Mittwoch, 11. September 2019

Bischof von Amazonien verurteilt „Instrumentum Laboris“ für die Amazonas-Synode



Missionsbischof in Amazonien: Synodenpläne 
schweigen über die realen Probleme der Region

Bischof José Luis Azcona

 (CNA) Ein langjähriger Missionsbischof des Amazonasdeltas sagte, dass das Arbeitsdokument für die bevorstehende Amazonas Bischofssynode nicht die tatsächlichen Probleme der Kirche in der Region behandelt.
Bischof José Luis Azcona ist emeritierter Missionsbischof von Marajó, einer Diözese, die Dutzende von Inseln im Amazonas-Delta umfasst. Während seiner Dienstjahre in der Region lebte Azcona unter Morddrohungen, weil er den Menschenhandel anprangerte und die Menschenrechte von Ureinwohnern verteidigte.
Azcona kritisierte in seinen kürzlich an ACI Digital (1) abgegebenen Äußerungen über das Instrumentum laboris (Arbeitsdokument) für die panamazonische Bischofssynode im Oktober. Seiner Ansicht nach werden die dringendsten Herausforderungen der Kirche in dem Dokument nicht behandelt: die wachsende Pfingstler Mehrheit, Kinderarbeit, Missbrauch und Kinderhandel und eine spirituelle Krise.
Azcona sagte, die Synode müsse sich mit einer ernüchternden Realität befassen: „Der Amazonas, zumindest der brasilianische Amazonas, ist nicht mehr katholisch.“
Er stellte die zentralen Punkte des Vorbereitungsdokuments der Synode in Frage, in dem es zu Unrecht um „eine verzerrte Sicht des sogenannten amazonischen Antlitzes“, „Interkulturalität“ und die Priesterweihe von verheirateten Männern ging.
Das Gesicht Amazoniens
Azcona zufolge ist „das Amazonasgebiet, zumindest der brasilianische Amazonas, nicht mehr katholisch“.
„Dieser Ausgangspunkt ist für die Durchführung der Synode von entscheidender Bedeutung. Denn Amazonien hat eine Mehrheit von Pfingstlern, und da ist es notwendig, diese Realität gründlich anzusprechen.“
„Jede Nostalgie nach einem Amazonien, das es nicht mehr gibt, ist fatal für dessen ganzheitliche Evangelisierung. Sogar in einigen Gebieten Amazoniens erreicht die Pfingstlermehrheit 80%“, sagte er.
„Das Eindringen von Pfingstlern in verschiedene indigene ethnische Gruppen, überrollt Kulturen, ethnische Identitäten und indigene Völker im Namen des Evangeliums. Dies ist ein ernstes Phänomen im heutigen Amazonasgebiet, das mit seinen fundamentalistischen und proselytisierenden Konnotationen einen tiefgreifenden Einfluss auf die indigenen Völker hat.“
„Das ist das heutige Gesicht Amazoniens!“
„Zu diesem Punkt gibt es im Instrument laboris kein einziges Wort“, sagte Azcona.
Der Bischof fügte hinzu, dass „die jahrelange Erfahrung bestätigt, dass der Glaube in vielen amazonischen Diözesen weder in der Gesellschaft noch in der Geschichte gelebt wird. Die Kluft zwischen dem Bekenntnis und der Feier des Glaubens in schönen Liturgien und der sozialen, ökologischen, kulturellen und politischen Realität ist noch nicht überwunden.“
Kindesmisshandlung
Azcona wies als nächstes auf die weit verbreiteten Probleme des Kindesmissbrauchs im Amazonasgebiet hin.
„Leider weiß die Synode nicht oder wenn sie es weiß, versteht sie nicht welche Bedeutung für die Gegenwart und die Zukunft Amazoniens die gequälten Gesichter von den von ihren eigenen Eltern und Verwandten wiederholt missbrauchten Kindern haben, die einer echten Sklaverei ausgesetzt sind, die einen wesentlichen Teil des verlassenen und zerstörten Antlitzes Jesu im Amazonasgebiet ausmacht.“
„Dieses ganze Dokument ist Stroh, wenn es den Geist und den Buchstaben des Evangeliums nicht versteht oder nicht bekennt: ‚Wer eines dieser Kleinen aufnimmt, nimmt mich auf und wer mich aufnimmt, nimmt den Vater auf, der mich gesandt hat.“
In dieser Hinsicht fuhr er fort: „Allein in Pará (ein Bundestaat Brasiliens) gab es in einem Jahr 25.000 Berichte über Verbrechen dieser Art [Anmerkung der Redaktion: Pädophilie]. Laut Experten auf diesem Gebiet gibt es für jeden gemeldeten Fall von Pädophilie vier weitere. Wenn es in Pará ungefähr ein Jahr lang 100.000 missbrauchte Kinder gab, ist dieses Gesicht zerstörter Kinder dann nicht ein wesentlicher Bestandteil des amazonischen Gesichts?“
„Wo ist die pastorale Sensibilität, die der Heilige Vater Franziskus so deutlich und fest zum Ausdruck gebracht hat, der Verantwortlichen für das Instrumentum laboris zum Ausdruck gekommen?“, fragte Azcona.
„Wo wird die Verteidigung Amazoniens seiner Kinder im Instrumentum laboris erwähnt, und damit in der Synode? Stoppen wir diese falschen Projektionen über Amazonien und ermöglichen stattdessen neue Wege für die Region.“
„Was ist das amazonische Gesicht? Kann im nächsten Oktober eine Synode dieser Größenordnung mit einer Vorstellung aufgebaut werden, die so weit von der Realität, von der Identität, vom Respekt von dem Unterschied entfernt ist, wenn vorher festgelegte Interpretationsschemata der Realität, die Wirklichkeit deformieren?“, fragte er.
Inkulturation oder ‚Gleichmachung’?
Azcona kritisierte auch „die Themen rund um die Inkulturation des Evangeliums im Amazonasgebiet und ähnlichen Regionen“, die, wie er sagte, „im Kontext der Immanenz, des Neopelagianismus, präsentiert werden und das Evangelium mit (indigenen) Kulturen aus dem Amazonasgebiet in Einklang bringen, die ekklesiologisch gesehen, keine theologische und pastorale Grundlagen besitzen und das Evangelium der Erlösung aufheben.“
Unter Hinweis auf das Ad-gentes-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils wies der Bischof darauf hin, dass „die Worte des Evangeliums, die von der Kirche verkündet werden, das Schicksal von Personen, Völkern, Kulturen und Nationen bestimmen“.
„In keinem Teil des Instrumentum laboris wird etwas Ähnliches ausdrücklich bestätigt. Im Gegenteil, die Tendenz, die indigenen Kulturen mit dem Evangelium gleichzustellen, ist überwältigend. Dies ist ein Ausgangspunkt, der auf einer Synode nicht verzichtet werden kann.“
„Das Vergessen dieses Grundprinzips macht die Synode nutzlos und macht die spezifische und einzigartige Kraft Gottes im Evangelium sowie die gesamte missionarische Dynamik im Amazonas und aus dem Amazonas zunichte“, sagte er.
Azcona wies darauf hin, dass „in keinem Teil des Instrumentum laboris von Dämonen die Rede ist oder ihr Einfluss, ihre Bosheit in Menschen, Völkern und Kulturen sowie auf den Sieg Christi, seine Befreiung und die Zerstörung der Macht des Bösen.“
„Das Dokument vergisst die leuchtenden und leitenden Seiten, die vom Bösen und seiner Präsenz in der Geschichte sprechen, denen Papst Franziskus in der apostolischen Ermahnung über die Heiligkeit im vergangenen Jahr, Gaudete et Exultate, die Nummern 158-164 gewidmet hat.“
Azcona warnte auch, dass „der Pelagianismus, der sich im gesamten Dokument ausbreitet, dazu führt, dass dem Amazonasmenschen, seinen ethnischen und kulturellen Gruppen mehr zugeschrieben wird als dem, was zu ihnen gehört, da es sich um von Sünde geschaffene und geprägte Realitäten handelt, die die solide Konzilslehre ersetzen über das Evangelium und die Sendung der Kirche in der Kraft des Auferstandenen, wie sie in Lumen gentium 16 zu finden ist.
„Schließlich wäre der utopische Gedanke zur Wiederbelebung der vorkolumbianischen Religionen, die sie von Christus und der Universalkirche trennen, kein Fortschritt, sondern Rückschritt“, sagte er.
Ökologische Umkehr
In Bezug auf die Frage der ökologischen Umkehr argumentierte der Bischof: „Die Notwendigkeit der Umkehr zur Vergebung der Sünden ist die grundlegende Herausforderung, der sich die Kirche im Amazonasgebiet stellen muss. Ohne diese absolute Priorität des Seins und Handelns der Kirche gibt es keine Zukunft für den Amazonas, weil wir sonst die Gegenwart des Reiches Gottes in der Welt vergessen.“
„In Ermangelung der Reue, die ‚wiederherstellt, was nicht war’ für die Entstehung des neuen Amazonasmenschen, erwähnt das Dokument nicht den Hunger, den Durst nach dem Heiligen Geist.“
Nach Aussage des Bischofs „wird in dem Dokument, in dem das von Papst Johannes XXIII. im Vorgebet für das Konzil ermutigende neue Pfingsten vergessen, der Kern der Mission im Amazonas beiseite gelegt. Ist diese Mission im Amazonas eine Land- und Wassermission? Oder ist es die missionarische Dimension, die als Kirche in Amazonien, berufen und in die Welt ausgesandt wird? Lassen wir uns von der inspirierten Lehre von Papst Franziskus in Evangelii gaudium leiten.“
„Was der Heilige Vater vorschlägt, ist die Evangelisierung und damit ein ganz anderes Amazonasgebiet, als das einer Reihe von Aufgaben, Projekten, Pastoralplänen, Inkulturation und Ökologie.“
„Warum schreit das Dokument nicht nach dieser Wahrheit, der einzigen Wahrheit, die den Amazonas retten kann?“, fragte er.
„Viri probati“
Azcona sagte, dass „die Weihe von ‚viri probati’ nutzlos sein wird“, da „es ein Stück neuen Stoff auf einen alten Stoff legt. Das Loch ist größer! "
Andererseits bemerkte er: „Der Klerus im Amazonasgebiet braucht ebenso wie die gesamte Kirche Reue, Bekehrung, den Glauben, der im engeren Sinne rettet. Die Erfahrung zeigt diesen Beweis. Die Bedeutung des priesterlichen Wirkens, besonders im Amazonasgebiet ist verloren oder ist tot im Leben oder in der authentischen pastoralen Bekehrung von Priestern.“
„Warum sollte man ‚viri probati’ (erprobte Männer) innerhalb eines Priestertums in Zeiten der Krise weihen?“, fragte er
„Die vollkommene und beständige Enthaltsamkeit um des Himmelreichs Willen wird weiterhin bestehen bleiben, ein Zeichen der Ermutigung der pastoralen Nächstenliebe und der ursprünglichen Quelle spiritueller Fruchtbarkeit - innerhalb Amazoniens“, sagte er.
„Wir fragen uns vielleicht: Existiert diese Gebetshaltung für die Gabe des Zölibats bei den Priestern des Amazonas? Betet die ganze Kirche, dass dieses erhabene Geschenk auf den ganzen Leib Christi ausgegossen wird? Die Fakten antworten: Nein!“
„Und auch und vor allem ist die Entscheidung über dieses Thema etwas völlig Unangebrachtes in einem Kontext, in dem die gegenwärtigen Tendenzen großer Gruppen von Katholiken, die sogenannten Konservativen, das Lehramt der Kirche, insbesondere beim Papst selbst, in Frage stellen. Einige nennen ihn öffentlich einen Häretiker, und  fordern seinen sofortigen Rücktritt. Andere fordern seinen Rücktritt wegen mangelnder Konsequenz in der Frage der Pädophilie in der Kirche! Lassen Sie uns keine Diskussion über die Rechtmäßigkeit dieser Fragen führen. Sicher ist, dass eine positive Antwort die Gefahr einer Spaltung, eines echten Schismas in der Kirche aufwirft.“
Er betonte daher, dass „es nicht um den Sieg der sogenannten ‚Konservativen‘ oder der ‚Progressiven‘ geht. Es geht um das, was in der Kirche am größten ist: die Nächstenliebe. Im Angesicht der Nächstenliebe sollte jedes Konzept oder soziologische Etikett verblassen.“
„In der Erkenntnis, dass die ehrwürdige Institution des priesterlichen Zölibats zum Disziplinarbereich der Kirche gehört und daher Änderungen unterworfen ist, halte ich es für nachteilig, auch für die kirchliche Einheit derzeit gefährlich, die Möglichkeit zu eröffnen, die das Dokument verlangt“, sagte Azcona.
„Es ist kein ausschließlich indigenes Amtsproblem. Es ist eine Situation des weit verbreiteten Mangels an Priestern in der Kirche. Dieselben Gründe, die für diese im Dokument geforderte Anerkennung angeführt werden können, gelten auch für die gesamte Kirche oder einen Großteil davon.“
Der Bischof sagte: „Das Problem ist nicht nur der Mangel an genügend Priestern, sondern auch die Untersuchung, das Erkennen dieses großen Mangels für eine realistische Lösung. Die fundamentale Wurzel dieses Mangels an Berufungen in der Kirche und im Amazonasgebiet, einschließlich der evangelisierten indigenen Völker, liegt in einem alarmierenden Mangel an Glauben oder in der Abwesenheit von Glauben.“
So erklärte er: „Auch wenn es sich um ein Disziplinarproblem handelt, wird dies zu einem ethischen Gebot, das mit der absoluten Anweisung beginnt: Christus ist für den nicht erleuchteten Bruder gestorben; deine Freiheit ist nichts Absolutes; sie sündigen gegen Christus, und verletzen das Gewissen des Bruders; das einzige Absolute ist Liebe; diese Liebe ist die Liebe Gottes, die vom Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen wurde.“
„Ist das die Liebe der Kirche im Amazonasgebiet? Ist dies die Liebe Gottes, die die Kriterien für die Seelsorge, die kirchlichen Kriterien, die Praxis als höchste Realität ausreichend durchdringt, oder ist es Gnosis oder Pelagius, die das Schiff der Kirche im Amazonasgebiet befehligen?“
„Diese Gefahr von Schisma ist keine Einbildung! Auch nicht im Amazonien!“, schloss Azcona.

Azcona, 79, stammt aus Pamplona, Spanien. Er wurde 1987 zum Missionsbischof im Amazonasgebiet ernannt und trat 2016 von seinem Amt zurück.
(1) Dieses Interview wurde erstmals von ACI Digital, der portugiesischsprachigen Schwesteragentur von CNA, veröffentlicht. Es wurde von CNA angepasst und übersetzt.
(Quelle: CNA)

Quelle des englischen Originals vom 26.08.2019 in
https://panamazonsynodwatch.info/articles/eclesiology/amazon-missionary-bishop-synod-plans-miss-the-real-problems/

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