Freitag, 8. Februar 2019

Der wunderbare Christus von Cartagena de Índias



Die wundersame Geschichte eines geheimnisvoll geschnitzten Kruzifixes einer kolumbianischen Kirche

Pilger strömen nach Cartagena de Indias, um das auffällige Bild zu sehen, das vor mehr als 250 Jahren von einem unbekannten Künstler in Holz geschnitzt wurde, von dem einige sagen, es sei ein Engel gewesen.
Die Geschichte, die von Generation zu Generation weitergegeben und in einigen historischen und kirchlichen Aufzeichnungen festgehalten wurde, wird immer auf dieselbe Weise erzählt. An einem Strand von Cartagena de Índias (einer kolonialen Küstenstadt in Kolumbien) fand eine Gruppe dominikanischer Novizen Mitte des 18. Jahrhunderts ein großes Stück Holz, das sie zu ihrem Kloster mitbrachten, um daraus eine Christusstatue zu schnitzen.
Wie es die Vorsehung fügte, zeigten sie das Holz einem älteren Mann, der sich damals im Kloster aufhielt und sich als ein Holzbildhauer aus Florenz (Italien) vorgestellt hatte. Allerdings waren die Dimensionen des Holzstücks für den Künstler nicht zufriedenstellend, und er befahl den Novizen, das Holz zurück ins Meer zu werfen und nach einem anderen zu suchen, das für ein lebensgroßes Kruzifix angebrachter wäre.
Ein paar Tage später fanden die jungen Studenten — deren Namen unbekannt geblieben sind — dasselbe Stück Holz am Strand, aber unerklärlicherweise war es größer geworden. Dieses Mal wurde es vom Bildhauer akzeptiert, der nur zwei Bedingungen für die Durchführung seiner Arbeit verlangte. Die erste bestand darin, dass sie ihn alleine in einem bestimmten Raum stillschweigend arbeiten lassen sollten - eigentlich eine der Mönchszellen im Kloster. Die zweite Bedingung war, dass ihm seine Mahlzeiten durch ein kleines Fenster in der Tür dieses Zimmers gereicht wurden.
Einige Tage lang hörten die Mönche und Novizen des Priesterordens nur, wie die Säge das Holz durchtrennte, die Meißel die Skulptur belebten und die Furchen die Details ausschnitten. Sie sahen nichts von dem namenlosen Künstler als seine schwieligen Hände, wenn er seine Nahrung und sein Wasser erhielt — der, der Legende nach, hungrig und in Lumpen gekleidet in jener Stadt angekommen war, die der wichtigste spanische Hafen Amerikas war. Niemand sprach mit ihm oder sah sein Gesicht oder beobachtete, wie er den Leichnam Christi aus diesem wertlosen Holzbalken geformt hat.
Zwei Wochen später hörte das Geräusch der Werkzeuge auf, das Türfenster öffnete sich nicht mehr und die Erwartung, die die Religionsgemeinschaft in den ersten Tagen gehabt hatte, wurde besorgniserregend. Laut Atilio Otero, einem Kulturforscher, müssen „die Religiösen sehr nervös gewesen sein, denn nach nur wenigen Stunden, in denen sie nichts im Raum hörten, beschlossen sie, die Tür aufzubrechen, um zu sehen, ob der Bildhauer noch lebte oder tot war.“
Otero erzählte, dass sie etwas Außergewöhnliches gefunden hätten: ein fast zwei Meter hohe, dunkle Figur mit hellen Reflexen, das ein kraftvolles Bild von Jesus darstellt, der im Moment des Höhepunkts seines Leidens in die Ewigkeit blickt. Neben der Statue Christi wurden weder Werkzeuge gefunden noch der Künstler des Werkes; das Essen, das zwei Wochen lang jeden Tag zur Verfügung gestellt wurde, blieb unberührt. Laut einer von San Pablo Publishers herausgegebenen Broschüre hat das Verschwinden des Künstlers — so rätselhaft wie seine Ankunft — „die Legende beflügelt, dass es tatsächlich ein Engel gewesen sei, der von Gott gesandt wurde, um das verehrungswürdige Bild zu schaffen.“
Glaube und Tradition
Beschreibungen des Bildes — eines von vielen Symbolen dieser Stadt, die zum Weltkulturerbe erklärt wurde — ziehen Kolumbianer und Ausländer an, die die Kolonialkirche des hl. Dominikus besuchen, um zu sehen, ob das geheimnisvoll geschnitzte Kruzifix der verbreiteten Bewunderung würdig sei.
Gustavo Arango, ein berühmter kolumbianischer Journalist und Schriftsteller, sagte in einem 1992 veröffentlichten Artikel, dass der Christus-Statue „die Wunde in der Seite fehlt. Nicht einmal Blut ist dargestellt. Dieser Christus sieht nicht einmal gedemütigt aus. Sein Kopf ist nicht nach vorne gebeugt. Er hebt seine Augen von der Erde ab, weit weg von seinen Henkern und denen, die zu ihm beten. Er scheint einen geheimnisvollen Dialog zu führen, den man nicht verstehen kann.“
Es stellt — wie nur wenige Kunstwerke — den exakten Moment des Todes, die letzte Anspannung von Muskeln und Sehnen, den letzten Krampf eines Körpers vor dem er sich selbst aufgegeben hat dar. Es ist der Blick eines Menschen, der seine letzte Schauung gesehen hat, den letzte Atemzug aus der Brust des emotional starken und verehrten Cristo de la Expiración. 
Vicente Silva Vargas | 19. Januar 2019

Quelle Text (englisch)und Bilder: Aleteia

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