* 22/07/2019 Riccardo Cascioli
Ein
beunruhigendes Dokument wie das Instrumentum Laboris für die Amazonas-Synode
kann nur als Ergebnis des stetigen Wachstums einer ökologischen Strömung in der
Kirche verstanden werden, die in der Enzyklika Laudato Si (2015) offiziell
anerkannt und damit zur Doktrin erhoben wurde.
Der
von der Umwelt-Enzyklika dargestellte Wendepunkt geht weit über die Beachtung
unseres „gemeinsamen Hauses“ hinaus. Tatsächlich distanziert sie sich von der traditionellen
katholischen Anthropologie, um soziale und politische Kategorien einzubeziehen,
die im Sozialdarwinismus begründet sind. Laudato Si ist ein Widerhall der Erd-Charta,
eine Erklärung ethischer Grundprinzipien, die aus einem von den Vereinten
Nationen entwickelten Projekt hervorgeht. In diesem Dokument wird dem Menschen
seine zentrale Stellung in der Schöpfung abgesagt, um nur noch ein Teil einer
„Lebensgemeinschaft“ zu werden, in der er die gleiche Würde wie Tiere und
Pflanzen hat. Dies ist eine grundlegend pantheistische Auffassung, so dass der
gebührende Verweis der Enzyklika auf die christliche Offenbarung lediglich
religiösen Vorstellungen gegenübergestellt zu sein scheint, die eine ganz
andere Wurzel haben.
Nach
der katholischen Lehre entsteht Harmonie in der Schöpfung durch eine korrekte
Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt und zu Gott, zusammengefasst in der
Formel „die Natur ist für den Menschen da, doch der Mensch ist für Gott da“.
Mit anderen Worten, die korrekte Beziehung des Menschen zur Natur ist eine
Konsequenz von seiner Anerkennung der Zugehörigkeit zu Gott, demgegenüber man
dafür verantwortlich ist, wie man die Gaben der Natur nutzt und mit anderen
Menschen in Beziehung steht. Dies ist genau die Vision, die sich unter dem vielfach
missverstandenen und instrumentalisierten Schöpfungsgesang des heiligen
Franziskus von Assisi verbirgt.
Obwohl
Laudato Si den für die sogenannte „tiefe Ökologie“ typischen „Biozentrismus“
ausdrücklich kritisiert, bestätigt die starke und berechtigte Kritik am
modernen Anthropozentrismus nicht die traditionelle katholische Vision. Dies
ist dermaßen so, dass die Erfahrung des benediktinischen Mönchstums, die mit
einem Scherz abgetan wird, in der Tat das größte Beispiel der Geschichte für
die Bedeutung eines korrekten Verhältnisses zur Natur ist, das sein Ursprung im
„Quaerere Deum“ hat: indem er sein Leben auf der Suche nach Gott ausrichtet, wirkt
der Mensch in der Schöpfung mit, bringt er die Natur um ihn herum zum erblühen.
Stattdessen schlägt die Enzyklika die Gemeinschaften der Ureinwohner (Nr. 146)
als Modell der Harmonie zwischen Mensch und Natur vor, eine ebenso idyllische
wie unwirkliche Vision. Das Instrumentum Laboris zur Amazonassynode führt diese
Erhöhung der indigenen Kulturen zu extremen Konsequenzen.
Dieser
Ansatz ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass der frühere
brasilianische Franziskaner Leonardo Boff, der in den 1980er Jahren von der
Kongregation für die Glaubenslehre bereits verurteilte Hauptvertreter der
Befreiungstheologie, einen entscheidenden Beitrag zum Schreiben von Laudato Si
leistete. Boff lebte seit den 1990er Jahren in einem ökologischen Reservat und
hat neben seiner akademischen und schriftstellerischen Tätigkeit die
wichtigsten ökologischen und marxistischen Bewegungen in Lateinamerika
unterstützt. Er selbst gab bekannt, dass Papst Franziskus ihn anrief und sagte,
er wolle alle seine Bücher lesen, um Laudato Si zu schreiben.
Sein
Einfluss ist mehr als offensichtlich, wie zum Beispiel die kritische Annahme
von – klimatisch verursachten, aber nicht nur – Umweltkatastrophen, als
Grundlage für das, was der Papst als „ökologische Bekehrung“ bezeichnet hat. Es
ist das erste Mal, dass eine gesellschaftliche und politische Analyse, die
ihrer Natur nach fragwürdig ist und Korrekturen bedarf, zur Grundlage des
kirchlichen Lehramtes wird. Dies ist der gleiche Ansatz, den wir im
Instrumentum Laboris finden.
Ein
weiterer grundlegender Wendepunkt in Laudato Si ist die Übernahme des Konzepts
der „nachhaltigen Entwicklung“, das die früheren Pontifikate immer abgelehnt
hatten. In der Tat wird zu oberflächlich angenommen, dass sich „Nachhaltigkeit“
lediglich auf die Einbeziehung des Umweltschutzes in die Kriterien zur
Bewertung wirtschaftlicher, sozialer und politischer Initiativen bezieht.
Stattdessen ist Nachhaltigkeit ein viel weiter gefasster Begriff, der in den
1980er Jahren in UN-Kreisen als Ergebnis einer atheistischen und
materialistischen Auffassung bestätigt wurde. Grundlage des
Nachhaltigkeitskonzepts ist eine negative Vision des Menschen als Störfaktor
für das globale Ökosystem: Aus diesem Grund neigen globale Umweltpolitiken
dazu, die Auswirkungen des Menschen sowohl quantitativ als auch qualitativ zu
begrenzen. Infolgedessen müssen Sie in armen Ländern Geburtenkontrolle
betreiben, die Entwicklung bremsen und in reichen Ländern die
Deindustrialisierung fördern.
In
Laudato Si finden wir eine starke Betonung des zweiten Aspekts, aber eine
Ablehnung der Methoden der Geburtenregelung im Prinzip. Wenn man nun die
Prinzipien, die einer globalen Konzeption der Mensch-Natur-Beziehung zugrunde
liegen, als gut annimmt, sich aber weigert, ihre praktischen Konsequenzen zu
übernehmen, wird dies zu einem reinen Moralismus, der sich früher oder später
vollständig ergeben muss. Mit anderen Worten, wenn wir akzeptieren, dass die
Anwesenheit und Aktivität des Menschen schädlich für die Umwelt ist und das
Überleben des Planeten gefährdet, wenn wir weiterhin Alarm über die
bevorstehende Katastrophe auslösen und behaupten, dass wir am Rande des
Abgrunds stehen, müssen wir früher oder später Sofortmaßnahmen, wie Empfängnisverhütung,
akzeptieren, um menschliche Aktivitäten zu stoppen. Wenn man die Kultur der Ureinwohner
als ein Modell der Harmonie betrachtet, kann die Konsequenz nur die
Wertschätzung der animistischen Religionen und die Verurteilung der
Evangelisierung sein, was im Instrumentum Laboris tatsächlich klar zum Ausdruck
kommt.
Es
geht also nicht so sehr um die Sorge um die Umwelt — was offensichtlich eine
Pflicht ist — noch um Maßnahmen zur Rettung des Amazonas-Waldes (vorausgesetzt,
dies ist eine spezifische Aufgabe der Kirche). Es geht um noch viel mehr: um den
Inhalt des katholischen Glaubens. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die
Bischöfe sich dessen bewusst werden und zunächst das Instrumentum Laboris für
die Amazonas-Synode ablehnen.
Quelle
des englischen Originals:
http://lanuovabq.it/it/sinodo-amazzonia-il-problema-sta-nella-laudato-si
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