Dienstag, 30. Juli 2024

Carlo Odescalchi, Kardinal und Ordensmann (5.03.1785 – 17.08.1841)

 

Der Herzogssohn hatte ebenso wohltätige wie fromme Eltern. Am Neujahrstage 1809 feierte der edle Jüngling der eine Zierde an Tugend und Wissenschaft war, in Rom seine Primiz. Das Auge der Mutter schwamm in Tränen. Der Vater drückte einen ehrerbietigen Kuss auf des Sohnes geweihte Hand. Der Glanz der Unschuld, der aus seiner ganzen Erscheinung hervorleuchtete, die heiße heilige Liebesglut, die er in Vornahme der weihevollen Handlung bekundete, hatte alle Anwesenden hingerissen.

Pius VII. zog den vielversprechenden jungen Priester sogleich an sich. Trotz seine vielen Geschäfte war er allen Anwalt, Beschützer, Tröster, Wohltäter in oft recht schwierigen Verhältnissen. Am 20. August 1810 schied der Vater von ihm, nachdem er ihm die Sterbesakramente gespendet. Seine Mutter, deren Beichtvater und Seelenführer seit seiner Priesterweihe gewesen, folgte dem edlen Gatten nach 3 Jahren in die Ewigkeit.

Odescalchi wurde vom Heiligen Vater wichtige Ämter übertragen. Er war von ihm auch dazu auserwählt, die soziale und seelsorgliche Fürsorge für die unteren Volksklassen Roms zu übernehmen. In seiner Stellung suchte er allen alles zu werden.

Seine hervorragende Wirksamkeit, seine außergewöhnlichen Anlagen des Geistes und der Herzens, die große Hochschätzung des Papstes, seine feinen Sitten und sein allgemeines Ansehen ließen es naturgemäß erscheinen, dass er am 23. März 1823 zum Kardinal ernannt wurde. Ganz Rom und insbesondere auch Kaiser Franz von Österreich begrüßte diese Ernennung. Als Kardinal wurde er mit neuen Vertrauensposten beehrt und wirkte in ihnen mit unermüdlichem Eifer. Für gefallene Mädchen berief er Frauen vom „Gutem Hirten“. Er wachte über würdige Sonntagsfeier und beseitigte aus den Kirchen leichtfertige Musik. Zur besseren Unterweisung der Jugend führte er die Schulbrüder ein. Am glänzendsten bewährte sich seine hingebende und aufopfernde Tätigkeit während der Cholera. Da bot er alles auf, was die christliche an geistiger und leiblicher Fürsorge andern zu gewähren vermag.

Wort und Schrift boten sich gegenseitig die Hand.

Odescalchi fühlte sich schon immer durch die Kardinalswürde bedrückt. Schon öfter hatte er sie dem Papste zurückgeben wollen, um seinen Lieblingswunsch und in die Gesellschaft Jesu eintreten zu können. Endlich enthob ihn Gregor XVI (am 30. November 1838 schweren Herzens von allen Würden.

Odescalchi trat im Noviziathause in Verona ein und gab allen ein leuchtendes Beispiel tiefer Demut und Frömmigkeit. Am 2. Februar 1840 legte er die Gelübde ab. Jetzt konnte er wie es sein Herz wünschte, als Missionsprediger unumschränkt wirken. Erzherzog Max von Este, der ihn predigen hörte, sagte: „Eine solche Predigt allein ist eine Reise von Wien nach Verona wert.“ Der schlichte Jesuitenpater erschütterte die verstocktesten Sünder. Allgemeines Weinen und Schluchzen der ganzen Volksmenge war eine gewöhnliche Erscheinung bei seinen Missionspredigten und der Erfolg zeigte späterhin deutlich, dass die se außerordentlichen Äußerungen des Reueschmerzes keine vorübergehenden Erregungen waren.

Mitten aus seiner apostolischen Tätigkeit wurde Odescalchi von Gott abberufen, um die Krone der Unsterblichkeit zu erhalten. Breits längere Zeit kränkelnd, wurde er von den Ärzten in ein milderes Klima und zwar nach Verona und von da nach Modena geschickt. Sein Übel ein Brustleiden, wurde zwar gemildert, aber er konnte nicht geheilt werden. Während der Dauer seiner Krankheit bemerkte man an ihm nicht das leiseste Zeichen, dass er betrübt sei oder Schmerz empfinde. Er erklärte auch jedem, der mit ihm von seinem Übel redete, ganz ruhig und heiter, er fühle nicht die geringste Neigung, seine Genesung von Gott zu erflehen.

Da das Leiden der Kranken in einem Zustand äußerster Schwäche versetzte, entschloss man sich, ihm die heiligen Sakramente zu spenden. Als er gefragt wurde, ob er eine Generalbeichte abzulegen wünsche: er verlange sehr danach, das zu tun; denn es sei ein gar heilsamer Gebrauch, kurz vor seinem Tode eine Generalbeichte abzulegen; er genieße übrigens den größten Seelenfrieden und empfinde nicht die geringste Unruhe. Als der Pater Rektor mit dem Allerheiligsten ins Zimmer trat (am 13. August 1841), da strahlte eine wunderbare Begeisterung aus seinem Antlitze. Trotz der äußersten Entkräftung richtete er sich auf uns wandte sich an Pater Rektor mit den Worten: „Wenn Euer Hochwürden es mir erlauben, so möchte ich noch einiges Wenige sagen.“ Die Erlaubnis wurde ihm erteilt und er sprach nun also: „Hochwürdige Patres und geliebte Brüder, ich danke Ihnen allen für die große Liebe, die Sie mir erwiesen, und für die vielen Sorgen, mit welchen Sie sich meinetwegen belasten haben. Sobald ich im Paradiese sein werde, will ich für Sie alle die seligste Jungfrau bitten, dass sie, die ja so freigiebig ist, ihnen alles reichlich vergelte. Dann bitte ich auch noch Sie alle um Verzeihung wegen des schlechten Beispiels, das ich Ihnen gegeben habe.“ Diese Worte mit der größten Innigkeit von einem Manne gesprochen, den alle für einen Heiligen hielten, erschütterten alle Anwesenden so gewaltig, das ein lautes Schluchzen das ganze Zimmer erfüllte. Selbst der Pater Rektor hatte Mühe, das Misereatur und die übrigen bei der Spendung der heiligen Wegzehrung gebräuchlichen Gebete zu sprechen. Zwei Tage später empfing Odescalchi die letzte Ölung und bald darauf die Generalabsolution. Mit großer Andacht antwortete er immer selbst auf die Gebete, welche die heilige Kirche für die Spendung der letzten Tröstungen der Religion vorgeschrieben hat. Gegen 4 Uhr morgens, den 17. August kam Pater Rektor und eröffnete ihm, dass diesen Morgen alle Messen und Kommunionen für seine Genesung aufgeopfert würden. Darauf erwiderte P. Odescalchi: Tausend Dank, Pater Rektor, für so große Liebe, aber heute ist der Tag, an welchem mein Opfer vollendet wird.“ Gegen 6 Uhr schien er in einem tiefen Schal versunken, aber plötzlich bewegte er sich heftig und rief mit lauter Stimme: „Siehe, siehe der heilige Aloisius kommt um mich zu segnen.“ Der anwesende Bruder beobachtete ihn nun mit größter Aufmerksamkeit, und nach wenige Augenblicken sah er, wie das Antlitz des Sterbenden sich verklärte, als gerate es in ein großes, freudiges Erstaunen. Er rief aus: „O wie schön ist die heilige Mutter Gottes! Ist’s möglich, dass sie so schön ist? Das habe ich nicht geglaubt.“ Kurz vor dem Hinscheiden ergriff der Pater Rektor ein Kruzifix, hielt es ihm vor die Augen, und wiederholte einigemal die Frage: „Kennen Sie diesen?“ Bei dieser Frage öffnete der Sterbende noch einmal die Augen und heftete sie auf das Kruzifix, sein Antlitz verklärte sich neuerdings, er sammelte seine letzten Kräfte und sprach ganz vernehmlich mit aller Innigkeit die Worte, welche seine letzten waren: „O ja, diesen kenne ich.“ Dann neigte er sein Haupt auf die Brust und gab nach wenigen Augenblicken, ohne seine Züge im geringsten zu verändern, seine Seele in die Hände seines Heilandes zurück, dem  zuliebe er auf alle Größe dieser Welt verzichtete.

 

 

Aus „Das Ende großer Menschen“ von Anton Steeger. Regensburg 1915. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz, Buch- uns Kunstdruckerei A.-G., München-Regensburg, S. 52. 


Zum Bild oben: Die Malerin, Ann Agnes Trail oder Agnes Xavier Trail (17 Februar 1798 – 3 Dezember 1872) war eine Britisch-Römisch-Katholische Nonne und Künstlerin. Sie hatte eine führende Rolle in der Einrichtung  des St Margaret's Convent in Edinburgh.

Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Ann_Agnes_Trail



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