Donnerstag, 21. Mai 2020

Christi Himmelfahrt und Pfingsten




Die Abbildung stammt aus dem Codex aureus Epternacensis, ein Evangeliar, entstanden in der Benediktinerabtei Echternach um 1030. Es ist ein Höhepunkt der ottonischen frühromanischen Buchmalerei.
Hier sind drei Bibelstellen schriftlich und bildlich zu sehen: Die obere Darstellung zitiert Apg 1,11. Im Bild sieht man zwei Männer in weißen Gewändern (Apg 1,10) sowie Christus mit erhobenen Händen (Lk 24,51). Dieser fährt von einem Berg aus in den Himmel. Dieser Ort der Himmelfahrt lässt sich aus Mt 28,16 herleiten. Danach bestellt Jesus die elf Jünger „auf den Berg“ und gibt ihnen den Missionsbefehl. Während die Anzahl der elf Jünger (es ist nicht eindeutig auszumachen, ob hier nicht zwölf Jünger dargestellt sind) auch aus dieser Bibelstelle hervorgeht, ist die Anwesenheit von Maria, welche hier noch vor Petrus zu sehen ist, nicht biblisch. Christus fährt hier in „die“ Himmel auf, symbolisch wiedergegeben durch mehrere verschiedenfarbige Halbkreise. Christus wurde, nach 2 Kor 12,2 in den „dritten Himmel“ und damit, nach dieser Darstellung, in das Zentrum des Himmels, entrückt.
Das mittlere Bild zeigt die Aussendung des Hl. Geistes und die übersetzte Textzeile beschreibt: „Traurig waren die Jünger und saßen zusammen im Tempel. Vom Geist empfangen sie plötzlich die Kenntnis der Sprachen“. Interessant sind hier die Abweichungen von herkömmlichen Pfingstdarstellungen: Ist in Apg 1,14 erwähnt, dass die Jünger mit Maria in einmütigem Gebet verharrten, so fehlt sie hier. Ihren zentralen Platz nimmt Petrus ein. Weiter zählt man hier elf Apostel, wie sie in Apg 1,13 aufgezählt sind. Da an Pfingsten jedoch schon die Wahl des Matthias erfolgt war, müssten es an Pfingsten wieder zwölf Apostel gewesen sein.
Die dritte Darstellung versteht sich nur durch den beigefügten Text. Hier steht, dass sich 120 zu den Aposteln gesellten und von den Gaben des Geistes erfüllt waren (vgl. Apg 1,15). Die acht hier zu sehenden Männer sind also deren Stellvertreter. Wie wenig in ottonischer Zeit individualisiert wurde, zeigt sich am Kopf des Jüngers mit schwarzem Haar und gleichfarbigem Spitzbart. Sein Kopf erscheint hier gleich viermal. Alois Epple

Quelle: Der Fels, Titelbild Mai 2018.
Eichendorfer Str. 17, D-86916 Kaufering.
Redaktion: Hubert.Gindert@der–fels.de

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