Die e Personifikation der
Wissenschaft hält in der Rechten ein akademisches Zepter und eine Schriftrolle,
in der Linken ein Füllhorn mit Schriftrollen, Winkel, Zirkel, Kompass,
Lorbeerzweig und Lot (Sinnbild für Genauigkeit und Exaktheit). Dies will sagen,
dass die an den Universitäten gelehrten Wissenschaften in einem Füllhorn gesammelt
sind, welches über die Menschen, zu ihrem Nutzen, ausgeschüttet werden kann.
Vordergründig zeigt sich hier also die Wissenschaft als eine Gabe des Hl.
Geistes zum Nutzen und Segen für die Menschheit.
Im Wort Wissenschaft steckt
das Wort „Wissen“. Diese Gabe des Hl. Geistes richtet sich also gegen die
Unwissenheit. Die Bedeutung geht jedoch noch tiefer: Im KKK 1831 wird als
fünfte Gabe des Hl. Geistes das Wort „Wissenschaft“, durch das Wort „Erkenntnis“ wiedergegeben. So verstanden gibt diese Geistesgabe dem
Menschen die richtige Erkenntnis, die nötige Einsicht, Gutes von Bösem zu
unterscheiden. Nach dem hl. Bonaventura entspricht dieser Gabe die
Vater-unser-Bitte „Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“.
Die richtige Erkenntnis führt nämlich zum richtigen Glauben und dieser leitet
in die Ergebenheit, dass Gott alles richtig macht und sich deshalb daraus der
Wunsch ergibt, dass das Richtige überall - im Himmel und auf Erden - seine
Verwirklichung finde. Auch beim hl. Thomas von Aquin ist die Gabe der
Wissenschaft die vom Glauben erleuchtete Vernunft, bzw. das richtige Erkennen
durch die Vernunft, welches zur Beurteilung des Göttlichen erleuchtet ist. Der
Glaube an die Existenz Gottes ist nicht vernunftwidrig, sondern kann durch
diese Geistesgabe erkannt werden. Der Hl. Geist sorgt also für die Erkenntnis,
dass sich Glaube und Vernunft nicht widersprechen.
Auf dem Sockel, zu Füßen der
Personifikation der Wissenschaft, liegen Attribute des römischen Gottes Merkur.
Es handelt sich um einen Caduceus (Merkurstab), einen Flügelhelm und einen
prall gefüllten Geldbeutel. Diese Attribute weisen darauf hin, dass Merkur der
Gott des Handels, der Reisenden und der Kaufleute war. Warum aber muss dann,
wie es im unteren Text heißt, „Mercurii
Wissenschafft vor der Zeit ist hoch gestiegen, Der Göttlich Wissenheit muss er
doch unterligen“? Wie sieht der Gegensatz zwischen Merkur und der Gabe der
Wissenschaft aus? Zu Merkurs Tätigkeit als Bote gehörte Klugheit, Beredsamkeit,
Schnelligkeit, List und Verschmitztheit. So war Merkur auch der Gott der
Redner. In diesem Sinne ist wohl Merkur hier zu sehen. Er steht hier für
Rhetorik und Sophismus. Die Sophisten beanspruchten, jede Position argumentativ
und dem Anschein nach logisch zwingend begründen zu können. Es kommt ihnen
nicht darauf an, ob die Position absolut wahr ist. Wichtig ist nur, dass die
Begründungen bzw. Folgerungen logisch sind. Demgegenüber sucht die
Wissenschaft, als Gabe des Hl. Geistes, die Wahrheit durch alles, was dem
Menschen durch Gott vorgegeben ist, führt zur Erkenntnis des wahren Gottes.
Auf dem Sockel zeigt sich in
einem Wappenschild das Symbol des Planeten Merkur. (Dieses Symbol steht übrigens
heute für Transgender.)
Noch ein Hinweis auf die
Komposition: Das ganze Bild ist achsensymmetrisch angelegt. Bestimmend ist die
Mittelsenkrechte, in welcher die Personifikation steht. Über ihrem Kopf sieht
man sogar noch eine Vase, womit die Mittelsenkrechte überbetont wird. Diese
Kompositionslinie teilt den Stich in zwei gegensätzliche Hälften: Im Hintergrund
findet sich links die Natur mit Baum, Sträuchern und Wolken und rechts ein von
Menschen geschaffenes, rissiges Monument aus Stein. Im Vordergrund findet sich
links eine Art Balustrade mit geschwungenem Handlauf und rechts eine
rechteckige Tafel, auf welcher in Geheimschrift steht: „Die Gabe der
Wissenschaft“. A.E.
(Titelbild DER FELS August 2015)
Redaktion: Eichendroffstr. 17, D-86916 Kaufering
HubertGindert@der-fels.de
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