Dienstag, 9. Juli 2019

Indigene Theologie: Zwischen religiösem Synkretismus und eine Rückkehr zum Heidentum (I)



von José Antonio Ureta
Mit der Förderung des praktizierten ökologischen „gute Lebens“ der indigenen Völker preist das Vorbereitungsdokument für die nächste Sonderversammlung der Bischofssynode über das Pan-Amazonasgebiet ihre religiösen Führer und die Weltanschauung, die sie belebt: „Ihre verschiedenen Spiritualitäten und Glaubensformen motivieren sie, Tag und Nacht, in Gemeinschaft mit der Erde, dem Wasser, den Bäumen und Tieren zu leben. Die weise Ältesten, die entsprechend der verschiedenen Kulturen unter anderem Pajé, Heiler, Meister, Wayanga oder Schamane genannt werden, sind verantwortlich für die Harmonie der Personen untereinander und mit dem Kosmos.“[1]
PAPST FRANZISKUS IN PUERTO MALDONADO

 Deshalb sollten die Indianer, weit davon entfernt, ihre Weltanschauung aufzugeben, „für die Aneignung ihres Erbes“ arbeiten, „das Trägerin der Weisheit der Vorfahren ist. Dieses Erbe will eine harmonische Beziehung zwischen der Natur und dem Schöpfer.“ [2] Darüber hinaus stellt das Dokument solche Überzeugungen als Vorbild für andere kulturelle Bereiche vor und zitiert die Worte, die Papst Franziskus während seines apostolischen Besuchs bei den Ureinwohnern in Puerto Maldonado richtete nach Peru: „Ihre Weltanschauung, ihre Weisheit haben uns, die wir nicht zu ihrer Kultur gehören, vieles zu lehren.“ [3]
Dem Vorbereitungsdokument zufolge ist die Kirche selbst aufgerufen, „ihre Identität zu vertiefen … indem sie auf die Weisheit ihrer Völker hört“, und in diesem speziellen Fall „aufgerufen, neue Wege zu finden, um das amazonensische Antlitz der Kirche weiterzuentwickeln.“ [4] Dies „heißt für die Missionare, fähig zu sein, die bereits im Leben und in der Weltsicht dieser Völker enthaltenen Samenkörner und Früchte des Wortes zu entdecken.“ [5]
Tatsächlich ist diese ganze Peroration nichts anderes als eine Synthese dessen, was die Befürworter der sogenannten indigenen Theologie seit dreißig Jahren vertreten - seitdem diese Strömung im kirchlichen Panorama Lateinamerikas aufgetaucht ist. Das ist es, was wir in diesem Artikel erörtern werden.
Zwei Ereignisse begünstigten die Entstehung der indigenen Theologie. Das erste war 1984 die Veröffentlichung der «Instruktion über einige Aspekte der Theologie der Befreiung» durch die Glaubenskongregation, die die Verwendung marxistischer Begriffe verurteilte, die sie den Augen der großen Mehrheit der latein-amerikanischen Katholiken diskreditierte. Das zweite, fünf Jahre später, war der Fall der Berliner Mauer, der der ganzen Welt den Abgrund des Elends offenbarte, in dem das Sowjetreich lebte, und bestätigte, dass der Kommunismus „die Schande des 20. Jahrhunderts“ war, wie Kardinal Ratzinger in dieser Instruktion betont hatte.
JOSÉ MARÍA VIGIL
Um die Befreiungstheologie aus dem Stillstand zu bringen, mussten deren Theologen ihre Ideologie recyceln, ohne auf ihre grundlegenden Postulate zu verzichten. So, erklärt der Theologe des religiösen Pluralismus, José María Vigil, „tauchten Postulate auf, die als ,neu aufkommende Tatsachen‘ bezeichnet wurden: Schwarze (unterdrückte Rasse), Indianer (unterdrückte Kultur) und Frauen (unterdrücktes Geschlecht).“ Die Ökotheologie sollte ebenfalls zu diesen neuen Paradigmen hinzugefügt werden, sagt der Autor, da die Erde „auch arm, unterdrückt und gnadenlos ausgebeutet wird muss sie von dieser Unterdrückung befreit werden“. Offensichtlich sollte auch seine Theologie des religiösen Pluralismus hinzugefügt werden, da „es nicht nur viele arme Leute gibt, sondern auch viele Religionen…“ [6]
Laut P. Vicente Zaruma, ecuadorianischer Theologe der Cañari-Ethnie: „Die indigene Theologie betont die Kategorie‚ ,Volk‘ weniger als Synonym für die Masse der Armen, sondern als eine Gemeinschaft von Menschen, die ein gemeinsames Land oder Territorium, eine gemeinsame Kultur, eine Religiosität teilen; das heißt, ein Lebensprojekt.“ Während die Befreiungstheologie den Schwerpunkt auf die ,soziale Klasse‘“ gelegt und „sich mit dem materiellen Teil des Menschen befasst“ hat, kümmert sich die indigene Theologie um den spirituellen Teil des Volkes. … Die Arena des Kampfes ist vor allem Kultur und Religion.“ Er betont jedoch, „die beiden Anliegen sind nicht gegensätzlich, sondern ergänzen sich“ und „wir müssen darauf hinarbeiten, dass sie Hand in Hand gehen, denn die indigene Theologie kann nicht ohne Befreiung durchgeführt werden.” [7]
Der Pionier dieser Evolution der Befreiungstheologie - der den Schwerpunkt von der sozialen Klasse (mit traditioneller marxistischer Konnotation) zum Primat der Kultur und Religion (mit Konnotation der Theorien von Gramsci) verlagerte - war der argentinische Theologe Lucio Gera, der größte Vertreter der sogenannten Volkstheologie und Inspirator von Jorge Mario Bergoglio. [8] Tatsächlich hat „die sogenannte Argentinische Schule zu ihrer Zeit großartige Arbeit geleistet, zur Systematisierung des theologischen Status der Volksreligiosität und -praxis und einen ,Logos der Weisheit‘ in der Volkskultur und –religiosität entdeckte, der die lateinamerikanische Identität in diesem Sinne prägte. In diesem Sinne waren Lucio Geras Überlegungen zur Beziehung zwischen Volksreligion und -Kultur sehr wichtig.“ [9]
Theologe Lucio Gera
Der Lateinamerikanische Bischofsrat (CELAM) folgte dem Weg der Argentinischen Schule und, indem er das auf der Konfrenz von Medellin (1968) gesetzte Anliegen der „bevorzugten Option für die Armen“ absenkte, sein Augenmerk auf den kulturellen Bereich richtete (Puebla-Treffen, 1979) [10], und schließlich für indigene Volksgruppen. Dieser letzte Schritt wurde auf ihren Konferenzen in Santo Domingo (1992) [11] unternommen, die in hohem Maße von der Polemik über das fünfte Jahrhundert der Entdeckung Amerikas und seiner Evangelisierung geprägt waren, sowie in Aparecida (Brasilien 2007) [12]. Während letzterer, deren endgültiges Dokument von einer Kommission unter Vorsitz des damaligen Erzbischofs Jorge Mario Bergoglio verfasst wurde, wurde ein Antrag auf Wiedereinsetzung eines ausdrücklichen Verweises auf die indigene Theologie nur von wenigen Stimmen abgelehnt.
Diese Entwicklung der lateinamerikanischen Bischofskonferenz wurde von ihrer Missionsabteilung vorangetrieben, das seit ihrer Gründung im Jahr 1966 eine theologische Bewertung der indigenen Kulturen förderte. In den folgenden Jahrzehnten gründete sie auch mehrere regionale Zentren, um anthropologische und theologische Studien der Ureinwohner zu fördern, vor allem in Mexiko, Guatemala, Ecuador, Peru und Bolivien, Ländern mit höheren Konzentrationen von Ureinwohnern.
P. Dr. PAULO SUESS
„Die beiden Institutionen, die bei der Entwicklung der indigenen Theologie eine größere Bedeutung hatten“, sagt der bolivianische indigene Theologe Juan E. Gorski, sind das mexikanische CENAMI (Nationales Zentrum zur Unterstützung indigener Missionen) und das brasilianische CIMI (Missions-Rat für Indigenismus), so wie die missiologische Abteilung der Universität da Assunção in São Paulo Brasilien“, deren Gründer und Koordinator Pater Dr. Paulo Suess ist, ein herausragendes Mitglied des kommenden Vorbereitungsausschusses der Synode für die gesamte Amazonasregion und einer der Verfasser des Vorbereitungsdokuments.
Der entfernte Ursprung der Postulate der indianschen Theologie ist die Theologie, die einige der Hauptdokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils inspiriert hat. Der salesianische Missionar Juan Botasso fasst diese Vorbereitung gut zusammen:
CARD. JEAN DANIÉLOU
„Die Kardinäle Jean Daniélou, Henri de Lubac und Urs von Baltasar haben die Theorie der „Finalisierung“ ausgearbeitet: Die verschiedenen Religionen repräsentieren das intime Bestreben des Menschen, sich mit der Gottheit zu vereinen. Auf diese Weise haben alle Religionen einen positiven Wert und können als Heilsvermittlung anerkannt werden. Das heißt: Durch den Geist wird Christus im nichtchristlichen Gläubigen jenseits der sichtbaren Kirche (sic) sowohl einzeln als auch in verschiedenen Religionen gegenwärtig.“
URS VON BALTASAR
„Karl Rahner ist noch ein Stück weiter gegangen: Für ihn sind die verschiedenen Religionen Träger heilsamer Werte, d.h. durch sie offenbart sich die Gegenwart Christi. Gottes Selbstkommunikation wird allen Menschen angeboten, sofern er (sic) möchte, dass ,alle Menschen gerettet werden‘“ (1 Tim 2,4). Rahner zufolge sind die Wege Gottes breit und zahlreich (Theorie der ,anonymen Christen‘).
„Die Hitze der Debatte hat dazu beigetragen, dass Behauptungen, die bereits in den frühen Jahrhunderten Anklang gefunden hatten, wiederentdeckt wurden, wie beispielsweise das Vorhandensein der ,Samen des Wortes‘ in allen Kulturen.“
„Das Dekret „Ad Gentes“ [des II. Vatikanischen Konzils] über die Evangelisierungstätigkeit der Kirche (sic) hat diese Doktrin zu ihrer eigenen gemacht. Auf den ersten Blick scheint es ein kleines Detail zu sein, aber in der Praxis hat es die Missionspraxis radikal verändert. Während diese jahrhundertelang vom Bild der Sämanns und des Feldes inspiriert waren, wurde dieses Gleichnis nun inakzeptabel. … Um das Evangelium zu predigen, war es notwendig, alle vorbestehenden Formen der Religion auszurotten, die als Aberglaube und falscher Glaube verstanden wurden. Auf der anderen Seite, wenn das Wort in der Mitte aller Völker als „Same“ bereits vorhanden ist, sollte die erste Aufgabe eines Missionars darin bestehen, diese Präsenz zu entdecken. Der „Andere“ kann nicht als einfacher Empfänger einer Belehrung gesehen werden, sondern als Gegenüber zu einem Dialog. Nun haben die Menschen ihre Weltanschauung in Bezug auf Mythologien geprägt: Sie zu kennen, ist eine wesentliche Voraussetzung für diesen Dialog. [13]
Nach Ansicht des vorgenannten Cañari-Priesters Vicente Zaruma „konnte und kann in diesem Dialog das Christentum, so sehr es auch unter allen möglichen Einflüssen leiden mag, ,die Samen des Wortes‘ (sic) bei den traditionellen Völkern nicht zum Schweigen bringen; denn diese Völker haben ihre Werte, ihre Riten, ihre kulturellen Praktiken bewahrt, kurz gesagt, alles, was Jahrhunderte der Weisheit ausgemacht hat, die der Geist (sic) ihnen gegeben hat, und die immer noch Weisheit Gottes, des Menschen und des Kosmos sind, obwohl sie einen ,anderen Geschmack‘ haben“. In diesem Sinne, fügt er hinzu, „können wir eine griechisch-hebräische Religion [das Christentum] nicht länger als die einzig gültige Grundlage aufrechterhalten.“ [14]
Was die neue Missiologie anstrebt, ist eine Symbiose: «Die indianische Theologie versucht, das religiöse Denken der indigenen Völker vor ihrer Begegnung mit dem Christentum wiederherzustellen, aber auch die christliche Erfahrung dieser Völker - nicht immer eine leichte Aufgabe, wie Eleazar Lopez sagt: Das Problem ist immer noch schockierend, weil wir [indigene Völker und besonders indigene Priester] innerlich von einer doppelten Liebe gespalten sind, die uns nicht in Frieden leben lässt: Wir lieben unser Volk und glauben an ihr Lebensprojekt. Wir lieben aber auch die Kirche und glauben an ihren Erlösungsplan. Diese beiden Lieben koexistierten in uns, aber sie verwandelten unser Herz und unser Gewissen in ein Schlachtfeld. Wir sind Kinder von Völkern, die, um zu überleben, sehr tiefe Löcher graben mussten, in denen sie ihre Schätze aufbewahrten, oder Masken tragen mussten, die ihre erste Identität verbargen. Wir sind auch Kinder von Kirchen, deren missionarische Praktiken dem Glauben unserer Völker gegenüber äußerst intolerant waren und sie als teuflisch oder einfach kindisch bezeichneten.“ [15]
In einem anderen Schreiben analysiert P. Eleazar López die Lösungen, die die indigene Bevölkerung Lateinamerikas entwickelt hat, um das von der christlichen Evangelisierung hervorgebrachte Dilemma zu lösen. Laut diesem Autor waren es vier:
1. „Kampf der Götter“: „Während die Neuankömmlinge (Missionare) behaupteten, der Gott der Eingeborenen sei nicht Gott, sondern der Satan, der uns getäuscht hatte, indem er sich in göttlicher Form und mit der gleichen Hartnäckigkeit darstellte, antwortete unser Volk, dass angesichts der Werke der Spanier, in Wirklichkeit ihr Gott das Gold war.“ Es gab indigene Aufstände, „die aus Verzweiflung in die Perspektive eines Kampfes gegen den Tod zwischen den Göttern gestellt wurden: Entweder siegte der christliche Gott mit dem Tod des eingeborenen Gottes oder der eingeborene Gott triumphierte mit dem Tod des christlichen Gottes. Und natürlich war das endgültige Gleichgewicht für unser Volk schrecklich nachteilig.“ Nach Ansicht des mexikanischen Theologen tauchen in unseren Tagen sowohl innerhalb der Kirche als auch in kirchenkritischen indigenen Sektoren wieder intolerante Einstellungen auf. „Wer Christ sein will, muss seinen indigenen Glauben aufgeben oder ihn so reinigen, dass er nur das annimmt, was mit dem Christentum völlig vereinbar ist, damit die offenbarte Wahrheit, deren treuer Hüter die Kirche ist, Bestand hat. Der indigene Gegenpart bekräftigt, dass diejenigen, die sich dafür entscheiden, authentisch Ureinwohner zu bleiben, sich von den Kirchen befreien und zu den ursprünglichen Glaubensformen unserer Väter zurückkehren müssen.“
* Religiöse Gegenüberstellung: „Als sie die neuesten Wege, der Verständnis und des Lebens der Erfahrung Gottes von der landwirtschaftlichen und städtischen Zeit aus zu verstehen und zu leben, mit den ältesten Ausdrücken der Nomadenwelt [indigener Bevölkerungsgruppen] in Verbindung brachten, saß der christliche Gott sofort im Rucksack des Volksglaubens, neben den Götzen Huehuetéotl, Ometéotl, Zintéotl, Quetzalcóalt, Tezcatlipoca, Huitzilopochtli…. Als sie sahen, wie respektvoll die Indianer sich in christlichen Gottesdiensten verhielten und ja sagten zur neuen Religion, glaubten [Eroberer und Misionare], dass diese Akzeptanz des christlichen Glaubens zugleich die Aufgabe ihres alten Glaubens bedeutete. Deshalb bauten sie christliche Tempel neben den indigenen Tempeln. Und sie akzeptierten, dass die Menschen neben dem offiziellen Gottesdienst weiterhin ihren eigenen religiösen Bräuchen nachgingen. Aber was unser Volk unternahm, war, Räume für die Zusammenführung dieser beiden Ströme von Spiritualität zu öffnen, aus denen sich ihr Leben in diesem Moment zusammensetzte.
„Dies war bis heute eine der Methoden, die die Menschen in der Erfahrung ihres Glaubens am häufigsten anwenden. Sie gehen in die Kirche und beten zu Christus und den Heiligen, aber mit der gleichen Hingabe gehen sie zu den Hügeln, Höhlen, Quellen oder heiligen Stätten, um die Hilfe des Besitzers des Lebens zu beschwören, der sich an jedem dieser Orte befindet.“
* Religiöse Überschneidungen: „Dieselben Missionare der Vergangenheit haben dies sehr gefördert: Statt einheimische Tempel und religiöse Manifestationen zu zerstören und niederzureißen, tauften sie sie, indem sie über oder an erster Stelle eine deutlich christliche Ausdrucksform setzten (einen neuen Tempel, Kreuz oder ein Heiliger). Was also fortan dort getan wurde, sollte nicht mehr an die indigene Gottheit gerichtet sein, sondern an den christlichen Gott. Die indigenen Völker lernten diese Lektion sehr schnell und akzeptierten diese Methode mit großer Befriedigung, da sie die Erhaltung ihrer alten Heiligtümer und religiösen Symbole erleichterten, indem sie sie mit Christentum bedeckten. Es genügte, etwas Christliches anzunehmen, um keine Heiden mehr zu sein“.
* Die Ersatzmethode: „Nach und nach führt die Gegenüberstellung dazu, dass einige Symbole durch andere ersetzt werden. In der Überzeugung, dass es keinen inneren Gegensatz zwischen dem christlichen Glauben und dem indigenen Glauben gibt, wurde von beiden Seiten dasselbe Symbol verwendet. Und da die Ureinwohner von den Missionaren belehrt wurden, war es am besten, das spanische Symbol anzunehmen, und das taten sie auch. Die Heiligen und besonders die Jungfrau waren die am häufigsten verwendeten Symbole.
„Was sie früher der indigenen Gottheit erbeteten oder vor ihr getan hatten, fragten sie jetzt dem christlichen Gott oder seinen Vermittlern. Dies führte zu einem indigenen Christentum, das heißt, leben in indigenen Formen, und einer christianisierten indigenen Religion, das heißt nach christlichem Muster.“[16]
Was Eleazar López nicht sagt, ist, dass sich der Anteil der Eingeborenen, die die vier Positionen einnahmen, die er während der fünf Jahrhunderte der Evangelisierung beschrieb, allmählich änderte, dank der Bemühungen der Missionare, den Glauben der Konvertiten und ihre Kultur von Überresten des Aberglaubens zu reinigen. Diese Bemühungen wurden nicht nur von der göttlichen Gnade und den Erscheinungen Unserer Lieben Frau (die in ganz Lateinamerika zahlreich sind) begünstigt, sondern auch von der Rassenmischung und der zunehmenden Verstädterung, die die Anziehungskraft der Indianer auf ihre „heiligen Orte“ minderten.
Man kann mit Sicherheit sagen, dass die Mehrheit der indigenen Bevölkerung bis in die 1960er Jahre das Christentum auf authentische Weise praktizierte und nur wenige noch mit parallelen Spiritualitäten lebten. Nur eine winzige Minderheit blieb rein heidnisch oder kehrte zum Heidentum zurück.
In den letzten Jahrzehnten löste die verheerende Aktion der neuen Missionare einen umgekehrten Prozess aus, d.h. eine Re-paganisierung (zurück zum Heidentum) der christlichen Indianer. Anthropologen und Agenten linker Parteien und Bewegungen, im Allgemeinen Marxisten, förderten einen parallelen Prozess, um die indigenen Völker für ihren Zustand der kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen „Unterdrückung“ zu sensibilisieren.
5. GENEREALVERSAMMLUNG DES CELAM IN APARECIDA
In seiner Eröffnungsrede zur Sitzung der Fünften Generalkonferenz des CELAM in Aparecida, Brasilien, am 13. Mai 2007, warnte Papst Benedikt XVI. vor diesem Versuch, indigene Kulturen künstlich zu paganisieren. Er beschrieb auch objektiv die Realität der in Lateinamerika populären Religiosität:
„Die Utopie, den präkolumbischen Religionen durch die Trennung von Christus und von der Gesamtkirche wieder Leben zu geben, wäre kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt. Sie wäre in Wirklichkeit eine Rückentwicklung zu einer in der Vergangenheit verankerten geschichtlichen Periode.
Ihre Weisheit brachte die Urvölker glücklicherweise dazu, eine Synthese zwischen ihren Kulturen und dem christlichen Glauben zu bilden, den ihnen die Missionare anboten. Daraus wurde die reiche und tiefe Volksfrömmigkeit geboren, in der die Seele der lateinamerikanischen Völker zum Vorschein kommt:
- Die Liebe zum leidenden Christus, dem Gott des Mitleids, der Vergebung und der Versöhnung; dem Gott, der uns so geliebt hat, daß er sich für uns ausgeliefert hat; 
- Die Liebe zu dem in der Eucharistie gegenwärtigen Herrn, dem Gott, der Fleisch geworden, gestorben und auferstanden ist, um Brot des Lebens zu sein; 
- Zu dem Gott, der den Armen und Leidenden nahe ist; 
- Die tiefe Verehrung der allerseligsten Jungfrau von Guadalupe, der Aparecida, der Jungfrau mit verschiedenen nationalen und lokalen Titeln. Als die Jungfrau von Guadalupe dem hl. Juan Diego, einem Indio, erschien, sprach sie zu ihm die bedeutsamen Worte: »Bin ich nicht hier, um deine Mutter zu sein? Stehst du nicht unter meinem Schirm und Schutz? Bin ich nicht die Quelle deiner Freude? Bist du nicht in meinen Mantel gehüllt, in meinen Armen geborgen?« (Nican Mopohua, Nr. 118–119)..
Zum Ausdruck kommt diese Frömmigkeit auch in der Verehrung der Heiligen mit ihren Patronatsfesten, in der Liebe zum Papst und zu den anderen Hirten, in der Liebe zur Universalkirche als großer Familie Gottes, die ihre Kinder niemals allein oder im Elend lassen kann noch darf. Das alles bildet das große Mosaik der Volksfrömmigkeit, die der kostbare Schatz der katholischen Kirche in Lateinamerika ist und den sie schützen, fördern und, wenn nötig, auch reinigen muss.“ [17]
Dies ist das wahre Gesicht der katholischen Kirche in Lateinamerika, auf das sich die Bemühungen der nächsten Sonderversammlung der Bischofssynode in der Region Pan-Amazonien richten sollten, anstatt zu versuchen, den sterbenden Aberglauben von Hexenheilern, Meistern, Wayanga und Schamanen Hand in Hand mit der indischen Theologie wiederzubeleben, die von P. Eleazar López und seine Glaubensgenossen verbreitet wird. Ihre Postulate und Lehrirrtümer werden im nächsten Artikel genauer analysiert.
  
[1] “Amazon: New Paths for the Church and for an Integral Ecology,” Vatican City, 2018, n° 6 (https://press.vatican.va/content/salastampa/en/bollettino/pubblico/2018/06/08/180608a.html).
[2] Ebda. n 5.
[3] Ebda. n 3.
[4] Ebda. n 12
[5] Ebda. n 15.
[6] Schriften über Pluralismus – Kreuzung der Befreiungstheologie mit der Theologie des religösen Pluralismus, (spanisch) Libros Digitales Koinonia, 2012, p. 508, 509, 510 (http://www.servicioskoinonia.org/LibrosDigitales/LDK/Vigil-EscritosSobrePluralismo.pdf).
[7] Wakanmay (Aliento sagrado): Perspectivas de teología india – Una propuesta desde la cultura Cañari, Ed. Abya Yala, 2006, p. 155.
[8] V. Guzmán M. Carriquiry, Teología del Pueblo en el Magisterio Pastoral del Papa Francisco, Pontificia Comisión para América Latina, 2018 (http://www.americalatina.va/content/americalatina/es/articulos/la-teologia-del-pueblo-en-el-magisterio-pastoral-del-papa-franci.html)
[9] Patricio Merino Beas, “Diversidad religiosa y teología desde Latinoamérica: visión panorámica”, in Reflexiones Teológicas, n. 6, 2010, Bogotá, p. 64.  .
[10] Das Puebla Dokument spricht von den Indianern als “die Ärmsten der Armen” (Nr. 34).
The Puebla document speaks about indigenous peoples as “the poorest of the poor” (n° 34). “It is known that Father Lucio Gera was the one who had greater responsibility writing the remarkable chapter on ‘evangelization of culture’ in the Puebla document…. It is no wonder, then, that in 1985 Father Bergoglio, being Rector of the Faculty of San Miguel in Buenos Aires, organized the first International Congress on the evangelization of culture and inculturation of the gospel to be held in Latin America,” writes Guzmán Carriquiry (ibid., previous note).
[11] According to Fr. Eleazar López, a leading figure of Indian theology, the Santo Domingo conference “echoes new approaches that emerged in the Indigenous Pastoral in recent years and that had never found space before” in documents of magnitude such as that of CELAM: poverty is no longer the dominant characteristic to define the indigenous, who are considered «as true people and nation», possessors of «innumerable cultural riches» that are «living traces of a centuries-old culture» and drivers » of a specific project of life” that contains “human values ??of great significance» such as the “preservation of nature as an environment of life for al;” the religious convictions of natives “are the fruit of ‘the seeds of the Word’ that were already present and worked in their ancestors,” so “the inculturation of the Gospel … entails the recognition of [those] evangelical values;” such inculturation requires “indigenous ministries” and “its own theology, or Indian theology»(Caminar de la Pastoral Indígena y de la Teología India en América Latina, CENAMI, México, 2006 –  http://www.curasopp.com.ar/web/es/teologia-india/77-caminar-de-la-pastoral-indigena-y-de-la-teologia-india-en-america-latina)
[12] “In my view, Aparecida manifests a kairotic moment within our Church that may be the beginning of a new ecclesial stage, especially in regard to the indigenous cause…. The official document of Aparecida looks like the typical costumes of our peoples in which, in addition to their polychrome coloring, one can make out the many hands that made it. The special threads of the indigenous perspective are notorious not only because they deal with issues of indigenous content but also because they include the indigenous perspective on other topics” (Eleazar López, “La Teología India en la Iglesia. Un balance después de Aparecida”, Revista Iberoamericana de Teología, núm. 6, enero-junio, 2008, pp. 89 y 107 – http://clar.org/assets/teologiaindia.pdf).
[13] Los Salesianos y los Shuar, Ed. Abya Yala, Quito, 2011, p. 91-93.
[14] Op. cit. , pp. 161 y 157.
[15] Ibid. p. 165.

Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht in:
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