Donnerstag, 16. Dezember 2021

Wird das Metaversum eine virtuelle Hölle auf Erden schaffen?


von John Horvat

Der nächste Schritt in der Cyber-Revolution ist das so genannte Metaversum, eine leistungsstarke Computerplattform, die alles bisher Dagewesene übertrifft. Es wird als die nächste Generation des Internets vermarktet, die intensive Erfahrungen ermöglicht und neue Märkte eröffnet. Einige befürchten, dass dieses Metaversum die derzeitige Abhängigkeit von den sozialen Medien noch verschlimmern wird. Andere sehen darin eine viel schädlichere Ablenkung, insbesondere für Jugendliche.

Doch niemand denkt an die moralischen Implikationen des Projekts. Das Metaversum wird den Seelen schaden. Tragischerweise sehen die Menschen keinen Grund, Gott und die Moral in eine technologische Erfindung einzubeziehen, die scheinbar außerhalb der privaten Sphäre der Religion liegt. Das Schlimmste ist, dass die Geistlichen keine Anzeichen dafür zeigen, dass sie das Problem erkennen. Es erscheint nicht einmal auf ihrem Radar.

Das Problem ist jedoch vorhanden. Das Metaversum ist ein metaphysischer Angriff auf die Weltanschauung der Kirche. Es verwischt die Natur eines von Gott geschaffenen Universums. Es ermöglicht unmoralische Handlungen, die Gott zutiefst beleidigen.

Ein Prozess der Phantasie und Zerstörung

Das Metaversum muss im Zusammenhang mit dem kontinuierlichen Bemühen der Moderne verstanden werden, den Menschen und nicht Gott in den Mittelpunkt aller Dinge zu stellen.

In der Tat ist die Moderne davon besessen, sich neue Welten ohne Gott vorzustellen. Die Aufklärung führte Wege ein, um die Realität durch die Entwicklung neuer Technologien, Philosophien und Lebensstile bis an ihre Grenzen auszudehnen.

Die Neuzeit hat die Verherrlichung des Individuums eingeleitet. Die Gesellschaft wurde zu einer Ansammlung von Personen, dem Hobbes’schen „Sandhaufen von Individuen“, in dem sich jeder von seinem eigenen Interesse leiten lässt und durch eine strenge Rechtsordnung seines Leviathans in Ordnung gehalten wird.

So neigte der moderne Individualismus dazu, die äußeren Strukturen - Tradition, Sitte oder Gemeinschaft - zu zerstören, die das Eigeninteresse verhinderten. Er zerstörte viele moralische Mechanismen, die die Ausübung der Tugend in der Gemeinschaft erleichterten. Er schuf eine schnelllebige Ordnung, in der der Mensch im Mittelpunkt steht und Religion zur Privatsache degradiert wird.

Die Postmoderne zerrüttet die Gesellschaft

Die Ordnung der Moderne wurde durch die Postmoderne der sechziger Jahre erschüttert, die vorschlug, die Einbildungskraft zu befreien und alle moralischen Einschränkungen zu beseitigen. Die Postmoderne trieb den Individualismus durch den Einsatz neuer Technologien, Philosophien und Lebensstile auf die Spitze. Die Gesellschaft wurde durch psychedelische Drogen, Rockmusik und die sexuelle Revolution auf den Kopf gestellt.

Mit der gleichen Logik, mit der die Moderne den Eigennutz vergötterte, macht der postmoderne Individualist das „Recht“ auf Selbstbefriedigung zum einzigen absoluten Recht - selbst wenn ein solches Verhalten selbstzerstörerisch wirkt. Der postmoderne Individualist versucht, jene inneren Strukturen - Logik, Identität oder Einheit - die die sofortige Befriedigung verhindern, zu zerstören. Die „dekonstruierenden“ Narrativen der Postmoderne isolieren die Menschen noch mehr und treiben sie dazu, sich ihre eigene Realität außerhalb von Gott und seiner Moral zu schaffen.

Dennoch waren die Moderne und die Postmoderne immer noch irgendwie in einer äußeren Realität verankert, der die Menschen nicht völlig entkommen konnten. Es gab physische und ontologische Grenzen, die die Phantasie in Schach hielten. Ein Mensch konnte sich als etwas ausgeben, was er nicht war, aber der Wunsch änderte nichts an der Realität. Außerdem waren seine Vorstellungen nicht für alle um ihn herum sichtbar.

Eintritt in eine neue Phase der Realitätswahrnehmung

Die Einführung des Metaversums verändert nun diese Schwierigkeit, die Realität zu verändern. Sie ist Teil dessen, was viele Futuristen als vierte industrielle Revolution bezeichnen.

Nach der Moderne und der Postmoderne ist der nächste Schritt in diesem Prozess die Selbstvorstellung außerhalb der Realität. Die Hindernisse, die sich dem in den Weg stellen, sind die gegenwärtige Art und Weise, die Natur, die Existenz und das Sein wahrzunehmen.

Diese nächste Welle von Innovation und Technologie wird es dem Einzelnen ermöglichen, in eine von ihm selbst geschaffene Welt einzutauchen. Die Menschen werden zu Avataren, d. h. zu Cyber-Repräsentationen von Männern, Frauen, Tieren oder Dingen, die in der Cybersphäre „leben“. Sie werden in der Lage sein, überall zu sein, wo sie wollen - sei es auf dem Mond, auf dem Dach von Gebäuden oder „auf einem Feld voller Einhörner“. Diese Plattform kann von Außerirdischen, Engeln, Dämonen oder allem, was der Fantasie entspricht, bewohnt werden.

Die Menschen werden übermenschliche Dinge tun, deren Handlungen scheinbar keine Konsequenzen haben werden. Das ändert zwar nichts am Bestehenden, aber es erzeugt die mächtige Lüge, dass die eigenen Vorstellungen realer sind als die Wirklichkeit.

Diese riesige virtuelle Plattform ist viel mehr als nur eine Erweiterung des Internets, das es den Menschen ermöglicht, in das World Wide Web zu schauen. Diese Phase wird „das Internet verkörpern, indem sie die Menschen in die Mitte des Internets stellt“. In diesem neuen Bereich regiert die Phantasie. (AdÜ: erinnern Sie sich an „Alle Macht der Phantasie“ von 1968?...)

Keine Science-Fiction

Dieses Projekt ist keine Science-Fiction mehr. Es wird in etablierten Medien wie dem Wall Street Journal diskutiert. Alle Unternehmen der sozialen Medien bereiten sich darauf vor. Mark Zuckerberg hat Facebook gerade umbenannt und nennt es jetzt Meta. Er wird 10 Milliarden Dollar investieren und 10.000 neue Mitarbeiter einstellen, um diese neue Welt aufzubauen.

„Das Metaversum wird die größte Revolution der Computerplattformen sein, die die Welt je gesehen hat - größer als die mobile Revolution, größer als die Web-Revolution“, sagt Marc Whitten von Unity Software in einem Artikel des Wall Street Journal.

Er schlägt ein dreidimensionales Paralleluniversum aus virtueller und erweiterter Realität vor, in dem sich digitale Avatare in unbegrenzter Zahl treffen werden. Die Menschen werden mit speziellen Brillen und sogar fortschrittlichen haptischen (Tast)Geräten ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, entfernte Dinge in Echtzeit zu fühlen und zu berühren. Sie können sogar die reale Welt mit der imaginären Welt vermischen.

Daren Tsui, Geschäftsführer von Together Labs Inc. sagt: „Das Avatar-Erlebnis wird sich so real anfühlen, dass man kaum einen Unterschied zwischen einem virtuellen und einem realen Treffen feststellen kann. Und die virtuelle Erfahrung wird besser sein.“

Eine Welt der Illusion ohne Konsequenzen schaffen

Es gibt drei große Probleme mit dem Metaversum.

Das erste besteht darin, dass es die Menschen ermutigt, sich von der Realität zu lösen, indem es eine wahnhafte Welt ohne Konsequenzen oder Bedeutung schafft. Es steht den Menschen frei, sich über die Natur hinwegzusetzen und unmögliche Dinge zu tun, wie z. B. auf dem Mond zu spazieren oder ein Baseballspiel vom Pitcher's Mound aus zu verfolgen. Die absurdesten Dinge werden in einer von der Realität losgelösten Vorstellungswelt möglich.

Die Menschen sind nicht mehr an die Zeit gebunden und können in die Vergangenheit oder Zukunft reisen, wie sie es sich vorstellen. Selbst der Tod wird durch Avatare und Algorithmen überwunden, die scheinbar verstorbene Verwandte oder historische Figuren zurückbringen, mit denen man sich unterhalten und interagieren kann.

Es steht den Menschen frei, anderen (die es gibt oder vielleicht gar nicht gibt) etwas anzutun oder ihnen sogar die Arme abzuschneiden, ohne dass dies Konsequenzen hat. Jede noch so makabre Fantasie kann im Metaversum zur Realität werden. Damit eröffnen sich dunkle und unheimliche Räume, die sündige Handlungen oder deren Simulationen ermöglichen.

Eine solch einsame Welt, die von der Realität und der Natur der Dinge abgekoppelt ist, kann die ungezügelten Leidenschaften nähren, die jede moralische Zurückhaltung hassen. Ein solcher Raum kann sich schnell von Alice im Wunderland in ein Irrenhaus verwandeln. Die frenetische Unmäßigkeit des heutigen Internets und der sozialen Medien verursacht bereits psychologische und soziale Probleme. Wie viel exponentieller werden die Fähigkeiten des Metaversums sein, die Menschen in ihren Rasereien und Depressionen zu ertränken?

Die Zerstörung der Identität

Der zweite Grund, sich über das Metaversum Sorgen zu machen, ist, dass es Identität mit Wahlfreiheit gleichsetzt. Das postmoderne Paradigma erlaubt es einer Person bereits, sich selbst als etwas anderes zu identifizieren. Diese Identifikation existiert jedoch nur in der Vorstellung der getäuschten Person. Die Öffentlichkeit kann die Illusion im Allgemeinen wahrnehmen.

Das Metaversum verändert jedoch diese Wahrnehmung. Die Person wird zum perfekten Modell für das, was gewünscht wird und nicht sein kann. Die Person muss kein Mensch sein, sondern kann ein Tier, eine Pflanze oder ein Ding sein. Eine Person muss nicht ein einzelnes Wesen sein, sondern eine Kakophonie von Wesen ohne Einheit in dieser Welt der Fantasie.

Diese Lüge der Identifizierung des Selbst mit der Freiheit wird durch das Metaversum ermöglicht. Der existenzialistische Philosoph Jean-Paul Sartre schrieb, „der Mensch ist Freiheit“, was den Menschen im Wesentlichen grenzenlos macht. In seinem Buch Das Sein und das Nichts sagte Sartre: „Freiheit ist nichts anderes als eine Wahl, die sich ihre eigenen Möglichkeiten schafft“.

Das Metaversum ist die Verwirklichung dieser verzerrten Vorstellung von Freiheit, die sich gegen die kontingenten Grenzen der menschlichen Natur auflehnt. Es versucht, die Individuen zu den Göttern ihrer Fantasie zu machen.

Die Demolierung der Metaphysik

Der gefährlichste Aspekt des Metaversums ist jedoch seine Zerstörung der metaphysischen Vision des Lebens, die die Seele zum Schöpfer führt.

Jeder Mensch, sogar Kinder, beschäftigt sich mit Metaphysik. Die menschliche Natur und insbesondere die Seele verlangen nach einem rationalen Verständnis des Selbst und des Universums. Eine klassische Definition der Metaphysik ist daher eine philosophische Suche nach den letzten Prinzipien und Ursachen. Wer sich mit Metaphysik befasst, sucht nach der Natur der Dinge, die es gibt, und fügt sie in eine kohärente Vision ein.

Eine wahre Sicht der Dinge macht die endliche und kontingente Natur jedes Menschen schmerzlich deutlich. Durch das Verständnis der Schöpfungsentwürfe erkennen die Menschen jedoch, dass das Ziel der Existenz über die physischen und sozialen Grenzen hinausgeht. Sie verfolgen diesen Weg zum Schöpfer, der sich in der Natur widerspiegelt. Dieser Prozess verleiht dem Leben Sinn und Zweck, da die Seelen auf ihr endgültiges Ziel in Gott zustreben.

Die transhumane Revolution

Die Philosophien, die das Metaversum prägen, stehen im Gegensatz zu dieser klassischen metaphysischen Vision. Es wird nicht versucht, die Natur der Dinge zu verstehen, sondern nur die grenzenlose Erfahrung von Zufallsereignissen. Dieses „transhumane“ Weltbild begreift die Menschheit als einen Prozess, der sich ständig weiterentwickelt. Der „Great Reset“-Ingenieur Klaus Schwab beschreibt diese nächste Phase als die kommende „Verschmelzung der digitalen, biologischen und physischen Welt“.

Die Idee des Metaversums deckt sich mit der Sichtweise des New York Times-Bestsellerautors Yuval Noah Harari. Er schreibt häufig über diese Themen und stellt sich offen eine Zukunft ohne Seele, freien Willen, ein einheitliches Selbst oder Gott vor. Seine Welt ist eine algorithmische Welt der zufälligen Erfahrungen, in der man das ist, was man sein wird. Seiner Meinung nach gibt es keine Religionen, sondern nur mächtige Fiktionen, wie das Metaversum, in dem die Menschen „ganze virtuelle Welten mit Höllen und Himmeln erschaffen werden“.

Der Autor ist nicht der einzige, der an diese beängstigende Zukunft glaubt. Er spricht für eine fortschrittliche Klasse von Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Akademikern aus dem Big Data und Silicon Valley, die alle mit der Aufgabe betraut sind, die menschliche Natur und Realität durch Kunstgriffe wie das Metaversum zu verändern. Sie machen keinen Hehl aus ihrer Ablehnung von Gottes Schöpfung und moralischer Ordnung.

Die Notwendigkeit der Ablehnung

Dies sind dringende Bedenken angesichts des kommenden Metaversums. Nicht alle seine Anwendungen werden die volle Dosis dieser zerstörerischen Pläne für die Menschheit enthalten. Die allgemeine Richtung führt jedoch zu einer schönen neuen Welt ohne Gott. Diese Schlussfolgerungen stammen nicht aus Verschwörungstheorien, sondern werden von den Befürwortern des Metaversums offen dargelegt.

Das Metaversum muss also abgelehnt werden, weil seine Weltanschauung im Widerspruch zu der der katholischen Kirche steht. Es ist bedauerlich, dass etwas so Großes am Horizont auftauchen kann und die Seelenhirten so wenig dazu zu sagen haben. In der heutigen gottlosen Gesellschaft wird der Abfall von der Glaubenspraxis viel mehr durch technologische Erfindungen wie diese verursacht als durch abstrakte theologische Streitigkeiten.

Ebenso bedauerlich ist, dass die Menschen nicht sehen wollen, wohin das führen wird. Die Geschichte zeigt, dass, wenn Menschen ihren Leidenschaften freien Lauf lassen, dies letztlich in nihilistischer Verzweiflung endet. Die überwältigende, maßlose Erfahrung des metaversen Vergnügens wird schließlich die intensiveren Empfindungen des existenzialistischen Schmerzes verlangen. So wird der Verfallsprozess der Moderne seinen vollen Lauf nehmen: Vom Eigennutz zur Selbstbefriedigung, von der Selbstvorstellung zur Selbstvernichtung.

In der Tat muss eine Welt, die von Wahnvorstellungen, Absurdität und der Verleugnung des Seins beherrscht wird, in der Sinn und Zweck ausgelöscht sind und bizarre Fantasieregeln herrschen, mit einem anderen Namen bezeichnet werden. Die weltlichen Visionäre des Metaversums entwerfen eine virtuelle Hölle auf Erden.

 

Aus dem Englischen übersetzt mit Deepl.com/Translator (kostenlose Version) in
https://www.returntoorder.org/2021/11/will-the-metaverse-create-a-virtual-hell-on-earth/

eingesehen am 9.12.2021

Diese deutsche Fassung „Wird das Metaversum eine virtuelle Hölle auf Erden schaffen?“ erschien erstmals in www.r-gr.blogspot.com

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