Graf Grigorij Petrovič Šuvalov |
Roberto de Mattei
„Russland wird katholisch werden“: So
lautet die Inschrift auf dem Grab von Pater Gregory Augustine Maria Šuvalov auf
dem Friedhof Montparnasse in Paris. Für diese Sache opferte der russische Barnabit
sein Leben (Antonio Maria Gentili, I Barnabiti, Padri Barnabiti Roma 2012, S.
395-403).
Graf Grigorij Petrovič Šuvalov wurde am
25. Oktober 1804 in Sankt Petersburg als Sohn einer alten Adelsfamilie geboren.
Ein Onkel, Armeegeneral, wurde beauftragt, den besiegten Napoleon auf die Insel
Elba zu begleiten, ein anderer Vorfahre hatte die Universität von Moskau
gegründet. Er studierte von 1808 bis 1817 am Jesuitenkolleg in St. Petersburg,
bis er nach der Vertreibung der Jesuiten aus Russland seine Studien zunächst in
der Schweiz und dann an der Universität von Pisa fortsetzte, wo er perfekt
Italienisch lernte. Er wurde jedoch vom Materialismus und Nihilismus
beeinflusst, der damals in den liberalen Kreisen, in denen er verkehrte,
vorherrschte. 1824, im Alter von zwanzig Jahren, wurde er von Zar Alexander I.
zum Offizier der Husaren der Garde ernannt und heiratete Sofia Soltikov, eine
tief religiöse, orthodoxe, aber „in Seele und Herz katholische“ Frau, die 1841
in Venedig starb. Mit ihr hatte er zwei Kinder: Peter und Helena.
Der Tod Sofias veranlasste Šuvalov, sich
mit Religion zu beschäftigen. Eines Tages stieß er auf das Buch der
Bekenntnisse des hl. Augustinus: Es war eine Offenbarung für ihn. „Ich habe es in
einem durchgelesen, ganze Seiten kopiert und lange Auszüge daraus abgeschrieben.
Seine Philosophie erfüllte mich mit guten Wünschen und Liebe. Mit welchem
Gefühl der Zufriedenheit fand ich in diesem großen Mann Gefühle und Gedanken,
die bis dahin in meiner Seele geschlafen hatten und die diese Lektüre erweckte“.
Nach seiner Übersiedlung nach Paris verkehrte Graf Šuvalov mit einer Gruppe
russischer Aristokraten, die zur katholischen Kirche übergetreten waren, vor
allem dank des Grafen Joseph de Maistre (1753-1821), der von 1802 bis 1817
Botschafter des Königs von Sardinien in St. Petersburg gewesen war.
Zu ihnen gehörten Sophie Swetschine
(1782-1857), Fürst Iwan Gagarin (1814-1882) und Fürst Theodore Galitzin
(1805-1848). Dieser erkannte die tiefe spirituelle Krise seines Freundes und
half ihm, die Wahrheit zu finden, indem er ihm riet, das Buch „Du Pape“ von Joseph de Maistre zu lesen
und zu meditieren. Nach der Lektüre des Werkes des savoyardischen Grafen
verstand Šuvalov, dass die erste Eigenschaft der Kirche die Einheit ist, und
dass diese eine höchste Autorität erfordert, die keine andere sein kann als der
Papst. „Herr, du sagst: meine Kirche, und nicht meine Kirchen. Andererseits
muss die Kirche die Wahrheit bewahren; aber die Wahrheit ist eine; deshalb kann
die Kirche nur eine sein. (...) Als ich erkannte, dass es nur eine wahre Kirche
geben kann, verstand ich auch, dass diese Kirche universell, d.h. katholisch
sein muss“.
Šuvalov ging jeden Abend nach Notre Dame,
um den Predigten von Pater Francis Xavier de Ravignan (1795-1858) zu lauschen,
einem gelehrten Jesuiten, der sein geistlicher Führer werden sollte. Am 6.
Januar 1843, dem Dreikönigsfest, sagte sich Šuvalov von der Orthodoxie los und
legte in der Chapelle des Oiseaux sein katholisches Glaubensbekenntnis ab. Er
strebte jedoch nach einer tieferen Hingabe an die katholische Sache. Durch
einen jungen italienischen Liberalen, Emilio Dandolo, den er zufällig im Zug
getroffen hatte, lernte er Pater Alessandro Piantoni, Rektor des
Barnabiterkollegs Longone in Mailand, kennen, der ihn 1856 unter dem Namen
Agostino Maria in das Noviziat der Barnabiten in Monza aufnahm.
In dem vom heiligen Antonius Maria Zaccaria (1502-1539) gegründeten Orden fand er ein Umfeld tiefer Spiritualität. Er schrieb an Pater Ravignan: „Ich glaube mich im Paradies. Meine Väter sind Heilige, die Novizen Engel“. Zu den jungen Mitbrüdern gehörte Cesare Tondini de' Quarenghi (1839-1907), der mehr als jeder andere sein geistiges Erbe antreten sollte. Am 19. September 1857 wurde Agostino Šuvalov in Mailand von Monsignore Angelo Ramazzotti, dem künftigen Patriarchen von Venedig, zum Priester geweiht.
Am Tag seiner Priesterweihe, bei der
Erhebung des Kelches, erhob er diese Bitte zu Gott: „Mein Gott, mach mich
würdig, mein Leben und mein Blut in Vereinigung mit dem deinen für die
Verherrlichung der seligen Unbefleckten Jungfrau für die Bekehrung Russlands
hinzugeben“. Dies war der Traum seines Lebens, den er der Unbefleckten Jungfrau
anvertraute, deren Dogma Pius IX. am 8. Dezember 1858 verkündete. In einer
Audienz beim Papst bekundete Pater Šuvalov ihm gegenüber seinen Wunsch, sein
Leben der Rückkehr der Schismatiker in die Kirche von Rom zu widmen. In jener
denkwürdigen Begegnung sprach Pius IX. zu mir über Russland mit jenem Glauben,
jener Hoffnung und jener Überzeugung, die sich auf das Wort Jesu stützen, und
mit jener glühenden Nächstenliebe, die ihn beim Gedanken an seine
fehlgeleiteten Kinder, die armen Waisen, bewegte. Diese Worte des Papstes haben
mein Herz entflammt.
Pater Šuvalov erklärte sich bereit, sein
Leben für die Bekehrung Russlands zu opfern. „Nun denn“, sagte der Heilige
Vater, „wiederhole dreimal am Tag vor dem Kruzifix diese Beteuerung; sei
versichert, dass dein Wille erfüllt wird“. Paris war das Feld seines Apostolats
und seiner Hingabe: Er arbeitete dort unermüdlich, gewann unzählige Seelen und
rief die Gebetsvereinigung für den Triumph der Unbefleckten Jungfrau ins Leben,
die sich für die Bekehrung der östlichen Schismatiker, insbesondere der Russen,
zum katholischen Glauben einsetzte und allgemein als das Werk von Pater Šuvalov
bekannt ist.
Pius IX. genehmigte sie 1862 mit einem
Brief und Pater Cesare Tondini war ihr unermüdlicher Verfechter. Doch Pater
Šuvalov war am 2. April 1859 in Paris gestorben. Er hatte gerade seine
Autobiographie „Meine Bekehrung und meine Berufung“ (Ma conversion et ma
vocation, Paris 1859) fertig gestellt. Das Buch, von dem es im 19. Jahrhundert
Übersetzungen und Nachdrucke gab, wurde in einer neuen italienischen Ausgabe
vorgelegt, die von den Patres Enrico M. Sironi und Franco M. Ghilardotti
herausgegeben wurde (La mia conversione e la mia vocazione, Grafiche Dehoniane,
Bologna 2004), und wir haben unsere Zitate daraus übernommen. Pater Ghilardotti
setzte sich auch dafür ein, dass die sterblichen Überreste von Pater Šuvalov
nach Italien zurückgebracht wurden. Sie ruhen heute in der Kirche San Paolo
Maggiore in Bologna, die 1611 von den Barnabiten erbaut wurde. Am Fuße eines
Altars, der von einer Kopie der Heiligen Dreifaltigkeit von Andrej Rublew, dem
größten Ikonenmaler Russlands, überragt wird, wartet Pater Gregory Augustine
Maria Šuvalov auf die Stunde der Auferstehung.
In
seiner Autobiografie hatte der russische Barnabit geschrieben: „Wenn die
Ketzerei droht, wenn der Glaube schwindet, wenn die Sitten verdorben werden und
die Völker am Rande des Abgrunds einschlafen, dann öffnet Gott, der alles mit
Gewicht, Zahl und Maß anordnet, um sie zu erwecken, die Schätze seiner Gnade;
und nun erhebt er in irgendeinem obskuren Dorf einen verborgenen Heiligen,
dessen wirksames Gebet seinen Arm zur Strafe aufhält. Jetzt lässt er im Universum
ein strahlendes Licht erscheinen, einen Moses, einen Gregor VII., einen
Bernhard; jetzt inspiriert er durch das Zusammentreffen irgendeines wunderbaren
Ereignisses, sei es vorübergehend oder dauerhaft, den Gedanken an eine
Pilgerfahrt oder eine andere neue Andacht, neu vielleicht in der Form, aber
immer alt im Wesen, eine bewegende und heilsame Anbetung. Dies war der Ursprung
der Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, dieses Kultes, der in einem kleinen
Kloster im Dorf Paray-le-Monial inmitten von tausend Widersprüchen geboren
wurde...“.
Dies ist der Ursprung der Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens, um deren Verbreitung die Gottesmutter vor hundert Jahren in einem kleinen Dorf in Portugal bat. In Fatima kündigte die Gottesmutter die Verwirklichung des großen Ideals von Pater Šuvalov an: die Bekehrung Russlands zum katholischen Glauben. Ein außergewöhnliches Ereignis, das unserer Zukunft angehört und das die geheimnisvollen Worte der Heiligen Schrift, die Pater Šuvalov auf seine eigene Bekehrung anwendet, in der Welt zum Klingen bringen wird: „Surge qui dormis, surge a mortuis et iluminabit te Christus“, (Steht auf, die ihr unter den Toten schlaft, und Jesus Christus wird euch erleuchten Eph 5,14).
Diese deutsche Fassung „Russland
wird katholisch sein Teil I“ erschien erstmals in
www.r-gr.blogspot.com
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