Dienstag, 17. Dezember 2019

Das Klosterrefektorium

José Benlliure Gil (1926) Eigentum des Franziskanerordens (Valencia)


 Felipe Barandiarán
„Der Speisesaal zeigt die Armut des kleinen KLosters. An zwei langen parallelen Tischen findet die kleine Anzahl von Ordensleuten Platz. Der Pater Guardian präsidiert; der als Letzter angekommene, betet noch; alle warten geduldig auf die karge Mahlzeit; das Licht fällt seitwärts durch die offenen Fenster im Dachgewölbe. Die häusliche Anwesenheit der Katze unter einem Tisch erhöht das Warten, bis sie an der Reihe ist.“
So beschreibt Pater Ángel Martín Fernández dieses Gemälde von José Benlliure, einem der 74 Gemälde, aus denen die Serie über das Leben von hl. Franziskus von Assisi besteht, in einem Werkverzeichnis.
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Ich benutze dieses ausdrucksvolle Gemälde, um eine alte „Legende“ aus dem dreizehnten Jahrhundert zu erzählen, die nun wieder aktuell wird: „Das Brot des hl. Franziskus“.
Während des strengen Winters 1224 wurden einige Franziskaner von einem heftigen Schneesturm in ihr kleines Kloster abgesperrt mitten im Montella-Wald unweit von Neapel, das kurz zuvor vom hl. Franziskus selbst gegründet worden war.
Den armen Brüdern, die im Inneren des Gebäudes gefangen und von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt isoliert waren, ging die Nahrung aus. Sie waren hungrig und ängstlich, weil außer den Banditen, die sich im Wald versteckten, heulte ein Rudel Wölfe in der Umgebung. Die Brüder beteten inbrünstig und baten den Himmel um Hilfe.
Irgendwann rief jemand von Außen das Kloster an. Als sie das schwere Tor öffneten, fanden sie niemanden, nur einen mit einer Lilie bestickten Sack, dem Symbol der französischen Krone, voller Brot.
Der Legende nach befand sich der hl. Franziskus zu dieser Zeit am Hofe des französischen Königs und durch göttliche Eingebung hatte er die Not seiner Brüder in Montella erkannt, und bat König Ludwig VIII. um einen Sack Brot, um ihnen zu helfen. Dieser Sack hatte das Tor des Klosters auf wunderartiger Weise erreicht, vielleicht getragen von einem Engel.
Der Sack überlebte die Jahrhunderte als Altartuch. Später wurde es in mehrere Stücke geschnitten, um es als Reliquie an andere Klöster zu verteilen. Im Jahr 1730 zerstörte ein Erdbeben das Kloster, das kurz darauf wieder aufgebaut wurde. Derzeit ist nur die Hälfte des Stoffbeutels in einem wunderschönen Schrein in der Kapelle ausgestellt.
Nun hat eine Gruppe von Forschern aus Dänemark, Italien und den Niederlanden eine Kohlenstoffanalyse 14 durchgeführt, um herauszufinden, was an der Legende wahr ist, und das Ergebnis wurde in der Zeitschrift Radiocarbon veröffentlicht.
Nach der Analyse stammt das Stück Stoff aus den Jahren 1220 bis 1295 und enthielt darüber hinaus höchstwahrscheinlich Brot.
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Biographie des Malers
José Benlliure Gil (Valencia, 1855-1937) begann seine Lehre wie die anderen Brüder bei seinem Vater, dem Maler Juan Antonio Benlliure Tomás, der in seinem Familienhaus eine Malakademie unterhielt. Zusammen mit seinem jüngsten Bruder Mariano ist er der bekannteste Künstler der Familie. In seiner letzten Ära illustriert er literarische Texte. So fertigte er 1926 sechsundsechzig Gouachen (von denen eine hier erwähnt wurde) für das Buch „San Francisco de Asís“, das der Franziskanerorden von Valencia zum siebten Jahrhundert des Todes des heiligen Gründers herausgab.

Quelle: Übersetzung aus dem Spanischen in der Monatsschrift „El pan de los pobres“, Februar 2018, Pinceladas, Sociedad de San Vicente de Paúl, Bilbao, Spanien.
© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe gestattet.

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