn diese schrecklichen Worte hören: „Ich habe euch niemals gekannt; weicht von mir, die ihr die Werke des Bösen tut“ (Matthäus 7,23).

Papst Franziskus und Abtreibung: „Seid barmherzig“

Im gesamten Gespräch mit den Jugendlichen, die darauf bestanden, sündige Handlungen, Situationen und Verhaltensweisen wie Pornografie, Abtreibung und Masturbation zu verteidigen, verwendet Papst Franziskus – obwohl er anderer Meinung ist – nur nichtreligiöse Argumente. Er erwähnt niemals die Sünde, eine Beleidigung Gottes, noch das ewige Schicksal eines Menschen – Himmel oder Hölle.

Eine der jungen Frauen, die sich selbst als katholische Katechetin und Abtreibungsaktivistin bezeichnet, überreicht dem Papst, nachdem sie sich vehement für die Abtreibung eingesetzt hat, einen Schal mit der Aufschrift „Abtreibung: frei, sicher und kostenlos.“ Der Rand des Schales ist in den Regenbogenfarben der Homosexuellenbewegung gehalten. Der Papst nahm das Geschenk lächelnd entgegen und küsste Milagros auf die Wange.(17)

Papst Franziskus spricht sich gegen Abtreibung nur in natürlichen Begriffen aus und besteht darauf, dass Priester nicht hart mit Frauen umgehen sollten, die eine Abtreibung hatten: „Ich sage den Priestern immer, dass, wenn eine Person in dieser Situation zu mir kommt, mit einer Gewissenslast, denn das Zeichen, das Abtreibung bei einer Frau hinterlässt stark, fragt bitte nicht zu viel und seid barmherzig, so wie Jesus es tut, der danach alle aufnimmt. Egal wie sündig oder wie sehr die Welt dich im Stich lässt, der Herr verlässt dich niemals.“(18)

Migranten sind Sklaven

Diese Gnade, um die Papst Franziskus für diejenigen bittet, die eine Abtreibung wünschen, fehlt in seiner Analyse der illegalen Einwanderung. Als er sich mit dem Thema befasste, versäumte er es, die notwendige Unterscheidung zwischen dem Recht auf Auswanderung und dem Recht etablierter Staaten zu treffen, die Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zu regulieren, um das Gemeinwohl ihrer Bürger und der Einwanderer selbst zu schützen.

Als Antwort auf den Einwanderer aus Senegal, der sagt, er werde ausgebeutet, sagt Franziskus: „Dahinter steckt ein Gewissen der Ausbeutung und des Gebrauchs; ich heiße dich nicht als Bruder willkommen; ich benutze dich, nein; es ist ein ausbeuterisches Gewissen. Das heißt, letztlich steckt dahinter das Gespenst der Sklaverei. Nein, der Migrant gilt als Sklave. Mit anderen Worten: Der Kolonialismus steht immer hinter einer unausgereiften Migrationspolitik.“(19)

* * *

Es besteht kein Zweifel, dass dieser Dokumentarfilm „ein Bild der Synodalität“ ist. Er zeigt jedoch auch den „Geist“, der die neue Kirche belebt, die Papst Franziskus durchsetzen will.

 

Fußnoten:

1. Siehe Hulu, The Pope Answers, https://www.hulu.com/movie/the-pope-answers-99bb958e-e16d-407d-8209-33155f5d7ec5; Felipe Herrera-Espaliat, “In Open Dialogue a Documentary on the Pope—“Amén. Francisco responde” on Disney Plus. L’Osservatore Romano, Apr. 6, 2023, https://www.osservatoreromano.va/en/news/2023-04/ing-014/in-open-dialogue-a-documentary-on-the-pope.html

2. Alle Zitate des Videos sind entnommen aus dem spanischen Original. Die Übersetzung ist von der Redaktion dieses Blogs

3. Siehe Luiz Sérgio Solimeo, “A Confused, Upside Down ‘Synodal Church,’” TFP.org, Dec. 9, 2015, https://www.tfp.org/a-confused-upside-down-synodal-church/.

4. The PopeAnswers, 1:20:35.

5. Máximo Jurcinovic, “‘Amén, Francisco responde’: el documental del papa que es un modelo de conversación,” Infobae.com, Apr. 16, 2023, https://www.infobae.com/opinion/2023/04/16/amen-francisco-responde-el-documental-del-papa-que-es-un-modelo-de-conversacion/. (Our emphasis.)

6. Fernanda Avila, “Desde aborto hasta abuso, gen Z cuestiona al Papa en documental ‘Amén, Francisco responde’” El Sol de Mexico, Apr. 19, 2023, https://www.elsoldemexico.com.mx/mundo/amen-francisco-responde-de-que-trata-el-documental-del-papa-francisco-en-star-9942993.html. (Our emphasis.)

7. According to investigations by public and ecclesiastical authorities, no such abuse occurred and the accused teacher was acquitted. See Luis Fernando, ¿Quién restablece el buen nombre del profesor del colegio del Opus en Bilbao?, https://www.infocatolica.com/blog/coradcor.php/1510120431-iquien-restablece-el-buen-nombre; Imanol Goyarrola, “Colegio Gaztelueta de Bilbao: El Vaticano cierra el caso y pide que se restablezca el buen nombre del profesor acusado de abusos,” InfoCatolica.com, Oct. 12, 2015, https://www.infocatolica.com/?t=noticia&cod=25056.

8. Vive, Documental: Amén: Francisco responde, https://revistavive.com/documental-amen-francisco-responde/; Herrera-Espaliat, “In Open Dialogue.”

9. Kelsey Wicks, “6 cosas que debes saber sobre el nuevo documental del Papa Francisco en Disney+,” ACIPrensa.com, Apr. 7, 2023,
https://www.aciprensa.com/noticias/6-cosas-que-debes-saber-sobre-el-nuevo-documental-del-papa-francisco-en-disney-72049.
(Our emphasis.)

10. The Pope: Answers, 1:04:43-1:05:56.

11. Idem, 51:05-51:19.

12. Ibid., 51:33-52:12

13. Ibid. 52:32-52:24.

14. Ibid., 52:41-52:57

15. Ibid., 52:58:-53-57.

16. Siehe Katechismus des Konzils von Trient (Rockford, Ill.: Tan Books, 1982), 20—21. See also S. Gonzalez, S.J., “De gratia,” in Sacrae theologiae summa (Madrid: B.A.C., 1950), III, c. 2, a. 3, Nos. 208—19.

17. The Pope…, 30:37-31:36; see Peter Pinedo, “6 Hot-button Issues Pope Francis and Gen Z Confront in New Disney Doc,” Catholic News Agency, Apr. 7, 2023, https://www.catholicnewsagency.com/news/254049/6-hot-button-issues-pope-francis-and-gen-z-confront-in-new-disney-doc.

18. Wicks, “6 cosas que debes saber.”

19. The Pope answers, 20:56-21-10.

 

BILD Photo: Osservatore Romano vom 06.04.2023

Aus dem Englischen mit Hilfe von Google-Übersetzer des Artikels in https://www.returntoorder.org/2023/05/amen-the-pope-answers-the-disney-documentary-exemplifies-the-synodal-church/?PKG=RTOE1828

Die deutsche Fassung „Amen. Der Papst antwortet“ erschien erstmals in www.r-gr.blogspot.com

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Freitag, 19. Mai 2023

Die Gläubigen haben das uneingeschränkte Recht, sich gegen eine liturgische Aggression zu wehren – auch wenn diese vom Papst kommt.

 


von José Antonio Ureta
24.07.2021

Mit einem Federstrich ergriff Papst Franziskus konkrete Maßnahmen, um den lateinischen Ritus der Heiligen Messe praktisch abzuschaffen, der im Wesentlichen seit dem hl. Damasus vom Ende des vierten Jahrhunderts in Kraft war, – mit Ergänzungen durch den Heiligen Gregor dem Großen Ende des sechsten Jahrhunderts – bis zum Messbuch von 1962, von Johannes XXIII. Die Absicht, die Anwendung dieses uralten Ritus bis zu seiner Ausrottung schrittweise einzuschränken, geht aus dem Begleitschreiben zum Motu proprio Traditionis Custodes hervor, in dem der amtierende Papst die Bischöfe der ganzen Welt auffordert, „Maßnahmen zu ergreifen, um zu einer einheitlichen Form der Messe zurückzukehren“ unter Anwendung der Missale von Paul VI. und Johannes Paul II., die dadurch „der einzige Ausdruck der Lex Orandi des Römischen Ritus“ werden sollen. Die praktische Konsequenz ist, dass Priester des lateinischen Ritus nicht mehr das Recht haben, die traditionelle Messe zu feiern, sondern nur noch mit Erlaubnis des Bischofs – und des Heiligen Stuhls für diejenigen, die von nun an zum Priester geweiht werden!

Die offensichtliche Frage, die sich angesichts dieser drastischen Maßnahme stellt, ist folgende: Hat ein Papst die Macht, einen Ritus zu degradieren, der seit 1400 Jahren in der Kirche in Kraft ist und dessen wesentliche Elemente aus apostolischer Zeit stammen? Denn wenn der Stellvertreter Christi einerseits über „plena et suprema potestas“ in Angelegenheiten verfügt, die „die Disziplin und Leitung der über die ganze Welt verteilten Kirche“ betreffen, wie es das Erste Vatikanische Konzil lehrt, muss er andererseits die universalen Bräuche der Kirche in Sachen Liturgie respektieren“.

Die entscheidende Antwort wird in Paragraph 1125 des von Johannes Paul II. erlassenen Katechismus der Katholischen Kirche gegeben: „Darum darf kein sakramentaler Ritus nach dem Belieben des Amtsträgers oder der Gemeinde abgeändert oder manipuliert werden. Selbst die höchste Autorität der Kirche kann die Liturgie nicht nach Belieben ändern, sondern nur im Glaubensgehorsam und in Ehrfurcht vor dem Mysterium der Liturgie.“

Zu diesem Text schrieb der damalige Kardinal Joseph Ratzinger folgenden Kommentar: „Es erscheint mir sehr wichtig, dass der Katechismus, indem er die Grenzen der Macht der höchsten Autorität der Kirche im Hinblick auf Reformen erwähnt, die Aufmerksamkeit auf diejenige lenkt, die das Wesen des Primats ist, wie es im Ersten und Zweiten Vatikanischen Konzil betont wurde: Der Papst ist kein absoluter Monarch, dessen Wille Gesetz ist, sondern der Hüter der authentischen Tradition und daher der Erste, der den Gehorsam garantiert. Er kann nicht tun, was er will, und gerade deshalb kann er sich denen widersetzen, die tun und lassen wollen, was sie wollen. Das Gesetz, an das er sich halten muss, ist nicht das Tun ad libitum, sondern der Gehorsam gegenüber dem Glauben. Aus diesem Grund übernimmt er vor der Liturgie die Rolle eines Gärtners und nicht die eines Technikers, der neue Maschinen baut und die alten wegwirft. Der „Ritus“, d.h. die Form des Feierns und des Betens, die im Glauben und Leben der Kirche reift, ist eine verdichtete Form lebendiger Tradition, in der die Sphäre des Ritus die Gesamtheit seines Glaubens und Betens zum Ausdruck bringt und so Gleichzeitig die Gemeinschaft zwischen den Generationen und die Gemeinschaft mit denen, die vor und nach uns beten zum Ausdruck bringt. Somit ist der Ritus wie eine der Kirche geschenkten Gabe, eine lebendige Form der Parádosis.“ [Griechischer Begriff, der in der Bibel 13 Mal verwendet wird und mit Tradition, Unterweisung, Übermittlung übersetzt werden kann.]

In seinem hervorragenden Werk „Die Reform der römischen Liturgie“ entwickelt Msgr. Klaus Gamber – von Kardinal Joseph Ratzinger als einer der größten Liturgiker des 20. Jahrhunderts angesehen – diesen Gedanken weiter. Er geht von der Beobachtung aus, dass die Riten der katholischen Kirche, als verbindliche Formen des Gottesdienstes verstanden, letzten Endes auf unseren Herrn Jesus Christus zurückgehen, sich aber nach und nach weiterentwickelten und sich vom allgemeinen Brauch unterschieden und später durch die kirchliche Autorität bestätigt wurden.

Aus dieser Realität zieht der berühmte deutsche Liturgiker folgende Schlussfolgerungen:

1. „Wenn der Ritus aus dem allgemeinen Brauch heraus entstanden ist – und daran besteht für jeden, der die Geschichte der Liturgie kennt, kein Zweifel –, kann er nicht in seiner Gesamtheit neu erschaffen werden.“ Dies geschah nicht einmal zu Beginn der Kirche, denn „auch die liturgischen Formen der jungen christlichen Gemeinden trennten sich nach und nach vom jüdischen Ritual“.

2. „Da sich der Ritus im Laufe der Zeit weiterentwickelte, könnte er dies auch in Zukunft tun. Diese Entwicklung muss jedoch die Zeitlosigkeit jedes Ritus berücksichtigen und ihn auf organische Weise durchführen (…), ohne mit der Tradition zu brechen und ohne dirigistisches Eingreifen der kirchlichen Autoritäten. Diese hatten in Plenar- oder Provinzkonzilien kein anderes Anliegen, als Unregelmäßigkeiten bei der Ausübung des Ritus zu vermeiden.“

3. „In der Kirche gibt es mehrere unabhängige Riten. Im Westen gibt es neben dem römischen Ritus den gallikanischen (heute verschwunden), den ambrosianischen und den mozarabischen Ritus; im Osten unter anderem der byzantinische, armenische, syrische und koptische Ritus. Jeder dieser Riten durchlief eine autonome Entwicklung, in deren Verlauf sich seine spezifischen Merkmale herausbildeten. Deshalb können Elemente dieser verschiedenen Riten nicht einfach ausgetauscht werden.“

4. „Jeder Ritus bildet eine homogene Einheit. Daher bedeutet die Änderung eines seiner wesentlichen Bestandteile die Zerstörung des gesamten Ritus. Genau das geschah zum ersten Mal in der Zeit der Reformation, als Martin Luther den Kanon der Messe abschaffte und den Einsetzungsbericht unmittelbar mit der Austeilung der Kommunion verband.“

5. „Die Rückkehr zu primitiven Formen bedeutet im Einzelfall nicht, dass der Ritus verändert wurde, und tatsächlich ist diese Rückkehr in gewissen Grenzen möglich. Auf diese Weise gab es keinen Bruch mit dem traditionellen römischen Ritus, als der heilige Papst Pius X. den gregorianischen Gesang in seiner ursprünglichen Form wieder einführte.“

Der berühmte Gründer des Theologischen Instituts Regensburg führt weiter aus: „Während die Revision von 1965 den traditionellen Ritus intakt ließ (…), wurde mit dem ‚ordo‘ von 1969 ein neuer Ritus geschaffen“, den er Ritus modernus nennt, denn „um von einer Kontinuität des römischen Ritus zu sprechen, reicht es nicht aus, dass im neuen Messbuch bestimmte Teile des vorherigen erhalten geblieben sind.“

Um dies aus rein liturgischer Sicht zu beweisen – angesichts der Tatsache, dass schwerwiegende theologische Fehler, wie die Herabstufung des Opfer- und Versöhnungscharakters der Messe, einen eigenen Artikel verdienen –, genügt es, das zu zitieren, was Prof. Roberto de Mattei zu dieser wahren liturgischen Verwüstung sagte:

„Während der Reform wurden nach und nach eine ganze Reihe von Neuerungen und Varianten eingeführt, von denen einige weder vom Konzil noch in der Konstitution Missale Romanum von Paul VI. vorgesehen waren. Das quid novum kann sich nicht auf die Ersetzung des Lateinischen durch Weltsprachen beschränken. Es besteht auch in dem Wunsch, den Altar als „Tisch“ zu begreifen, um den Aspekt eines Mahles und nicht des Opfers hervorzuheben; in celebratio versus populum, als Ersatz der celebratio versus Deum, was zur Aufgabe der Feier nach Osten führt, das heißt zu Christus, der durch die aufgehende Sonne symbolisiert wird; im Fehlen von Stille und Meditation während der Zeremonie und in der Theatralik der Feier, oft begleitet von Gesängen, die dazu neigen, eine Messe zu entweihen, in der der Priester oft auf die Rolle des „Vorsitzenden der Versammlung“ reduziert wird; in der Hypertrophie der Liturgie des Wortes im Verhältnis zur eucharistischen Liturgie; im „Zeichen“ des Friedens, das die Kniebeugen des Priesters und der Gläubigen ersetzt, als symbolische Handlung des Übergangs von der vertikalen zur horizontalen Dimension der liturgischen Handlung; in der Heiligen Kommunion, die von den Gläubigen stehend und in der Hand empfangen wird; beim Zugang der Frauen zum Altar; in der Konzelebration, die zur „Kollektivierung“ des Ritus tendiert. Es besteht vor allem und zuletzt darin, die Gebete des Offertoriums und des Kanons zu ändern und zu ersetzen. Insbesondere die Eliminierung der Worte „mysterium fidei“ aus der Eucharistischen Formel kann, wie Kardinal Stickler bemerkt, als Symbol der Entmystifizierung und damit der Humanisierung des zentralen Kerns der Heiligen Messe angesehen werden.

Die größte liturgische Revolution fand tatsächlich im Offertorium und im Kanon statt. Das traditionelle Offertorium, das die unblutige Opferung der Wandlung vorbereitete und vorwegnahm, wurde durch das Beràkhôth des Kiddusch, d.h. durch die Segnungen des Pessachmahls der Juden ersetzt. Pater Pierre Jounel vom Zentrum der Liturgischen Pastoral und des Hochinstituts für Liturgie in Paris, einer der Spezialisten des Consilium, der die Reform der Liturgie vorbereitet hat, beschrieb in der Zeitung La Croix das grundlegende Element der Reform der Liturgie der Eucharistie: „Die Schaffung von drei neuen Eucharistischen Hochgebeten, während es bis dahin nur eines gab, nämlich das Eucharistische Hochgebet I, das seit dem vierten Jahrhundert im römischen Kanon verankert war. Das zweite stammt aus dem Eucharistischen Hochgebet des [Heiligen] Hippolytus (3. Jahrhundert), wie es Ende des 19. Jahrhunderts in einer äthiopischen Version entdeckt wurde. Das Dritte wurde vom Schema der östlichen Liturgien inspiriert. Das Vierte wurde in einer Nacht von einem kleinen Team um Pater Dr. Gelineau entworfen“.

Der erwähnte P. Joseph Gelineau, S.J. täuschte sich nicht, als er die Reform begeistert begrüßte und erklärte: „Eigentlich handelt es sich um eine weitere Messliturgie. Man muss es ganz klar sagen: Der römische Ritus, wie wir ihn kannten, existiert nicht mehr, er ist zerstört.“

Wie will Papst Franziskus dann in seinem jüngsten Brief an die Bischöfe zum Ausdruck bringen, dass „wer mit Hingabe nach der bisherigen liturgischen Form feiern will, wird keine Schwierigkeit haben im Römischen Messbuch, das nach dem Gedanken des Zweiten Vatikanums reformiert wurde, alle Elemente des Römischen Ritus, insbesondere den römischen Kanon wiederfinden, der eines seiner charakteristischsten Elemente darstellt“? Es scheint eine so bittere Ironie zu sein wie der Titel des Motu proprio „Wächter der Tradition“ …

Wenn der Novus Ordo Missae keine bloße Reform ist und einen solchen Bruch mit dem traditionellen Ritus impliziert, kann die Feier des letzteren nicht verboten werden, wie Msgr. Klaus Gamber wiederholt: „Es gibt kein einziges Dokument, nicht einmal den Codex Iuris canonici, das ausdrücklich besagt, dass der Papst als oberster Hirte der Kirche das Recht hat, den traditionellen Ritus abzuschaffen.“ Ebenso wenig ist nirgends die Rede davon, dass er das Recht hätte, bestimmte liturgische Bräuche zu ändern. Im vorliegenden Fall ist dieses Schweigen von großer Bedeutung. Die Grenzen der plena et suprema potestas des Papstes sind klar festgelegt. Es ist unbestreitbar, dass sich der Papst in dogmatischen Fragen an die Tradition der Weltkirche halten muss und damit, so der heilige Vinzenz von Lérins, an das, was immer, überall und von allen geglaubt wurde (quod semper, quod ubique, quod ab omnibus). Mehrere Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass es daher nicht im Ermessen des Papstes liege, den traditionellen Ritus abzuschaffen.“

Mehr noch, sollte er es tun, würde er in diesem Fall Gefahr laufen, sich von der Kirche getrennt zu haben. Msgr. Gamber schreibt tatsächlich, dass „der berühmte Theologe Suárez (+ 1617) unter Bezugnahme auf ältere Autoren wie Cajetan (+ 1534) denkt, dass der Papst schismatisch wäre, wenn er nicht, wie es seine Pflicht ist, die Einheit wahren wollte, und die Verbindung mit dem gesamten Körper der Kirche, beispielsweise wenn er die gesamte Kirche exkommunizieren würde oder alle von der apostolischen Tradition bestätigten Riten ändern würde.“

Wahrscheinlich um dieses Risiko zu vermeiden, erklärten acht der neun Kardinäle – der 1986 von Johannes Paul II. eingesetzten Kommission zur Prüfung der Anwendung des Indult von 1984 –, dass Paul VI. die Alte Messe nicht wirklich verboten habe. Auf die Frage: „Kann ein Bischof heute einem Priester in regulärer Situation verbieten, eine tridentinische Messe zu feiern?“, erklärte Kardinal Stickler außerdem: „Die neun Kardinäle waren sich einig, dass kein Bischof das Recht hatte, einem katholischen Priester die Feier einer tridentinischen Messe zu verbieten.“ Es gibt keinerlei offizielles Verbot die tridentinische Messe zu feiern, und ich denke, der Papst wird kein offizielles Verbot erlassen.“

Papst Franziskus ermächtigte die Bischöfe jedoch im Motu proprio Traditionis Custodes tatsächlich, solche Feiern zu verbieten. So dass die Bischofskonferenz von Costa Rica sich beeilte, gemeinsam zu entscheiden, dass „die Verwendung des Missale Romanum von 1962 oder anderer Ausdrücke der Liturgie vor 1970 nicht gestattet sei“, so dass „kein Priester berechtigt ist, nach der alten Liturgie weiterhin zu zelebrieren“.

Aus all diesen Gründen schließen wir uns voll und ganz den Schlussfolgerungen des Presbiters Francisco José Delgado an: „Ich denke, das Klügste, was man jetzt tun kann, ist, ganz ruhig die Wahrheit über perverse Gesetze zu verteidigen.“ Der Papst kann die Tradition nicht per Dekret ändern oder sagen, dass die Liturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil der einzige Ausdruck der Lex Orandi im Römischen Ritus sei. Da dies falsch ist, ist die Gesetzgebung, die sich aus diesem Grundsatz ergibt, ungültig und sollte gemäß der katholischen Moral nicht befolgt werden, was keinen Ungehorsam bedeutet.“

Es bedarf keiner spezialisierten Kenntnis der Ekklesiologie, um zu verstehen, dass die päpstliche Autorität und Unfehlbarkeit Grenzen haben und dass die Pflicht zum Gehorsam nicht absolut ist. Es gibt zahlreiche Autoren von höchstem Kaliber, die ausdrücklich die Legitimität des öffentlichen Widerstands gegen die falschen Entscheidungen oder Lehren von Kirchenhirten, einschließlich des Papstes, anerkennen. Sie wurden häufig in der Studie von Arnaldo Xavier da Silveira mit dem Titel „Öffentlicher Widerstand gegen Entscheidungen kirchlicher Autorität“ zitiert, die im August 1969 von der Zeitschrift Catolicismo veröffentlicht wurde.

Im vorliegenden Fall ist es zulässig, das Motu proprio von Papst Franziskus nicht nur „nicht zu beachten“, sondern sich sogar seiner Anwendung zu widersetzen, nach dem Vorbild des heiligen Paulus (Gal 2,11). Es geht nicht darum, die päpstliche Autorität in Frage zu stellen, für die unsere Liebe und Verehrung immer wachsen muss. Es ist die Liebe zum Papsttum, die uns dazu veranlassen muss, Traditionis Custodes anzuprangern, weil es versucht, den ältesten und ehrwürdigsten Ritus des katholischen Gottesdienstes, bei dem alle Gläubigen das Recht haben, sich (geistig) zu tränken, diktatorisch abzuschaffen.

Der berühmte Theologe Francisco de Vitoria (1483-1486) bemerkt: „Nach dem Naturgesetz ist es erlaubt, Gewalt durch Gewalt abzuwehren. Nun übt der Papst mit solchen Anordnungen und Dispensen Gewalt aus, weil er, wie oben bewiesen, gegen das Gesetz verstößt. Daher ist es erlaubt, sich ihm zu widersetzen. Wie Cajetan bemerkt, sagen wir das alles nicht in dem Sinne, dass es jemandem zusteht, Richter des Papstes zu sein oder Autorität über ihn zu haben, sondern in dem Sinne, dass es erlaubt ist, sich zu verteidigen. Tatsächlich hat jeder das Recht, sich einer ungerechten Handlung zu widersetzen, zu versuchen, sie zu verhindern und sich zu verteidigen.“

Das Modell des entschiedenen Widerstandes, der aber von Verehrung und Respekt zum Papst geprägt ist, an dem Katholiken heute ihre eigene Reaktion orientieren können, ist die Widerstandserklärung gegen die Ostpolitik von Papst Paul VI., die vom verstorbenen Prof. Plinio Corrêa de Oliveira verfasst wurde, unter dem Titel „Die Politik der Entspannung des Vatikans gegenüber den kommunistischen Regierungen – Für die TFP: sich enthalten? oder widerstehen?“. Im entscheidenden Absatz der Erklärung sagt er:

„Das Band des Gehorsams gegenüber dem Nachfolger Petri, das wir niemals brechen werden, das wir aus tiefster Seele lieben, dem wir das Beste unserer Liebe anbieten, dieses Band, das wir in dem Moment küssen, in dem wir von Schmerz erdrückt werden, bekräftigen wir unsere Position. Und auf den Knien blicken wir voller Ehrfurcht auf die Gestalt S.H. Papst Paul VI., und drücken ihm unsere ganze Treue aus.

„In diesem kindlichen Akt sagen wir dem Hirten der Hirten: Unsere Seele gehört Euch, unser Leben gehört Euch. Befehlet uns, was Ihr wollt. Befehlet uns nur nicht, unsere Arme vor dem angreifenden roten Wolf zu verschränken. Dem widerspricht unser Gewissen.“

 

 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer von „Os fieis tem pleno direito de defesa face a agressã litúrgica de um Papa“ in
https://www.ipco.org.br/o-direito-de-defesa-face-a-agressao-liturgica-de-um-papa

Die deutsche Fassung „Die Gläubigen haben das uneingeschränkte Recht, sich gegen eine liturgische Aggression zu wehren – auch wenn diese vom Papst kommt“ erschien erstmals in 
www.r-gr.blogspot.com

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