„Wie das
Aufwallen ungezügelter Neigungen auf der einen Seite den Hass gegen jede Art
von Beschränkung und Gesetz auslöst, ruft es auf der anderen Seite den Hass
gegen jede Art von Ungleichheit hervor. So führt dieses Aufwallen zur
utopischen Vorstellung eines marxistischen Anarchismus, der vorgibt, dass die
entwickelte, in einer klassen- und regierungslosen Gesellschaft lebende
Menschheit einer vollkommenen Ordnung und völligen Freiheit teilhaftig wird,
ohne dass dieser Zustand zu irgendeiner Art von Ungleichheit führen würde. Man
sieht hier, dass dies gleichzeitig das liberalste und egalitärste Ideal
beschreibt, das man sich vorstellen kann.
Die anarchische Utopie
des Marxismus sieht einen Zustand vor, in dem die menschliche Persönlichkeit
einen derart hohen Grad an Fortschritt erreicht haben würde, dass sie sich in
einer Gesellschaft ohne Staat und Regierung frei entwickeln könnte.“[1]
Die Revolution ist
dabei, im heutigen Menschen die Vorstellung von Sünde, ja sogar den Unterschied
zwischen Gut und Böse zu zerstören und damit ipso facto auch die Erlösung durch
unseren Herrn Jesus Christus abzustreiten, denn ohne die Sünde wird diese
unverständlich und verliert jeden logischen Bezug zu Geschichte und Leben.[2]
Indem sie, wie
in der liberalen Phase geschehen, alles Vertrauen in den Einzelmenschen oder,
wie in der sozialistischen Phase, in die Kollektivität legt, vergöttert die
Revolution den Menschen und vertraut auf die Möglichkeit einer „Selbsterlösung“
infolge einer radikalen sozialen Verwandlung.
Das anarchische
Ziel der Revolution deckt sich schließlich mit der Utopie einer universellen
Republik, in der sich alle legitimen Unterschiede zwischen den Völkern,
Familien, Gesellschaftsklassen in einem verworrenen, siedenden Brei auflösen.
„Eine Welt, in deren
Schoß die in einer universellen Republik vereinigten Vaterländer nur noch
geographische Bezeichnungen darstellen, eine Welt, die weder soziale noch
wirtschaftliche Unterschiede kennt, die von Wissenschaft und Technik, Werbung
und Psychologie zur Verwirklichung des endgültigen menschlichen Glücks geführt
wird: Das ist die Utopie, zu der uns die Revolution geleitet.“[3]
Anmerkungen
[1] Plinio
CORRÊA DE OLIVEIRA, Revolução e
Contra-Revolução, a.a.O., S. 33. „In dieser Gesellschaft, die auch ohne Regierung in vollkommener Ordnung
leben würde, wäre auch die wirtschaftliche Produktion organisiert und gut
entwickelt, und der Unterschied zwischen geistiger und manueller Arbeit wäre
überwunden, Ein noch nicht näher bestimmtes Auswahlverfahren würde die Leitung
der Wirtschaft den Fähigsten überantworten, ohne dass sich deshalb Klassen
bilden würden. Darin beständen die letzten, unbedeutenden Überreste der
Ungleichheit. Da aber die anarchistische kommunistische Gesellschaft noch nicht
das Ende der Geschichte darstellt, scheint die Annahme angebracht, dass auch
diese Überreste durch die spätere Entwicklung abgeschafft würden.“ (Ibid., S. 33)
[2] Plinio
CORRÊA DE OLIVEIRA, Revolução e
Contra-Revolução, a.a.O., S. 36.
[3] Ibid. S. 37. Die „religiösen“ Prämissen dieser Utopie hat Thomas MOLNAR
sehr gut in seinem Werk Utopia. The perennial heresy, Sheed and Ward , New York 1967, beschrieben.
Quelle: Roberto de Mattei: „Der Kreuzritter des 20.
Jahrhunderts: Plinio Corrêa de Oliveira. TFP-Büro Deutschland und
DVCK e.V., Frankfurt, 2004, Kapitel IV, Abschnitt 9, SS 153-154.
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