Erläuternde Bemerkung zur
„Erklärung der Wahrheiten in
Bezug auf einige der häufigsten Irrtümer
im Leben der Kirche unserer Zeit“
Die Kirche in unserer Zeit erlebt eine der größten
geistigen Epidemien, d.h. eine nahezu allumfassende lehramtliche Verwirrung und
Desorientierung, die sich als eine ernsthaft ansteckende Gefahr für die
geistige Gesundheit und das ewige Heil vieler Seelen erweist. Gleichzeitig muss
man eine verbreitete Lethargie in der Ausübung des Lehramtes auf
unterschiedlichen Ebenen der kirchlichen Hierarchie unserer Tage feststellen.
Dies ist hauptsächlich durch die Nichteinhaltung der apostolischen Pflicht
verursacht - wie es auch das Zweite Vatikanische Konzil in Erinnerung gerufen
hat -, dass nämlich die Bischöfe „die ihrer Herde drohenden Irrtümer wachsam
fernhalten“ sollen (Lumen gentium, 25).
Unsere Zeit ist gekennzeichnet durch einen akuten
geistigen Hunger der katholischen Gläubigen auf der ganzen Welt nach der
Bekräftigung jener Wahrheiten, die vernebelt, untergraben und durch einige der
gefährlichsten Irrtümer unserer Zeit geleugnet werden. Die Gläubigen, die
diesen geistigen Hunger erleiden, fühlen sich im Stich gelassen und befinden
sich deshalb in einer Art existenzieller Peripherie. Eine solche Situation
erfordert dringend Abhilfe. Eine öffentliche Erklärung der Wahrheiten, die sich
auf diese Fehler beziehen, duldet keinen weiteren Aufschub. Deshalb erinnern
wir uns an die folgenden zeitlosen Worte des heiligen Papstes Gregor des
Großen: „Unsere Zunge soll im Ermahnen nicht müde werden, dass nicht, nachdem
wir das Amt der Verkündigung übernommen haben, unser Schweigen uns beim
gerechten Richter verurteilt. (...) Die Menschen, die unserer Sorge anvertraut
sind, verlassen Gott und wir schweigen. Sie leben in Sünde, und wir strecken nicht
unsere Hand aus, um sie zu korrigieren.“ (In Ev. hom. 17, 3.14).
Als katholische Bischöfe sind wir uns unserer schweren
Verantwortung bewusst, gemäß der Ermahnung des heiligen Paulus, der lehrt, dass
Gott Seiner Kirche „Hirten und Lehrer (gab), um die Heiligen für die Erfüllung
ihres Dienstes auszurüsten, für den Aufbau des Leibes Christi, bis wir alle zur
Einheit im Glauben und der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen, zum
vollkommenen Menschen, zur vollen Größe, die der Fülle Christi entspricht. Wir
sollen nicht mehr unmündige Kinder sein, ein Spiel der Wellen, geschaukelt und
getrieben von jedem Widerstreit der Lehrmeinungen, im Würfelspiel der Menschen,
in Verschlagenheit, die in die Irre führt. Wir aber wollen, von der Liebe
geleitet, die Wahrheit bezeugen und in allem auf ihn hin wachsen. Er, Christus,
ist das Haupt. Von ihm her wird der ganze Leib zusammengefügt und gefestigt
durch jedes Gelenk. Jedes versorgt ihn mit der Kraft, die ihm zugemessen ist.
So wächst der Leib und baut sich selbst in Liebe auf.“ (Eph. 4, 12-16).
Wir erstellen diese öffentliche Erklärung im Geist
brüderlicher Liebe als eine konkrete geistliche Hilfe, damit Bischöfe,
Priester, Pfarreien, Ordensgemeinschaften, Laienvereinigungen und
Privatpersonen die Möglichkeit haben, entweder privat oder öffentlich, jene
Wahrheiten zu bekennen, welche in unseren Tagen am meisten geleugnet oder
entstellt werden. Die folgenden Worte des heiligen Apostels Paulus sollten als
eine an jeden Bischof und Christgläubigen unserer Zeit gerichtete Ermahnung
verstanden werden: “Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, ergreife das ewige
Leben, zu dem du berufen bist und für
das du vor vielen Zeugen das gute Bekenntnis abgelegt hast! Ich gebiete dir bei
Gott, von dem alles Leben kommt, und bei Christus Jesus, der vor Pontius
Pilatus das gute Bekenntnis abgelegt hat und als Zeuge dafür eingetreten ist:
Erfülle deinen Auftrag rein und ohne Tadel, bis zum Erscheinen Jesu Christi,
unseres Herrn” (1 Tim. 6, 12-14).
Vor dem Angesicht des Göttlichen Richters und im eigenen
Gewissen hat jeder Bischof, Priester und Christgläubige die moralische Pflicht,
unmissverständlich Zeugnis für jene Wahrheiten abzulegen, die in unserer Zeit
verdunkelt, untergraben und geleugnet werden. Private oder öffentliche
Bekenntnisakte dieser Wahrheiten könnten eine Bewegung initiieren zum
Bekenntnis und der Verteidigung der Wahrheit, sowie der Wiedergutmachung für
die weitverbreiteten Sünden gegen den Glauben, für die Sünden des verborgenen
oder offenen Abfalls vom katholischen Glauben einer nicht geringen Zahl des
Klerus und der Laien. Man muss sich dabei bewusst sein, dass es bei einer
derartigen Bewegung nicht um Zahlen, sondern um die Wahrheit geht, wie es der
heilige Gregor von Nazianz inmitten der allgemeinen lehramtlichen Verwirrung
der arianischen Krise ausdrückte, das Gott hat kein Wohlgefallen an Zahlen hat
(vgl. Or. 42,7).
Durch das Zeugnis für den unveränderlichen katholischen
Glauben werden sich Geistliche und Christgläubige der Wahrheit erinnern, dass
„die Gesamtheit der Gläubigen (…) im
Glauben nicht irren kann. Und diese, ihre besondere Eigenschaft, macht sie
durch den übernatürlichen Glaubenssinn des ganzen Volkes dann kund, wenn sie
"von den Bischöfen bis zu den letzten gläubigen Laien" ihre allgemeine Übereinstimmung in Sachen des
Glaubens und der Sitten äußert“ (Lumen gentium, 12).
Heilige und die großen Bischöfe, die in Zeiten
lehramtlicher Krisen lebten, mögen uns Fürsprecher sein und uns mit ihren
Worten führen, wie es die folgenden Worte des heiligen Augustinus tun, die er
an den heiligen Papst Bonifatius I. richtete: „Da uns allen, die wir das
Bischofsamt ausüben, das seelsorgliche Wächteramt aufgetragen ist (auch wenn du
darin einen besonderen Vorrang innehast), tue ich in der Ausübung meiner
Amtspflicht das, was ich kann, soweit sich der Herr würdigt, mir durch die
Hilfe deines Gebetes hierin Kraft zu verleihen“ (Contra ep. Pel. I, 2).
In der gegenwärtigen außerordentlichen Situation einer
allgemeinen doktrinellen Verwirrung und Desorientierung im Leben der Kirche,
wird eine präzise Erklärung der Wahrheiten in einer einheitlichen Stimme der
Hirten und der Gläubigen, zweifellos auch ein wirksames Mittel brüderlicher und
kindlicher Hilfe für den Papst sein.
Diese öffentliche Erklärung geben wir im Geist christlicher
Liebe ab, die sich in der Sorge um die geistige Gesundheit der Hirten und der
Gläubigen kundtut, d.h. aller Glieder des Leibes Christi, der Kirche, eingedenk
der folgenden Worte des heiligen Paulus im Ersten Brief an die Korinther:
„…damit im Leib kein Zwiespalt entstehe, sondern alle Glieder einträchtig
füreinander sorgen. Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn
ein Glied geehrt wird, freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib
Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm“ (1 Kor 12, 25-27), und im
Brief an die Römer: „Denn wie wir an dem einen Leib viele Glieder haben, aber
nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, ... so sind wir, die vielen, ein
Leib in Christus, als Einzelne aber sind wir Glieder, die zueinander gehören.
Wir haben unterschiedliche Gaben, je nach der uns verliehenen Gnade. Hat einer
die Gabe prophetischer Rede, dann rede er in Übereinstimmung mit dem Glauben;
hat einer die Gabe des Dienens, dann diene er. Wer zum Lehren berufen ist, der
lehre; wer zum Trösten und Ermahnen berufen ist, der tröste und ermahne. Wer
gibt, gebe ohne Hintergedanken; wer Vorsteher ist, setze sich eifrig ein; wer
Barmherzigkeit übt, der tue es freudig.
Die Liebe sei ohne Heuchelei. Verabscheut das Böse, haltet fest am
Guten! Seid einander in brüderlicher Liebe zugetan, übertrefft euch in
gegenseitiger Achtung! Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist
entflammen und dient dem Herrn!“ (Röm 12, 4-11).
Die Kardinäle und Bischöfe, die diese „Erklärung der
Wahrheiten“ unterschreiben, vertrauen sie dem Unbefleckten Herz der
Muttergottes unter der Anrufung „Salus populi Romani“ („Heil des römischen
Volkes“) an, eingedenk der besonderen geistlichen Bedeutung, die diese Ikone
für die Römische Kirche hat. Möge die ganze Katholische Kirche unter dem Schutz
der Unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter „unerschrocken den Kampf des
Glaubens kämpfen, feststehen in der Lehre der Apostel und sicher voranschreiten
in den Stürmen der Welt, bis sie die himmlische Stadt erreicht“ (Präfation der
Messe zu Ehren der Seligen Jungfrau Maria „Heil des Römischen Volkes“).
31. Mai 2019
Kardinal Raymond Leo Burke, Patron des Souveränen
Malteserordens
Kardinal Janis Pujats, emeritierter Erzbischof von Riga
Tomash Peta, Erzbischof der Erzdiözese der Heiligen Maria
in Astana
Jan Pawel Lenga, emeritierter Erzbischof-Bischof von
Karaganda
Athanasius Schneider, Weihbischof der Erzdiözese der
Heiligen Maria in Astana
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