Das „ Address Downtown“, die Titanic und der Untergang
einer Epoche
Alejandro Ezcurra
Der Brand am Neujahr: ein Vorzeichen?
Das Luxushotel in Flammen in der Silvesternacht 2015/16 |
Der Brand des Luxushotels „Address Downtown“ in Dubai in
der Neujahrsnacht 2016 ist symbolträchtig. Der mit 63 Stockwerken und über 300
Meter hohe Koloss ist eine der repräsentativsten Ikonen der surrealistischen
Begegnung zweier ehemals gegensätzlichen Welten: die westeuropäische und die
der Nachfolger Mohammeds.
Der Westen und der Islam:
vom Religionskonflikt zur
Öl-Joint-Venture
Beide Welten lebten Jahrhunderte in religiöser und
kultureller Auseinandersetzung, die sich im 7. Jahrhundert ausweitet mit dem
Überfall moslemischer Horden auf Byzanz im Mittleren Osten und im Westen gegen
Nordafrika, Spanien und Frankreich.
Es kam dann zur Reaktion der Christenheit mit dem Sieg
des Fürsten Pelayo über die von Alqama befehligten Mauren in Covadonga, den
Beginn der spanischen Reconquista (im Jahr 722) und dem Sieg Karl Martels über
den mächtigen Abderraman in Poitiers, Frankreich (732), dessen Niederlage und
Tod das Ende des moslemischen Traums der Einnahme des Christlichen Reichs
bedeutete.
Der Sieg der katholischen Flotte
in der Seeschlacht von
Lepanto (1571)
Seitdem gab es Zusammenstöße zwischen Christentum und
Islam über viele Jahrhunderte. Sie erreichten ihren Höhepunkt mit dem Sieg der
katholischen Waffen in Lepanto (1571) und Wien (1683), die endgültig die
Machtstellung der Türken zu Land und zur See beendeten.
Die Schlacht von Lepanto (1571) brachte das Ende der türkischen Machtstellung |
Nach diesen Niederlagen gleitet die moslemische Welt in einen
allmählichen politischen Niedergang, so dass im 19. Jahrhundert große
moslemische Gebiete in Afrika, Klein- und Mittelasien von europäischen
Kolonialmächten besetzt werden konnten. Dieser Umstand milderte auch den Ton
der konfliktiven Beziehungen zwischen dem christlichen Abendland und dem
islamischen Block.
Im vergangenen Jahrhundert gab es in diesem Panorama eine
bedeutende Änderung. Der Boom der Erdölindustrie bescherte den Ländern des
Mittleren Ostens durch die enormen Erdölreserven einen betörenden Reichtum. Die
bis dahin träge in einem halblethargischen Lebensstil dahinvegetierenden
arabischen Scheichs, wurden sozusagen über Nacht zu Multimilliardären. Und als
echte Heiden, die sie sind, führte sie, ganz im Stil der Neureichen, die Gier
nach Luxus und Vergnügen zu pharaonischen Ausgaben solange das ständig
wachsende Vermögen es ihnen erlaubte, den Traum der islamischen Expansion
wieder zu verwirklichen.
Neue Kontexte, neue Menschentypen
Nun verändert sich die Wüstenlandschaft: die poetischen
Palmen werden ersetzt durch Ölfördertürme, die legendären Karawanenrouten durch
Autobahnen und Ölleitungen, die gleichmütigen und gelassenen Kamele durch
rasende und glänzende Rolls-Royce, Lamborghinis und Mercedes. Bis Ende des 20.
Jahrhunderts verwandeln sich einige Städte, die eher in einer jahrhunderte
langen schläfrigen Siesta zu liegen schienen, rasend in Repliken von Las Vegas,
in künstliche Handels- und Vergnügungsparadiese. Riesenkolosse aus Beton, Stahl
und Glas erheben sich und wetteifern um Höhe und Überspanntheit. Eines dieser
Gebäude ist das so benannte „Address Downtown“ in Dubai, gebaut 2008.
Die Wüstenlandschaft wird verändert: die legendären Karawanenrouten werden ersetzt durch Autobahnen und Ölleitungen |
Auch der Menschentyp verändert sich. Der christliche
Ritter, Paradigma des Abendlandes und Vorbild für Glauben, Ehre und Opfergeist,
wird ersetzt durch den „gewinnsüchtigen, sinnesfreudigen, laizistischen und
pragmatischen Menschen unserer Tage“, als Produkt „dieser materialistischen
Kultur, die uns zu verschlingen droht“, wie es Plinio Corrêa de Oliveira in
„Revolution und Gegenrevolution beschreibt (Teil I, III., Kapitel 5 B).
Dem Erdöl gelingt
also dieses „Wunder“ der Zusammenführung des morgenländischen Scheichs und des
abendländischen Businessman zu vollführen, des Heiden und des Neuheiden. Dies
alles auch noch begünstigt durch die Selbstzerstörung der postkonziliaren
Kirche — um die Bezeichnung Papst Pauls VI. zu verwenden —, die die religiösen
Meinungsverschiedenheiten als Nebensache betrachtet. Heute ist es „cool“
Geschäfte mit reichen Arabern einzugehen. Und aus dieser vorteilhaften
Beziehung von Vertretern eines sittlich herabgekommenen und virtuell
abtrünnigen Abendlandes und Elemente der plutokratisch-hedonistischen Linie des
Islam sind spektakuläre Geschäftsverträge zustande gekommen, wie des „Address
Downtown“ (Bild unten in Brand), ein Unternehmen von einer Milliarde Dollar.
Eine Herausforderung Gottes und die Lehre der Titanic
In diesem Kontext, auf der Schwelle des Jahres 2016,
entfacht sich ein Brand im riesigen Hotel, der Stolz des Emirats. Die sorglose
Menschenmenge, die zusammenkam, um das Silvesterfeuerwerk anzusehen, bemerkt
mit Schaudern den echten Brand, wie er in wenigen Minuten den ganzen
Wolkenkratzer umfängt. Glücklicherweise fordert die Katastrophe keine
Menschenopfer.
Denken wir daran, dass, wie Unser Herr uns gelehrt hat,
kein Vogel vom Baum fällt und kein Haar von unserem Kopfe, ohne dass es
Gottvater nicht gewollt hätte (Mt 10,29-30). Das heißt, nichts geschieht auf
Erden außerhalb der Absicht der göttlichen Vorsehung.
Die Gleichzeitigkeit des schweren Unglücks mit dem
Eintritt des neuen Jahres könnte ein vorbedeutendes Anzeichen für noch
schlimmere Ereignisse sein.
Wir wissen zum Beispiel, was mit der Titanic auf ihrer
Jungfernfahrt passierte kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Sie war der
Stolz der Belle Époque, ein wahrlich schwimmendes Schloss, das größte und
luxuriöseste Schiff, was je gebaut wurde. Die Unternehmer der
Schiffsbaugesellschaft rühmten sich, dass „nicht einmal Gott sie versenken
könnte“. Doch wie tragisch war die Antwort Gottes auf diese Herausforderung!
Das Meer verschluckte die Titanic und der Krieg verschluckte die Belle
Époque...
Ein wahres schwimmendes Schloss, war die Titanic der luxuriöseste jemals gebaute Überseedampfer... |
Die Geschichte könnte sich wiederholen. Weitere
Wolkenkratzer im Stil des „Address Downtown“ erheben sich gleich unbewegliche
Titanics in der Wüste, die „nicht einmal Gott zerstören könnte“. Oder sind es
wie Babeltürme, die wetteifern sich dem Himmel zu nähern? Es sind
ausgesprochene Symbole unseres Wahnmaterialismus, der Gott herausfordert, indem
er die Völker von seiner Weisheit und der Befolgung seiner Gebote entfernt, der
die Bande der westlichen Länder zu ihren christlichen Wurzeln kappt, ihre
Identität zerstört und ihre Ziele verlegt.
Das abwegige Selfie
Nichts gibt diese Fehlleitung am besten wieder, wie das
Selfie, das um die Welt ging: ein Mann und eine Frau „genießen“ das schaurige
Spektakel des brennenden Kolosses (Bild rechts). Mit dem Rücken zur Szene,
irgendwie gleichgültig zur tragischen Symbolik der Katastrophe und unfähig über die Größe dessen, was sie gerade schauen zu reflektieren, scheinen nur
besorgt zu sein, sich darzustellen und ihr elendiges Ego zu befriedigen in der
Vorfreude einer kleinen vorübergehenden erreichten Berühmtheit, in dem sie der
Welt zeigen, dabei gewesen zu sein.
Vielmehr als ein eitles Pärchen und ein Wolkenkratzer in
Flammen, porträtiert dieses Selfie den Untergang einer Zivilisation die Gott
den Rücken gekehrt hat, irregeführt und gefühllos vor dem eigenen
Zusammenbruch.
Nach dem Original:
„El Address Downtown, el Titanic y el ocaso de una época“
in http://www.tradicionyaccion.org.pe/spip.php?article371
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