Freitag, 2. August 2019

Der amazonische Traum der Synode des Vatikans



Julio Loredo De Izcue
Bei der Amazonas-Synode, die im Oktober in Rom stattfinden wird, geht es ausschließlich um das „Zuhören“. Dieses Wort kommt 45 Mal im Instrumentum laboris vor. Die Synode selbst wird als „Prozess des synodalen Zuhörens“ verstanden, als „privilegiertes Instrument des Zuhörens“, als „dynamischer Prozess des Zuhörens“ (Nr. 1:5). Wem wollen sie wirklich „zuhören“? In Anbetracht Amazoniens als „neues theologisches Thema“ möchte die Synode „diesem Bereich zuhören“, „den Menschen und dem Land zuhören“: „Zuhören bedeutet, anzuerkennen, dass mit Amazonien ein neues Subjekt auf der Weltbühne erscheint.“ (Nr. 2).
Die Synode kehrt damit den zweitausendjährigen Ansatz der Kirche um: Sie will nicht Amazonien evangelisieren, sondern die Kirche „amazonisieren“. Sie sucht nicht eine Missionskirche, sondern eine „hörende Kirche“; nicht eine Kirche, die lehrt, sondern eine Kirche, die lernt (Nr. 144). Sie will kein amazonisches Christentum, sondern „eine Kirche mit amazonischem Gesicht“ (Nr. 7, 110, 111).
Die Synode schafft es, diesen unglaublichen Kraftakt zu vollziehen, indem sie das Konzept der Offenbarung auf den Kopf stellt. In Anlehnung an die indigene Befreiungstheologie unterstellt das Instrumentum laboris, dass es eine der Natur innewohnende primitive Offenbarung gibt, in deren Licht man die Offenbarung Jesu Christi interpretieren sollte. Nach dem Dokument des Vatikans ist Amazonien „ein theologischer Ort, von dem aus man den Glauben lebt; und zugleich besonderer Quellgrund für die Offenbarung Gottes. „Solche Räume sind Orte von „Epiphanie“, von Gotteserfahrung, an denen ein Reservoir von Leben und Weisheit für den Planeten aufzufinden ist, von Leben und Weisheit, die von Gott sprechen.“ (Nr. 19). Während wir Westler uns angeblich verirrt haben, behielten die Eingeborenen den Kontakt zur primitiven Offenbarung: „Das Leben der von der westlichen Zivilisation noch nicht beeinflussten amazonischen Gemeinschaften spiegelt sich in dem Glauben und in den Riten wider, mit denen sie das Wirken der Geister und der auf viele verschiedene Weisen angerufenen Gottheit in und mit Territorium sowie in und mit der Natur wahrnehmen.“ (Nr. 25).
Außerdem: „Die ursprünglichen Völker Amazoniens haben uns viel zu lehren. Wir erkennen an, dass sie seit Tausenden von Jahren Land, Wasser und Wald gehütet und sie sogar bis heute bewahrt haben, damit die gesamte Menschheit sich an den unentgeltlichen Gaben der Schöpfung Gottes erfreuen kann. Die neuen Wege für die Evangelisierung müssen im Dialog mit diesen überlieferten Weisheiten, in denen sich die Samen des Gotteswortes manifestieren, entwickelt werden.“(Nr. 29).
Häuptling Raoni Metuktire
Um diese und ähnliche Aussagen zu untermauern, werden in dem Synodendokument kirchliche Einrichtungen und NGOs erwähnt, die mit sogenannten „indigenen“ Strömungen in Verbindung stehen. Einige Amazonas-Führer, wie der Kayapó-Häuptling Raoni Metuktire, werden ebenfalls mit großer Begeisterung präsentiert. Nach dem Instrumentum laboris sind sie „die Stimme Amazoniens“ (Teil 1).
Die große Frage ist: Vertreten diese Agenturen und Leaders wirklich die Indianer Amazoniens? Sind sie wirklich ihre „Stimme“? Mit anderen Worten, „hört“ die Synode dem realen Amazonien zu oder einem imaginären Amazonien, einem Traum, den die indigenen Strömungen nach bestimmten ideologischen Vorurteilen geschaffen haben?
Kayna Munduruku
„Wir haben anfangs an die NGOs geglaubt, die für die indigenen Völker gesprochen haben, aber jetzt sind wir aufgewacht“, sagt die brasilianische Indianerin Kayna Munduruku, Sprecherin der Fundação Estadual do Indio (Staatliche Stiftung des Indianers), die sich seit Jahrzehnte für die Rechte der amazonischen Völker einsetzt. „Diese selbsternannten ,indigenen‘ Organisationen geben vor, uns zu sagen, wer wir sind“, fährt Kayna fort, doch „wer hat ihnen das Recht gegeben, in unserem Namen zu sprechen? Wir, die Ureinwohner, sind diejenigen, die wissen, wer wir sind. Wir brauchen keine Indigenisten oder Anthropologen. Wir, die Völker des Waldes, wissen, wer wir sind. Ich glaube, dass sich diese indigenen NGOs in Angelegenheiten eingemischt haben, die sie nichts angehen.“
Sie betont dann, dass die europäischen Medien versuchen, um jeden Preis einem Thema auszuweichen: der große Umsatz hinter den NGOs: „Das sind Millionärs-NGOs. Den indigenen Führern, die sich den NGOs angeschlossen haben, geht es aus wirtschaftlicher Sicht sehr gut, während die indigenen Völker selbst in extremer Armut leben. Wir Einheimischen fragen: Warum geben wir so viel Geld an NGOs, wenn es nicht unseren Völkern zugute kommt?“
Die Worte von Kayna Munduruku scheinen durch den außerordentlichen Erfolg, den die vom Institut Plinio Corrêa de Oliveira organisierte „Amazonien Karavane“ verzeichnet, bestätigt zu werden. Es sind ca. vierzig junge Menschen, die durch die Amazonasregionen Brasiliens reisen und Unterschriften für eine Petition an Papst Franziskus sammeln, in der sie ihn auffordert, nicht auf indigene Strömungen zu hören, sondern auf die authentischen Ureinwohner der Region. „Wir wollen unsere katholischen Traditionen und die moralischen Werte unserer Völker bewahren“, heißt es in dem Dokument. Sie sammeln täglich durchschnittlich ein bis zweitausend Unterschriften. Dies zeigt deutlich, wie die Bevölkerung Amazoniens jeden Versuch einer ideologischen Manipulation ablehnt.
Eine ähnliche Karawane ist aus Lima in Richtung peruanisches Amazonasgebiet gefahren und hat eine Pilgerstatue Unserer Lieben Frau von Fatima mitgeführt. Die Karawane reist nicht nur durch mehrere Städte in den Regionen des Amazonas, San Martín und Loreto, sondern besucht auch abgelegene indigene Dörfer, die nur von Pirogen (Kähne) erreicht werden können.
Die beiden Jugendgruppen treffen sich an der Grenze mitten im Wald und beten gemeinsam einen heiligen Rosenkranz für die katholische Erhöhung ihres Kontinents.


Quelle des englischen Originals am: 19.07.2019
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