WIE Ihr wisst, sehr geliebte Kinder, laufen die Zeiten
voll der Feindseligkeiten gegen unsere göttliche Religion. Sei es durch den
Krieg, der überall gegen die Katholische Kirche und ihren Apostolischen Stuhl
ausbricht, sei es durch die Sorglosigkeit oder selbst die Vernachlässigung
dieser Menschen, dessen Macht sie eher dazu veranlassen sollte, ihnen zur Hilfe
zu kommen und auf besonderer Weise Schutz zu gewähren. Diese Zeiten sind
überfüllt von Gefahren für alle Gläubigen wegen der Geschickligkeit, mit der
gewöhnlich die Angriffe verstellt werden, um so ihre Gutgläubigkeit oder ihre
Trägheit zu betrügen. Alles, was man sich gegen die heiligen Wahrheiten
vorstellen oder wagen kann, wird mit juristischem Schein und Form umhüllt, so
dass es nicht schwer fällt, mit Blindheit geschlagene Menschen zu überzeugen,
dass alles nur getan wird, um die Autorität der weltlichen Macht zu sichern,
und nicht aus Hass gegen die Kirche. Daher gebe es keinen Grund sich gegen derartige
Dekrete zu erheben. So ist es auch leicht diese Blinden zu überzeugen, dass die
Streitigkeiten leichter zu lösen sind, wenn beiderseits auf extreme Forderung
verzichtet wird.
Es gibt kein gefährlicherer Irrtum. Er versetzt die
Kirche in eine Lage, in der sie unfähig gemacht wird, in weltlichen
Angelegenheiten einzugreifen; und wenn es sich um die weltliche Macht handelt,
sie zu bremsen. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass nicht mehr der Hirte
die Schafe leitet, sondern diese den Hirten leiten sollen. Dieser Irrtum
fordert von der Kirche, die vom Herren als Hüterin und Schützerin des
göttlichen Rechts eingesetzt wurde, solle auf ihre Verteidigung verzichten und,
um des lieben Friedens Willen, sich der Willkür des Machtinhabers unterwerfen,
und von der weltlichen Macht, auf widerrechtliche Machtergreifung verzichten
und ihre Eingebildetheit mäßigen. Als ob es möglich sei das Gerechte mit dem
Ungerechten, das Wahre mit dem Falschen, Christus mit Belial zu vergleichen.
Dieser wesentlichen Boshaftigkeit dieses Irrtums fügt sich eine neue Gefahr
hinzu, die sich aus seinen äußerlichen Charakter herleitet: Er stimmt
vollkommen überein mit der Klugheit des Fleisches und ist ebenso angenehm für
den friedlichen Genuss der Reichtümer und die Apathie derer zu fördern, die
sich vor den Machtinhabern fürchten oder sich bemühen Gefälligkeiten zu
bekommen.
Aus dem Brief „Infensa prorsum“ von Pius IX. an den Katholischen Kongress in Wien, vom 19. Juli 1876
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