Ein neuer Morgen ist der Welt
aufgegangen, strahlend und unberührt wie der erste Schöpfungsmorgen. Die Sonne
der göttlichen Huld leuchtet wieder über der Erde. Schon am Feste der
Menschwerdung sahen wir den "Aufgang aus der Höhe." Christus erschien
als die Gnadensonne des Vaters. Aber noch hüllte sie ihren Glanz in die
bergende Wolke der demütigen Menschheit. Am Fest der Epiphanie und am
Verklärungssonntag sahen wir sie hell aufleuchten. Aber während der großen
Leidenswoche schien sie zu versinken im Meer der Leiden, im Abgrund des Todes.
Heute erhebt sie sich aus den Wassern der Passion, aus den Wolken höllischer
Anfeindung. Strahlend steigt sie zur Höhe empor, endgültig und für immer die
Erde segnend und beherrschend.
Es ist Tag geworden auf Erden
- „Abend und Morgen, der erste Tag“ (Gen. 1,5). Und wirklich der
erste, denn sie kamen am ersten Wochentage in aller Frühe zum Grabe, als
die Sonne eben aufgegangen war“, (Benedictus-Antiphon der Osternacht). Der
erste Tag und zugleich der achte, nach dem siebten, dem Sabbat. Der achte Tag,
der über die irdische Zeit und die sieben Tage der ersten Schöpfung hinausgeht,
- der Anbruch einer neuen Zeit, die nicht mehr gezählt und gemessen werden
kann, der Anfang der Ewigkeit.
Das ist der geheimnisvolle
Tag, den wir erwarten, dem wir entgegenleben in dieser Zeit. Heute hat er
begonnen; heute ist er aufgegangen. Wir stehen mitten darin; nur unsere Augen
sind zu schwach, als dass wir seinen vollen Glanz schauen könnten. Aber wir
fühlen seine Wärme in unserem Blut; wir leben von seinem Licht. Eben ist die
Sonne aufgegangen - Christus ist auferstanden. "Christus ist die wahre
Sonne und der wahre Tag", sagt der heilige Cyprian und führt als Beweis
jene Stelle des 117. Psalms an, die als erster Vers des Graduale während der
ganzen Osterwoche nicht von den jubelnden Lippen der Kirche weicht: „Haec
dies, quam fecit Dominus: exsultemus et laetemur in ea.“ – „Das ist
der Tag, den der Herr uns gemacht hat! Jubeln wollen wir und uns freuen an ihm!“ (Ps. 117,24)
„Christus ist unser Tag.
In seinem Lichte sehen wir das Licht“ (Ps. 35,10). „Wunderbar ist
deine liebende Schau, dein liebendes Erkennen geworden“ (Ps. 138,6), spricht der Vater zum verklärten Christus.
Der auferstandene Herr schaut den Vater, ruht in ihm. Das ist letztes Erkennen,
Erfassen Gottes. Ein Erkennen nicht durch Überlegung des Verstandes, durch
menschliches Wissen; ein Erkennen über allem menschlichen Erkennen und Wissen:
Schau. Christus, der Tag, ist wesenhaft eins mit dem göttlichen Lichte.
Nur der Sohn sieht den Vater,
wie er ist. Aber nun sind unsere Augen klar geworden von dem neuen Tag, der in
Christus uns aufgeleuchtet ist. Im hellen Lichte dieses Tages schauen wir das
Urlicht. Vollkommen wird die Schau erst im Jenseits, wenn auch wir ganz
verklärt, ganz Tag geworden sind wie Christus. Aber begonnen hat sie mit der
Auferstehung des Herrn. Bevor der Sohn kam, vermochte niemand den Vater zu
erkennen. Jetzt ist der Tag selbst, Gottes Licht in den Menschen eingetreten.
In seinem Licht sieht er das Licht. Wunderbar ist die Erkenntnis Gottes
geworden in der Welt. „Wunderbar ist deine Erkenntnis geworden“,
spricht die Kirche zu ihrem auferstandenen Herrn und zugleich zu jedem ihrer
Kinder, das in Christus auferstanden ist zu neuem, gottschauendem Leben.
Wenn der Tag aufgeht, ist er
Gericht für die Nacht. Die Finsternis flieht vor dem Licht. So ist auch
Christus, der Tag, Gericht für die Welt, die die Finsternis mehr geliebt hat
als das Licht (Joh 3,19). Gerichtet ist die Welt, gerichtet ist der Teufel. Aus
dem Dunkel kam die alte Schlange und wollte Krieg führen gegen den Herrn des
neuen Lichtes. Heute ist sie gerichtet. Der "Nachkomme der Frau" hat
der Schlange den Kopf zertreten; besiegt taumelt sie zurück in ihre Finsternis. „Die Erde bebte und ward stumm, da Gott zum Gerichte aufstand“ (Offertorium, Ps. 75,9-10).
„Vom Tode zum Leben und
von der Erde zum Himmel hat uns Christus, unser Gott, hinübergeleitet, und wir
singen das Lied seines Sieges“ (aus der griechischen Liturgie).
„Das Lamm erlöste die
Schafe; mit dem Vater versöhnte, Christus, der Reine, alle die Sünder“ (Ostersequenz).
P. Klaus Gorges FSSP, Ostern 2008
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