Dienstag, 12. November 2019

Pan-Amazonas Synode oder Synode von Pistoia?



José Antonio Ureta
Vielleicht aus Furcht vor den Kardinälen Brandmüller, Müller und Burke und um Bischof Athanasius Schneider nicht zu rechtfertigen, hielt der Vatikan es für ratsam, die Pachamama-Statue aus der Abschlussmesse der Amazonas-Synode zu streichen. Vielleicht aus dem gleichen Grund wurden die skandalösen pantheistischen Verweise des Instrumentum laboris und seine Huldigung heidnischer Religionen als alternative Heilsinstrumente im Schlussdokument diplomatisch abgerundet.
Leonardo Boff
Doch eine der Granaten, die von dieser Synode verkörperten Streubombe aus deutscher Produktion brachte jedoch eine Sprengladung mit sich, die größer war als die, die sie in ihren vorbereitenden Dokumenten hatte: die ehrgeizige ekklesiologische Revolution, die Leonardo Boffs ultimativen goldenen Träumen beim Schreiben seines neuen Buches „Ekklesiogenese: Die Basisgemeinden erfinden die Kirche neu“ entspricht. [1]
Kapitel V des Schlussdokuments der Synode, „Neue Wege der synodalen Bekehrung“, besagt, dass „diese Synode uns die Möglichkeit gibt, darüber nachzudenken, wie lokale Kirchen in jeder Region und in jedem Land strukturiert werden können“ (Nr. 91), da „Synodalität eine konstitutive Dimension der Kirche“ ist (Nr. 88), die die Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils kennzeichnet, „die verstanden wird als gleichberechtigtes und würdevolles Volk Gottes angesichts der Verschiedenartigkeit von Ministerien, Charismen und Diensten“ (Nr. 87). Um „den Klerikalismus zu überwinden“ (Nr. 88), „setzt die Synodalität setzt einen Stil fest, die Kommunion und die Teilnahme in den lokalen Kirchen zu leben, der sich kennzeichnet durch die Achtung der Würde und der Gleichheit aller Getauften, durch die Ergänzung von Charismen und Diensten, durch die Freude sich in Versammlungen zu treffen, um gemeinsam die Stimme des Geistes zu unterscheiden“ (Nr. 91).
In der Erkenntnis, dass „die Organisationsformen für die Ausübung der Synodalität unterschiedlich sein können“, besteht das Dokument darauf, dass sie „eine Synchronie zwischen Kommunion und Teilnahme, zwischen Mitverantwortung und der Ministerialität aller bestimmt, mit besonderer Aufmerksamkeit auf die effektive Beteiligung der Laien in der Unterscheidung und beim Treffen von Entscheidungen, unter Hervorhebung der Teilnahme von Frauen (Nr. 92). Abgesehen von „Versammlungen und Pastoralräten in allen kirchlichen Bereichen“, „Koordinierungsteams“ und die „den Laien anvertrauten Ministerien“, müssen die „Räume für die Beteiligung der Laien gestärkt und erweitert werden, sei es bei Konsultationen oder Entscheidungen im Leben und in der Sendung der Kirche“ (Nr. 94). Für die Kirche Amazoniens ist es dringlich, dass Priesterämter für Männer und Frauen in gerechter Form gefördert und verliehen werden“. … „Es ist die Kirche von getauften Männern und Frauen, die wir stärken müssen, indem wir die Amtsausübung und vor allem das Bewusstsein der Würde der Taufe fördern müssen.“(Nr. 95).
Die praktischen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Erweiterung sind weitreichend.
Eine davon besteht darin, „angesichts das Fehlen von Priestern in den Gemeinden, die Ausübung der Seelsorge einer Person anzuvertrauen, die nicht mit dem Priestercharakter bekleidet ist, die aber der Gemeinde angehört.“ Um „Personalismen“ zu vermeiden, „muss dieses Amt im Rotationsprinzip ausgeübt werden“, was nicht daran hindert zu empfehlen, dass der Bischof sie mit einem offiziellen Mandat durch eine rituelle Handlung ausstattet. Um den Schein zu wahren, behält der Priester weiterhin die Macht und die Befugnis des Pfarrers als Verantwortlicher der Gemeinde“ (Nr. 96).
Eine noch revolutionärere praktische Maßnahme ist, dass, da die „Mutter Erde ein weibliches Gesicht hat“ und Frauen mit ihrer Sensibilität „zur kirchlichen Synodalität beitragen müssen“ (Nr. 101); verlangt wird, dass „man den eingerichteten Dienst der Frau als Gemeindeleiterin schafft“ und dass sie in die Lage versetzt werden, „die Ministerien (AdR: Weihen) des Lektorats und des Akolythen zu erhalten, die unter anderem weiterentwickelt werden sollen“ (Nr. 102). Letztere sollten vorläufig eingerichtet werden, da sie die Möglichkeit eines weiblichen Diakonats (Nr. 103) weiter prüfen möchten.
Schließlich wird im Namen der Verschiedenartigkeit der Disziplinen in der Kirche vorgeschlagen, „als Priester geeignete und anerkannte Männer der Gemeinschaft zu weihen, die in der Lage sind, eine legitimierte und stabile Familie zu haben“, um „das Wort zu predigen und die Sakramente zu feiern“. (Nr. 111).
Dieser Vorschlag fällt mit dem Priestertum „zu niedrigen Kosten“ zusammen, das sich auf eine Gemeinde beschränkt und von Bischof Fritz Löbinger, emeritierter Bischof von Aliwal (Südafrika), vorgeschlagen wurde. Aber alle bisherigen Vorschläge passen wie angegossen in die Ekklesiologie des liberationistischen Ex-Mönchs Leonardo Boff. Das werden wir als nächstes sehen.
Man beachte, dass das Schlussdokument absolut nichts über den ontologischen Unterschied zwischen dem Priestertum des geweihten Klerus und dem universellen Priestertum der Gläubigen sagt, und noch mehr darüber, dass das erste durch das Auflegen von Händen aus dem Priestertum Christi stammt, zu Wem es ontologisch konfiguriert ist, für den, der es empfängt. Stattdessen besteht das Dokument auf „eine Kirche, die ganz Ministerial ist“ (Nr. 93), auf der „Ministerialität von allen“ (Nr. 92), auf der „Vielfalt der Ministerien, Charismen und Dienste“ (Nr. 87), auf die notwendige „Ergänzung von Charismen und Diensten“ (Nr. 91) und auf die Notwendigkeit, den Klerikalismus zu überwinden (Nr. 90).
Die „synodale“ Auffassung des Schlussdokuments von der Kirche entspricht im Wesentlichen der von Leonardo Boff entworfenen „Neuerfindung der Kirche“. Für den von der Kongregation für die Glaubenslehre sanktionierten Ex-Mönch hat die Praxis der Christlichen Basisgemeinden (CBG) eine Kirche abgelöst, die „gemäß der Achse Christus-Kirche, innerhalb einer rechtlichen Vision“ entworfen wurde, in der „Christus die ganze Macht auf die Zwölf überträgt und diese auf ihre Nachfolger“ und die Gemeinden „in Herrschenden und Beherrschten, Zelebranten und Assistenten, Produzenten und Konsumenten von Sakramenten einteilt“. Innerhalb der CBGs „dominiert daher die Rotation von Koordinations- und Animationsrollen, wobei Macht eine Funktion der Gemeinde und nicht einer Person ist; was abgelehnt wird, ist nicht die Macht als solche, sondern ihr Monopol, was eine Enteignung zum Wohle einer Elite bedeutet.“ [4] Das Ergebnis ist, dass „die gesamte Gemeinde ministeriell ist, nicht nur einige Mitglieder.“ [5] Hier sind, graphisch dargestellt, die folgenden Bilder der traditionellen Ekklesiologie (links) und der CBG-Ekklesiologie (rechts): [6]


Um die Dinge klar und deutlich zu machen, betont Boff, dass in der zweiten Darstellung „die Wirklichkeit des Gottesvolkes als erste Instanz und die Organisation als zweite, die aus der ersten und zu ihren Diensten abgeleitet ist, auftaucht. Die Kraft Christi (exousia) ist nicht nur in einigen Gliedern, sondern im gesamten Volk Gottes. Diese Kraft Christi ist nach bestimmten Funktionen diversifiziert, schließt aber niemanden aus, weil das dominierende Datum eine fundamentale Gleichheit aller ist“. Und erst in einem zweiten Moment „entstehen Unterschiede und Hierarchien“. [7] Es entsteht zum Beispiel „ein spezifisches Charisma mit der Funktion, das Prinzip der Einheit aller Charismen zu sein“, aber „es ist ein Charisma, das nicht außerhalb, sondern innerhalb der Gemeinde, nicht über die Gemeinde, sondern zum Wohle der Gemeinde“ ist. [8] Grafisch dargestellt ergibt sich das folgende Schema, das die Tatsache hervorhebt, dass „alle Dienste innerhalb der Gemeinde und für die Gemeinde entstehen“: [9]

Bekanntlich warf der damalige Kardinal Ratzinger Boff im Schriftwechsel zwischen dem brasilianischen Befreiungstheologen und der Kongregation für die Glaubenslehre vor, „ein neues Kirchenmodell vorzuschlagen, in dem Macht ohne theologische Privilegien als reiner Dienst begriffen wird, als reiner artikulierter Dienst nach den Bedürfnissen des Volkes, der Gemeinde“, unter Umständen, in denen „die diesbezüglich auch vom Zweiten Vatikanischen Konzil klar bestätigte traditionelle Lehre der Kirche unter anderem zwei Grundwahrheiten voraussetzt: 1) der Aufbau der Kirche ist hierarchisch nach göttlicher Einrichtung; 2) in der Kirche gibt es einen hierarchischen Dienst, der im Wesentlichen und ausschließlich mit dem Sakrament der Weihe verbunden ist.“ [10]
Bereits zuvor und auf der Grundlage eines Pastoralplans der Erzdiözese Kinshasa, der die sogenannten Bakambi einführte, d.h. Laien, die für die Seelsorge einer Gemeinde unter der theoretischen Verantwortung eines Priesters mit der Funktion eines Pfarrers verantwortlich sind (etwas gemäßigter als im Schlussdokument der Synode vorgesehen, weil in Kinshasa diese ständige Position Männern vorbehalten war, während in der Synode ein rotierendes Amt vorgeschlagen wird, gleichermaßen für Frauen offen stehen soll). In einer Audienz für eine Gruppe von Bischöfen aus Zaire, die zum ad limina Besuch gekommen waren, erklärte Papst Johannes Paul II:
„Wir müssen entschieden den Gedanken ablehnen, dass alle Mitglieder der christlichen Gemeinden vor den Ämtern und Sakramenten die gleichen Verantwortungen und Probleme haben. Seit der apostolischen Zeit erscheint die Kirche als (AdR: hierarchisch) strukturiert; neben den Gläubigen gibt es „Apostel“, die „viri apostolici“, mit ihren Nachfolgern den Bischöfen, Priestern, Diakone. … In bestimmten Fällen war das Verständnis des vom Zweiten Vatikanischen Konzil in Erinnerung gebrachten „Sensus Fidelium“ missbräuchlich gehandhabt worden, das Gleiche ist auch beim (Verständnis des) gemeinsamen Priestertum der Gläubigen der Fall. Einige Theologen haben hastig versucht, die Dienstämter umzugestalten. Aber wer sieht das nicht? Ein Minister, der von der Gemeinde oder, wie man manchmal sagt, von der Basis ernannt wird, kann nicht der legitime Mitarbeiter von Bischöfen und Priestern sein. Er ist nicht mit der ehrwürdigen apostolischen Tradition verbunden, die von uns bis zu den Zwölfen und dann bis zum Herrn das historische Fortbestehen der Handauflegung für die Kommunikation des Geistes Christi kennzeichnet.“ [11]
Einige Jahre später bekräftigte die von den Kardinälen, die für nicht weniger als acht römische Dikasterien verantwortlich waren, unterzeichnete Anweisung zu bestimmten Fragen der Zusammenarbeit der nicht geweihten Gläubigen im Priesterministerium die traditionelle Lehre: „Die Ausübung des Munus Docendi, sanctificandi et regendi durch den geweihten Priester bildet das Wesen des pastoralen Dienstes, und dass eine Person, nur aufgrund einer Aufgabe, kein Priester wird, sondern nur durch die sakramentale Weihe.“ [12]
Und in den praktischen Bestimmungen heißt es im Dokument: „Es ist für die nicht geweihten Gläubigen rechtswidrig, Titel wie Pastor Kaplan, Koordinator, Moderator oder ähnliche anzunehmen, die ihre Rolle und die des Pastors, der immer Bischof oder Priester ist, verwirren können“ [13]
Das Priestertum in das Meer der Laien-„Ministerien“ einzutauchen und die ordinierten Minister zu entklerikalisieren, um die verheirateten Männer, die einen Beruf ausüben, zum Priestertum zu erheben, wie die Synode vorschlägt, ist ein kolossaler Schritt, um die hierarchische Struktur der Kirche zu zerstören.
Kurz gesagt, die „Synodalität“, die das Schlussdokument vorschlägt, kann nur theologisch auf der Lehre beruhen, die von der sogenannten „Synode von Pistoia“ formuliert wurde, die Pius VI. als „Konziliabulum“ betrachtete und als ketzerisch verurteilte: das heißt, die These wonach Jesus Christus seine dreifache priesterliche, richterliche und pastorale Gewalt nicht direkt an die Apostel, sondern an die gesamte Kirche weitergegeben hat, und folglich die Charismen und Dienste, die die Gemeinden brauchen, aus den Gemeinden selbst entspringen, von denen die Minister die Gewalt bekommen, diese Gaben auszuüben. [14] Entweder das oder die aktualisierte Version des ehemaligen Franziskaners, der vom Heiligen Stuhl verurteilt wurde.
In jedem Fall, wenn dies das Pontifikat der Rehabilitationen ist, könnte Papst Franziskus eventuell Leonardo Boff begnadigen, indem er in einem bevorstehenden Konsistorium ihm den Kardinalshut verleiht.

Anmerkungen
[1] Orbis Books, Jan. 1, 1986.
[2] S. 38.
[3] S. 39.
[4] S. 65.
[5] S. 66.
[6] S. 40.
[7] SS. 40-41.
[8] S. 43.
[9] S. 44.
[10] Cf. L. Boff, Igreja: carisma e poder, Editora Ática, São Paulo, 1994 edition, including the documents relating to the polemics with the Vatican, pp. 274-275.
[11] http://w2.vatican.va/content/john-paul-ii/it/speeches/1983/april/documents/hf_jp-ii_spe_19830430_zaire-ad-limina.html
[12] N 2,
http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cclergy/documents/rc_con_interdic_doc_15081997_en.html
[13] Art. 1 § 3.
[14] Pistoia’s thesis was condemned by Pope Pius VI in the bull Auctorem Fidei, with the following words: “The proposition which states ‘that power has been given by God to the Church, that it might be communicated to the pastors who are its ministers for the salvation of souls’; if thus understood that the power of ecclesiastical ministry and of rule is derived from the community of the faithful to the pastors,—heretical.” (cf. Denz./Hün. 2602).

Übersetzt aus dem Englischen Original mit Hilfe von Google-Übersetzer in
https://panamazonsynodwatch.info/feature/pan-amazon-or-pistoia-synod/
vom 30. Oktober 2019
© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe gestattet.
In signierten Artikeln veröffentlichte Meinungen und Konzepte liegen in der alleinigen Verantwortung der Autoren.

Keine Kommentare: