Mittwoch, 16. Januar 2019

Die wahre katholische Vergebung...



... schließt die Weiterführung des Kampfes keinesfalls aus

Als die französische Regierung die Vertreibung der Ordensleute beschloss, waren 1903 die Kartäuser dran. P. Michel Baglin, Prior der „Grande Chartreuse“, schrieb am 12. April 1903 an Herrn Emile Combes (Ratspräsident der Nation) folgenden Brief:

„Die Frist, die nach Ansicht der Agenten Ihrer Regierung unseren Aufenthalt in der Grande Chartreuse fixiert , naht sich dem Ende zu.
Nun, als erstes, haben Sie das Recht zur Kenntnis zu nehmen, dass wir den Posten der Buße und Fürbitte, auf dem es der Vorsehung gefallen hat, uns einzusetzen, nicht verlassen werden.
Unsere Mission ist es, hier für unser geliebtes Land zu leiden und zu beten; nur Gewalt allein wird das Gebet auf unseren Lippen zum verstummen bringen.
Leider muss man in unruhigen Tagen, in denen die Willkür herrscht, die traurigsten Möglichkeiten voraussehen.
Und da es trotz der Gerechtigkeit unserer Forderungen möglich ist, dass ein Gewaltstreich uns plötzlich auflösen, und sogar aus unserem Vaterland vertreiben wird, möchte ich Ihnen schon heute sagen, dass ich Ihnen in meinem persönlichen Namen und im Namen meiner Mitbrüder die verschiedenen, eines Regierungschefs gar nicht würdigen Prozesse, die Sie gegen uns eingesetzt haben, vergebe.
Zu anderen Zeiten verachtete der Ostrazismus nicht wie heute die loyal scheinenden Waffen!
Ich würde jedoch glauben, eine Pflicht der christlichen Nächstenliebe zu verfehlen, wenn ich der Vergebung, die ich Ihnen erteile, gleichzeitig nicht einen hilfreichen Rat und eine ernste Mahnung hinzufüge.
Meine zweifache Eigenschaft als Priester und Ordensmann ermächtigt mich unmissverständlich, Ihnen das eine und das andere anzubieten, um Sie daran zu hindern, wenn in Ihnen noch eine Spur Klugheit vorhanden ist, diesen ekelhaften und nutzlosen Krieg gegen die Kirche Gottes weiter zu führen.
Also, auf Ihre dringende Aufforderung hin und auf die Entstehung eines Dokuments, dessen offenkundige Falschheit Sie, so scheint es, nicht ignorieren können, hat eine französische Kammer den Orden verurteilt, in dem Unser Herr mich als Chef eingesetzt hat.
Ich kann dieses ungerechte Urteil nicht akzeptieren. Ich akzeptiere es nicht; und trotz meiner aufrichtigen Verzeihung bitte ich um eine Revision gemäß meinem Recht und meiner Pflicht durch das unfehlbare Tribunal dessen, der unser souveräner Richter ist!
Infolgedessen — achten Sie ganz besonders auf meine Worte, Herr Ratspräsident, und beeilen Sie sich nicht, zu lächeln oder mich für einen Geist eines anderen Zeitalters zu halten — werden Sie mit mir vor diesem Gericht Gottes erscheinen.
Dort gibt es keine Erpressung, keine Redekünstelei, keine Tribüneneffekte, keine parlamentarische Manöver, keine falsche Dokumente und keine nachsichtige Mehrheit, aber ein ruhiger, gerechter und mächtiger Richter und ein Urteil, gegen das weder Sie noch ich Berufung einreichen können!
Bis bald, Herr Ratspräsident. Ich bin nicht mehr so jung und Sie sind schon mit einem Fuß im Grab.
Machen Sie sich bereit, denn die Konfrontation, die ich Ihnen ankündige, wird Ihnen unerwartete Emotionen bereiten.
Und für diese feierliche Stunde setzen Sie eher auf eine aufrichtige Bekehrung und eine ernsthafte Buße als auf die Fähigkeiten und Sophismen, die Ihnen Ihre vorübergehenden triumphalen Erfolge herbeiführen.
Und da es meine Pflicht ist, das Böse mit Gutem zu vergelten, werde ich beten, oder besser gesagt, werden wir, die Kartäuser, deren Tod Sie verordnet haben, weiterhin zum Gott der Barmherzigkeit, den Sie in seinen Dienern so seltsam verfolgen, beten, damit er uns die Reue und die Gnade der heilsamen Wiedergutmachung gewähre.
Ich verbleibe, Herr Ratspräsident, als Ihr demütiger Diener.
F. Michel

F. Michel Baglin, Prior der Großen Kartause in Frankreich

Gesamtansicht der Großen Kartause

Anmerkung: Der Wortlaut dieses monumentalen Briefes wurde in der französischen katholischen Zeitschrift „La Croix“ am 5. August 1927 veröffentlicht. Titel, erste Zeilen und die Hervorhebungen sind von diesem Blog. Der Artikel in „La Croix“ berichtet weiter in spannender Weise über die Ereignisse, die dieser Brief zur Folge hatte.

Freie Übersetzung aus dem Französischen in

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