Von José Antonio Ureta – 20. Juni 2019
Der Journalist Edward Pentin vom National Catholic Register bat mich freundlichst um meine ersten
Eindrücke über das Instrumentum laboris
für die nächste außerordentliche Versammlung der Bischofssynode, das gestern
veröffentlicht wurde. Ich mache es gerne, als Leitartikel für dieses
Observatorium.
Meiner Meinung nach bedeutet das Instrumentum laboris die Öffnung von Tür und Tor des Lehramts für
Indigene- und Ökotheologie, zwei lateinamerikanische Derivate der
Befreiungstheologie, deren Koryphäen nach dem Zerfall der UdSSR und dem
Scheitern des „realen Sozialismus“ den indigenen Völkern und der Natur die
historische Rolle der revolutionären Kraft in einer marxistischen Tonart zugeschrieben
haben.
Genau wie die Befreiungstheologie nimmt auch das Instrumentum laboris als Grundlage
seiner Erläuterungen nicht die Offenbarung Gottes aus der Bibel und der
Überlieferung, sondern aus der Realität, der vermeintlichen „Unterdrückung“,
der Amazonien unterworfen ist, das von einem einfachen geografischen und
kulturellen Gebiet zu einem „privilegierten Gesprächspartner“, „theologischen
Ort“, „epiphanischen Ort“(*) und „Quelle der Offenbarung Gottes“ mutiert wird (Nr.
12, 18 und 19).
Aus theologischer Sicht empfiehlt das Instrumentum laboris nicht nur den
Unterricht einer Indigenen Theologie „in allen Bildungseinrichtungen“ im
Hinblick auf „eine bessere und verständnisvollere indigene Spiritualität“, sondern
auch „die indigenen Mythen, Symbole, Riten und Feste zu berücksichtigen“ (Nr.
98), wie im gesamten Dokument alle Postulate immer wieder wiederholen. Das
heißt, da die „Samen des Wortes“ nicht nur im Glauben der Vorfahren der
Ureinwohner vorhanden, sondern bereits „gewachsen sind und Früchte gebracht
haben“ (Nr. 120), so soll die Kirche sich auf den „Dialog“ mit den Indigenen
beschränken, anstatt sie durch die traditionelle Evangelisierung zu bekehren
versuchen, weil „das aktive Subjekt der Inkulturation dieselben indigenen Völker
ist“ (Nr. 122).
In diesem interkulturellen Dialog muss sich die Kirche
auch mit den deutlich heidnischen und/oder pantheistischen Elementen solcher
Überzeugungen wie „Glaube an Gott-Vater-Mutter Schöpfer“, „Ahnenkult“,
„Gemeinschaft und Harmonie mit der Erde“ (Nr. 121) und der Verflechtung mit „den
verschiedenen geistigen Kräften“ (Nr. 13) bereichern. Nicht einmal
Quacksalberei (indigene Heilkunde) bleibt nur am Rande einer solchen
„Bereicherung“. Dem Dokument zufolge „enthält der Reichtum der Flora und Fauna
des Urwalds echte, lebende ´Arzneibücher‘
und unerforschte genetische Prinzipien“ (Nr. 86). In diesem Zusammenhang sind
„indigene Rituale und Zeremonien für die integrale Gesundheit von wesentlicher
Bedeutung, da sie die verschiedenen Zyklen des menschlichen Lebens und der
Natur integrieren. Sie schaffen Harmonie und Balance zwischen Mensch und
Kosmos. Sie schützen das Leben vor dem Übel, das sowohl von Menschen als auch
von anderen Lebewesen verursacht werden kann. Sie helfen, Krankheiten zu heilen,
die der Umwelt, dem menschlichen Leben und anderen Lebewesen schaden“ (Nr. 87).
Auf ekklesiologischer Ebene ist das Instrumentum laboris ein wahres Erdbeben für die hierarchische
Struktur, die die Kirche aufgrund ihres göttlichen Mandats besitzt. Im Namen
der „Inkarnation“ in die amazonische Kultur fordert das Dokument, „die Idee zu
überdenken, dass die Ausübung der Gerichtsbarkeit (Regierungsgewalt) in allen
Bereichen (sakramental, gerichtlich, administrativ) dauerhaft mit dem Sakrament
der Weihe verbunden sein muss“ (Nr. 127). Es ist unvorstellbar, dass das
Arbeitspapier einer Synode eine Glaubenslehre in Frage stellt, wie etwa die Distinktion
in der Struktur der Kirche zwischen Klerus und Laien, bejaht seit dem Ersten
Konzil von Nicäa und begründet auf dem wesentlichen Unterschied zwischen dem
gemeinsamen Priestertum der Gläubigen und dem Ministerialpriestertum des
Klerus, ausgestattet mit einer heiligen Macht, die ihre Wurzeln in der
apostolischen Nachfolge hat. In diese Umwandlung des katholischen Priesters in
etwas Ähnliches wie einen protestantischen Pastor fügt sich ein der Aufruf, die
Pflicht zum Zölibat zu überdenken (Nr. 129 Abs. 2) und darüber hinaus die Frage
zu beantworten, welche Art von „offiziellem Amt“ den Frauen übertragen werden
kann (§ 3). Kardinal Joseph-Albert Malula von Zaire und Erzbischof Samuel Ruiz
von Chiapas dürften sich im Grab vor Freude rühren, denn die Projekte, die sie
umzusetzen versuchten (und schnell vom Heiligen Stuhl unterbrochen), werden jetzt
in einer Synode vorgeschlagen und sollen, laut Organisatoren, mit universalem
Charakter haben versehen werden.
Aus ökologischer Sicht steht das Instrumentum laboris für die Akzeptanz durch die Kirche der von den
UN-Umweltkonferenzen geförderten Vergöttlichung der Natur.
In der Tat hieß es bereits 1972 in Stockholm in den
offiziellen Aufzeichnungen, der Mensch habe die natürlichen Ressourcen in
erster Linie wegen „einer bestimmten philosophischen Weltanschauung“ schlecht
verwaltet. Während „pantheistische Theorien [...] Lebewesen als ein Teil der
Gottheit zuschrieben [...] führten die Entdeckungen der Wissenschaft zu [...]
einer Art Desakralisierung natürlicher Wesen“, die ihre beste Rechtfertigung
„in jüdisch-christlichen Vorstellungen hatten, wonach Gott den Menschen nach
seinem eigenen Bild geschaffen und ihm die Erde gegeben hätte, damit er sie
unterwerfe“. Im Gegenteil, sagten die Vereinten Nationen, die Praktiken des
Ahnenkultes „stellten ein Bollwerk für die Umwelt dar, da Bäume oder Wasserwege
als Reinkarnation der Ahnen geschützt und verehrt wurden“ (Aspects éducatifs,
sociaux et culturels des problèmes de l’environnement et questions
d’information, ONU, Generalversammlung von Stockholm, 5. bis 6. Juni 1972, A /
CONF.48.9, SS. 8 und 9).
In der Schlussrede der Öko92 in Rio de Janeiro erklärte
UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali: „Für die Alten war der Nil ein
ehrwürdiger Gott, so wie der Rhein, eine unendliche Quelle europäischer Mythen,
oder der Amazonas-Urwald, Mutter aller Urwälder. Überall war die Natur der
Wohnsitz von Gottheiten. Sie gaben dem Urwald, der Wüste, dem Berg eine
Persönlichkeit, die Anbetung und Respekt erforderte. Die Erde hatte eine Seele.
Sie wiederzuentdecken, wiederzubeleben, das ist das Wesen der
[Regierungskonferenz] von Rio.“ (A / CONF.151 / 26, Vol.IV, S. 76).
Diese neu-heidnische Agenda der Vereinten Nationen wird
jetzt von einer Synodalversammlung der katholischen Kirche erneut
vorgeschlagen!
Das Instrumentum
Laboris behauptet unter Berufung auf ein Dokument aus Bolivien, „der Urwald
sei keine Wirtschaftsressource sondern ein oder mehrere Wesen, mit denen
Beziehungen aufgebaut werden müssen“ (Nr. 23), und dass „das Leben der
Amazonasgemeinschaften, die noch nicht vom Einfluss der westlichen Zivilisation
[sic!] betroffen sind, spiegelt sich in Glauben und Riten über das Wirken der
Geister, der Gottheit - auf vielfältige Weise benannt - mit und auf das
Territorium, mit und in Bezug auf die Natur wider. Diese Weltanschauung
spiegelt sich im ,Mantra‘ des Franziskus wider: ,Alles ist miteinander verbunden‘“
(Nr. 25).
Aus ökonomisch-sozialer Sicht ist das Instrumentum Laboris eine Lobschrift auf
den Kommunismus, getarnt als „Kommunitarismus“. Und auf die schlimmste Form des
Kommunismus, den Kollektivismus kleiner Gemeinschaften. Tatsächlich geht das
Projekt des „Wohlergehens“ der Aborigines (sumak kawsay) laut dem Dokument
davon aus, „dass es eine wechselseitige Kommunikation zwischen dem gesamten
Kosmos gibt, in dem es weder Ausschließer noch Ausgeschlossene gibt“. Die
Erläuterungsnote des Ausdrucks Indigen (Eingeborener) weist auf eine Erklärung
mehrerer indigener Einheiten hin mit dem Titel „Der Schrei des Sumak Kawsay im
Amazonien“, die besagt, dass dieser Ausdruck „ein älteres und aktuelleres WORT“
ist (in Großbuchstaben im Text, das heißt, eine göttliche Offenbarung), das
„einen gemeinschaftlichen Lebensstil mit gleichem GEFÜHL, DENKEN und HANDELN“
vorschlägt (die Großbuchstaben sind im Original).
Dieser Satz erinnert uns an Plinio Corrêa de Oliveiras
Enthüllung im Jahr 1976 des indigenen Stammesleben als noch radikaleres Stadium
der anarchistischen Revolution: „Der Strukturalismus sieht im Stammesleben eine
zukunftweisende Synthese zwischen höchster individueller Freiheit und allgemein
akzeptiertem Kollektivismus. In dieser Synthese wird der Kollektivismus
schließlich die Freiheit verschlingen. In einem solchen Kollektivismus lösen
sich auf die verschiedenen ,Ich‘ bzw. Einzelpersonen mit ihrem Verstand, ihrem
Willen und ihren entsprechenden charakteristischen, oft auch konfliktbeladenen
Lebensweisen und verschmelzen in die kollektive Eigentümlichkeit des Stammes,
der eine einheitliche Art Denkens und Wollens, sowie ein gemeinsames Daseinsgefühl
hervorbringt“ (Revolution und
Gegenrevolution, III. Teil, Kap. III, Nr. 2 „IV. Revolution und Tribalismus
– eine Möglichkeit?”).
Was das Instrumentum
laboris letztendlich vorschlägt, ist eine Einladung an die Menschheit, den
letzten Schritt in Richtung des Abgrunds der antichristlichen Revolution zu
tun: den Anarcho-Primitivismus des John Zerzan und des Terroristen Unabomber.
(*) Eine Epiphanie ist im allgemeinen Sprachgebrauch die
unerwartete Erscheinung einer Gottheit, eine Offenbarung also, bzw. im weiteren
Sinne ein (Erweckungs-) Moment von besonderer Tragweite.
Quelle:
https://ipco.org.br/o-sinodo-a-servico-da-agenda-neopaga/#.XRHD_K_VIdU
José Antonio Ureta
Gebürtiger Chilene, Gründungsmitglied der „Fundación
Roma“, einer der einflussreichsten chilenischen Organisationen für das Leben
und die Familie; Forscher und Mitglied der „Société Française pour la Défense
de la Tradition, Famille et Propriété“; Mitarbeiter der Zeitschrift
„Catolicismo“ und des „Instituts Plinio Corrêa de Oliveira“, beide in
Brasilien, und Autor des Buches: „Der Paradigmenwechsel von Papst Francisco:
Kontinuität oder Bruch in der Mission der Kirche? Bericht über fünf Jahre seines Pontifikats.“
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