Montag, 6. Mai 2024

Ein Brief des hl. Johannes Eudes an Anna von Österreich

 An die Königinmutter (Anna von Österreich). Sie zu bitten, die Übel der Religion in Frankreich zu beseitigen, indem sie gute Bischöfe erwählt.

 


Paris, am 2. September 1648.

GNÄDIGE FRAU,

Ich kann den Gedanken nicht zurückweisen, den Gott es gefiel mir einzugeben, als ich das heilige Messopfer für Eure Majestät darbrachte, während dieser Unruhen in Paris [die als Fronde bezeichneten Aufstände und Bürgerkriege], um demütigst Sie im Namen Jesu Christi und seiner allerheiligsten Mutter anzuflehen, die Macht, die sie Ihnen verliehen haben, zu nutzen, um den ungestümen Strom der Ungerechtigkeit zu beenden, der heute in Frankreich grausame Verwüstungen anrichtet, der eine Unzahl von Seelen in die Hölle treibt und der die einzige Ursache allen Elends dieses Königreiches ist.

Es ist sehr beklagenswert, Madame, mit Bluttränen, ansehen zu müssen, wie so viele Seelen sterben, die das kostbare Blut Jesu Christi gekostet haben, und dass dieses Übel immer größer wird und dass so wenige Menschen sich über sie erbarmen. Was tun wir nicht alles, wenn es um weltliche Interessen der Fürsten und Könige dieser Welt geht? Aber die Interessen des höchsten Monarchen werden aufgegeben. Wir bringen uns in unseren Missionen um, indem wir gegen die zahlreichen Unruhen aufschreien, die es in Frankreich gibt, durch die Gott in höchstem Maße entehrt wird und die die Ursache für die Verdammung so vieler Seelen sind; und er gibt uns die Gnade einige von diesen zu retten. Aber ich bin sicher, Madame, wenn Eure Majestät die Macht, die er Ihnen gegeben hat, nutzen wollten, könnten Sie alleine mehr für die Zerstörung der Tyrannei des Teufels und für die Errichtung der Herrschaft Jesu Christi tun als alle Missionare und Prediger zusammen.

Wenn Eure Majestät die Mittel kennen möchten, wird es Ihnen leicht fallen, sie Ihnen vorzuschlagen, und es wird Ihnen durch die Gnade unseres Herrn noch leichter fallen, sie umzusetzen. Vorerst möchte ich nur das Mächtigste von allen nennen, das darin besteht, der Kirche gute Bischöfe zu geben, denn gute Bischöfe und gute Priester würden gute Christen hervorbringen, und auf diese Weise würde sich das Antlitz der Kirche Frankreichs in kurzer Zeit ändern und sie würde ihren ersten Glanz wiedererlangen. Dies ist die größte Verpflichtung Eurer Majestät, Madame; es ist der größte Dienst, den Sie Gott und seiner Kirche erweisen können; und es ist von so großer Bedeutung, dass es Eure Majestät verdient, sich persönlich darum kümmern (46), denn Sie werden die Erste sein, von der der höchste Richter Rechenschaft verlangen wird, und zwar eine Rechenschaft, die umso schrecklicher ist, als die Rettung einer Unzahl von Menschen, die er Eurer Obhut anvertraut hat, auf dem Spiel steht. Denn ich höre den Heiligen Geist, der durch den Mund des heiligen Paulus laut ruft: „Wenn aber jemand für die Seinigen und für die Hausgenossen nicht sorgt, hat er den Glauben verleugnet und ist schlimmer als ein Ungläubiger“ (47), so dass er in der Stunde seines Todes von Gott als Abtrünniger verurteilt und härter bestraft wird als Heiden und Ungläubige.

Wenn Eure Majestät diesen Dienst an Jesus Christus und seiner Kirche erweisen, wird er Sie mit geistigen und zeitlichen Segnungen erfüllen; wenn Sie aber diese Dinge vernachlässigen, erkläre ich Ihnen im Namen und von Seiten des großen lebendigen Gottes, dass alle Sünden, die in Frankreich begangen werden, weil Sie die Kirche nicht mit guten Bischöfen versorg haben, Ihnen zugeschrieben, als hätten Sie sie selbst begangen; und dass Sie Verurteilung und Strafe ertragen werden; und dass alle Seelen, die dadurch verloren gehen, und alle Blutstropfen, die Jesus Christus für ihre Erlösung vergoss, in der Stunde des Todes nach Rache an ihr schreien werden.

Darüber hinaus, Madame, kann ich Eurer Majestät in aller Wahrheit beteuern, dass ich bei all dem kein Interesse und keinen anderen Anspruch habe als den Ruhm meines Meisters und die Erlösung der Seelen.

Wer die Tiefen des Herzens kennt, weiß, dass ich die Wahrheit spreche. In ihm und in seiner allerheiligsten Mutter werde ich immer und mit allem möglichen Respekt, Madame,

Eurer Majestät,

der bescheidenste und sehr gehorsamste und treueste Untertan und Diener,

JOHANNES EUDES, Priester.


Anmerkungen:

(45) Sammlung Caen, Brief 55; Costil, Annales, I. 3, n. 16.

(46) Anstatt sich auf Mazarin zu verlassen

(47) „Si quis autem suorum, et maxime Domesticorum, curam non habet, fidem negavit et est infideli deterior.“ (1 Tim. 5,8)

 

Bild oben: Anna von Österreich mit ihren Kindern, die Hl. Dreifaltigkeit anbetend.
Von Philippe de Champaigne - De Huizen van Oranje en Nassau, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=240854

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