Dienstag, 22. Oktober 2024

Vergessene Wahrheiten:

Die himmlische Königin selbst hat diesem Gebete (dem Rosenkranz) große Kraft verliehen.


      Daran muß man deshalb glauben, weil es nach ihrem Willen und Einfluß von dem berühmten Vater Dominikus eingeführt und verbreitet worden ist in einer dem katholischen Namen höchst feindseligen Zeit, welche der unseren gar nicht unähnlich ist, gleichsam wie ein zur Niederwerfung der Feinde des Glaubens überaus mächtiges Kriegswerkzeug. 

    Denn die häretische Sekte der Albigenser war teils geheim, teils öffentlich in viele Gegenden eingedrungen, eine hässliche Abzweigung der Manichäer, deren ungeheure Irrtümer sie wiedererweckte und deren Verstellungen, Mordtaten und tödlichen Haß gegen die Kirche nur allzu sehr erneuerte. Auf menschlichen Schutz gegen die überaus schädliche und übermütige Rotte konnte man kaum mehr rechnen, als augenscheinliche Hilfe von Gott mittels des Marianischen Rosenkranzes kam. So wurde durch die Huld der Jungfrau, der glorreichen Siegerin über alle Ketzereien, die Macht der Gottlosen erschüttert und gebrochen, der Glaube aber für Unzählige unversehrt bewahrt. – Auch der Umstand kommt als glänzender Beweis dazu, wie das Rosenkranzgebet gleich von seiner Einführung an überall bei allen Ständen der Bürger in Gebrauch und Übung kam. Denn der göttlichen Mutter, welche durch so viele und große Vorzüge einzig unter allen im hellsten Glanze strahlt, erzeigt das fromme christliche Volk durch viele hehre Titel und Weisen Ehren; doch diesen Ehrennamen des Rosenkranzes, diese Gebetsform, in welcher gleichsam das Wahrzeichen des Glaubens und der Inbegriff der ihr gebührenden Verehrung enthalten ist, hat es immer ganz vorzüglich geliebt uns sich derselben privat und öffentlich, in Haus und Familie, bei errichteten Bruderschaften, bei geweihten Altären, bei festlichen Umzügen besonders bedient, in der Meinung, es könne auf keine bessere Weise ihre heiligen Feste begehen oder ihren Schutz und ihre Gnade verdienen.

    Auch der Punkt darf nicht mit Stillschweigen übergangen werden, der eine absonderliche Fürsorge unserer Herrin in dieser Beziehung bekundet. Wenn nämlich mit der Länge der Zeit bei einem Volke der fromme Eifer verglüht zu sein schien und eben diese Gebetsübung etwas nachließ, wie wunderbar wurde dann später, mochte der Staat in einer furchtbaren Krisis sich befinden oder drückende Not herrschen, die Rosenkranzandacht mehr als alle übrigen religiösen Hilfsmittel auf allgemeinen Wunsch wiedereingeführt und so an ihren alten Ehrenplatz zurückversetzt, so daß sie wieder blühte und weithin Segen stiftete. Unnötig ist es, hierfür Beispiele aus der Vergangenheit hervorzuholen, da aus der Gegenwart ein hellleuchtendes zu Gebote steht. In dieser Zeit nämlich, welche, wie eingangs erwähnt, für die Kirche so bitter ist, am bittersten aber für Uns, die Wir durch göttlichen Ratschluß an ihrem Steuerruder sitzen, kann man das bewunderungswürdige Schauspiel sehen, mit welch regem und glühendem Eifer allwärts unter den katholischen Völkern der Marianische Rosenkranz gepflegt und gefeiert wird. Diese Tatsache, welche richtiger Gott, der die Menschen lenkt und leitet, als irgend einer menschlichen Klugheit und Tätigkeit mit Recht zuzuschreiben ist, ist ein gewaltiger Trost und eine Erquickung für unser Herz und erfüllt es mit großer Zuversicht, daß unter Marias Walten die Triumphe der Kirche sich erneuern und umfangreicher gestalten.

    Es gibt Leute, welche das von Uns erwähnte gar wohl begreifen, weil sie aber von den gehofften Dingen, besonders den Frieden die Ruhe der Kirche betreffend, noch nichts erreicht sehen, ja noch schlimmere Verwicklungen wahrnehmen, infolgedessen in ihrem Gebetseifer und ihrer andächtigen Stimmung gewissermaßen erschöpft und misstrauisch nachlassen. Solche Menschen mögen vorerst selbst zusehen und darnach trachten, daß sie ihre Gott dargebrachten Gebete mit entsprechenden Tugenden nach der Vorschrift Christi des Herrn ausstatten. Besitzen sie diese, so sollen sie ferner erwägen, daß es unwürdig und unrecht ist, wenn sie die Zeit und Art der Hilfeleistung für Gott festsetzen wollen da er uns nichts schuldet, so daß er, wenn er die Betenden erhört und „unsere Verdienste krönt, nichts anderes als seine Gaben krönt“8[8], und daß er, wenn er unserer Meinung weniger willfährt, wohlweislich als guter Vater mit seinen Kindern handelt, indem er sich ihrer Torheit erbarmt und auf ihren Nutzen bedacht ist. – Die Bitten aber, welche wir, um Gott der Kirche gnädig zu stimmen, im Verein mit den Fürbitten der Heiligen des Himmels kniefällig darbringen, diese nimmt Gott selbst stets allgütig auf und erfüllt sie, sowohl jene, welche die höchsten und unsterblichen Güter der Kirche betreffen, als auch die geringeren und das Zeitleben betreffenden, jedoch falls sie für jene förderlich sind. Diesen Gebeten freilich verleiht Christus der Herr am meisten Gewicht und Wohlgefallen durch seine Gebete und Verdienste, er, der „die Kirche geliebt und sich für sie dargegeben hat, damit er sie heilige ..., damit er selbst sich seine Kirche glorreich darstelle“. er zugleich auch ihr Hohepriester, heilig, unschuldig, „immerdar lebend, um zu vermitteln für uns“.


Aus der Enzyklika Octobri mense des Heiligen Vaters Leo XIII. vom 22. September 1891 

Quelle: Sämtliche Rundschreiben, erlassen von Unserem Heiligsten Vater Leo XIII., durch göttliche Vorsehung Papst. Vierte Sammlung (1881-1885), Herder´sche Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1904, 7-35.

Elektronische Fassung für www.stjosef.at digitalisiert von Armin Jauch. HTML-Format erstellt am 13. September 2004 von Dr. Josef Spindelböck. Die Nummerangabe vor den einzelnen Teilen folgt der englischen Fassung. Im Hinblick auf die Schreibweise erfolgte bei einzelnen Wörtern eine behutsame Angleichung an die gegenwärtige Form. Irrtum vorbehalten.

 

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