P. David Francisquini
P. David Francisquini |
FRAGE: - In den Medien häufen sich mehr und mehr Berichte
über sexuelle Missbrauchsfälle von Priestern, was in einigen Menschen Zweifel
über den katholischen Glauben nährt oder gar dazu führt, dass sie der Kirche
fern bleiben oder die religiöse Praxis aufgeben. Andere meinen, es wäre besser
den priesterlichen Zölibat aufzuheben, in der Annahme dieser sei der Grund der
Missbräuche. Wie kann ein Katholik die Kirche in einer solchen Situation am
besten Verteidigen? Sollte diese Fakten angezeigt werden, oder würde das Wasser
auf die Mühlen der Feinde führen?
Antwort – Wir möchten zunächst einmal klar stellen, dass
nicht alle von den Medien veröffentlichten oder von der Justiz untersuchten Anschuldigungen
von Missbrauch echt sind. Man weiß ja, dass in vielen Ländern Medien und auch
die Justiz der katholischen Kirche feindlich gegenüberstehen und so werden
Priester und Prälaten angezeigt und verurteilt ohne dass sie angehört werden,
was eine Missachtung der Unschuldsvermutung bedeutet, die jedem Angeklagten bis
zur Urteilsfällung zusteht.
Es ist jedoch nicht zu leugnen, dass viele der
Untersuchungen eine Vielzahl von Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker
bestätigt haben, einschließlich von Bischöfen und sogar einem prominenten
Kardinal. Es kam auch heraus, dass es in einigen Priesterseminaren und in mit
der Kirche verbundenen Organisationen echte Korruptionsnetzwerke gibt.
Die priesterliche Ehelosigkeit (Zölibat) hat mit der
Ausbreitung dieser moralischen Plage des sexuellen Missbrauchs in der
katholischen Kirche nichts zu tun. Seriöse statistische Erhebungen haben
gezeigt, dass in mehr als achtzig Prozent der Fälle es sich um Missbrauch von
männlichen heranwachsenden oder Jugendlichen von Seiten homosexueller Kleriker
handelt. Eine spezifische Studie hat bewiesen, dass die Anzahl solcher
Missbrauchsfälle mit dem Anstieg von Personen mit homosexuellen Tendenzen in
den Reihen des Klerus entsprechend zugenommen hat.
In der Arche Noah wurden alle Tiere untergebracht, reine wie
unreine.
Diese Unterwanderung des Priestertums begann in den 60er
Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als Bedingungen zur Aufnahme in
Priesterseminaren und ihre interne Disziplin gelockert wurden, sowie die
Relativierung der Moral/Sittenlehre im Studium der Theologie nach dem 2.
Vatikanischen Konzil. Mit dazu beigetragen hat auch die Verbreitung der
sogenannten „Homo-Häresie“, das heißt, die irrtümliche Behauptung, homosexuelle
Tendenz sei nicht naturwidrig, und homosexuelle Beziehungen seien durchaus
erlaubt.
Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte der Kirche,
dass Häresie und sittenwidrige Verderbnis sich wie ein Krebsgeschwür unter
denen verbreitet, die berufen worden sind „das Salz der Erde“ und „das Licht
der Welt“ zu sein (Mt 5, 13-14). Doch konnten Päpste und Heilige in solchen Fällen
das Priestertum reformieren und die kirchliche Disziplin wie die Reinheit der
Sitten, die die Diener Gottes auszeichnen müssen, wiederherstellen. In den
finsteren Zeiten, die wir heute durchlaufen, hat diese notwendige Sittenreform
in den Reihen des Klerus und der Hierarchie noch gar nicht begonnen
Angesichts der heutigen Skandale und um unseren Glauben
zu stärken, ist es angebracht in Erinnerung zu rufen, dass die von Jesus
Christus gestiftete Kirche, wie es der Katechismus des Konzils von Trient erklärt,
nicht das ist, wie es sich Luther und seine Gefolgschaft einbildeten, etwa eine
rein geistige Gemeinschaft ausschließlich gebildet von Gerechten, die den
Glauben haben.
Über die „streitende Kirche“ erklärt der Katechismus von
Trient: „In der streitenden Kirche gibt es zwei Klassen von Menschen, die der
Guten und die der Bösen; und zwar nehmen die Bösen an denselben Sakramente
Teil, bekennen auch denselben Glauben, wie die Guten, sind ihnen aber im Leben
und Sitten unähnlich.“ (…)
In die Arche Noah wurden reine und unreine Tiere
aufgenommen (Gen 7,2; 1 Petr 2,6; vgl. Apg 10,9;11,4-18). Sie war ein Ebenbild und Gleichnis der (streitenden) Kirche. |
Heiden, Häretiker, Schismatiker und Exkommunizierte gehören
nicht zur Kirche
„Daher kommt es, so der Katechismus weiter, dass nur drei
Menschenklassen von der Kirche ausgeschlossen sind: erstens die Ungläubigen,
dann die Häretiker und Schismatiker, endliche die Exkommunizierten. Die Heiden,
weil sie nie in der Kirche gewesen und sie auch nie erkannt haben, noch
irgendeines Sakraments in der Gemeinschaft des christlichen Volkes teilhaftig
geworden sind; die Häretiker aber und Schismatiker, weil sie von der Kirche
abgefallen sind. Denn sie gehören zur Kirche ebenso wenig als Überläufer noch
dem Kriegsheer angehören, von dem sie abtrünnig geworden. Es ist jedoch nicht
zu leugnen, dass sie unter der Gewalt der Kirche stehen, um von ihr vor Gericht
gerufen, bestraft und mit dem Bannfluch belegt werden. Endlich auch die
Exkommunizierten, weil sie, durch das Urteil der Kirche von ihr ausgeschlossen,
nicht zu ihrer Gemeinschaft gehören, bis sie sich bekehren. Von den Übrigen
aber, wenn auch noch so gottlosen und verbrecherischen Menschen, ist gar kein
Zweifel, dass sie noch in der Kirche verbleiben; und man muss die Gläubigen
beständig darüber belehren, damit sie sich gewiss überzeugt halten, dass die
Vorsteher der Kirche, wenn ihr Leben auch schändlich wäre, dennoch in der
Kirche sind und deshalb nichts von ihrer [kirchlichen] Gewalt verlieren.
Der Katechismus fügt noch hinzu: „Sie wird heilig
genannt, weil sie Gott geheiligt und geweiht ist; denn in diesem Sinne pflegt
man alles Ähnliche, obwohl es körperlich ist, heilig zu nennen, wenn es dem
göttlichen Dienst zu eigen gegeben und gewidmet ist (Lev 27,28-30). (…) Heilig
muss sie auch deshalb genannt werden, weil sie wie ein Leib mit dem heiligen
Haupt, Christus dem Herrn (Eph 4,15-16), dem Urquell aller Heiligkeit (Dtn
9,24; Jes 41,14; Lk 1,35), zusammenhängt, von dem sich die Gnadengaben des
Heiligen Geistes und die Reichtümer der göttlichen Güter ergießen (Eph 2,7;
3,8; 16-19). (…) Dazu kommt, dass nur die Kirche den regelmäßigen Opferdienst
und den heilsamen Gebrauch der Sakramente hat, durch welche wie durch wirksame
Instrumente der göttlichen Gnade Gott die wahre Heiligkeit wirkt, so dass alle
Diejenigen, welche wahrhaft heilig sind, außerhalb dieser Kirche nicht sein
können.“
Die Kirche ist heilig trotz der unzähligen Sünder
Und der Katechismus folgert: „Es darf Niemand Wunder
nehmen, dass die Kirche heilig genannt wird, obgleich sie viele Sünder in sich
enthält. Denn heilig heißen die Gläubigen, die Volk Gottes geworden sind, oder
die durch den Glauben und Empfang der Taufe sich Christo geweiht haben,
obgleich sie in Vielem fehlen und, was sie angelobt haben, nicht erfüllen.“
Da es ein Glaubenssatz ist, dass die Kirche heilig ist,
und es in ihr viele Sünder neben den Guten gibt, braucht man die Sünden ihrer
Mitglieder, die öffentlich und den Gläubigen (und sogar den Ungläubigen) zum
Ärgernis geworden sind, nicht mit einem Mantel des Schweigens verdecken. In
historischen Situationen in denen die Unsitte des Klerus sich verallgemeinert
hat, ist die öffentliche Anklage von Nutzen und kann sogar pflichtig sein, weil
es der erste Schritt ist für eine notwendige Reform.
Darüber schreibt der Theologe P. Enrico Zoffoli, aus dem
Orden der Passionisten, in seinem Buch „Kirche und Männer der Kirche“: „Wir
haben überhaupt kein Interesse, die Sünden der schlechten Christen, der
unwürdigen Priester, der niederträchtigen und unfähigen, unehrlichen und
arroganten Pastoren, zu verdecken. Es wäre naiv und sinnlos, zu versuchen, ihre
Sache zu verteidigen, ihre Verantwortlichkeiten zu mindern, den Umfang ihrer
Fehler zu verringern oder den ,historischen Kontext‘ und die ,spezifischen
Situationen‘ herbeizuziehen, um alles zu erklären und alles zu vergeben.“
Wie gesagt, die Wahrhaftigkeit und Heiligkeit der
katholischen Kirche hängt nicht von der Tugend ihrer Kinder ab, die durch
Schwäche oder Bosheit ihrer Taufe, ihrer Priesterweihe, ihrer bischöflichen
Weihe oder sogar ihrem Petrinischen Ministerium untreu werden können (Die Geschichte
berichtet leider nicht wenige Fälle von Päpsten, die großes Ärgernis gegeben
haben). Dies liegt daran, dass die Heiligkeit der Kirche von ihrer Eigenschaft
als mystischer Leib Christi herrührt. Es genügt daher, dass eine „kleine Herde“
(Lk 12,32-34) inmitten des allgemeinen Verfalls - wie bereits im vierten und
elften Jahrhundert geschehen - der Lehre Unseres Herrn treu bleibt, damit die
Kirche nicht nur heilig bleibe, sondern auch in Gnade und Heiligkeit wachse, wie
der göttliche Meister in seinem irdischen Leben.
In den Erscheinungen von 1848 bestätigte die Gottesmutter
in La Salette, dass die Priester zu Kloaken der Unreinheit geworden waren.
Bitten wir sie, großzügige Seelen zu senden, die Tag und Nacht für die Menschen
Gnade und Vergebung erflehen, damit Gott sich mit den Menschen versöhne und
Jesus Christus gedient, verehrt und wieder verherrlicht wird.
Die triumphierene Kirche – Fra Angelico, 1423. National Gallery, Londres. |
Quelle: Zeitscrift “Catolicismo”, Nº 818, Februar/2019
„Das Wort des Priesters“ (unter diesem Titel antwortet P.
David Francisquini von Lesern oder der Redaktion gestellte Fragen. P.
Francisquini ist Pfarrer der für den außerordentlichen Messritus zuteilgeten Kirche
des Unbefleckten Herzens Mariens in Cardoso Moreira, RJ, Brasilien).
Für den deutschen Text des Katechismus: „Katechismus nach
dem Beschluss des Konzils von Trient“ für die Pfarrer auf Befehl des Papstes
Pius V. und Klemens XIII herausgegeben. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz, Buch- und Kunstdruck A –G. München Regensburg.
Regensburg 1902. 10. Kapitel:
Vom neunten Artikel des Credo.
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