Julio
Loredo De Izcue
Friedrich Engels |
Tatsächlich
war der indigene Tribalismus in revolutionären Utopien immer präsent, von
Rousseaus „edlem Wilden“ über Friedrich Engels, der das Stammesleben als eine
Form des „Über-Sozialismus“ vorschlug, bis hin zu modernen strukturalistischen
Strömungen. In jüngerer Zeit präsentieren bestimmte ökologische Strömungen die
indigene Stammeslösung als Allheilmittel für die Übel der
Industriegesellschaft. Ganz zu schweigen von Studien, die belegen, dass das
durch das „World Wide Web“ geschaffene „globale Dorf“ viele Ähnlichkeiten mit
Stammesarten des Seins aufweist.
Bis
heute wurde jedoch kaum oder gar nicht über die Stammesperspektive gesprochen,
als wäre es etwas aus einer anderen Galaxis. Einige bestritten die Machbarkeit;
andere nannten sie eine Übertreibung einiger Fanatiker. Angesichts einer
Synode, die den Tribalismus als pastoralen Plan für die nahe Zukunft
vorschlägt, ist diese Haltung der Ablehnung heute nicht mehr glaubwürdig.
Viele
Menschen und sogar aufmerksame Beobachter des kirchlichen Lebens wurden
überrascht. Aber sicher nicht die Schüler von Plinio Corrêa de Oliveira
(1908-1995).
Als
aufmerksamer Analytiker des historischen revolutionären Prozesses hatte der
bekannte brasilianische Denker bereits seit den 1940er Jahren gewarnt, dass die
moderne Welt sich in Richtung Tribalismus bewegt. Als er 1943 bestimmte
nationalistische Tendenzen kritisierte, die die indigenen Elemente Brasiliens
zum Nachteil seiner katholischen Tradition neu bewerten wollten, schrieb er: „Man
möge nicht die katholische Taufe von Brasilien streifen, denn das Brasilien,
das wir lieben müssen, ist nicht das wilde und heidnische, aus Fleisch und Blut
geborene, sondern das Brasilien, das der christlichen Zivilisation, dank des
wahren Glaubens geschenkt wurde, geboren aus dem Wasser und dem Heiligen Geist.“
(in Legionério, 12.9.1943)
In
einem Artikel aus dem Jahr 1944, der den Karneval kommentierte, warnte er: „Die
heutigen Menschen ... befreien sich von der Zivilisation. … Die letzten
Zeremonien werden zerstört, die letzten Spuren der Bescheidenheit aufgelöst,
die letzten Würden beseitigt. … In dreißig Jahren wird [diese Intoleranz]
wahrscheinlich darin bestehen, nur einen Tanga zu tragen … barfuss im Wald zu
tanzen und in luxuriöse Hütten Wohnen. … Jemand wird sagen: Was für eine
Übertreibung! Vor dreißig Jahren sagten klarsichtige Menschen die heutigen
Exzesse voraus, und einige Idioten sprachen von „Übertreibung“. Ich sage: Es
waren nicht die Propheten, die übertrieben haben, sondern die Tatsachen, die
jede Prophezeiung übertroffen haben.“
In
einem anderen Artikel aus dem Jahr 1960 mit dem Titel „Zivilisation und Barbarentum“
warnte Plinio Corrêa de Oliveira, dass einige Trends der Zeit wie der „Play Boy“-Typ
und Rock'n'Roll-Musik zur Barbarei führen würden: „Eine Gesellschaft, in der nur
Rock and Roll gespielt wird ... würde in Barbarentum verfallen. „Playboytum“
ist nichts anderes als Barbarei, wenn auch in einem Asphaltdschungel.“
Im
Nachtrag von 1976 zu seinem Meisterwerk „Revolution und Gegenrevolution“
äußerte er seine Gedanken zu diesem Thema deutlich. Er untersuchte die
postkommunistische Ära und erklärte: „Es ist nicht unmöglich vorherzusagen, wie
der [nächste Schritt des revolutionären Prozesses] aussehen wird. … Man fragt sich
unvermittelt, ob jene Stammesgesellschaft, die von den Strukturalisten unserer
Tage erträumt wird, nicht eine Antwort auf diese Frage weiß. Der
Strukturalismus sieht im Stammesleben eine zukunftsweisende Synthese zwischen
höchster individueller Freiheit und allgemein akzeptiertem Kollektivismus. In
dieser Synthese wird der Kollektivismus schließlich die Freiheit verschlingen.
Gemäß den Ideen des Kollektivismus verschmelzen die verschiedenen „Ich“ bzw.
Einzelpersonen mit ihrem Verstand, ihrem Willen und ihrem Gefühl, sowie mit den
entsprechenden charakteristischen, oft auch konfliktbeladenen Lebensweisen.
Dadurch sollen sich die Menschen in der Einheit des Stammes auflösen und eine
einheitliche Art des Denkens und Wollens, sowie ein gemeinsames Daseinsgefühl
hervorbringen.“
1977 schrieb Plinio Corrêa de
Oliveira ein Buch, das sich ganz der Enthüllung indigenistischer Strömungen in
der Kirche widmete: „Der indianische Tribalismus, das
kommunistisch-missionarische Ideal für Brasilien im 21. Jahrhundert. Kapitel
für Kapitel zeigt der brasilianische Autor, wie diese Strömungen das echte Missionsideal
aufgaben. Für sie geht es nicht mehr darum, die Indianer zu evangelisieren,
sondern von ihnen zu lernen, die angeblich eine Art ursprüngliche Unschuld im
Einklang mit der Natur bewahrt haben, die die westliche Gesellschaft jetzt
verloren hat. Sie stellen den Stamm sowohl als religiöses als auch als soziales
Ideal dar. In diesem Licht, sagt Plinio Corrêa de Oliveira, wären die
amazonischen Völker die wahren Evangelisierer der Welt.
Wenn man dieses Buch von 1977
durchblättert, hat man fast den Eindruck, als würde man Passagen aus dem „Instrumentum
laboris“ der Pan-Amazonas-Synode lesen, die für nächsten Oktober geplant ist.
Alles ist vorhergesagt worden… Wir verstehen also die Worte des peruanischen
Kardinals Pedro Barreto, dem Vizepräsidenten von REPAM (Kirchliches Pan-Amazonisches
Netzwerk): „Mit dieser Synode erreicht ein langer 30 bis 40jähriger Feldzug der
lateinamerikanischen Kirche seine Reife.“
Dies gilt auch für Plinio
Corrêa de Oliveiras eher prophetische Vorhersage.
Quelle
des englischen Originals am 30/07/2019:
©
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