Eine
tribalistische, kommunistische
Auffassung der Missionen
Im Nachwort zu Revolution und Gegenrevolution machte Plinio
Corrêa de Oliveira 1977 auf die Entstehung neuer „tribalistischer“ Strömungen
im Schoß der katholischen Kirche aufmerksam.
Erste Ausgabe des prophetischen Buches über den Indigenen Tribalismus 1977. |
Diese „wollen die edle, knöcherne Strenge der kirchlichen
Struktur, wie es von unserem Herrn Jesus Christus eingesetzt und in zwanzig
Jahrhunderten religiösen Lebens herrlich ausgeformt wurde, in ein knorpliges,
weiches, formloses Gewebe von Diözesen und Pfarreien ohne Territorium und von
religiösen Gruppierungen verwandeln, in denen die kanonische Autorität nach und
nach durch den Aufstieg mehr oder weniger pfingstlerischer ‚Propheten‘ ersetzt
wird, die viel mit den Medizinmännern des Strukturalismus gemein haben, mit
denen sie letztendlich wohl auch verwechselt werden dürften.“ [1]
Noch im selben Jahr untersuchte der brasilianische Denker in
seinem Buch Indigener-Tribalismus,
das kommunistisch-missionarische Ideal für Brasilien im 21. Jahrhunderts [2] 36 von der
progressistischen Missiologie herausgegebene Schriften und wies auf ihr
Vordringen in der kirchlichen Struktur hin.
Durch eine völlige Umkehrung der herkömmlichen katholischen
Auffassung, wonach es bei der christlichen Missionsarbeit darum geht, mit dem
Glauben auch die Kultur zu verbreiten, sah die neue Missionsströmung im
Tribalismus die Möglichkeit, auf Erden ein utopisches „Reich Gottes“ zu
errichten. Dieser Tribalisierungsprozess erscheint als eine natürliche Folge
der von der progressistischen Theologie verkündeten Zerstörung der christlichen
Zivilisation. Tatsächlich aber behauptet der heilige Pius X., dass es außerhalb
des Christentums keine wahre Zivilisation geben kann. Damit kommt die Leugnung
der zivilisatorischen Sendung der Kirche zwangsläufig einer Rückkehr zum
Stammesleben der Wilden gleich.
„Es muss hier wiederholt werden“, schrieb Prof. Oliveira,
„dass das größte Problem dieser Schwärmerei weder bei den Missionaren selbst
noch bei den Indianern liegt. Die Frage ist, wie sich eine solche Philosophie
ungestraft in die heilige katholische Kirche einschleichen konnte, um daselbst
Seminare zu vergiften und Missionen ihres eigentlichen Charakters berauben. Und
das alles mit so starker kirchlicher Rückendeckung.“ [3]
Als zwei Jahre später in Nikaragua der „Sandinismus“ an die
Macht kam, schien für die „Befreiungstheologie“ die Stunde des Sieges
geschlagen zu haben. „Die Liberationisten“, erinnert sich Kardinal López
Trujillo, „machten aus Nikaragua ein Zentrum für politische Experimente, die
sie mit Engagement und Begeisterung unterstützten. (...) Der triumphierende
Sandinismus wurde zur Lanzenspitze der Volkskirche ...“ [4]. In
Brasilien waren es die von Kardinal Paulo Evaristo Arns, dem Erzbischof von São Paulo, in Schutz
genommenen Patres Leonardo Boff und Clodovis Boff, der eine aus dem
Franziskaner-, der andere aus dem Serviten-Orden, die sich als die führenden
Publizisten der Befreiungstheologie hervortaten.
Kardinal Arns auf dem „Sandinisten-Abend“ |
Ende Februar 1980 fand in einem Vorstadtviertel von São
Paulo ein von der „Ökumenischen Vereinigung von Theologen aus der Dritten Welt“
organisierter internationaler Theologiekongress statt, bei dem
Befreiungstheologen aus 42 Ländern, alles „engagierte“ Bischöfe, Priester,
Ordensleute und Laien, zusammenkamen. Kardinal Arns wurde zum Ehrenpräsidenten
des der Ekklesiologie der Basisgemeinden gewidmeten Kongresses ernannt.
Die Abschlussveranstaltung wurde geprägt von einem offenen
Bekenntnis zur sandinistischen Revolution in Nikaragua und das Land selbst
wurde in den „theologischen Ort“ [5] der
„Befreiungstheologie“ verwandelt. Diese Veranstaltung zu Ehren des Sandinismus
fand im Theater der Katholischen Universität von São Paulo unter Teilnahme des
„Kommandanten“ Daniel Ortega, des damaligen Präsidenten von Nikaragua, von
Pater Miguel d’Escoto, des „Revolutionskaplans“ Uriel Molina und von Frei
Betto, einem bekannten, wegen seiner Komplizenschaft mit den Terroristen
verurteilten Dominikaner, statt.
Die Stimmung nahm fast surrealistische Formen an, als
Bischof Casaldáliga in der von der Delegation aus Nikaragua offerierten Uniform
eines sandinistischen Guerillero ausrief: „Gekleidet wie ein Guerillero fühle
ich mich, als hätte ich die priesterlichen Gewänder angelegt.“ Und unter
Beifall fügte er dann feierlich hinzu, dass er sich bemühen werde, dieses
„Sakrament der Befreiung“ mit „Taten und, wenn nötig, mit seinem Blut“ zu
ehren. (s.Bild)
CATOLICISMO Jul-Aug 1980 |
Die TFP gab daraufhin eine Sondernummer des Catolicismo mit einer
Reportage über diese „sandinistische Nacht“ und einer Verurteilung der
kommunistischen Unterwanderung katholischer Kreise heraus. Neben einem
kompletten, illustrierten Bericht über die Ereignisse wurden auch die
gehaltenen Reden in vollem Wortlaut und mit einer einführenden Analyse und weit
blickenden Kommentaren aus der Feder von Plinio Corrêa de Oliveira
wiedergegeben.[6]
Anmerkungen
[1] Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Revolução e Contra-Revolução, a.a.O., S.
73.
[2] Vgl. Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Tribalismo indígena, ideal
comuno-missionário para o Brasil do século XXI, Editora Vera Cruz, São
Paulo 1977. Werbe-Karawanen
besuchten 2963 Städte und vertrieben dort rund 76.000 Exemplare des Buches, von
dem nacheinander sieben Auflagen gedruckt wurden. Zur modernisierten
Missiologie vgl. auch das Essay von P. M. PARADOWSKI über „El marxismo en la teología de misiones“ in seinem bereits
angeführten Buch El marxismo en la
teología sowie vom selben Verfasser „Tribalismo
y pastoral misionera“, in Verbo
Nr. 185-186 (Mai-Juni 1980), S. 567-578.
[3] Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Tribalismo indígena..., a.a.O., S. 48.
[4] A. LOPEZ TRUJILLO, „La Teología de la Liberación: datos para su historia“, in Sillar Nr. 117 (Januar-März 1985), S.
33.
[5] Javier URCELAY ALONSO, „Sandinismo en Nicaragua: una revolución liberadora?“, in Verbo Nr. 256-260 (Oktober-Dezember
1987), S. 1171-1192. Vgl. auch Nicaragua. Les
contradictions du sandinisme, P. VAYSSIÈRE, Presses du CNRS, Paris 1988.
[6] Vgl. Catolicismo
Nr. 355 (Juli-August 1980).
Quelle: Roberto de Mattei: „Der Kreuzritter des 20. Jahrhunderts: Plinio Corrêa de Oliveira“. TFP-Büro Deutschland und DVCK e.V., Frankfurt, 2004, Kapitel V, Abschnitt 17, SS 198-200.
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