Sonntag, 19. Mai 2024

Die „wundertätige Medaille“

Alfons Ratisbonne aus Straßburg:

Er fiel als Jude auf die Knie

Uns stand als Christ wieder auf

Der Gnadenaltar der Madonna der Wunder
(links: Büste des Alfons Ratisbonne)
 

„DIE MADONNA DER WUNDER“

Mit dieser Broschüre möchten wir den Wünschen von Pilgern und Gläubigen der Wallfahrtskirche der Madonna der Wunder – der Basilika des Heiligen Andreas delle Fratte in Rom - entgegen kommen: wir wollen eine kurze aber zugleich detaillierte Beschreibung der Geschichte der Erscheinung der Jungfrau Maria vor dem Juden Alfons Ratisbonne und seiner unmittelbar folgenden Bekehrung liefern. Außerdem finden Sie eine knappe Beschreibung der Wallfahrtskirche.

Die Erscheinung wird von den Worten des Bekehrten beschrieben und zwar in Form eines autobiographischen Briefes.

Es wurden Anmerkungen eingefügt (im Originaltext nicht vorhanden), die das Verständnis des Textes erleichtern sollen.

Die Kirche wird in einer neu bearbeiteten Zusammenfassung der Monographie „Das römische Wunder der Jungfrau Maria“ beschrieben.

Verschiedene Fotos aus dem Familienalbum der Ratisbonne, Bilder der erwähnte Orte und der Wallfahrtskirche begleiten den Leser in der Lektüre über das Leben dieses umherirrenden Menschen, der hier den Weg der Gnade fand.

Französische Gedenkplatte an das Wunder Bekehrung 


ER FIEL ALS JUDE AUF DIE KNIE UND STAND ALS CHRIST WEDER AUF

Am 20. Januar 1842 um ungefähr zwölf Uhr mittags geschah in der römischen Pfarrkirche der Mindersten Brüder (Paolaner) ein Wunder.

In der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte wurde der 27jährige Jude Alfons Ratisbonne aus Straßburg auf einem Mal durch die Erscheinung der Jungfrau Maria von ihrer Gnade erleuchtet und bekehrte sich zum Katholizismus. Die Heilige Mutter Gottes erschien ihm wie sie auf der „Wundertätigen Medaille“· abgebildet ist.

Die Kirche des Hl. Andreas delle Fratte in Rom

DIE WALLFAHRTSKIRCHE-BASILIKA DES „HEILIGEN ANDREAS DELLE FRATTE


Was genau in der Stunde dieser göttlichen Gnade geschah, schildert uns Ratishonne selbst in einigen Briefen und in der eidesstattlichen Erklärung an das römische Vikariat, das die Wahrheitsgetreue des Ereignisses prüfen musste.

„Plötzlich sah ich eine Art Schleier vor mir. Die Kirche schien bis auf eine Kappelle völlig im Dunkeln zu liegen, als ob sich das gesamte Licht eben dort gesammelt hätte. Ich blickte auf diese hell erleuchtete Kappelle und sah auf deren Altar die Allerheiligste Jungfrau Maria! Sie war im Stehen, lebendig, groß, mächtig, wunderschön und gnädig. Ihr Gesichtsausdruck und ihre Pose waren die gleichen der Madonna auf der Medaille. Sie ließ mir mit der Hand verstehen, ich solle mich nieder knien. Eine unwiderstehliche Kraft schob mich Ihr entgegen und schien mir folgendes zu sagen: „So ist es genug. Zwar sprach Sie diese Worte nicht aus. doch ich hörte sie trotzdem.

Das aktuelle Gnadenbild (Foto © Kenneth Drake 2009)

Beim Anblick der Heiligen Mutter Gottes fiel ich sofort auf die Knie; dann versuchte ich mehrmals den Blick zu heben, um die Allerheiligste Jungfrau Maria zu sehen, doch meine Ehrfurcht und der Glanz den sie ausstrahlte gestatteten es mir nicht. Dies machte jedoch die Erscheinung nicht weniger präsent.

Ich blickte auf Ihre Hände und sah in diesen den Ausdruck der Vergebung und der Barmherzigkeit. Durch die Anwesenheit der Heiligen Jungfrau verstand ich, ohne dass Sie ein Wort zu mir sprach, dass ich einen Fehler beging, und in Sünde lebte und ich sah die Schönheit der Katholischen Religion; kurzum, mir wurde alles klar“.

* * *

Eine detailliertere Schilderung der Reise, die ihn nach Rom geführt hatte, und seiner persönlichen Erfahrung schrieb Alfons Ratisbonne in einem autobiographischen Brief nieder: im April jenen Jahres vom Kloster von Juilly an Herrn Dufriche-Desgenette, dem Direktor der Erzbruderschaft der Heiligen Mutter Gottes der Siege in Paris.

Die Familie Ratisbonne und der zur Maria Bekehrte

Kloster von Juilly, 12.April 1842

Ich begann meine Schulzeit im königlichen Internat von Straßburg, wo ich von der Verderbtheit der menschlichen Seele als von Kultur erlernte.

Es war ungefähr im Jahre 1825 (ich bin am 1. Mai 1814 geboren) als sich mein Bruder Theodor, auf den alle große Hoffnungen gesetzt hatten, sich als Christ bekannte. Obwohl er mit seiner Entscheidung viel Sorge und Schmerz verursacht hatte, verließ er die Familie, wurde Priester und übte sein Amt in der Heimatstadt und unter den trostlosen Blicken unserer Eltern aus. Damals war ich jung und das Verhalten meines Bruders war mir zuwider und ich begann sein Priestergewand und seinen Charakter zu hassen. Ich war inmitten von jungen Christen aufgewachsen, die wie ich selber gleichgültig gegenüber dem Glauben waren: ich verspürte weder Wohlwollen noch Abneigung für das Christentum. Doch durch die Bekehrung meines Bruders, die in meinen Augen einem unerklärlichen Wahnsinnstrieb zuzuschreiben war, glaubte ich nun an einen Fanatismus der Katholiken, der mich zutiefst erschrak.

Meine Eltern nahmen mich aus meinem Internat, um mich in eine evangelische Schule einzuschreiben, von deren Studienplan sie begeistert waren. Dort legte ich das Bacalauréat (Reifeprüfung) in Philologie ab.

Alfons, ein Bankier? ...

Damals verfügte ich über mein gesamtes Hab und Gut, da meine Mutter starb, als ich noch ein Kind war, und einige Jahre später ihr auch mein Vater folgte. Doch ich hatte noch einen achtbaren Onkel, den Patriarchen meiner Familie, der für mich wie ein zweiter Vater war; er widmete sich mir und meinem Bruder mit voller Liebe, da er selbst keine Kinder hatte.

In den Kreisen der Finanz war mein Onkel bei allen für seine Ehrenhaftigkeit und außerordentliche Bravur bekannt. Er war Bankdirektor und wollte, dass ich in seiner Bank arbeitete. Zunächst studierte ich Jura in Paris, doch sobald ich mein Diplom gemacht und den Talar angelegt hatte, rief mich mein Onkel nach Straßburg zurück und wollte unbedingt. dass ich bei ihm bliebe. Seine Großzügigkeit mir gegenüber war grenzenlos: Pferde, Autos, Reisen. Er kam all meinen Launen entgegen. Dies war ein Zeichen seiner Zuneigung doch sein ganzes Vertrauen schenkte er mir, indem er mich als Prokurist der Bank ernannte und mir versprach, dass ich den Rang und die Rechte eines Gesellschafters hätte. Dass er dieses Versprechen hielt, erfuhr ich am 1. Januar 1842, als ich in Rom war.

Mein Onkel warf mir nur eines vor: meine zahlreichen Reisen nach Paris. „Die Champs-Elysées gefallen dir zu sehr“, sagte er scherzhaft. Und er hatte Recht. Ich liebte das Vergnügen - Arbeiten machte mich nervös und die Luft in den Büros erstickte mich. Man musste das Leben genießen! Mein natürliches Schamgefühl hielt mich zwar von verwerflichen Genüssen und Freundeskreisen fern, doch gleichzeitig suchte ich nichts als Feste und Vergnügen, denen ich mich leidenschaftlich hingab.

Glücklicherweise konnte ich meine Energie zu der Zeit in ein gutes Werk stecken. das mir sehr am Herzen lag: es handelte sich um die „Hilfsaktion“ für arme Juden, wie sie fälschlicherweise genannt wurde. Heute ist mir bewusst. dass Spenden und Wohltätigkeitslotterien allein nicht ausreichen, um ein Volk wieder herzustellen… Doch damals glaubte ich, dass diese Art von „Erneuerung“ möglich sei und wurde so eines der engagiertesten Mitglieder der Gesellschaft zur Förderung der jungen Israeliten. Diese Gesellschaft hatte mein Bruder, der Priester, ungefähr fünfzehn Jahre zuvor in Straßburg gegründet und hat sich trotz der Geldknappheit immer um diese gekümmert.

Ich setzte mich aktiv für das Schicksal meiner ärmeren Glaubensbrüder ein, gehörte selbst aber keiner Religion an. Nur mein Name war jüdisch, sonst nichts. Ich glaubte nicht einmal an Gott! Niemals öffnete ich ein Religionsbuch und zu Hause hei meinem Onkel, wie auch bei meinen Brüdern und Schwestern, wurde keine einzige Regel der jüdischen Religion beachtet.

Die Liebe zu Flora, der Verlobten, ...

Meinem Herzen fehlte etwas und ich war gar nicht glücklich: ich hatte alles im Übermaß und doch misste ich etwas. Aber auch diese Leere wurde schließlich gefüllt - so glaubte ich wenigstens!

Ich hatte eine Nichte, Tochter meines ältesten Bruders. die für mich seit jeher als Braut bestimmt war. Ich sah sie aufwachsen und sie war hübsch, und in ihr stellte ich mir meine Zukunft und all meine Hoffnung auf Glückseligkeit vor. Ich möchte hier nicht eine Lobeshymne auf meine Verlobte singen - dies wäre zwecklos für diejenigen, die sie nicht kannten. Doch wer sie gesehen hat, weiß, dass sie das süßeste, lieblichste und hübscheste Mädchen auf der ganzen Erde ist. Für mich stellte sie eine ganz besondere Person dar und mir schien, als ob sie auf die Welt gekommen sei, um mein Leben zu füllen. Als unsere Familie aufgrund unserer gegenseitigen Zuneigung beschloss, dass die so lang ersehnte Hochzeit stattfinden sollte. glaubte ich, dass mir zu meinem Glück nun nichts mehr fehlte.

… und die Abneigung zu Theodor

Nur für ein Mitglied meiner Familie empfand ich Hass: meinen Bruder Theodor. Er war uns zugeneigt, doch sein Priestergewand und seine Anwesenheit störten mich und seine strengen und ernsten Gespräche irritierten mich. Im Jahr vor meiner Verlobung konnte ich meine Abneigung ihm gegenüber nicht mehr verbergen und schrieb ihm daher einen Brief. mit dem unserer Beziehung für immer ein Ende gesetzt werden musste. Ich erinnere mich genau an die Umstände: ein Kind war dem Sterben Nahe und mein Bruder Theodor schämte sich keineswegs, die Eltern um Erlaubnis zu bitten, dieses zu taufen. Als ich es erfuhr, erschien es mir als eine ungeheure Niederträchtigkeit und so schrieb ich ihm, er solle versuchen, Erwachsene zu bekehren und nicht unschuldige Kinder! Diese Worte begleitete ich mit so vielen Anschuldigungen und Drohungen, dass ich mich heute noch darüber wundere, dass mein Bruder nichts darauf entgegnete.

Meine Beziehung zu Theodor war vollkommen abgebrochen und ich dachte auch nicht mehr an ihn, ich vergaß ihn, doch er betete für mich!

Während meiner Verlobung veränderte sich allerdings meine Einstellung der Religion gegenüber.

Wie bereits erwähnt, glaubte ich an nichts. In dieses Nichts, in diese Ablehnung jeglichen Glaubens folgten mir meine katholischen oder evangelischen Freunde. Doch der Anblick meiner Verlobten weckte in mir ein Gefühl der menschlichen Würde. Nun glaubte ich an die Unsterblichkeit der Seele. Ich begann sogar, spontan zu Gott zu beten! Ich dankte ihm, mir ein so gutes Schicksal bestimmt zu haben, doch im Grunde war ich unglücklich ... damals war ich mir meiner Gefühle nicht bewusst. Meine Verlobte schien mir ein persönlicher Schutzengel und dies wiederholte ich ihr ständig. Doch in Wirklichkeit erhob die Liebe zu ihr mein Herz zu einem Gott, den ich nicht kannte, zu dem ich nie gebetet und den ich nie angerufen hatte.

Warten auf die Hochzeit

Da meine Verlobte sehr jung war, schien es allen als das Beste, die Hochzeit aufzuschieben. Flora war sechzehn Jahre alt! Ich sollte eine Vergnügungsreise unternehmen, während ich auf unsere Vermählung wartete. Aber ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte! Meine Schwester in Paris wollte, dass ich sie besuchen ginge; ein sehr guter Freund hatte mich nach Spanien eingeladen. Viele andere bestanden. dass ich ihren Vorschlägen folgte, doch ich lehnte selbst die verlockendsten ab. Letztlich beschloss ich, direkt nach Neapel zu fahren, den Winter in Malta zu verbringen, um meine angeschlagene Gesundheit zu kräftigen und schließlich über den Fernen Osten zurückzukehren. Mit dem Gedanken, auch Konstantinopel zu besichtigen, fuhr ich Ende November 1841 los. Im darauf folgenden Sommer sollte ich in meine Heimat zurückkehren.

Oh, wie traurig war meine Abreise! Ich musste mich von meiner allerliebsten Verlobten trennen, von einem Onkel, der sich nur mir aufschloss, von Schwestern, Brüdern, Neffen und Nichten, mit denen ich so gerne die Zeit verbrachte!

Ich erinnere mich insbesondere an zwei Ereignisse, die während der letzten Tage vor meiner Abreise geschahen und die mich heute zutiefst berühren: vor der Reise wollte ich eine große Anzahl an Quittungen für die Gesellschaft der Arbeitsförderung unterschreiben ... Ich datierte diese im Voraus für den 15. Januar und da ich dieses Datum so viele Male auf die Belege schrieb, war ich am Ende müde, lag den Stift beiseite und dachte „Gott weiß, wo ich am 15. Januar sein werde und ob ich an diesem Tage sterben werde!“

An jenem Tag würde ich in Rom sein und das Aufgehen eines neuen Lebens erfahren!

Das zweite Ereignis, an das ich mich genau erinnere, ist die Versammlung zahlreicher Juden hohen Ranges, die zusammen kamen, um die Mittel zu finden, mit denen das Judentum wieder belebt und dem Zeitgeist angepasst werden könne. Ich ging zu dieser Versammlung, in der jeder einzelne seine Meinung zu den vorgeschlagenen Erneuerungsversuchen gab. Es wurde viel diskutiert und alle menschlichen Bedürfnisse, die Ansprüche der modernen Zeit, die Richtlinien der öffentlichen Meinung und das Leben in verschiedenen Kulturen wurden in Frage gestellt. Jede Art von Kommentar wurde akzeptiert, doch ein Punkt wurde gar nicht angesprochen: das Göttliche Gesetz. Weder der Name Gottes noch Moses noch die Bibel wurden ein einziges Mal erwähnt.

Etappen einer Vergnügungsreise

Endlich fuhr ich los. Als ich Straßburg verließ, weinte ich sehr, unzählige Ängste und unerklärliche Vorahnungen machten mich nervös. Als ich zum ersten Halt kam (die Pferde mussten gewechselt werden), weckten mich Freudenschreie und Musik aus meinen Träumen. Es handelte sich um einen ländlichen Hochzeitsumzug. der freudig und unter den Klängen von Flöten und Violinen aus der Kirche marschierte. Plötzlich wurde meine Kutsche umgeben und es schien mir, als ob ich an ihrer Freude teilhaben sollte. „Bald bin ich selbst an der Reihe“, schrie ich. Bei diesem Gedanken erwachte erneut die Heiterkeit in mir.

Ich hielt mich einige Tage in Marseille auf, wo Verwandte und Freunde mich willkommen hießen. Es fiel mir schwer, mich von dieser Gastfreundschaft loszureißen.

Bevor wir in Neapel ankamen, hielt unser Schiff in Civitavecchia an. Als wir in den Hafen fuhren, schoss es laut aus der Kanone der Festung. Ich fragte mit boshafter Neugierde nach dem Grund dieses Kanonendonners in der friedvollen Heimat des Papstes. Die Antwort war „Heute ist das Fest der Unbefleckten Empfängnis!“ Ich zuckte mit den Schultern und blieb an Bord.

Am darauf folgenden Tag schien wunderschön die Sonne und färbte den Rauch des Vesuvs golden, während wir uns Neapel näherten. Kein Ereignis der Natur hatte mich je so sehr berührt: ich beobachtete voller Wolllust die funkelnden Lichtspiele des Himmels, die Künstler und Dichter mir in ihren Werken beschrieben hatten.

Ich verbrachte einen ganzen Monat in Neapel, um alles zu besichtigen und schriftlich festzuhalten. Vor allem aber schrieb ich gegen die Religion und die Priester, die nicht in diese Stadt zu passen schienen. Oh, wie oft habe ich in meinem Tagebuch geflucht! Ich erzähle dies, um die Boshaftigkeit meiner Seele zu beschreiben. In einem Brief nach Straßburg schrieb ich, dass ich auf den Vesuv den Lacryma Christi (süßen Weißwein) mit einem Trostspruch auf den Priester Ratisbonne getrunken hatte und dass diese Tränen mir sehr gut bekommen waren. Ich wage es nicht, die schrecklichen Wortspiele niederzuschreiben, die ich bei diesem Anlass formulierte.

Meine Verlobte fragte mich, ob ich das Motto „Sieh’ Neapel und sterbe“ akzeptierte. Ich antwortete ihr: ,,Nein! Sieh' Neapel und lebe! Lebe, um diese Stadt wieder zu sehen!“.

Dies war damals meine Devise.

Nein. nicht nach Rom!

Ich hatte überhaupt keine Lust, nach Rom zu gehen, obwohl zwei Freunde meiner Familie, die ich oft sah, mich mehrmals eingeladen hatten: einerseits Herr Coulmann aus Straßburg, der evangelischen Religion angehörend, und andererseits Baron von Rothschild, dessen Familie sich in Neapel köstlich um mich gekümmert hatte. Ich konnte mich deren Drängen nicht entziehen ... Meine Verlobte wollte, dass ich wegen meiner Gesundheit direkt nach Malta ginge, und schickte mir ein Schreiben meines Arztes, der mir riet, den ganzen Winter dort zu verbringen. Rom riet er mir ab, da nach seinen Worten dort die Malaria ausgebrochen war.

Aus mehreren Gründen lehnte ich eine eventuelle Reise nach Rom ab. Ich spielte mit dem Gedanken, auf der Rückreise daran vorbeizufahren und ging so an Bord der Mongibello, um nach Sizilien zu fahren. Ein Freund begleitete mich, der mir versprach, mich zum Zeitpunkt der Abreise zu grüßen. Er hielt sein Versprechen. doch wir trafen uns nicht. Wenn dieser Herr Réchecourt jemals den Grund meiner Abwesenheit erfährt, wird er eine Erklärung für mein schlechtes Benehmen finden und dieses sicherlich verzeihen.

Coulmann hatte mir einen sympathischen und würdevollen Mann vorgestellt, der wie ich nach Malta reisen musste. Ich war erfreut über dieses Treffen und dachte „Ah, diesen Freund hat mir der Himmel geschickt“.

Doch zu Neujahr war das Schiff noch nicht losgefahren. Jenen Tag hätte ich auf äußerst traurige Weise verbringen sollen: Ich war allein in Neapel und niemand wünschte mir ein Gutes Neues Jahr und ich hatte niemanden zum Umarmen. Ich dachte an meine Familie, an die Glückwünsche und an die Feierlichkeiten, mit denen mein lieber Onkel jenen Tag verbrachte. Ich weinte und die Heiterkeit der Einwohner von Neapel stimmte mich umso trauriger.

Um mich abzulenken, verließ ich das Schiff und folgte automatisch dem Menschenfluss. Ich kam auf die Piazza di Palazzo und stand plötzlich vor einem Kirchentor. Ich betrat die Kirche und mir schien, als ob Messe gefeiert würde. Aus einem unerklärlichen Grund verweilte ich dort an eine Säule gelehnt und mein Herz schien sich zu öffnen und eine fremde Atmosphäre zu atmen. Auf meine Weise betete ich sogar und sorgte mich keineswegs um die Menschen um mich herum. Die Gebete waren für meine Verlobte, meinem Onkel, meinem verstorbenen Vater, meiner lieben Mutter, die starb, als ich noch ein Kind war, und für alle, die ich lieb hatte. Ich bat Gott um den richtigen Antrieb, um mein festes Vorhaben, das Schicksal der Juden zu verbessern, zu verwirklichen. Meine Traurigkeit war wie eine dunkle Wolke vorbeigezogen, die der Wind fortgeschickt und aufgelöst hatte. Mein ganzes Innere war von einer einzigartigen Ruhe erfüllt und ich verspürte eine so große Freude, als ob eine Stimme zu mir geflüstert hätte, Dein Gebet wurde erhört! Oh, ja! Meine Bitten wurden hundertprozentig und wider jede Erwartung erfüllt, da ich am letzten Tag desselben Monats in einer Kirche in Rom meine Taufe empfangen würde! Doch wie kam ich schließlich nach Rom?



Rom, die Etappe der Gnade

Ich weiß nicht warum, ich kann es nicht erklären. Wahrscheinlich unterlief mir ein Fehler, denn ich wollte einen Platz für die Reise nach Palermo buchen und reservierte schließlich eine Kutsche nach Rom. Ich ließ Herrn Vigne, dem Freund, der mich auf Malta begleiten sollte, ausrichten, dass ich nicht widerstehen konnte und eine kurze Etappe in Rom geplant hatte; allerdings sei ich sicherlich am 20. Januar wieder in Neapel, um weiter zu fahren. Ich hätte das lieber nicht versprechen sollen, denn letztlich entscheidet Gott über alles und der 20. Januar sollte für mein Leben eine besondere Bedeutung gewinnen.

Ich verließ Neapel am 5. Januar und kam am 6. Januar, dem Tag der Heiligen Drei Könige, in Rom an.

Mein Reisebegleiter, Marshall, war Engländer, und seine originelle Unterhaltung amüsierte mich während der Reise sehr.

Rom machte mir zunächst nicht den von mir erhofften Eindruck. Ich konnte diesem unvorhergesehenen Ausflug nur wenige Tage widmen und daher versuchte ich, die antiken und modernen Überreste zu besichtigen, welche die Stadt dem kulturbesessenen Touristen bietet. Diese Sehenswürdigkeiten hielt ich stichpunktartig in meinem Gedächtnis und auf den Seiten meines Tagebuchs fest. Mit monotoner Bewunderung besuchte ich die Galerien, die Zirkusse, die Kirchen, die Katakomben und die unzähligen Attraktionen Roms. Sehr oft begleiteten mich mein englischer Freund und ein Führer. Ich weiß nicht, welcher Religion diese beiden angehörten, denn keiner machte katholische Rituale in den Kirchen. Und wenn ich mich nicht irre, hatte ich in diesen Stätten mehr Respekt als sie.

Am 8. Januar hörte ich, während ich spazieren ging, eine Stimme nach mir rufen. Es handelte sich um einen Freund aus meiner Kindheit, Gustav de Bussières. Ich freute mich sehr über dieses Treffen, da die Trennung von meinen Lieben mir zu schaffen machte. Wir gingen zum Mittagessen zu seinem Vater. In dieser angenehmen Gesellschaft verspürte ich etwas von der Freude, die man in einem fremden Land genießt, wenn man Erinnerungen aus der Heimat mit der Hand fassen kann.

Als ich das Wohnzimmer betrat, verabschiedete sich Theodor de Bussières, der älteste Sohn dieser ansehnlichen Familie, von seinem Vater. Ich kannte Baron Theodor nicht persönlich, doch ich wusste, dass er ein Freund meines Bruders Theodor war und dass er sich vom Protestantismus abgewendet hatte, um Katholik zu werden. Diese Tatsache genügte mir, um eine tiefe Abneigung zu verspüren. Es schien mir, als ob er mir gegenüber dasselbe empfand. Doch er war bekannt für seine Reisen in den fernen Osten und auf Sizilien, deren Schilderungen er veröffentlichte. und dies konnte ich ausnützen, um einige Informationen zu erhalten, bevor ich eine Reise antrat. Aus diesem Grund oder schlicht wegen guter Erziehung teilte ich ihm meine Absicht mit, ihn zu besuchen. Er antwortete mir auf freundliche Art und Weise und sagte mir, er habe Briefe vom Priester Ratisbonne empfangen und würde mir die neue Adresse meines Bruders mitteilen. „Ich werde sie gerne notieren“, entgegnete ich, „selbst wenn ich sie nicht brauchen werde“.

Während ich mich von ihm verabschiedete, fragte ich mich, warum ich mich in die Situation gebracht hatte, einen unnötigen Besuch abstatten zu müssen und meine kostbare Zeit zu verlieren.

Besuch der Sehenswürdigkeiten!:..

Ich erforschte Rom weiterhin den ganzen Tag über, bis auf zwei Stunden am Morgen, die ich mit Gustav verbrachte, und abends. wenn ich ins Theater oder auf Bälle ging. Mit Gustav unterhielt ich m ich sehr gut, da unter zwei ehemaligen Schulfreunden auch die kleinste Erinnerung immer Grund zum Lachen und zur Unterhaltung gibt. Doch er war ein überzeugter Protestant mit einer Begeisterung, die den Pietisten des Elsass gleich kam. Er pochte auf die Überlegenheit seiner Lehre im Vergleich zu allen anderen christlichen Überzeugungen und versuchte, mich zu bekehren. Dies amüsierte mich sehr, da ich glaubte, dass nur Katholiken den unaufhaltsamen Drang zur Proselytenmacherei hätten. Normalerweise antwortete ich ihm scherzhaft, doch um ihn in seinen hoffnungslosen Versuchen zu trösten, versprach ich ihm. dass, wenn mir jemals die Lust käme, mich zu bekehren, ich Pietist geworden wäre. Ich gab mein Versprechen und er versprach mir, auf mein Hochzeitsfest im August zu kommen. Seine Versuche, meinen Aufenthalt in Rom zu verlängern, waren zwecklos. Auch andere Freunde hatten sich ihm in dieser Absicht angeschlossen: Edmund Hurnann und Alfred Lotzbeck lockten mich mit der Idee, den Karneval in Rom zu verbringen. Doch ich konnte keine Entscheidung fassen. Ich fürchtete, meine Verlobte zu verletzen, und außerdem wartete Herr Vigne in Neapel für die Abreise am 20. Januar auf mich.

Ich nutze daher die letzten Stunden meines Aufenthalts in Rom dazu, um noch einige Attraktionen zu sehen. Ich besuchte das Kapitol und die Kirche von Aracoeli. Der mächtige Bau, die feierlichen Gesänge, die in den Kirchenschiffen wieder hallten und die Erinnerungen an geschichtliche Ereignisse, die mit jedem Schritt in mir hochkamen, machten einen tiefen Eindruck auf mich. Ich war aufgeregt, berührt und nachdenklich und mein Führer bemerkte dies und sagte mir kühl, dass es nicht das erste Mal sei, dass diese Kirche einem Touristen diesen Eindruck machte.

Während wir vom Kapitol herunterstiegen führte mich mein Fremdenführer durch das Getto (Judenviertel). Dort verspürte ich ein völlig anderes Gefühl: Barmherzigkeit und gleichzeitig Empörung. Beim Anblick dieses Elends fragte ich mich ob dies die so hoch gepriesene Menschlichkeit Roms sei!

Ich erschrak vor dieser Schreckensvision und fragte mich, ob dieses Volk so eine barbarische Behandlung und all die bedingungslosen Vorurteile verdient hätte, nur weil es vor achtzehn Jahrhunderten einen einzigen Mann getötet hatte! Oh, damals kannte ich jenen Mann noch nicht! Ich wusste nicht, welchen blutigen Spruch dieses Volk ausgerufen hatte; einen Ruf, den ich nicht zu wiederholen wage und den ich nicht aussprechen will. Ich erinnere mich lieber an den Schrei, der vom Kreuz widerhallte: Vater, vergib ihnen, denn sie Wissen nicht, was sie tun.

Meiner Familie teilte ich mit, was ich gesehen und gehört hatte. In einem Brief schrieb ich, dass ich lieber zu den Eroberten als zu den Eroberern gehörte. Am darauf folgenden Tag kehrte ich zum Kapitol zurück, wo sehr viel los war und auch zur Kirche von Aracoeli, um an einer religiösen Feier teilzunehmen. Ich fragte mich nach dem Grund der festlichen Vorbereitungen. Man sagte mir, dass die Taufe zweier Juden, den Costantini aus Ancona, vorbereitet würde. Ich kann nicht beschreiben, welche Empörung diese Worte in mir hervorriefen und als mein Führer fragte, ob ich an der Zeremonie teilnehmen wolle, schrie ich: „Ich? Ich soll an einer derartigen Schmach teilnehmen? Nein, nein. Ich könnte mich nicht zurückhalten und würde Täufer und Getaufte öffentlich beschimpfen“.

Ohne zu übertreiben muss ich zugeben, dass ich nie zuvor in meinem Leben so bissig gegenüber dem Christentum war, wie nach dem Besuch im Getto. Ich hielt Spott und Fluche nicht zurück.

. . . und Besuche vor der Abreise

Ich musste zahlreiche Besuche vor meiner Abreise abstatten, um Abschied zu nehmen und das Treffen mit Baron de Bussières fiel mir besonders schwer. Ich selbst hatte mir diese verdammte Pflicht grundlos auferlegt! Glücklicherweise hatte ich nicht nach seiner Adresse gefragt und dies schien mir eine gute Ausrede zu sein. Ich war stolz. eine gute Entschuldigung für das Brechen meines Versprechens gefunden zu haben.

Am 15, Januar reservierte ich einen Platz auf der Kutsche nach Neapel. Die Abreise war für den 17. um drei Uhr· morgens geplant. Ich hatte noch zwei Tage Zeit, um die Stadt noch zu erforschen. Doch als ich aus einem Büchergeschäft gehe, wo ich einige Bücher über Konstantinopel gesehen hatte, stieß ich auf dem Corso auf den Diener vom Vater von de Bussières. Dieser grüßt mich und nähert sich mir. Ich frage nach der Adresse von Theodor de Bussières und er entgegnet mir mit einem Elsässer Akzent: Piazza Nicosia 38.

Nun musste ich also diesen Besuch abstatten, schob diesen aber zunächst noch einmal auf. Endlich entschloss ich mich dazu, indem ich auf meiner Visitenkarte ein PPC notierte. Ich machte mich auf der suche nach dieser Piazza Nicosia und kam endlich zur Hausnummer 38. Genau ein Haus von dem Büro entfernt, wo ich am selben Tag den Platz auf der Kutsche reserviert hatte! Ich bin so lange umhergezogen, um dann an den Ausgangspunkt zurück zu kehren! Viele Menschen vollziehen einen derartigen Weg in ihrem Leben. Doch von diesem Punkt aus begann für mich eine neue Reise in eine ganz neue Weilt!

Als ich das Haus von de Bussières betrat, musste ich lachen, da der Diener nicht meine Visitenkarte nahm, sondern mich sogleich vorstellte und mich in das Wohnzimmer führte. Mit einem Lächeln sträubte ich mich mehr oder weniger gegen diese unmittelbare Einladung und nahm schließlich neben Baronin de Bussières Platz: diese war von ihren Töchtern umgeben, die hübsch und süß wie die Engel des Raffael waren. Die Unterhaltung war zunächst oberflächlich aber angenehm und wurde schließlich leidenschaftlich, als ich von den Eindrücken erzählte, die Rom mir hinterlassen hatte...


Die „Wundertätige Medaille“...

In meinen Augen war Baron de Bussières ein „Gläubiger“ im schlechtesten Sinne des Wortes und daher war ich sehr erfreut darüber, ihn im Hinblick auf die Lebensbedingungen der römischen Juden in ein schlechtes Licht zu setzen. Dies spornte mich an, doch auf diese Weise wechselten die Gespräche ins Religiöse. De Bussières sprach von den großen Errungenschaften des Katholizismus. Ich antwortete ironisch und mit Anschuldigungen, die ich schon so oft gelesen oder gehört hatte. Doch ich zügelte meinen Ansturm von Gottlosigkeit aus Achtung gegenüber der Baronin und dem Glauben ihrer Töchter, die neben uns spielten.

,,Wie auch immer“, sagte Baron de Bussières, ,,da sie den Aberglauben verschmähen, sich zu liberalen Glaubenslehren bekennen und einen so starken und vernünftigen Charakter besitzen, werden sie doch nicht vor einer einfachen Probe zurückschrecken, oder?“

.,Welche Art von Probe?“

.. Folgendes: sie müssten einen Gegenstand tragen, den ich ihnen schenke ... Hier ist er! Ein Anhänger der Heiligen Jungfrau Maria. Dies erscheint ihnen als lächerlich, nicht wahr? Ich dagegen messe diesem Gegenstand einen großen Wert bei“.

Ich muss zugeben, dass ich dies als äußerst kindisch empfand. Ich erwartete mir nichts Derartiges. Zunächst wollte ich lachen und mit den Schultern zucken, doch dann dachte ich, dass ich auch dieses sonderbare Ereignis zu meiner Reise zählen könnte und nahm daher den Anhänger an. Ich hätte diesen dann meiner Verlobten als Beweisstück geliefert.

Gesagt, getan. Ich nehme den Anhänger und versuche mit einigen Schwierigkeiten, da die Kette zu kurz war und sie so nicht über den Kopf passte, ihn anzulegen. Nach heftigem Ziehen hing der Anhänger schließlich an meiner Brust und so brach ich in ein schallendes Gelächter aus: ,,Ha, ha! Nun bin ich auf einem Schlag katholisch, apostolisch und ein Römer“

Der Teufel prophezeite die Wahrheit aus meinem Mund!

De Bussières war trotzdem über seinen scheinbaren Sieg hoch erfreut und maß diesem eine sehr große Bedeutung bei.

... und das „Memorare“

„Nun“, fügte de Bussières hinzu, „müssen wir dieses Werk vollenden. indem sie morgens und abends das Memorare (Gedenke, o würdige Maria) sprechen, ein sehr kurzes aber äußerst wirkungsvolles Gebet, das der heilige Bernhard zur Jungfrau Maria betete.“

„Worum handelt es sich bei diesem Memorare?“, entgegnete ich, „lassen wir diese Dummheiten bei Seite.“ In diesem Moment kam meine gesamte Abneigung gegen derartige Dinge in mir hoch. Der Name des heiligen Bernhards rief mir meinen Bruder ins Gedächtnis zurück, da dieser den Lebenslauf dieses Heiligen nieder geschrieben hatte, den ich mich stets geweigert hatte, zu lesen. Und diese Erinnerung weckte in mir erneut den Hass gegen jede Art von Bekehrungsversuchen und Arglist und gegen diejenigen, die ich als Heuchler und Abtrünnige bezeichnete.

Deshalb sagte ich zu de Bussières, dass es nun genug sei und bedauerte sehr, kein jüdisches Gebet zu kennen, um ihm dieses als Gegenleistung anzubieten.

Doch mein Gesprächspartner drängte mich weiter: wenn ich dieses kleine Gebet nicht aufsagte. sei die Probe ungültig. Wenn ich es ablehnte, bezeugte ich seihst die sprichwörtliche Starrköpfigkeit der Juden.

Ich wollte der ganzen Angelegenheit keinen zu hohen Wert beimessen und entgegnete ihm: „So sei es! Ich verspreche ihnen. dieses Gebet aufzusagen. Wenn mir das nichts Gutes bringt dann bringt es mir sicher auch nichts Schlechtes!“ Und so stand de Bussières auf, um das Gebet zu holen und forcierte mich anschließend auf, es abzuschreiben. Ich willigte ein und fügte hinzu: ,,unter der Bedingung, dass ich ihnen die Kopie überreiche und ich das Original behalte.“ Auf diese Weise wollte ich meine Aufzeichnungen durch dieses einzigartige Beweisstück ergänzen.

Letztlich waren wir beide damit zufrieden; unsere Unterhaltung schien mir kornisch und amüsierte mich im Grunde. Wir verabschiedeten uns und ich ging ins Theater und vergaß dort den Anhänger und das Memorare. Doch als ich nach Hause zurückkam, fand ich eine Nachricht von de Bussières, der meinen Besuch erwidert hatte und mich aufforderte, uns vor meiner Abreise noch einmal zu sehen. Ich musste ihm sein Memorare zurückgeben und vor meiner Abreise am darauf folgenden Tag musste ich zunächst Koffer packen und alles vorbereiten. Dann schrieb ich das Gebet ab, das genau so lautete:

„Gedenke, o gütigste Jungfrau Maria, es ist noch nie gehört worden, dass jemand, der zu dir seine Zuflucht nahm, deine Hilfe anrief und um deine Fürbitte flehte, von dir sei verlassen worden. Von diesem Vertrauen beseelt, nehme ich meine Zuflucht zu dir, o Jungfrau der Jungfrauen, meine Mutter. Zu dir komme ich, vor dir stehe ich als ein sündiger Mensch. O Mutter des Ewigen Wortes, verschmähe nicht meine Worte, sondern höre sie gnädig an und erhöre mich.“

Diese Worte des heiligen Bernhard hatte ich automatisch abgeschrieben, fast ohne den Sinn zu erfassen. Es war spät, ich war müde und wollte schlafen.

Am darauf folgenden Tag, dem 16. Januar, ließ ich meinen Pass unterschreiben und erledigte die Formalitäten der Abreise. Doch ich wiederholte unentwegt die Worte des Memorare. Mein Gott, wie war es möglich, dass diese Worte sich so scharf und tief in meiner Seele eingeprägt hatten? Ich konnte mich nicht davon losreißen: sie kamen mir ständig ins Gedächtnis zurück und so wiederholte ich sie, als ob es sich um eine Opernarie handelte, die dir nicht aus dem Sinn kommt, wie stark du dich auch dagegen wehrst.

Gegen elf Uhr besuchte ich de Bussières, um ihm sein Gebet zurück zu gehen. Ich erzählte ihm von meiner Reise in den Fernen Osten und er gab mir sehr viele wertvolle Anregungen. Doch plötzlich sagte er: „Es ist seltsam, dass sie Rom zu einer Zeit verlassen, in der jeder in diese Stadt kommt, um die Feierlichkeiten in der Peterskirche mitzuerleben! Vielleicht kehren sie nicht nach Rom zurück und werden bereuen, eine derartige Gelegenheit verloren zu haben, die so viele Menschen mit großer Neugierde suchen.“

Ich entgegnete ihm, dass ich einen Platz auf der Kutsche reserviert und bezahlt hatte und dass ich meiner Familie bereits Bescheid gesagt hätte. Außerdem warteten in Palermo zahlreiche Briefe auf mich und es sei nunmehr zu spät, um Meinung zu wechseln: meine Entscheidung war gefällt.

Unsere Unterhaltung wurde durch das Erscheinen eines Dieners unterbrochen. der seinem Herren einen Brief des Priesters Ratisbonne übergab. De Bussières reichte mir den Brief und ich las ihn ohne Interesse, da über die Veröffentlichung eines religiösen Textes gesprochen wurde, den de Bussières in Paris drucken ließ. Mein Bruder wusste ja gar nicht, dass ich in Rom war. Dieses Ereignis hätte eigentlich meinen Besuch verkürzen sollen, da ich jede Art von Erinnerung an meinen Bruder mied.

Doch aus unerklärlichen Gründen beschloss ich, meinen Aufenthalt in Rom zu verlängern. Ich gab dem Drängen eines Mannes nach, den ich eben erst kennen gelernt hatte. Sogar meinen besten Freunden hätte ich diese Art von Vorschlag abgelehnt!

Ein unerklärlicher Einfluss…

Worurn handelte sich es also, mein Gott? Dieser unwiderstehliche Trieb, das tun zu müssen, was gegen meinen Willen war? War es derselbe, der mich in Straßburg, davon überzeugte, nach Italien zu reisen und die Einladungen nach Valencia und Paris abzusagen? Derselbe, der mich von Neapel nach Rom brachte, obwohl ich nach Sizilien reisen wollte? Derselbe der mich in Rom am Tag meiner Abreise einen Höflichkeitsbesuch abstatten ließ und all meine übrigen Absichten hintan stellte? Oh göttliche Führung! Existiert ein Schicksal, dass den Menschen im Laufe seines Lehens begleitet? Als ich geboren wurde, nannte man mich Tobias Alfons. Ich vergaß meinen ersten Namen, doch mein unsichtbarer Schutzengel nicht! Dies war der wahre Freund, der mir vom Himmel geschickt wurde! Doch ich kannte ihn nicht. Oh, es gibt mehr als einen Tobias auf der Welt, die ihren göttlichen Begleiter nicht erkennen und so seiner Stimme nicht folgen!

Eigentlich wollte ich den Karneval nicht in Rom verbringen. Allerdings wollte ich den Papst sehen und so versicherte mir Baron de Bussières, dass ich ihm am ersten Tag der Feierlichkeiten in der Peterskirche begegnen würde. Ich ging lange mit de Bussières spazieren und wir sprachen über all das, was wir um uns sahen: über ein Denkmal, ein Kunstwerk oder die verschiedenen Traditionen dieses Landes. Diesen verschiedenartigsten Gesprächsthemen mischten sich stets religiöse Argumente unter, die de Bussières mit einer solchen Natürlichkeit einfügte und mit einer derartigen Leidenschaft beharrte, dass ich mehrmals dachte, dass wenn etwas einen Menschen von der Religion entfernen konnte, dann war es das Beharren selbst, ihn zu bekehren. Aufgrund meiner angeborenen Fröhlichkeit lachte ich sogar über ernste Dinge und den Funken meiner bösen Kommentaren kam das Höllenfeuer meiner Fluche hinzu, an die ich mich heute gar nicht mehr zu denken traue, so sehr bin ich davon entsetzt.

De Bussières verletze dies, doch er blieb ruhig und zeigte Verständnis. Einmal sagte er mir sogar: „Trotz ihres Verhaltens hin ich davon überzeugt, dass sie eines Tages ein gläubiger Christ sein werden, da sie im Grunde eine Ehrenhaftigkeit besitzen, die mich glauben lässt und davon überzeugt, dass sie erleuchtet werden, selbst wenn Gott dafür einen Engel vom Himmel schicken sollte.“

„Endlich verstehen wir uns!“, antwortete ich ihm ironisch, ,,denn andernfalls wäre das Vorhaben nicht umsetzbar!“

Als wir an der Heiligen Treppe vorbei fuhren, packte de Bussières der Enthusiasmus. Er stand in der Kutsche auf, hob seinen Hut und schrie mit voller Kraft: „Sei gegrüßt, Heilige Treppe! Hier siehst du einen Sünder, der dich eines Tages auf den Knien hinaufsteigen wird!“·

Ich kann nicht mit Worten beschreiben, welche Gefühle diese unerwartete Geste, diese einer Treppe erwiesene, einzigartige Ehre in mir weckte. Ich lachte darüber wie über eine sinnlose Handlung. Als wir kurz darauf an der wunderschönen Villa Wolkonski vorbeifuhren, deren Gartenanlage, in der die Blumen das ganze Jahr über blühten, von Neros Aquädukt durchzogen ist, hob ich meinerseits die Stimme und ahmte den vorigen Ausruf nach: „Seid gegrüßt, ihr wahren Wunder Gottes! Vor Euch muss man niederknien und nicht vor einer Treppe!“

Diese Spazierfahrten in der Kutsche wiederholten sich in den zwei folgenden Tagen und dauerten ein oder zwei Stunden. Am Mittwoch, dem 19. Januar, traf ich de Bussières noch einmal, doch er schien betrübt und niedergeschlagen. Aus Anstandsgründen verließ ich ihn, ohne nach dem Grund seiner Traurigkeit zu fragen. Ich erfuhr diesen am darauf folgenden Tag um zwölf Uhr mittags in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte.

... und ein seltsames Kreuz

Am 22. Januar musste ich abreisen, da ich wiederum einen Platz in der Kutsche nach Neapel reserviert hatte. Die Sorgen von de Bussières hatten sein Engagement, mich zu bekehren, gedämpft und ich dachte, er habe seine wundertätige Medaille vergessen; unterdessen sagte ich ständig mit unverständlicher Beharrlichkeit das Gebet des heiligen Bernhard auf.

In der Nacht zwischen dem 19. und dem 20. Januar um zwölf Uhr wurde ich plötzlich wach: ich sah ein großes schwarzes Kreuz deutlich vor mir; es hatte eine seltsame Form und Jesus Christus hing nicht daran. Ich versuchte. dieses Bild zu verdrängen, doch ich konnte es nicht meiden: wohin ich mich drehte, erschien es vor meinen Augen. Wie lange diese Erscheinung dauerte, kann ich nicht sagen. Letztendlich schlief ich Wieder ein und am nächsten Tag stand ich auf und dachte nicht mehr daran.

Ich musste viele Briefe schreiben und ich erinnere m ich an einem. der für die jüngste Schwester meiner Verlobten bestimmt war. Am Ende schrieb ich folgende Worte: Gott beschütze Sie!... Am selben Tag, dem 20.Jmuar, erhielt ich einen Brief meiner Verlobten, der durch einen merkwürdigen Zufall mit denselben Worten endete: Gott beschütze Dich! ...

Jener Tag stand wahrhaftig unter Gottes Schutz!

Doch wenn mir irgendjemand am Morgen dieses Tages gesagt hätte: „Du wirst als Jude aufstehen und als Christ zu Bett gehen“... wenn irgendjemand so zu mir gesprochen hätte, wäre er in meinen Augen der verrückteste Mensch auf Erden gewesen.

20. Januar 1842!

Am Donnerstag, dem 20. Januar, besuchte ich, nachdem ich im Hotel gefrühstückt hatte und meine Briefe weggeschickt hatte, meinen Freund Gustav, den Pietisten. Er kam von einer Jagd zurück, die ihn einige Tage von der Stadt fern gehalten hatte.

Er wunderte sich sehr darüber. mich noch in Rom anzutreffen. Ich erklärte ihm den Grund: ich wollte den Papst sehen.

„Doch ich werde wegfahren ohne ihn gesehen zu haben“, sagte ich zu meinem Freund, „da er an den Feierlichkeiten in der Peterskirche nicht teilgenommen hat. Ich hatte gehofft, ihn dort zu treffen.“

Gustav tröste mich auf ironische Weise. indem er mir eine andere wirklich kuriose Zeremonie schilderte, die, wie ich annehme, in der Kirche der Allerheiligsten Maria (Santa Maria Maggiore) stattfinden sollte. Dort wurde Tieren der Segen gespendet! Über dieses Ritual begannen wir einen Wettstreit zynischer Kommentare, wie man es sich unter einem Juden und einem Protestanten gut vorstellen kann.

Wir trennten uns um circa elf Uhr, nachdem wir uns für den darauf folgenden Tag verabredet harten: wir mussten zusammen ein Gemälde begutachten, das unser Landsmann Baron von Lotzbeck anfertigen ließ. Ich ging in ein Café auf der Piazza di Spagna, um einen Blick in die Zeitung zu werfen, und als ich mich setzte, kam mir Edmund Coulmann entgegen, der Sohn des Finanzministers, und nahm neben mir Platz. Wir führten eine fröhliche Unterhaltung über Paris, Kunst und Politik. Kurz darauf kam mir Alfred von Lotzbeck entgegen, ein Protestant, mit dem ich mich noch oberflächlicher unterhielt: wir sprachen über die Jagd, verschiedene Arten von Vergnügen, Karnevalsfeiern und dem wunderschönen Fest, das Herzog Torlonia am Abend zuvor gegeben hatte. Ich erinnerte auch an meine Hochzeit und lud Lotzbeck ein, der mir fest versprach daran teilzunehmen.

Wenn in diesem Moment (es war Zwölf Uhr Mittags) ein weiterer Bekannter zu mir gekommen wäre und mir gesagt hätte: „Alfons, in einer Viertelstunde wirst du Jesus Christus, deinen Gott und Retter anbeten: du wirst in einer kleinen Kirche nieder knien und zu Füssen eines Priesters auf deine Brust schlagen: du wirst in einem Jesuitenkloster sein, in dem du den Karneval verbringen wirst, um dich auf deine Taufe vorzubereiten und du wirst bereit sein, dich für die katholische Religion zu opfern: du wirst auf das menschliche Leben und dessen Vorzüge verzichten, auf das Vergnügen, auf dein Hab und Gut, auf deine Hoffnungen und auf deine Zukunft; und wenn es notwendig ist, wirst du auch auf deine Verlobte und auf das Leben als Jude verzichten ... du wirst nichts anderes verfolgen, als Jesus Christus zu folgen und sein Kreuz bis zu deinem Tod zu tragen ... !“, wenn ein Prophet mir eine derartige Weissagung prophezeit hätte, wäre jener für mich der verrückteste Mensch auf der ganzen Welt gewesen, einer, der an die Möglichkeit eines derartigen Wahnsinns glauben konnte!

Pierre-Louis-Auguste Ferron, Graf De La Ferronays (4.12.1777 - 17.1.1842)

Mit dem „Engel Marias“

Doch genau dieser Wahnsinn stellt heute mein Geisteswesen und meine Glückseligkeit dar. Als ich das Café verließ, stieß ich auf die Kutsche von Theodor de Bussières. Er hielt an und lud mich ein, mit ihm eine kurze Spazierfahrt zu unternehmen. Das Wetter war wunderschön und gerne nahm ich diese Einladung an. Doch de Bussières bat mich. einige Minuten mit ihm in die Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte  zu begleiten (wenn es denn sein muss), die nicht weit entfernt war. Er musste dort etwas erledigen und schlug mir vor, in der Kutsche zu warten. Doch ich bevorzugte es, auszusteigen und die Kirche zu besichtigen. Es wurden gerade Vorbereitungen für eine Beerdigung getroffen und ich fragte nach dem Namen des Verstorbenen, dem der letzte Segen gespendet werden sollte. De Bussières antwortete mir: „Es handelt sich um einen Freund von mir, den Grafen Laferronays. Sein plötzlicher Tod ist der Grund meiner Traurigkeit, die sie seit zwei Tagen in meinen Augen lesen“.

Ich kannte Laferronays nicht; ich hatte ihn nie gesehen und verspürte nur ein sehr vages Trauergefühl, das man stets hat, wenn man von einem plötzlichen Todesfall erfährt. De Bussières ließ mich alleine, um der Familie des Verstorbenen einige Kirchenbänke für die Trauerfeier zu reservieren. „Seid nicht ungeduldig“, sagte er mir, als er das Kloster betrat, „ich hin in wenigen Minuten zurück...“.

Erste Bildliche Darstellung der Vision und Bekehrung Ratisbonnes

Oh ja! Sie war es!

Die Kirche des Heiligen Andreas ist klein, arm und verlassen ... Ich glaube, dass ich fast alleine in dieser Kirche war... Kein Kunstwerk zog meine Aufmerksamkeit an. Ich schweifte automatisch mit den Blicken umher, ohne an einen bestimmten Gedanken festzuhalten. Ich erinnere mich nur an einen schwarzen Hund, der vor mir herum sprang...

Doch dann war er nicht mehr unter meinen Augen und die ganze Kirche verschwand, ich sah nichts mehr ... oder besser gesagt, mein Gott! Ich sah nur eine einzige Sache!!!

Auf welche Art und Weise kann ich darüber sprechen? Oh, nein, menschliche Worte können das Unerklärliche nicht erklären, jede auch noch so perfekte Beschreibung wäre nur Verzerrung der göttlichen Wahrheit. Ich war dort, auf meinen Knien, unter Tränen und als ob mein Herz mir platzte, als de Bussières mich zum irdischen Lehen zurück rief.

Ich konnte seinen  überstürzten Fragen nicht antworten, nahm aber die Medaille, die noch an meiner Brust hing. Ich küsste unter Freudenausbrüchen das Abbild der Jungfrau Maria, die ihre ganze Gnade ausstrahlte… Oh, ja! Sie war es!

Erste Bildliche Darstellung nach der Beschreibung nach der Beschreibung Ratisbonnes 

Ich wusste nicht, wo ich war. War ich Alfons oder jemand anderer? Ich verspürte einen so radikalen Wandel, dass ich dachte, eine andere Person zu sein. Ich versuchte, mich wieder zu finden, doch es gelang mir nicht... Eine ungeheure Freude stieg aus dem Inneren meiner Seele in mir hoch. Ich konnte nicht sprechen und wollte nichts verraten. In mir spürte ich etwas Göttliches und Heiliges, das mich dazu aufforderte, nach einem Priester zu fragen... Man führte mich zu ihm und nur nachdem es mir meine Gefühle erlaubt hatten, sprach ich so gut ich konnte, niedergekniet und mit zitterndem Herzen über das Geschehene.

Meine ersten Worte waren der Dank für Herrn Laferronays und für die Erzbruderschaft der Heiligen Mutter Gottes der Siege. Ich war mir sicher, dass Herr Laferronays für mich gebetet hatte; warum ich das wusste, kann ich nicht sagen. Und es war mir auch noch nicht bewusst, welche göttlichen Wahrheiten sich mir offenbart hatten. All das, was ich sagen kann, ist, dass zum Zeitpunkt des Wunders mir ein Schleier von den Augen fiel. Nicht nur ein Schleier, eine ganze Anzahl, die meine Augen verdeckt hatten und nach und nach schnell verschwanden, so wie Schnee, Schlamm und Eis unter einer brennenden Sonne.

Zeuge der Erscheinung und Bekehrter

Ich stieg aus einem Grab, aus einem dunklen Abgrund heraus und war lebendig, vollkommen lebendig…! Doch ich weinte! Ich sah am Ende des Abgrunds das äußerste Elend, aus dem mich eine unendliche Gnade befreit hatte. Ich erschrak vor dem Anblick meiner Boshaftigkeit und war verwundert, ergriffen und voller Bewunderung und Dankbarkeit... Ich dachte an meinen Bruder mit unaussprechlicher Freude. Doch den Freudentränen, mischten sich die Tränen des Mitleids. Oh, wie viele Menschen steigen ruhig mit von Hochmut und Sorglosigkeit verschlossenen Augen in diesen Abgrund herab! ... Sie kommen hier an und leben in dieser furchtbaren Finsternis! ... Und meine Familie, meine Verlobte und meine armen Schwestern!!! Oh, welch qualvolle Sorgen! Ich denke an Euch, Euch, die ich liebe! Euch sind meine Gebete bestimmt... Werdet ihr nicht den Blick auf den Retter der Menschheit wenden, der uns mit seinem Blut von der Erbsünde befreit hat? Oh, mit welcher schrecklichen Sünde sich hier die Menschen befleckt haben! Man kann den Menschen als Abbild Gottes nicht im Entferntesten wieder erkennen.

Ich wurde gefragt, wie ich diese göttlichen Weisheiten erlernt habe, da allseits bekannt war, dass ich nie ein Religionsbuch aufgeschlagen oder auch nur eine einzige Seite der Bibel gelesen hatte. Außerdem wird das Dogma der Erbsünde von den modernen Juden völlig vergessen oder gewollt verleugnet; ich hatte mich daher niemals mit diesem Gedanken befasst und glaube. auch dessen Name nie gehört zu haben. Wie also erhielt ich diese Weisheit? Ich kann es nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich nichts wusste. als ich in  die Kirche ging und dass mir alles klar war, als ich diese verließ. Ich kann diese Wandlung nur mit dem Vergleich zu einem Menschen erklären, der aus einem tiefen Schlaf erwacht oder einem blind Geborenen, der auf einmal das Licht sieht; er sieht es, kann aber nicht beschreiben, was ihn erleuchtet und ihm die Wahrheit offenbart.

Diese Schilderung ist ungenau und lückenhaft, doch grundlegend ist die Tatsache, dass ich auf irgendeiner Weise ein neuer Mensch, eine tabula rasa war... Die Welt bedeutete nun nichts mehr für mich; meine Voreingenommenheit gegen das Christentum existierte nicht mehr; von den Vorurteilen meiner Kindheit blieb nicht die geringste Spur. Die Liebe meines Gottes hatte jede andere Art von Liebe auf die Seite geschoben und selbst meine Verlobte stand in einem neuen Licht. Ich liebte sie, als ob sie ein Gegenstand in den Händen Gottes sei, ein wertvolles Geschenk, um dessen Spender noch mehr zu schätzen.

Wie ich bereits erwähnte flehte ich den Beichtvater, Pater Villefort und Baron de Bussières an, das. was mir geschehen war, völlig geheim zu halten. Ich wollte mich im Trappistenkloster zurückziehen, um mich nur um geistliche Dinge zu kümmern. Ich gebe zu, dass ich befürchtete, dass meine Familie mich für verrückt gehalten und mich lächerlich gemacht hätte und bevorzugte deshalb, mich der Welt, ihrem Gerede und Urteil vollkommen zu entziehen.

Doch meine geistlichen Führer versuchten mir zu erklären, dass Schmach, Unrecht und Vorurteile zum Kelch eines wahren Christen zählen und dass ich diesen trinken müsse: Jesus Christus hatte seinen Jüngern Pein, Qual und Verfolgung vorhergesagt. Diese schweren Worte brachten mich nicht von meinem Vorhaben ab, im Gegenteil, sie entflammten meine innere Freude. Ich war zu allem bereit und bat dringlich nach der Taufe!

Doch man wollte diese aufschieben. „Aber warum?, schrie ich, „Die Juden, welche die Predigt der Apostel anhörten, wurden sofort getauft und ihr wollt meine Taufe aufschieben. nachdem ich die Worte der Königin der Apostel vernommen habe?“ Meine Gefühle. mein heftigstes Verlangen und mein Flehen rührten die barmherzigen Brüder, die mich aufgenommen hatten, und so versprachen sie mir, welch ungeheure Freude, die Taufe!

Der Katechumene im „Cesù“ (Mutterkirche der Gesellschaft Jesu)

Ich konnte den Tag, an dem dieses Versprechen sich verwirklicht hätte, kaum erwarten, so fehl am Platz fühlte ich mich Gott gegenüber! Doch mit welcher Güte und Barmherzigkeit hatte man mich auf den großen Tag vorbereitet! Ich war in das Jesuitenkloster gegangen, um mich zurück zu ziehen und vertraute mich Pater Villefort an, der meine Seele mit den liebevollsten und bedeutendsten Worten Gottes nährte. Dieser Sohn Gottes ist nicht ein Mensch, aber ein wahres Herz, die Personifikation der göttlichen Barmherzigkeit! Doch sobald ich meine Augen geöffnet hatte, stellte ich fest, dass viele andere um mich herum dieselben Eigenschaften besaßen und von denen die Welt nichts weiß! Mein Gott, welch Güte, welch Milde und Wohlwollen fand ich in den Herzen dieser wahren Christen! Während meinem Aufenthalt im Kloster kam jeden Abend das geistliche Oberhaupt der Jesuiten zu mir und erfreute meine Seele mit dem Balsam des Himmels. Er sprach nur wenige Worte zu mir, die sich in mir zu öffnen und zu wachsen schienen, je mehr ich davon hörte. Diese erfüllten mich mit Glückseligkeit. Licht und Leben.

Dieser so demütige und gleichzeitig mächtige Priester hätte auch kein einziges Wort zu mir sprechen können - sein Anblick genügte, um mich mit Worten zu füllen. Wenn ich heute die Anwesenheit Gottes verspüren und von tiefer Dankbarkeit erfüllt werden will, genügt es mir, mich an diesen Priester zu erinnern. Ich kann diese Dankbarkeit nicht in Worte fassen; mein Herz müsste viel größer sein und ich bräuchte hundert Munde um die Liebe auszudrücken, die mich mir diesen Geschöpfen Gottes verbindet, mit Theodor de Bussières, der ein Engel Marias war und mit der Familie Laferronays, die ich zutiefst verehre und der ich fest verbunden bin!

Göttliche Gnade

Endlich hatten wir den 31. Januar und nun umgaben mich nicht nur einige Brüder, sondern eine Vielzahl an frommen und barmherzigen Seelen mit einer besonderen Güte und Freundlichkeit. Wie sehr möchte ich all diese kennen lernen, um mich bei ihnen zu bedanken! Mögen sie stets für mich beten wie ich für sie bete!

Die Mutter meines Retters hatte alles vorbereitet: sie schickte einen französischen Priester, damit er im feierlichen Augenblick in meiner Muttersprache zu mir sprechen könne. Dieser war Monsignore Dupanloup, mit dem ich die stärksten Gefühle meines ganzen Lebens verbinde. Selig sind die, welche sein Wort gelauscht haben, denn der Widerhall dieser mächtigen Worte wird nie dieselbe Wirkung machen. Oh ja, mir war bewusst, dass diese von der Mutter Gottes selbst stammten, die in seinen Gesprächen im Mittelpunkt stand. Ich werde hier meine Taufe, meine Erstkommunion und meine Firmung, diese göttlichen Geschenke, die ich an jenem Tag von den Händen des Kardinals Patrizi, päpstlicher Vikar, bekam, nicht beschreiben.

Eine weitere Gnade war mir gegönnt.

Sie erinnern sich, wie sehr ich mich danach sehnte, den Heiligen Vater zu sehen. Dieser Wunsch oder vielleicht die Neugierde hatten mich dazu überredet, meinen Aufenthalt in Rom zu verlängern. Doch ich konnte mir nicht vorstellen, dass sich dieser Wunsch auf folgende Weise verwirklicht hätte.

Gregorius XVI (1831-1846) Pinacoteca civica
"Francesco Podesti", Ancona, Italien - Wikipedia

Audienz beim Papst

Der Vater aller Gläubigen wurde mir vorgestellt, als ich gerade der Kirche beigetreten war. Seit meiner Taufe empfand ich für den Papst Respekt und Kinderliebe. Daher war ich überglücklich, als man mir mitteilte, dass mir die päpstliche Audienz gestattet war und dass der Oberste Pater der Jesuiten mich vorgestellt hätte. Doch ich zitterte vor Aufregung, da ich nie vor einer der mächtigen Persönlichkeit unserer Zeit gestanden war. Allerdings schienen mir damals alle übrigen Mächtigen im Vergleich zum Papst sehr gering. Ich hatte das Gefühl, als ob die gesamte Großartigkeit der Welt auf diesen Menschen konzentriert sei, der auf Erden die Macht Gottes besitzt; diese war in den Händen des Papstes. Nachfolger des Heiligen Petrus und des großen Priesters Aronne. Nachfolger Jesus Christus selbst, dessen Lehre er auf der Welt mit vollem Eifer verbreiten will.

Ich werde mich stets daran erinnern, wie groß meine Angst war und wie sehr ich zitterte, als ich den Vatikan betrat, durch die langen Korridore und die eindrucksvollen Säle schritt, die in das Zimmer des Papstes führen. Doch all meine Ängste verflogen und Staunen und Verwunderung nahmen deren Platz ein, als ich sah, wie schlicht, demütig und väterlich der Papst war! Er war kein Monarch, sondern ein Vater. der mich mit unendlicher Güte wie einen lieben Sohn behandelte...

Dankbarkeit! Dies waren nunmehr meine Richtlinie und mein Leben!

 

Portrait des Alsfons Ratisbonnes

DIE WALLFAHRTSKIRCHE-BASILIKA

DES „HEILIGEN ANDREAS DELLE FRATTE“

 

In ihrer ehemaligen Struktur, die im Hinblick auf Größe und Kunstwerke nicht viel zu bieten hatte, geht diese Kirche auf das 11. Jahrhundert zurück. Im 15. Jahrhundert wurde sie von Schotten geführt, da diese in den anti-katholischen Kampf von England verwickelt waren: dann ging sie direkt in die Hände einer Brüderschaft über und wurde durch den Heiligen Johannes della Ficozza zur Pfarrkirche ernannt. Zuletzt wurde sie der Leitung des religiösen Ordens der Minimi am 7. August 1585 mit einem Breve des Papstes Sixtus V. anvertraut. Diesen Orden hatte der Heilige Franziskus aus Paola gegründet und seine Anhänger kümmern sich heute noch eifrig und würdevoll um die Kirche. Damals leiteten sie den gesamten Komplex der Kirche und des Klosters der Trinità dei Monti und verwandelten diese neue Heilige Stätte und das Kloster, das sie daneben erbauten, in ein Missions- und Studienzentrum der Geistlichen Italiens.

Kunst...

Hier wurde der Sitz der Kurie dieses Ordens gegründet und im Jahre 1605 wurde die ehemalige Kirche nach einem Plan von Gaspare Guerra vollkommen erneuert. Nur zwei Freskenmalereien wurden gerettet: eine bildet die Mariä Verkündigung ab, die andere Jesu Geburt und beide werden dem großartigen Maler Avanzino Nucci (+ 1629) zugeschrieben. Eine weitere Restaurierung, die das Kirchenschiff erweiterte und der gesamten Stätte eine größere Ausstrahlung verlieh, ist dem außergewöhnlichen und bizarren Architekten Francesco Borromini zu verdanken. Dieser fügte der Kirche eine Kanzel und eine Kuppel hinzu, in denen man die gesamte Genialität dieses Künstlers erkennen kann. Zu diesen Werken zählt auch der gewagte Kirchturm mit leichten und weichen Formen, ein Schmuckstück der barocken Kunst. Als dieser erbaut wurde, war er ein sehr originelles Stück und stellte einen würdigen Abschluss des architektonischen Baus dar. Der Künstler versah diesen Turm sogar mit einem Diadem aus Stein (dieses wurde dann mit einem aus Metall ersetzt).

Borromini sah darin eine originelle Eleganz, er konnte nicht voraus ahnen, welche Ereignisse unter dem Schatten dieses Kirchturms stattfinden würden!

Doch auch andere berühmte Künstler wollten ihre Unterschrift in der römischen Kirche der Heiligen Jungfrau hinterlassen. 1731 wurde der mächtige Bau noch durch den Klosterbruder Giulio Casali ergänzt, ein bekehrter Laie, Mesner und Kunstfreund, der die Architekten Filippo Barigioni, Luigi Vanvitelli und die Brüder Valadier aufforderte, die zwei großen Kapellen des Querschiffes zu restaurieren.

Weitere Werke bekannter Künstler sind zu nennen: die Engel des Bernini, eine Heilige Anna des Maini, das Grabdenkmal des Kardinals Calcagnini des Bracci, die Fresken auf den Zwickeln der Kuppel und die Gemälde des Heiligen Josephs und des Heiligen Karls des Künstlers Cozza, der Heilige Franziskus von Paola des Nogari, die Gemälde des Erzengels Michaels und der Taufe Jesu von L. Geminiani, die drei großen Gemälde der Altarapside, welche die Passion des Heiligen Apostels Andreas darstellen und von den Künstlern Lazzari, Leonardi und Trevisani angefertigt wurden. Doch die wichtigsten und außerordentlichsten Kunstwerke bleiben die Kuppel und der bizarre Kirchturm, wahrhaftige Schmuckstücke des Borromini. Unter den verschiedenen Grabmälern bekannter Künstler finden wir neben dem Seiteneingang Zucchi, Angelica Kaufmann und Caffarelli.

Kürzliche Restaurierungsmaßnahmen

In den vergangenen dreißig Jahren hat sich mit der wachsenden Bedeutung der Wallfahrtskirche-Basilika auch ihr Erscheinungsbild durch radikale Befestigungs- und Umbaumaßnahmen gewandelt: die Kapelle aus Marmor und wertvollen Metallen der Madonna der Wunder wurde 1950 völlig restauriert. Diese Kapelle war 1849 nach Plänen des Architekten Sarti, Mitglied der Akademie des Heiligen Lukas. umgesetzt worden. Dieser hatte sie zwar mit glänzenden Stuckarbeiten großen künstlerischen Wertes geschmückt, doch er hatte die schlechte Angewohnheit, dem Geschmack jener Zeit zu folgen, in der falscher Marmor benutzt wurde. Deshalb fand man, dass sein Werk nicht auf der Höhe des wunderbaren Ereignisses sei.

Der fromme Eifer des Paters Paolo Rapa, der damals Pfarrer der Kirche des Heiligen Andreas delle Frate war und die nach den Plänen des Architekten Marcello Piacentini ausgeführten Arbeiten verwirklichten mit großem Können eine harmonische Fusion der klassischen und modernen Elemente, die Eleganz und Schönheit ausstrahlten. Um dieses Monumentalwerk noch zu erweitern, fertigte der Bildhauer Alfredo Riagini mit seiner allseits bekannten Bravur ein Tabernakel aus Silber, Gold und kostbaren Steinen an und darüber aus Bronze das Monogramm Marias.

Weitere Werke wie die feinen goldenen Stuckarbeiten vollenden die wunderschöne Kapelle, die trotz ihrer geringen Größe der Heiligen Madonna der Wunder ein würdiges Denkmal setzt, das durch die Großzügigkeit der Frommen und die Arbeit wichtiger Künstler verwirklicht wurde.

Weitere Restaurierungsmaßnahmen folgten vor nicht allzu langer Zeit auf der Fassade und im Innenraum der Kirche: Festigung der Fundamente des Giebels, des Kirchenturms, der Sakristei, des Kreuzgangs und des angrenzenden Klosters. Diese Erneuerungen sind dem heftigen Eifer der Pfarrer Pater Giulio Nicolini, Pater Pasquale Clemente und Pater Andrea Lia zu verdanken.

In diesem neuen Gewand zeigt sich die alte Basilika des Heiligen Andreas delle Fratte voller Harmonie und Schönheit, die man sich vor wenigen Jahren nicht vorstellen konnte und nimmt unter den Kirchen der römischen Altstadt einen würdevollen Platz ein.

... und Barmherzigkeit

In Wirklichkeit verliehen nicht diese Kunstwerke menschlichen Schaffens sondern die Taten der Himmlischen Königin dieser Kirche eine so große Bedeutung. Durch die Erscheinung in einem der Altäre fand die schweigende Jungfrau auf einfache aber wirkungsvolle Weise eine neue Art, den katholischen Glauben zu verbreiten. So erhielt die Bittstätte der Madonna der Wunder eine große Bedeutung in der modernen Zeit.

Denn nach der ersten wundersamen Bekehrung. wiederholten sich in der Geschichte dieser Kirche ähnliche Wunder und Siege der Heiligen Maria.

Eine ungeheure Anzahl an Bekehrten folgten und selbst wenn diese die Gnade nicht immer unmittelbar und unter außerordentlichen Umständen empfingen, sind sie Zeugen dafür, dass die Jungfrau die Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte auserwählte, um dort eine Stätte eine des Gebets und der Bekehrung zu gründen.

Außerdem fanden viele Menschen körperliche und seelische Heilung. Zum Dank für diese Göttlichen Ereignisse finden wir unzählige Votivbilder, welche die tiefe und fromme Dankbarkeit zur liebevollen Madonna der Wunder bezeugen.

Heilige und Diener Gottes zu Füßen der Madonna der Wunder

Nicht nur einfache Gläubige, sondern auch Apostel, wahrhaftige Heilige und Diener Gottes haben die Jungfrau in der Wallfahrtskirche des Heiligen Andreas delle Fratte verehrt.

Nachdem der Heilige Giovanni Bosco den Wert der Jungfräulichen Macht verstanden hatte, lehrte er diesen den Jugendlichen des Salesianischen Oratoriums. Es war im selben Jahre der Erscheinung, 1842, und er schrieb darüber im ersten seiner Bände der Kirchengeschichte. Während seiner zahlreichen Aufenthalte in Rom, vor allem wenn er zu Gast bei Herrn Sigismondi war, der in der Via Sistina lebte, ging er vom Glauben und Vertrauen zur Madonna der Wunder getrieben, in die Kirche, um vor ihrem Altar zu beten.

Ein Besuch dieses Heiligen wurde 1880 von seinem Sekretär Don Gioacchino Berto folgendermaßen festgehalten: „27. März 1880, Heiliger Samstag: Besuch in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte“.

Durch diese Besuche erhielt er das Wohlwollen der Himmlischen Königin.

Er hatte die Regeln der neuen Salesianischen Brüderschaft der zuständigen Römischen Kongregation vorgelegt, doch die Streitigkeiten waren so zahlreich, dass er befürchtete, dass diese nicht akzeptiert würden.

Mit beneidenswertem Glaubenseifer schickte er Don Berto in die Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte, damit dieser Kerzen am Altar der Madonna anzünde und ließ auch eine Heilige Messe feiern. Letztendlich wurde die so ersehnte Genehmigung der Regeln erteilt.

Wie der Heilige Giovanni Bosco, so vertraute sich unter ähnlichen Umständen auch die Heilige Gekreuzigte Maria aus Rosa. Gründerin der „Mägde der Barmherzigkeit“· der Madonna der Wunder an. Trotz der unzähligen Gegner wurde wider jedes Erwarten die Verfassung des Ordens schnell anerkannt. Am 19. September 1850 war diese Heilige in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte, um die Jungfrau zu verehren und sie kehrte viele Male dorthin zurück, um an der Heiligen Messe teilzunehmen und die Heilige Kommunion zu empfangen. Sie legte alles in die Hände der Madonna ... „Als erstes besuchten wir den Altar der Jungfrau, unter dem sich Ratisbonne bekehrte“, so schrieb die Heilige am 24. September an das Vikariat von Cremona . „Ah, bittet um Gnade! Heute ist der entscheidende Tag für unseren Orden!“

Zwei Monate später kehrte sie erneut mit ihren Mitschwestern in die Kirche zurück, um Maria ihren Dank auszusprechen.

Auch die Heilige Theresa vom Kinde Jesu, eine demütige Tochter, die mit ihrem Vater umher pilgerte, ging mehrere Male in die Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte. Während ihrem kurzen Aufenthalt in Rom empfing sie am Altar der Erscheinung Marias die Heilige Kommunion. Damals musste sie - wie könnte man diese Tatsache auslassen - der Heiligen Maria ihre Berufung für den Karmeliterorden anvertrauen.

Auch müssen wir an den Heiligen Vinzenz Palotti erinnern, ein Zeitgenosse vieler anderer Diener der Heiligen Maria wie der Selige Don Luigi Guanella, Hochwürden Pater Bernardo M. Clausi des Ordens der Mindersten und an Maria Theresa Lodocowska und Don Orione.

Kommen wir schließlich zum Gründer der Gläubigenschar der Heiligen Jungfrau; er wurde durch die Erzählung des Wunders des 20. Januars 1842 zum ersten Mal vom Glauben getroffen: Pater Maximilian Kolbe, ein Pole, der am 10. Oktober von Papst .Johannes Paul II heilig gesprochen wurde. Am 20.. Januar 1917 wurde Kolbe Priester eines Minoritenordens im Internationalen Kloster des Heiligen Theodors in Rom. An jenem Tag nahm Pater Stefano Ignudi, sein Geistlicher Führer, die Erscheinung der Heiligen .Jungfrau vor dem Juden Ratisbonne als Inhalt der Meditation.

Dies war der Funke, der das Feuer der Heiligen Maria in dieser Kirche entfachte.

Nach der ersten Messe, die er am 29.April 1919 am Altar des Wunders gefeiert hatte, begann Pater Kolbe einen seiner zahlreichen Texte zu verfassen, die ihn durch die Presse und in den Städten Marias bekannt machten. Sein Leben als Heiliger fand seinen Höhepunkt schließlich in einer Heldentat: am 14. August 1941 stellte er sich im Konzentrationslager Auschwitz (heute Oewiecim) freiwillig dem Tod aus Barmherzigkeit gegenüber seinen Nächsten.

KRÖNUNG, FEIERLICHE ANLÄSSE UND TITEL

Im Mai 1842, nur wenige Monate nach dem Wunder, wurde eben an dem wundersamen Altar ein Gemälde zur Verehrung der Madonna gehängt. Das Gemälde zeigte die Madonna so, wie sie erschienen war und es wurde einer alten Tradition zufolge, vom Zeugen selbst in Auftrag gegeben. Und so folgte der Maler, Ritter Natale Carta, den Anweisungen von Ratisbonne.

Im Jahr der Erscheinung, am 3. Juni 1842, wurde auch der formale Prozess der Anerkennung des Ereignisses des 20. Januars vollendet. Kardinal Konstantin Patrizi, oberster Vikar des Papstes Gregor XVI. in der römischen Diözese, erklärte, dass die Schilderung des großartigen Wunders vollkommen der Wahrheit entspräche und dass Gott sich durch die Heilige Jungfrau Maria offenbart hätte. Er genehmigte, dieses Wunder öffentlich zu erzählen und zu verbreiten. Kardinal Patrizi selbst gründete die „Fromme Vereinigung der Madonna der Wunder“, damit diese an das Wunder erinnere und den Glauben zu Maria steigere.

In dieser Wallfahrtskirche wirkt Maria so viele Wunder, dass fünfzig Jahre nach der wunderbaren Erscheinung, am 17.Januar 1892, auf Anfrage des Paters Gaspare Dellepiane, Oberster Ordensherr der Mindersten Brüder, das Vatikanische Kapitel unter Papst Leo XIII. die Erlaubnis erteilt, das Haupt der Allerheiligsten mit einem goldenen Diadem zu krönen.

Am 25. April 1942 erhob Papst Pius XII. auf Verlangen des Paters Giacomo Tagliaferro, Oberster Ordensherr der Mindersten Brüder, aufgrund des wohl bekannten künstlerischen Reichtums dieser römischen Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte und der einzigartigen Gnade, dass die Heilige Jungfrau dort erschienen war, diese zur Basilika. Doch die Großzügigkeit im Bezug auf die Wallfahrtskirche der Mutter Gottes im Zentrum von Rom wurde vom Heiligen Vater fortgesetzt: am 21. Dezember 1943 erwies er ihr eine weitere Ehre als Zeichen seiner grenzen losen Verbundenheit: er genehmigte den Ablass „Toties quoties“, durch den man in der Basilika von zwölf Uhr mittags des 19. Januar und den ganzen 20. Januar über, dem Fest der Madonna der Wunder, unter den üblichen Bedingungen die Vergebung der Sünden erhielt.

Diese Basilika feiert auch viele weitere Anlässe, unter denen folgende erwähnenswert sind: Dankgottesdienst am 27. Juli, Tag der feierlichen Heiligsprechung von Katharina Labouré, Tochter der Barmherzigkeit (ihr Schicksal war es, im vergangenen Jahrhundert als erste eine Erscheinung der Jungfrau Maria zu erleben). Sie wurde von der Heiligen Mutter Gottes als Apostel der wundertätigen Medaille, dessen Heilkraft durch das erneute Wunder in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte bestätigt wurde, auserwählt; die Pilgerfahrten der Kranken; die Feierlichkeiten und die „Peregrinatio“ (Wallfahrt) im Jahre der Mutter Gottes von Lourdes (1954) in diese Kirche, die Papst Benedikt XV als „Das römische Lourdes“ bezeichnete.

Mit einem Schreiben des 12. März 1960 gab Papst Johannes XXIII der Basilika des Heiligen Andreas delle Fratte mit dem Kardinalsrang den höchsten Titel. Erwähnenswert sind auch die zahlreichen Wallfahrten italienischer und ausländischer Pilger zur Madonna der Wunder und der Besuch Unseres Heiligen Vaters Johannes Paul II am 28. Februar 1982.

DIE WUNDERTÄTIGE MEDAILLE

Die Erscheinung vor Ratisbonne steht in enger Verbindung zur Erscheinung der Madonna vor der Heiligen Katherina Labouré. In der letzteren, die sich 1830 in Paris in der Rue du Bac vollzog, befahl die Heilige Jungfrau dieser Nonne, die Novizin im Kloster der „Töchter der Barmherzigkeit“ war, eine Medaille anfertigen zu lassen. Die Heilige Maria zeigte ihr, welches Bild von ihr auf dieser Medaille abgebildet sein sollte. Sie fügte ein Versprechen hinzu: wer diese trägt, der wird große Gnaden empfangen. Am Tag der Erscheinung trug Alfons Ratisbonne tatsächlich diese Medaille. Er glaubte nicht daran, hatte aber einem Freund, Baron de Bussières, versprochen, diese um den Hals zu tragen. Insgeheim wollte er sich darüber mit seiner Verlobten lustig machen, wenn er in Paris zurück sei: wie groß ist die Leichtgläubigkeit der Katholiken! Doch de Bussières glaubte fest an das Versprechen der Madonna und hatte daher den jungen Mann dazu überredet, diese Medaille zu tragen. Im Geheimen hoffte er, ihn so bekehren zu können. Diese Bitte um die Bekehrung zum Katholizismus füllte auch die unzähligen Gebete des Bruders von Alfons, Theodor Ratisbonne. Dieser hatte sich bereits bekehrt und war Priester geworden und wand sich ruhelos mit dieser Bitte zu Gott.

In der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 1830 kam die erste Erscheinung: Schwester Katharina wird von einem Kind (ihrem Schutzengel) zur Kapelle des Klosters geführt, da die Heilige Jungfrau dort auf sie wartet. Hier folgt ein Gespräch zwischen der Heiligen und der Madonna, in dem diese ihr offenbart, dass Gott ihr eine große Aufgabe anvertrauen wolle.

Am 27. November desselben Jahres folgte eine weitere Erscheinung, in der man zwei Phasen erkennen kann: zunächst erscheint die Madonna der jungen Novizin im Stehen auf einem Globus, der von einer Schlange umgeben ist. Sie bietet Gott einen kleineren goldenen Globus an, ein Symbol für die Welt und für jede einzelne Seele. Diesen hält sie auf der Höhe des Herzens und aus ihren Händen werden zwei Lichtstränge auf den unteren Globus geworfen. In der zweiten Phase verschwindet der kleine goldene Globus und die Jungfrau senkt ihre Hände, die immer noch leuchtendes Licht befreien, ein Symbol der von Gott erhaltenen Gnade. Um ihren Kopf erscheinen wie ein Heiligenschein in goldenen Buchstaben die Worte des Stossgebetes: Oh, Maria ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu Dir unsere Zuflucht nehmen. Dann scheint sich dieses Bild zu wenden; die Figur der Madonna verschwindet und in der Mitte erscheint hell der Buchstabe M. Darüber sieht man ein Kreuz und darunter die allerheiligsten Herzen .Jesu und Maria, während zwölf leuchtende Sterne einen Kranz bilden. Gleichzeitig hörte Katharina eine Stimme, die sie streng aufforderte: Lass· eine Medaille anfertigen mit dem Bild das du gerade gesehen hast. Wer diese nachdem sie geweiht wurde, trägt und das kurze Gebet „Oh, Maria, ohne Sünde usw. spricht, der wird eine Gnade empfangen. Groß ist die Barmherzigkeit für den, der daran glaubt ... Die Lichtstränge sind ein Zeichen dieser Gnade, die ich dem Menschen spenden werde, der zu mir betet.

Die ersten 1500 Medaillen wurden am 30.Juni 1832 angefertigt. Diese wurden sofort als „Wundertätige Medaille“ bezeichnet.

Schwester Katharina lebte in völliger Demut und in vollkommener Stille und kümmerte sich sechsundvierzig Jahre lang um die Armen im Hospiz von Enghien in Paris. Sie starb am 3l. Dezember 1876. Als ihr Leichnam exhumiert wurde, waren ihre Hände und Augen, welche die Madonna berührt und gesehen harten, außerordentlich gut erhalten. Sie wurde von Pius XI. am 28. Mai 1933 selig gesprochen und von Papst Pius XII. am 27. Juli 1947 heilig gesprochen.

Das Wunder geht weiter

Es sind nunmehr über 160 Jahre vergangen, seitdem die Heilige Jungfrau Alfons Ratisbonne erschien. Auf dem Altar der Erscheinung wurde ein Gemälde der Madonna gesetzt, ein Kunstwerk von Natale Carta, einem Maler aus Messina. Er war den Anweisungen Ratisbonne selbst gefolgt, als er dieses Bild malte. Das Tuch, das am Tag der Erscheinung über den Altar gelegt war, wird in einem wertvollen Reliquiar aufbewahrt, das die Gläubigen verehren können.

Doch in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte findet man nicht nur die Erinnerung an das, was am 20. Januar 1842 geschah: das Wunder geht weiter!

Diese Pfarrkirche und Basilika hütet still und demütig die Geschichte vieler anderer Bekehrungen, die heimlich und ohne definierbare Merkmale eines Wunders stattfinden und denen keine Erklärung unter Eid folgt. Diese vollziehen sich als gnadenbringendes Geheimnis, das den Menschen nachdenklich macht und auf den richtigen Weg führt. Doch auch für diese Geschenke der Gnade ist stets die Heilige Jungfrau, unsere Mutter und Vermittlerin verantwortlich; daher verehrt man sie heute als „Mutter der Bekehrten“.

Die Priester, die in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte die Heilige Beichte abnehmen, können unzählige fälle einer Bekehrung nennen, die sich genau wie am 20. Januar 1842 für Ratishonne vollzogen: es handelt sich um Menschen, die sich um das geistliche Leben nicht im Geringsten kümmerten, die für einen Spaziergang aus ihren Häusern gegangen sind und die zufällig an der Kirche des Heiligen Andreas vorbeigingen. Ohne einen bestimmten Grund verspürten sie den Drang, diese zu betreten: aus Neugierde und um einige Kunstwerke zu bewundern. Plötzlich fielen sie dann vor dem Beichtvater auf ihre Knie, um sich mit Gott zu versöhnen. Einige der Bekehrten bezeugen sogar, dass sie nicht wussten, dass Jahre zuvor in eben dieser Kirche das „Wunder der Bekehrung von Ratisbonne“ geschah: Ich war aus dem Haus gegangen, um einen Spaziergang zu machen. Ich hatte kein festes Ziel und war plötzlich vor einem Priester nieder gekniet, um die Beichte abzulegen ... nach so vielen Jahren!

Wir möchten nun die Geschichte einer kürzlichen Bekehrung schildern:

Ich befand mich in einer tiefen psychischen Depression... Die geistlichen Werte, an die ich noch in den letzten fünfzehn Jahren geglaubt hatte, existierten für mich nicht mehr... Gott. die Religion, meine Brüder... es blieb nichts von ihnen übrig. Es gab nur mich und sonst gar nichts... An einem Sonntagnachmittag im Mai 1999 traf ich zufällig einen Bekannten auf der Piazza San Silvestro... Ich war hoch erfreut über dieses Treffen. Ich schlug vor, einen Kaffe trinken zu gehen doch er bat mich stattdessen, ihn zu einer Kirche zu begleiten - der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte. Ein wenig widerwillig nahm ich seinen Vorschlag an und betrat die Kirche. Absichtlich mied ich die Abbilder Jesus Christus und der Madonna... Die Messe ging gerade zu Ende. Daraufhin bat mich mein Freund, ihm in die Sakristei zu folgen. Er wollte mir einen „Wundertätige Medaille“ schenken. Ich dachte, „Die übliche Propaganda!“. Das genügt für mich nicht. Doch wie kam es so weit mit mir? Wenn Du existierst, mein Gott, warum hast Du es erlaubt, dass ich mir so großen Schmerz zufügte? Kann etwa eine Medaille all meine Probleme lösen?... Letztlich nahm ich die Medaille an. Mein Freund gab sie mir, als handle es sich um einen magischen Trunk. Es wäre zu unhöflich gewesen. wenn ich ihm gesagt hätte, dass ich bereits ein Heiligenbild in meinem Geldbeutel trug... und dass es nichts nützte. Danke, mein Freund! Ich begleite Dich zur Arbeit... Als ich wieder alleine war. fing mein Gewissen erneut an nach mir zu rufen. Ich weinte und fuhr mit dem Auto los. Ich blickte auf die Medaille und las über die erhaltene Gnade... Doch wie kann man heutzutage an so etwas glauben? Verlorene Zeit! Doch zu Hause las ich nochmals die „Gebrauchsanweisungen“ der Medaille. Ich dachte, dass ich nichts falsch machen könnte, wenn ich sie um den Hals legte: im schlimmsten Fall geschieht gar nichts. Als ich mich ins Bett legte, dachte ich wieder an die Kirche. Am darauf folgenden Tag in meinem Büro verging die Zeit nie. Ich war den ganzen Tag über nervös. Ich musste ständig an die Kapelle der Madonna der Wunder denken. Ich wollte dorthin zurückkehren und mich von der Ruhe umgeben lassen. Endlich war meine Arbeitsschicht vorbei. Mit einer Ausrede ließ ich alles liegen und eilte zur Kirche. Nur die Madonna und ich! Wir beide mussten jetzt miteinander reden. Doch wie kann ich zu einem Gemälde sprechen? Ich zündete Dir eine Kerze an und schon merkte ich, dass Du Deinen ersten Sieg errungen hattest: niemals zuvor hätte ich in der Kirche Geld gespendet! Ich sagte einige Gebete auf, doch kurz darauf kamen in mir wieder Sorgen und Trostlosigkeit hoch. Ich weiß nicht, ob Du mich gerufen hast oder ob ich nur ein dummer Leichtgläubiger bin, doch ich spielte nun dieses Spiel.

Wie viele Menschen waren um mich vereint, welch große Sorgen bedrückten sie! Ich, oh Heilige Mutter Gottes, bin nicht würdig, zu Dir zu blicken: doch ich höre Dich. Du bist hier, neben mir! Ich schaute auf das Gemälde und mir wurde schwindlig. Ich spüre Deine Anwesenheit! Ich kniete in der letzten Bank nieder und redete zu Ihr. Ich erzählte Ihr alles über mich. Ich weiß, dass Du da bist und mir zuhörst. Wie sehr ich mich schämte, als ich Ihr mein gesamtes Leben erzählte! Auch Jesus ist hier, direkt neben Dir. Zu Dir, Herr, werde ich später sprechen. Du, Heilige Maria, bist meine gnädige Vermittlerin und deshalb musst Du mich zu Ihm führen. Unsere Unterhaltung wurde so intim, dass ich mich zwingen musste, mit meinen Gedanken wieder auf die Erde zu kommen, in diese schöne Kirche, in der ich für einen Augenblick meinen eigenen Namen vergessen hatte... Herr, ich danke Dir. Heute kehre ich oft zu dieser wunderschönen Kapelle zurück, um den Rosenkranz zu beten und an der Heiligen Messe teilzunehmen. Hier ließ ich nach fast fünfzehn Jahren Jesus Christus wieder in mein Herz. Heilige Maria, Deine Anwesenheit und Deine Güte sind wertvolle Geschenke! Heilige Mutter Gottes, nach der Eucharistie - ich bin mir sicher - hast Du lächelnd auf mich geblickt. Ich bin nicht mehr derselbe Mensch, aus meiner Vergangenheit blieb mir nur mein Name! Ich will nur über Dich, über Jesus Christus und über Eure Ungeheure Liebe sprechen. Ich verspüre großen Schmerz, wenn ich an meine Vergangenheit zurück denke!

Seit einigen Jahren wird an jedem ersten Samstag im Monat am Altar der Erscheinung der Rosenkranz für die Bekehrung der Sünder gebetet und die Heilige Messe gefeiert. Die Gläubigen, die bereits am Freitagabend hier vorbei kommen, schreiben eine Bitte auf: die Wünsche nach Bekehrung sind unzählig! Wer weiß, wie viele davon die Madonna erhört und so Jesus Christus die Seelen dieser Menschen zurück bringt?

 

DER ORDEN DER MINDERSTEN BRÜDER,

DER SICH UM DIE WALLFAHRTSKIRCHE

DER MADONNA DER WUNDER KÜMMERT

Die Leitung der Wallfahrtskirche der Madonna der Wunder ist auch heute noch einern Orden der Mindersten“ anvertraut. Die Mindersten Brüder (Paolaner) folgen dem Heiligen Franziskus von Paola (Paola 1416-Tours 1507).

Der Orden der Paolaner wurde im 15. Jahrhundert vom Heiligen Franziskus von Paola, einem Eremiten aus Kalabrien, gegründet. In seiner geistlichen Familie lag er großen Wert auf die Buße, indem er seinen Gefolgsleuten das reumütige Leben Jesu und das Evangelium der Reue stets wiederholte. Er gab der damaligen Kirche, die Reformen so nötig hatte, einen Vorschlag zur Erneuerung im Namen des Evangeliums.

Der Orden stellt sich aus drei Gruppen zusammen: die Mönche (1. Orden), die das Lehen im Gebet mit der Einhaltung apostolischer Pflichten verbinden; die Nonnen (2. Orden), die in Klausur leben und ihr Leben dem Gebet widmen; die Laienbrüder (Männer und Frauen, 3. Orden), die in der Welt die Worte der Bekehrung umsetzen und so unmittelbar das weltliche Leben beeinflussen.

Die Glaubensregeln, die der Heilige Franziskus seinen Jüngern hinterließ, wurden von Papst Julius II., der diese gebilligt hatte, so beschrieben: „wie ein Licht, welches die Büßer in der Kirche erleuchtet.“

In den Vorschriften des 1. und 2. Ordens nimmt das 4. Gebot für das Fastenleben der Fastenzeit aufgrund der Wichtigkeit der Buße eine besondere Bedeutung an: man übt das ganze Lehen lang körperliche Enthaltsamkeit. Dies verlangte bereits die Kirche von allen Gläubigen während der Fastenzeit.

In der Erscheinung der Madonna in der Kirche des Heiligen Andreas delle Fratte, der Ordenskirche der Mindersten Brüder (Paolaner), sahen diese nicht nur ein Zeichen des Wohlwollens der Heiligen Jungfrau, sondern auch eine Art von Bürgschaft im Bezug auf deren Mission der Buße. Die Bekehrung von Ratisbonne ist ein Zeichen Gottes für· deren Aufgabe, die Menschen zur Buße aufzufordern, um den Weg zu Gott wieder zu finden. Deshalb wenden sich auch die Mindersten Brüder gerne an die Heilige Jungfrau, indem sie diese „Heilige Madonna der Bekehrung“ nennen.

Nach den Feierlichkeiten für den hundertfünfzigsten Jahrestages des Wunders vereinte sich am 20. Januar 1993 die gesamte Familie der Mindersten Brüder um den Altar der Erscheinung. um der Madonna eine künstlerische Lampe darzubieten. Diese brennt ununterbrochen, um die Zuneigung  und Dankbarkeit zu bezeugen, welche die Söhne des Heiligen Franziskus von Paola für die Mutter Gottes empfinden. Die Heilige Maria wollte ihnen eine große Ehre erweisen, indem Sie deren Kirche für die großartige Erscheinung auserwählte. Zu Ihr blicken die Mindersten Brüder mit Vertrauen und Hoffnung, um aus dem Beispiel Ihres Lehens die Kraft zu finden, ihren Eid der Buße zu halten und um diesen durch die Mission in der Kirche zu bezeugen. Sie wurden in diese Kirche geschickt, um die Büßer wie ein Licht zu erleuchten.

Umschlag der Broschüre der Kirche des hl. Andreas delle Fratte

 

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort ..................................................................... 3

ER FIEL ALS .JUDE AUF DIE KNIE

UND STAND ALS CHRIST WIEDER AUF ................................ 5

Die Familie Ratisbonne und der zu Maria Bekehrte .................. 7

Alfons, ein Bankier? ....................................................... 8

Die Liebe zu Flora, der Verlobten ....................................... 10

... und die Abneigung zu Theodor ...................................... 12

Warten auf die Hochzeit ................................................. 14

Etappen einer Vergnügungsreise ........................................ 15

Nein, nicht nach Rom ..................................................... 17

Rom, die Etappe der Gnade ................................................ 19

Besuch der Sehenswürdigkeiten .......................................... 22

... und Besuche vor der Abreise ........................................... 24

Der „Wundertätige Medaille“ ................................................ 26

... und das .,Memorare“ ...................................................... 28

Ein unerklärlicher Einfluss. ................................................... 31

... und ein seltsames Kreuz .................................................. 33

20. Januar 18421 ............................................................... 34

Mit dem „Engel Marias“......................................................... 36

Oh, ja! Sie war es! .............................................................. 38

Zeuge der Erscheinung und Bekehrter ....................................... 40

Der Katechumene im „Gesù“
          (Mutterkirche der Gesellschaft Jesu) 
.................................. 44

Göttliche Gnade ................................................................... 45

Audienz beim Papst .............................................................. 45

DIE WALLFAHRTSKIRCHE-BASILIKA

DES „HEILIGEN ANDREAS DELLE FRATTE„

Kunst ............................................................................... 48

Kürzliche Restaurierungsmaßnahmen...  ..................................... 52

... und Barmherzigkeit .......................................................... 55

Heilige und Diener Gottes zu Füßen der Madonna der Wunder ........... 55

KRÖNUNG, FEIERLICHE ANLÄSSE UND TITEL ............................... 58

DIE WUNDERTÄTIGE MEDAILLE ............................................... 61

Das Wunder geht weiter ......................................................... 64

DER ORDEN DER MINDERSTEN, DER SICH
         UM DIE WALLFAHRTSKIRCHE DER
         MADONNA DER WUNDER KÜMMERT 
................................... 69

 

  

Keine Kommentare: