Montag, 19. August 2024

Papst Pius X. (02.07.1835 - 20.08.1914)

 Schwer und bang dröhnte am 20. August 1914 in der ewigen Stadt vom St. Petersdom hinein in den wilden Lärm des heißen Krieges der klagende Ton der Todesglocke, der sich zitternd fortpflanzte über das ganze Weltall, um der katholischen Christenheit die tieferschütternde Nachricht von dem Tode Papst Pius X. zu künden. Der ehrwürdige Greis auf St. Peters Thron hatte seine müden Augen zur ewigen Ruhe geschlossen. Banges Weh durchzitterte jedes katholische Herz, denn zu früh ist er dahingegangen, all zu schnell hat das in liebender Sorge um die Christenheit zitternde Vaterherz zu schlagen aufgehört.

Einfach wie sein Leben, war auch sein Tod. Und wenn wir sonst gar nichts zu rühmen hätten an dem großen Papste, seine letzten Augenblicke, sein ergreifendes schlichtes Testament haben sich in unsere Herzen tief und unvergesslich eingegraben.

Über die letzten Augenblicke des Papstes melden die großen italienischen Blätter: „Der König und die Königin interessierten sich lebhaft für das Befinden des Papstes und erkundigten sich wiederholt beim Ministerpräsidenten. Als Monsignore Bambini dem Papste die letzte Ölung gab, kam der Papst zum Bewusstsein und versuchte die Lippen zu öffnen. Als dann schloss er die Augen und murmelte: Der Wille Gottes möge geschehen. Ich glaube, es geht zu Ende. Das Testamente Pius X. lautet kurz: „Ich bin arm geboren, habe in Armut gelebt und will in Armut sterben. Ich bitte den Heiligen Stuhl, meinen Schwestern monatlich 300 Lire auszuzahlen. Ich will nicht einbalsamiert werden.“

Ja, in Armut war der edle Papst geboren. Er war ein armer Bauernjunge, der barfuß den weiten Weg zur Schule lief. Er zeichnete sich durch einen frommen Wandel, durch Talent, Fleiß und heiteren Sinn aus.1858 wurde er zum Priester geweiht, 1867 wurde er Landpfarrer, 1875 Domherr und dann Bischof von Mantua und Erzbischof von Venedig. Aus der Wahl der Kardinäle vom 4. August 1903 ging er als Papst hervor.

Sein Lebensprogramm war: „Omnia restaurare in Christo.“ Alles in Christus erneuern. In diesem Sinne hat er für die Reinheit der Kirche gesorgt, als er am 3. Juli 1907 65 Sätze verurteilte, die die Offenbarung und den Glauben angriffen. Ganz besonderes Aufsehen hat das Rundschreiben des Heiligen Vaters über den Modernismus erreget. Der 8. September 1907 ist ein bedeutsamer Markstein in der inneren Geschichte des Katholizismus. Es ist der Tag, an dem Pius X. die große Enzyklika gegen den Modernismus in die Welt hinaussandte, die beginnt mit den Worten: „Pascendi dominici gregis.“ Der Modernismus hätte eine innere Krisis im Katholizismus herbeiführen müssen. Der Papst charakterisiert ihn als „Sammelbecken“ aller Irrlehren. Die Modernisten wollten eine Versöhnung herbeiführen zwischen Glauben und Wissen, Theologie und weltlicher Wissenschaft, Geschichte und Dogma. Gewiss ein an sich berechtigtes und notwendiges Unternehmen! Der Modernismus aber schlägt eine falsche Richtung ein. Die Religion sagen sie, hat mit der Erkenntnis und dem Wissen nichts zu tun. Sie wurzelt im Gemüte und in etwas Gefühlsmäßiges, die Sehnsucht nach dem Ewigen, Unendlichen. Es ist das die alte Lehre der deutschen Philosophen Kant, Hegel, Schleiermacher. Die Modernisten leugnen die Offenbarung, die Glaubenssätze haben nur vorübergehende, bedingte Geltung. So lösen sie die katholischen Kirche tatsächlich auf.

Ganz besondere Sorgfalt widmete der Papst der Vertiefung des religiösen Lebens. Deshalb förderte er die Eucharistischen Kongresse, und aus demselben Geiste erwuchsen seine eifrigen Bemühungen für die Einführen der öfteren und täglichen Kommunion.

Noch viele andere heilsame Vorschriften und Erlasse verdanken wir dem heimgegangenen Papste, der bestrebt war, für die Kirche den Frieden zu erlangen, indem er die Gläubigen zum friedfertigen Herzen des göttlichen Heilandes hinzuführen suchte.


Welch schwarze Schatten mag der tiefe Schmerz um seine letzten Tage geworfen haben, das schreckliche Bild sehen zu müssen, das sie Kriegsfackel beleuchtete. Gerade den friedfertigen Sinn eines Pius muss  der Völkerkrieg ein furchtbarer Schmerz gewesen sein.

Möge er uns im Jenseits den baldigen Frieden erflehen!


Aus „Das Ende großer Menschen“ von Anton Steeger. Regensburg 1915. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz, Buch- uns Kunstdruckerei A.-G., München-Regensburg, S. 263

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