Die himmlische Königin selbst hat diesem Gebete (dem Rosenkranz) große
Kraft verliehen.
Daran muß man deshalb glauben, weil es nach ihrem Willen und Einfluß von dem berühmten Vater Dominikus eingeführt und verbreitet worden ist in einer dem katholischen Namen höchst feindseligen Zeit, welche der unseren gar nicht unähnlich ist, gleichsam wie ein zur Niederwerfung der Feinde des Glaubens überaus mächtiges Kriegswerkzeug.
Denn die häretische Sekte der
Albigenser war teils geheim, teils öffentlich in viele Gegenden eingedrungen,
eine hässliche Abzweigung der Manichäer, deren ungeheure Irrtümer sie wiedererweckte
und deren Verstellungen, Mordtaten und tödlichen Haß gegen die Kirche nur allzu
sehr erneuerte. Auf menschlichen Schutz gegen die überaus schädliche und
übermütige Rotte konnte man kaum mehr rechnen, als augenscheinliche Hilfe von
Gott mittels des Marianischen Rosenkranzes kam. So wurde durch die Huld der
Jungfrau, der glorreichen Siegerin über alle Ketzereien, die Macht der
Gottlosen erschüttert und gebrochen, der Glaube aber für Unzählige unversehrt
bewahrt. – Auch der Umstand kommt als glänzender Beweis dazu, wie das
Rosenkranzgebet gleich von seiner Einführung an überall bei allen Ständen der
Bürger in Gebrauch und Übung kam. Denn der göttlichen Mutter, welche durch so
viele und große Vorzüge einzig unter allen im hellsten Glanze strahlt, erzeigt
das fromme christliche Volk durch viele hehre Titel und Weisen Ehren; doch
diesen Ehrennamen des Rosenkranzes, diese Gebetsform, in welcher gleichsam das
Wahrzeichen des Glaubens und der Inbegriff der ihr gebührenden Verehrung
enthalten ist, hat es immer ganz vorzüglich geliebt uns sich derselben privat
und öffentlich, in Haus und Familie, bei errichteten Bruderschaften, bei
geweihten Altären, bei festlichen Umzügen besonders bedient, in der Meinung, es
könne auf keine bessere Weise ihre heiligen Feste begehen oder ihren Schutz und
ihre Gnade verdienen.
Auch der Punkt darf nicht mit Stillschweigen übergangen
werden, der eine absonderliche Fürsorge unserer Herrin in dieser Beziehung
bekundet. Wenn nämlich mit der Länge der Zeit bei einem Volke der fromme Eifer
verglüht zu sein schien und eben diese Gebetsübung etwas nachließ, wie
wunderbar wurde dann später, mochte der Staat in einer furchtbaren Krisis sich
befinden oder drückende Not herrschen, die Rosenkranzandacht mehr als alle
übrigen religiösen Hilfsmittel auf allgemeinen Wunsch wiedereingeführt und so
an ihren alten Ehrenplatz zurückversetzt, so daß sie wieder blühte und weithin
Segen stiftete. Unnötig ist es, hierfür Beispiele aus der Vergangenheit
hervorzuholen, da aus der Gegenwart ein hellleuchtendes zu Gebote steht. In
dieser Zeit nämlich, welche, wie eingangs erwähnt, für die Kirche so bitter
ist, am bittersten aber für Uns, die Wir durch göttlichen Ratschluß an ihrem
Steuerruder sitzen, kann man das bewunderungswürdige Schauspiel sehen, mit
welch regem und glühendem Eifer allwärts unter den katholischen Völkern der
Marianische Rosenkranz gepflegt und gefeiert wird. Diese Tatsache, welche
richtiger Gott, der die Menschen lenkt und leitet, als irgend einer
menschlichen Klugheit und Tätigkeit mit Recht zuzuschreiben ist, ist ein
gewaltiger Trost und eine Erquickung für unser Herz und erfüllt es mit großer
Zuversicht, daß unter Marias Walten die Triumphe der Kirche sich erneuern und
umfangreicher gestalten.
Es gibt Leute, welche das von Uns erwähnte gar wohl
begreifen, weil sie aber von den gehofften Dingen, besonders den Frieden die
Ruhe der Kirche betreffend, noch nichts erreicht sehen, ja noch schlimmere
Verwicklungen wahrnehmen, infolgedessen in ihrem Gebetseifer und ihrer
andächtigen Stimmung gewissermaßen erschöpft und misstrauisch nachlassen.
Solche Menschen mögen vorerst selbst zusehen und darnach trachten, daß sie ihre Gott dargebrachten Gebete mit entsprechenden Tugenden nach der Vorschrift
Christi des Herrn ausstatten. Besitzen sie diese, so sollen sie ferner erwägen,
daß es unwürdig und unrecht ist, wenn sie die Zeit und Art der Hilfeleistung
für Gott festsetzen wollen da er uns nichts schuldet, so daß er, wenn er die
Betenden erhört und „unsere Verdienste krönt, nichts anderes als seine Gaben
krönt“8[8], und daß er, wenn er unserer Meinung weniger willfährt, wohlweislich
als guter Vater mit seinen Kindern handelt, indem er sich ihrer Torheit erbarmt
und auf ihren Nutzen bedacht ist. – Die Bitten aber, welche wir, um Gott der
Kirche gnädig zu stimmen, im Verein mit den Fürbitten der Heiligen des Himmels
kniefällig darbringen, diese nimmt Gott selbst stets allgütig auf und erfüllt
sie, sowohl jene, welche die höchsten und unsterblichen Güter der Kirche
betreffen, als auch die geringeren und das Zeitleben betreffenden, jedoch falls
sie für jene förderlich sind. Diesen Gebeten freilich verleiht Christus der
Herr am meisten Gewicht und Wohlgefallen durch seine Gebete und Verdienste, er,
der „die Kirche geliebt und sich für sie dargegeben hat, damit er sie heilige
..., damit er selbst sich seine Kirche glorreich darstelle“. er zugleich
auch ihr Hohepriester, heilig, unschuldig, „immerdar lebend, um zu vermitteln
für uns“.
Aus der Enzyklika Octobri mense des Heiligen Vaters Leo XIII. vom 22. September 1891
Quelle: Sämtliche Rundschreiben, erlassen von Unserem Heiligsten Vater Leo XIII., durch göttliche Vorsehung Papst. Vierte Sammlung (1881-1885), Herder´sche Verlagsbuchhandlung, Freiburg im Breisgau 1904, 7-35.
Elektronische Fassung für www.stjosef.at digitalisiert
von Armin Jauch. HTML-Format erstellt am 13. September 2004 von Dr. Josef
Spindelböck. Die Nummerangabe vor den einzelnen Teilen folgt der englischen
Fassung. Im Hinblick auf die Schreibweise erfolgte bei einzelnen Wörtern eine
behutsame Angleichung an die gegenwärtige Form. Irrtum vorbehalten.
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