Sonntag, 20. September 2015

Vorrangige Option für die Familie XIII - Die Rolle der übernatürlichen Gnade


XIII. Die Rolle der übernatürlichen Gnade im Hinblick auf die Keuschheit in der Familie


95. FRAGE: Der moderne Mensch scheint unfähig, Verantwortung zu übernehmen, die das ganze Leben lang andauert; daher erscheint die unauflösliche und monogame Ehe den meisten heute undurchführbar. Ist es da nicht utopisch, wenn die Kirche von den Familienmitgliedern die Tugenden der Treue und der Keuschheit verlangt?

ANTWORT: Gott verlangt vom Menschen nichts, was diesen überfordern würde. Wenn die natürlichen Kräfte nicht ausreichen, spendet die Vorsehung übernatürliche Kräfte, die ihn befähigen, seine Aufgabe zu bewältigen. Unser Herr Jesus Christus verlangt von den Eheleuten, den Eltern, den Kindern nichts Unmögliches; er gibt ihnen zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausreichende Gnaden.
„Die Würde und die Verantwortung der christlichen Familie als Hauskirche können nur mit der beständigen Hilfe Gottes gelebt werden; wer sie in Demut und Vertrauen erbittet, dem wird sie auch zuteil“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris consortio, Nr. 59).


96. FRAGE: Wie ist es möglich, ein keusches Leben zu führen?

ANTWORT: „Alle, die an Christus glauben, sind berufen, ihrem jeweiligen Lebensstand entsprechend ein keusches Leben zu führen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2348) Die Kirche lehrt, dass die absolute Keuschheit sowohl außerhalb als auch in der Ehe der Natur entspricht und deshalb theoretisch möglich ist. Doch wegen der Erbsünde ist dauerhafte Keuschheit nur mit Hilfe der Gnade möglich, die eine schwere Aufgabe leicht macht: „denn gut zu tragen ist mein Joch, und meine Bürde ist leicht“, sagt Jesus (Mt 11,30). Wenn einmal die Gewohnheit der Unzucht überwunden und durch die Keuschheit ersetzt ist, wird sie zu einer Tugend, die man mit Freude praktizieren kann.
„Die Keuschheit erfordert den Erwerb der Selbstbeherrschung, die eine Erziehung zur menschlichen Freiheit ist. Die Alternative ist klar: Entweder ist der Mensch Herr über seine Triebe und erlangt so den Frieden, oder er wird ihr Knecht und somit unglücklich“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2339)


97. FRAGE: Wenn auch die Keuschheit theoretisch möglich scheint - wie kann man sie in unserer von Pansexualität geprägten Zeit in der Praxis noch verlangen?

ANTWORT: Keusch zu sein war schon immer schwer und es ist heute, in der modernen Gesellschaft, in der die Unzucht in Umwelt, Kultur und Medien geradezu beworben wird, noch schwerer geworden. Mehr denn je müssen die Gläubigen heute gegen den Strom schwimmen, um die Keuschheit zu bewahren. Dazu ist im Besonderen die Hilfe der göttlichen Gnade durch Gebet, Askese und Buße notwendig. Aber gerade deswegen – das kann man gar nicht oft genug wiederholen -  ist ein Leben in Keuschheit heute verdienstvoller und lohnender als je zuvor.
„Die Würde des Menschen verlangt daher, dass er in bewusster und freier Wahl handle, das heißt personal, von innen her bewegt und geführt und nicht unter blindem innerem Drang oder unter bloßem äußerem Zwang. Eine solche Würde erwirbt der Mensch, wenn er sich aus aller Knechtschaft der Leidenschaften befreit und sein Ziel in freier Wahl des Guten verfolgt sowie sich die geeigneten Hilfsmittel wirksam und in angestrengtem Bemühen verschafft“ (Gaudium et Spes, Nr. 17).


98. FRAGE: Wie soll es den Eheleuten möglich sein, in ehelicher Keuschheit zu leben?

ANTWORT: Die eheliche Keuschheit ist keine unerfüllbare Forderung; sie ist vielmehr die Bedingung für eine gesunde und gedeihliche Ehe und Familie, und damit auch eine Wohltat für die Gesellschaft.
„Dieses nachdrückliche Bestehen auf der Unauflöslichkeit des Ehebandes hat Ratlosigkeit hervorgerufen und ist als eine unerfüllbare Forderung erschienen. Jesus hat jedoch den Gatten keine untragbare Last aufgebürdet (vgl. Mt 11,29-30). (…) Durch die Wiederherstellung der durch die Sünde gestörten anfänglichen Schöpfungsordnung gab er selbst die Kraft und die Gnade, die Ehe in der neuen Gesinnung des Reiches Gottes zu leben“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1615).


99. FRAGE: Scheint es nicht eindeutig, dass das Thema Familie eine verlorene Sache ist, und dass es schon längst zu spät ist, noch etwas zu tun?

ANTWORT: Es gibt sehr viel zu tun und es sollte dringend getan werden! Anstatt die Situation zu beklagen und sich mit dem Schlimmsten abzufinden, ist es Zeit, dass die Christen sich an die Arbeit machen, um den verlorenen Boden mit allen Mitteln wieder zurückzugewinnen – „alles vermag ich in dem, der mich stärkt“ (Phil 4,13).
„Liebe zur Familie bedeutet, ihre Werte und Möglichkeiten zu schätzen und stets zu fördern. Liebe zur Familie bedeutet, die ihr drohenden Gefahren und Übel wahrzunehmen und zu bekämpfen. Liebe zur Familie bedeutet ferner, an der Schaffung einer Umgebung mitzuwirken, die ihre Entfaltung begünstigt. In ganz besonderer Weise schließlich zeigt sich diese Liebe, wenn man der christlichen Familie von heute, die oft zu Mutlosigkeit versucht und durch die vermehrten Schwierigkeiten verängstigt ist, wieder Vertrauen zu sich selbst gibt, zu ihrem Reichtum von Natur und Gnade, zu der Sendung, die Gott ihr übertragen hat“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 86).


100. FRAGE: Was ist also zu tun?

ANTWORT: „Bei dieser Gelegenheit wollen Wir die Erzieher und alle, die für das Gemeinwohl der menschlichen Gesellschaft verantwortlich sind, an die Notwendigkeit erinnern, ein Klima zu schaffen, das geschlechtlich zuchtvolles Verhalten begünstigt. So überwindet wahre Freiheit Ungebundenheit durch Wahrung der sittlichen Ordnung. (…) Daher richten Wir das Wort an die Regierungen, denen vor allem die Verantwortung für den Schutz des Gemeinwohls obliegt und die so viel zur Wahrung der guten Sitten beitragen können: Duldet niemals, dass die guten Sitten eurer Völker untergraben werden; verhindert unter allen Umständen, dass durch Gesetze in die Familie, die Keimzelle des Staates, Praktiken eindringen, die zum natürlichen und göttlichen Gesetz im Widerspruch stehen“ (sel. Paul VI., Humanae Vitae, Nr. 22-23).

Wir schließen dieses Dokument mit dem Hinweis, dass die Familie von Nazareth das Vorbild für die Familie schlechthin ist, weil sie die Gemeinschaft der Liebe verwirklicht, die die wahre und heilige Aufgabe der Familie ist. Zur Rettung der Familie haben die Päpste die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu empfohlen. Wenn dieser Empfehlung Folge geleistet wird, wird Gott den Familien in Not mit seiner allmächtigen Gnade zu Hilfe kommen, die Muttergottes wird ihnen beistehen mit mütterlichem Schutz, und die Kirche wird ihnen helfen mit Wort und Gebet, mit den Sakramenten und mit aktiver Nächstenliebe.


ENDE


Vorrangige Option für die Familie XII - Die Rolle der Barmherzigkeit in Familienfragen

XII. Die Rolle der Barmherzigkeit in Familienfragen


93. FRAGE: Heutzutage herrscht so viel Unwissenheit über die Ehe, ihren Zweck und die Pflichten, die mit ihr verbunden sind; bedeutet das nicht, dass der Großteil der heute geschlossenen Ehen als ungültig zu betrachten ist?

ANTWORT: Die Unwissenheit sollte durch eine gründliche und ernsthafte Vorbereitung auf die Ehe bekämpft werden, die auch die Lehre der Kirche behandelt. Es ist wirklich merkwürdig, dass viele, die heute auf Grund der allgemeinen Unwissenheit eine Lockerung der Sittenlehre der Kirche verlangen, die gleichen sind, die einst die Lockerung der moralischen Erziehung verteidigt haben, die gerade zu dieser Unwissenheit geführt hat.
„Die rechtzeitige Vorbereitung auf die Ehe ist äußerst wichtig, und sie sollte begonnen werden, bevor junge Menschen das Alter erreicht haben, in dem es in ihrer jeweiligen Gesellschaft üblich ist, sexuell aktiv werden; in der westlichen Welt müsste das vor der Teenagerzeit getan werden. (…) Sicherlich ist die Aufgabe der Kirche, Wunden zu verbinden und zu heilen, aber wie jeder gute Arzt weiß, ist Prävention die beste Medizin. Jugendliche sind sehr viel offener dafür, sich mit der Tugend der Keuschheit auseinanderzusetzen, als allgemein angenommen wird“ (Stephan Kampowski, Ein in der Zeit gelebtes Leben, in Pérez-Soba und Kampowski, a.a.O., S. 118)


94. FRAGE: Müsste eine Pastoral, die in erster Linie durch Barmherzigkeit geprägt ist, den Prozess der Nichtigkeitserklärung der Ehe nicht erleichtern?

ANTWORT: Nach Meinung des bedeutenden Kirchenrechtlers Kardinal Raymond Leo Burke garantiert das aktuelle Ehenichtigkeitsverfahren den Parteien volle Gerechtigkeit, so dass keine Notwendigkeit besteht, seine gegenwärtige Struktur zu ändern. (vgl. Kardinal Raymond Leo Burke, Das kanonische Ehenichtigkeitsverfahren als Mittel zur Wahrheitssuche, in In der Wahrheit Christi bleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, Kap.9).
Natürlich besteht die pastorale Lösung in erster Linie darin, sicherzustellen, dass die Ehen in bewusster und gültiger Form geschlossen werden und eventuelle Ehenichtigkeitsverfahren für alle, auch für die weniger gebildeten Schichten, zugänglich gemacht werden. Es ist aber nicht ratsam, die Gültigkeit vieler Ehen in Frage zu stellen, um eine kleine Minderheit von wiederverheirateten Geschiedenen zufrieden zu stellen, die die Kommunion empfangen wollen, ohne ihren Status zu ändern.
„Liebe ohne Gerechtigkeit ist keine Liebe, sondern nur eine Fälschung, weil die Liebe selbst jene Objektivität verlangt, die typisch ist für die Gerechtigkeit und die nicht mit unmenschlicher Kälte verwechselt werden darf. Diesbezüglich gilt, was mein ehrwürdiger Vorgänger, Johannes Paul II., in seiner feierlichen Ansprache über die Beziehungen zwischen Pastoral und Recht festgestellt hat: ,Der Richter muss sich daher immer vor der Gefahr hüten, falsch verstandenes Mitleid zu üben, das in Sentimentalität versinken würde und nur scheinbar pastoral wäre‘(18. Januar 1990, in O.R. dt., Nr. 5, 2.2.1990, S. 10, Nr. 5). Wir müssen pseudopastorale Ausflüchte vermeiden, die diese Fragen auf einer rein horizontalen Ebene ansiedeln, auf der es darum geht, subjektive Forderungen zufrieden zu stellen, um um jeden Preis eine Erklärung der Nichtigkeit zu erreichen – unter anderem zu dem Zweck, Hindernisse auszuräumen, die dem Empfang des Sakraments der Buße und der Eucharistie im Wege stehen. Das hohe Gut der Wiederzulassung zur eucharistischen Kommunion nach der sakramentalen Versöhnung erfordert dagegen, das wahre Wohl der Personen im Auge zu haben, das untrennbar mit der Wahrheit ihrer kirchenrechtlichen Situation verbunden ist. Es wäre ein fiktives Wohl und ein schwerwiegender Mangel an Gerechtigkeit und Liebe, wenn man ihnen dennoch den Weg zum Empfang der Sakramente ebnen würde. Und es würde auch die Gefahr bergen, diese Menschen in objektivem Gegensatz zur Wahrheit ihrer persönlichen Situation leben zu lassen.“ (Benedikt XVI., Ansprache an die Mitglieder des Gerichtshofs der Römischen Rota am 29. Januar 2010).

Fortsetzung: Vorrangige Option für die Familie XIII

Samstag, 19. September 2015

Vorrangige Option für die Familie XI - Einige „Schlüssel-Wörter“ der synodalen Debatte


XI. Einige „Schlüssel-Wörter“ der synodalen Debatte


DIE „ZAUBERWORTE“


83. FRAGE: Ein Dokument der Synode wies darauf hin, dass es in der kirchlichen Pastoral auch eine „Umkehr der Sprache“ (Relatio post disceptationem, Nr. 33) geben müsse. Während und nach der Synode konnte man in der Debatte über die Lage der Familie eine Betonung bestimmter Schlüsselwörter bemerken, die dem behandelten Thema eine gewisse ideologische Note gaben. Zum Beispiel warf die Synode schon in ihrem Vorbereitungsdokument Nr. 1 ein Licht auf „die breite Aufnahme, die heutzutage die Lehre über die göttliche Barmherzigkeit und die Zärtlichkeit gegenüber den verletzten Menschen an den existentiellen und geographischen Peripherien erfährt“. Was ist von diesen Schlüsselwörtern zu halten?

ANTWORT: „Verletzte Menschen“, „Barmherzigkeit“, „Aufnahme“, „Zärtlichkeit“, „Vertiefung“ sind Beispiele von Wörtern, die einseitig und vereinfacht gebraucht werden und die so eine Art Talisman-Wirkung haben können. (Wir nennen sie hier „Zauberworte“.)


84. FRAGE: Was sind diese „Zauberworte“?

ANTWORT: Ein „Zauberwort“ ist ein an sich legitimer Begriff mit stark emotionalem Inhalt, der wegen seiner Flexibilität ausgewählt wird und der unterschiedliche Bedeutungen aufnehmen kann, entsprechend den Kontexten, in denen er angewendet wird. Die „Elastizität“ der Bedeutung dieser Begriffe ermöglicht einen propagandistischen Gebrauch, und macht sie anfällig für eventuellen Missbrauch für ideologische Zwecke.
Ein „Zauberwort“ ist zum Beispiel ein nützliches Instrument, um eine „unbemerkte ideologische Umwandlung“ durchzuführen, das heißt, einen Prozess, der die Mentalität des „Patienten“ verändert, ohne dass dieser bemerkt, dass er von einer legitimen Position zu einer illegitimen übergeführt wird. Manipuliert durch die Propaganda erhält das „Zauberwort“ Bedeutungen, die sich immer mehr den ideologischen Positionen nähert, zu denen es den „Patienten“ hinführen will. (vgl. Plinio Corrêa de Oliveira, Unbemerkte ideologische Umwandlung und Dialog“, deutsch bei Editora Vera Cruz Ltda., São Paulo, Brasilien, 1967, 3. Kapitel; siehe auch Warwick Neville, Manipolazione del linguaggio [Manipulation der Sprache], in Lexicon, S. 630-639).
Dieses Verfahren ist leicht anzuwenden, auch im klerikalen Umfeld. Der Gebrauch gewisser Begriffe kann die Gläubigen so beeinflussen, dass sie ein moralisches Urteil durch ein sentimentales Urteil ersetzen, oder ein substantielles Urteil durch ein formelles, sodass am Ende dann Dinge, die zuvor als verwerflich betrachtet wurden, dann als gut oder annehmbar akzeptiert werden.
  

DIE „VERTIEFUNG“


85. FRAGE: Gibt es Beispiele von „Zauberwörtern“, die auf der Synode gebraucht wurden?

ANTWORT: Wir haben den Fall des Wortes „Vertiefung“. Im gängigen Sprachgebrauch bedeutet es ein besseres Verständnis eines Begriffs oder einer Realität, um deren Grundlagen zu verstehen. In der Propaganda der Massenmedien jedoch wird es gebraucht, um Änderungen in der Beurteilung eines Begriffs oder einer Realität – im permissiven Sinn - zu bezeichnen, bis sogar die jeweiligen Fundamente geleugnet werden.
„Die sogenannten ,Vertiefungen‘ sind also, nach den Absichten derer, die sie erreichen wollen, wesentliche Änderungen in der bisher vom kirchlichen Lehramt weitergegebenen Lehre, die man besser als Bruch mit der Tradition bezeichnen sollte. Es handelt sich um kleine Schritte in Richtung neuer Regeln, die die Struktur der kirchlichen Disziplin als solche revolutionieren und damit einen wahren Bruch mit der Lehre des Lehramts herbeiführen würden. (…) Ich finde den Gebrauch der Bezeichnung ,Vertiefung‘ ziemlich heuchlerisch, weil es in Wirklichkeit um eine Reform der Kirche geht, die am Ende die dogmatischen Fundamente ihres Glaubens und ihrer Disziplin außer Kraft setzen würde“ (Msgr. Antonio Livi, ehem. Rektor der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Lateran Universität, Approfondimento della dottrina? No, è tradimento [Vertiefung der Lehre? Nein, das ist Verrat], La nuova Bussola Quotidiana, 21. Dezember 2014).


86. FRAGE: Könnte man vielleicht sagen, dass die gegenwärtige Lage der Gleichgültigkeit gegenüber dem katholischen Glauben es verlangt, dass die Wahrheit und die moralischen Regeln stufenweise vorgeschlagen und angewendet werden, nach Maßgabe des Gewissens des Einzelnen oder des Publikums?

ANTWORT: Die fortschreitende Kenntnis des Sittengesetzes befreit den Gläubigen nicht von der Pflicht, es vollständig zu kennen und zu praktizieren.
„Jedoch können sie (die Ehegatten) das Gesetz nicht als ein reines Ideal auffassen, das es in Zukunft einmal zu erreichen gelte, sondern sie müssen es betrachten als ein Gebot Christi, die Schwierigkeiten mit aller Kraft zu überwinden. Daher kann das sogenannte ‚Gesetz der Gradualität‘ oder des stufenweisen Weges nicht mit einer ‚Gradualität des Gesetzes‘ selbst gleichgesetzt werden, als ob es verschiedene Grade und Arten von Gebot im göttlichen Gesetz gäbe, je nach Menschen und Situationen verschieden.“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 34).
  
DIE „VERLETZTEN MENSCHEN“


87. FRAGE: Und wer wären die „verletzten Menschen“?

ANTWORT: In der aktuellen Debatte bezieht sich diese Formulierung auf Menschen, die im Stand der schweren und öffentlichen Sünde leben: unverheiratet Zusammenlebende, wiederverheiratete Geschiedene, homosexuelle Paare usw. Dadurch, dass man sie als „verletzt“ bezeichnet, umgeht man ein moralisches Urteil, indem man nur einen Aspekt ihrer konkreten Situation hervorhebt, der zwar richtig, aber zweitrangig ist. Also bezeichnet man sie mit einem Begriff, der Mitleid erzeugen soll: es sind ja nur „verletzte Personen“, vielleicht unschuldige Opfer, denen man keine schwere Schuld auferlegen darf.
Angesichts einer „verletzten Person“ ist natürlich die normale Reaktion, sich ihr zu nähern, um zu helfen. In unserem Fall wird, um das psychologische Leid der jeweiligen Person nicht weiter zu verschlimmern, auf diese Weise jegliches moralische Urteil als unangebracht zurückgewiesen. Statt dessen wird empfohlen, diesen Personen mit einem Gefühl von „Barmherzigkeit“ und „Zärtlichkeit“ entgegenzukommen, als einzige Basis für eine Bewertung ihrer Situation und damit für eine ihr angemessene Pastoral. Am Ende dieses Prozesses besteht die Gefahr, dass vor lauter Mitleid der sündhafte Zustand auch noch gerechtfertigt wird. Das bedeutet eine Änderung der Grundwerte der kirchlichen Lehre, alles, um der „verletzten Person“ nicht noch mehr Leid zuzufügen.


88. FRAGE: Ist dies nicht genau die in dem bekannten Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ empfohlene Haltung?

ANTWORT: Im Gegenteil. Das schöne Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ wird hier missverstanden. Wenn es nach der heutigen dominierenden Mentalität ausgelegt würde, würde es tatsächlich zu einem paradoxen Ergebnis führen. Der helfende Samariter wäre demnach so bemüht, weitere Leiden des Verwundeten zu verhindern, die Schwere seiner Verletzungen zu verharmlosen und ihn vor schmerzhaften Behandlungen zu bewahren, die seine Heilung herbeiführen könnten, dass er sich nur darum kümmern würde, schmerzlindernde Medikamente zu verabreichen. Damit würde er ein vorübergehendes Leiden in ein chronisches verwandeln. Um den Verwundeten nicht mit Schuldgefühlen zu beunruhigen, würde der Helfer ihm auch nicht empfehlen, den gefährlichen Weg, auf dem er überfallen wurde, in Zukunft zu meiden; der Ärmste, schlecht gepflegt und schlecht beraten, liefe daher Gefahr, dasselbe noch einmal zu erleben.


DIE „BARMHERZIGKEIT“


89. FRAGE: Ein anderes, in der Synodendebatte häufig verwendetes Schlüsselwort war „Barmherzigkeit“. Wenn Gott den Sündern immer vergibt, sollte da nicht auch die Kirche Barmherzigkeit walten lassen und ihre Strenge im Hinblick auf den Zugang von Menschen, die in ungeordneten Verhältnissen leben, zu den Sakramenten etwas mildern?

ANTWORT: „Dies greift als sakramentaltheologisches Argument zu kurz. Die gesamte sakramentale Ordnung ist ein Werk göttlicher Barmherzigkeit und kann nicht durch Berufung auf das Prinzip, auf das sie sich stützt, aufgehoben werden. Durch die sachlich falsche Berufung auf die Barmherzigkeit besteht zudem die Gefahr einer Banalisierung des Gottesbildes, wonach Gott nichts anderes vermag als zu verzeihen. Zum Geheimnis Gottes gehören neben der Barmherzigkeit auch seine Heiligkeit und Gerechtigkeit. Wenn man diese Eigenschaften Gottes unterschlägt und die Sünde nicht ernst nimmt, kann man den Menschen letztlich auch nicht seine Barmherzigkeit vermitteln. (…) Die Barmherzigkeit Gottes ist keine Dispens von den Geboten Gottes und den Weisungen der Kirche“ (Kardinal Gerhard Müller, Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Debatte in Bezug auf die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente, in In der Wahrheit Christi verbleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, S. 127).
„,Barmherzigkeit‘ ist ein weiteres Wort, das leicht missverstanden werden kann (…) Da sie mit der Liebe zusammenhängt, wird die Barmherzigkeit, gleich der Liebe, gegen das Recht und die Gerechtigkeit ausgespielt. Aber man weiß genau, dass es keine Liebe ohne Gerechtigkeit und Wahrheit gibt, dass es keine Liebe gibt, wenn man gegen die Gesetze handelt, seien es göttliche oder menschliche. Der hl. Paulus entgegnet denjenigen, die seine Aussagen über die Liebe falsch interpretiert haben, dass „die Regel die Liebe (ist), die die Werke des Gesetzes vollbringt“ (Gal 5,14). (…) Angesichts des göttlichen Gesetzes gibt es keinen Widerspruch zwischen Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, Strenge des Gesetzes und Barmherzigkeit der Vergebung. (…) Die Befolgung eines göttlichen Gesetzes kann nicht als der Liebe und Barmherzigkeit zuwiderlaufend dargestellt werden. Jedes Gebot Gottes, selbst das strengste, enthält das Antlitz der göttlichen Liebe, wenn auch nicht immer der barmherzigen Liebe. Das Gebot der Unauflöslichkeit der Ehe und der ehelichen Keuschheit ist eine Gabe Gottes und kann nicht als Gegensatz zur Barmherzigkeit Gottes gesehen werden. (…) Im konkreten Fall ist die missbräuchliche Anrufung der Barmherzigkeit nichts weiter als eine Übertretung des göttlichen Gesetzes“ (Kardinal Velasio de Paolis, Vortrag a.a.O , SS 27 und 22).


90. FRAGE: In den Diskussionen rund um die Synode führt die Betonung der Barmherzigkeit dazu, dass irreguläre Situationen nicht mehr vom Standpunkt von Recht und Pflicht, sondern vom Standpunkt des Verständnisses und der Vergebung aus betrachtet werden, „nicht aus dem Blickwinkel eines moralischen Urteils, sondern aus der Sicht der Verletzlichkeit der Personen“ (Zitat aus den Schriften der heterodoxen Lobby, die sich „Wir sind Kirche“ nennt). Wäre dies nicht eine authentisch christliche Sichtweise?

ANTWORT: Die Kirche kann sich nicht wie ein Schwindler benehmen, der Leidende betrügt, indem er ihnen einen Trank anbietet, der die Schmerzen weniger spürbar, die Krankheit aber schlimmer macht. Die Kirche ist vielmehr verpflichtet, dem Beispiel des guten Samariters, der Christus darstellt, zu folgen und wie ein weiser Arzt zu handeln, der die seelisch Kranken und Verwundeten wirklich heilen will, indem er die wirkungsvollste, wenn auch schmerzhafte, Medizin verwendet, die den Leidenden von den Gebrechen heilt und vor Rückfällen schützt. Das setzt voraus, dass die Kirche den Patienten die Schwere und Ernsthaftigkeit ihrer Krankheit nicht verheimlicht und auch deren Verantwortung nicht verharmlost, sondern ihnen vielmehr Augen und Herzen öffnet, bevor sie ihre Wunden schließt.
Gewiss muss die Heilung schonend sein, das heißt, die Verletzlichkeit der Person muss berücksichtigt werden. Aber eine solche Vorsicht muss immer noch in erster Linie die Heilung im Auge haben, anstatt sie zu verhindern, in der Illusion mit palliativen Mitteln einem Kranken helfen zu können, der die Arznei, die ihm wirklich helfen könnte, ablehnt. Man darf auch nicht die Verletzlichkeit eines Kranken, der unter einer schmerzhaften Therapie leidet, mit der Empfindlichkeit dessen verwechseln, der die Heilung verweigert.
„Der Weg der Kirche (…) ist immer der Weg Jesu: der Weg der Barmherzigkeit und der Eingliederung. Das bedeutet nicht, die Gefahr zu unterschätzen oder die Wölfe in die Herde eindringen lassen, sondern den verlorenen reuigen Sohn aufzunehmen, entschieden und mutig die Verletzungen der Sünde zu heilen“ (Papst Franziskus, Predigt am 15. Februar 2015 zum Abschluss des Konsistoriums).


91. FRAGE: In der synodalen Debatte ist die „Barmherzigkeit“ das leitende Kriterium für die Pastoral geworden. Sollte dieses Kriterium nicht über die Forderungen der Sittenlehre gestellt werden, so dass deren Bewertung dadurch verändert werden kann?

ANTWORT: Die Barmherzigkeit kann über die Gerechtigkeit siegen, aber sie kann ihr nicht zuwiderlaufen, weil sie dann ungerecht wäre. Sie kann auch nicht die Wahrheit leugnen, weil sie dann falsch wäre. Außerdem kann sie, gerade weil sie sich auf der praktischen Ebene befindet, auch nicht in die Lehre eingreifen, was bedeutet, dass sie das moralische Urteil über eine Verhaltensweise nicht beeinflussen kann. Andernfalls fiele eine solche „Barmherzigkeit“ unter die bekannte biblischen Verurteilung: „Wehe jenen, die das Böse als Gut, das Gut als Böse bezeichnen, die Finsternis als Licht und Licht als Finsternis hinstellen, die Bitter als Süß und Süß als Bitter hinstellen!“ (Is 5,20).
„Man darf die Liebe nicht mit der Barmherzigkeit identifizieren. Diese ist sicher ein Aspekt der Liebe und ist Liebe, indem sie das Gute mitteilt, das jedes Böse beseitigt. Die Liebe kann sich aber auch dadurch ausdrücken – und in einigen Fällen muss sie es tun –, dass sie die Barmherzigkeit verweigert, wenn diese als eine wohlwollende  Duldung oder, schlimmer noch, als eine Billigung [des Bösen] verstanden wird“ (Kardinal Velasio De Paolis, Vortrag, S. 22)
 „Die Barmherzigkeit als Tugend ist mit der Gerechtigkeit keineswegs unvereinbar. (…) Wir dürfen keine ungerechte Barmherzigkeit walten lassen, denn das wäre eine völlige Verfälschung der göttlichen Offenbarung. (…) Eine ungerechte Handlung ist somit nie barmherzig. Die Barmherzigkeit unterscheidet sich vom bloßen Mitleid dadurch, dass die Barmherzigkeit, ,das Elend des anderen beseitigen will‘; oder mit anderen Worten, die Barmherzigkeit bekämpft aktiv das Böse, in dem der Mensch verfangen ist. Ein falscher Trost, der darin besteht, eine Sünde als ,lässlich‘ zu bezeichnen, stellt keine Barmherzigkeit dar, wenn man denjenigen, der davon betroffen ist, nicht von dem Übel erlöst. (…) Das Erbarmen kommt aus der Liebe zu der Person, um sie vom Übel der Untreue zu erlösen, die sie bedrückt und die sie an einem Leben in Vereinigung mit Gott hindert. Das ist etwas völlig anderes, als die Untreue ohne eine innere Erneuerung durch die Gnade einfach zuzulassen, so, als würde Gott unsere Sünden zudecken, ohne unser Herz durch Reinigung zu bekehren. Es handelt sich hierbei um einen wichtigen dogmatischen Unterschied zwischen der katholischen und der lutherischen Rechtfertigungslehre“ (J. J. Pérez-Soba, Die Wahrheit des Ehesakraments, in Pérez-Soba und Kampowski, a.a.O. SS. 66-69).


92. FRAGE: Sollte die Kirche nicht weniger als strenge Lehrmeisterin und Richterin, sondern vielmehr in erster Linie als eine barmherzige Mutter erscheinen?

ANTWORT: „Auch auf dem Gebiet der ehelichen Moral handelt die Kirche als Lehrerin und Mutter. Als Lehrerin wird sie nicht müde, die sittliche Norm zu verkünden, welche die verantwortliche Weitergabe des Lebens bestimmen muss. Diese Norm ist nicht von der Kirche geschaffen und nicht ihrem Gutdünken überlassen. In Gehorsam gegen die Wahrheit, die Christus ist, (…) interpretiert die Kirche die sittliche Norm und legt sie allen Menschen guten Willens vor, ohne ihren Anspruch auf Radikalität und Vollkommenheit zu verbergen. Als Mutter steht die Kirche den vielen Ehepaaren zur Seite, die in diesem wichtigen Punkt sittlichen Lebens Schwierigkeiten haben. (…) Aber es ist die eine Kirche, die zugleich Lehrerin und Mutter ist. Deswegen hört die Kirche niemals auf, aufzurufen und zu ermutigen, die eventuellen ehelichen Schwierigkeiten zu lösen, ohne je die Wahrheit zu verfälschen oder zu beeinträchtigen.(…) Darum muss die konkrete pastorale Führung der Kirche stets mit ihrer Lehre verbunden sein und darf niemals von ihr getrennt werden. Ich wiederhole deshalb mit derselben Überzeugung die Worte meines Vorgängers: ,In keinem Punkte Abstriche an der Heilslehre Christi zu machen, ist hohe Form seelsorglicher Liebe‘“(hl. Johannes  Paul II.,  Familiaris Consortio, Nr. 33).
Ferner, wenn nichts von der Heilslehre Christi zu unterschlagen eine hervorragende Ausdrucksform der Liebe ist, so muss dies immer mit Duldsamkeit und Liebe verbunden sein; dafür hat der Herr selbst durch sein Wort und Werk den Menschen ein Beispiel gegeben. Denn obwohl er gekommen war, nicht um die Welt zu richten, sondern zu retten, war er zwar unerbittlich streng gegen die Sünde, aber geduldig und barmherzig gegenüber den Sündern“ (sel. Paul VI.,  Humanae Vitae, 29).


 Fortsetzung: Vorrangige Option für die Familie XII

Vorrangige Option für die Familie X - Homosexualität und homosexuelle Verbindungen


X. Homosexualität und 
homosexuelle Verbindungen


78. FRAGE: Homosexuelle Neigungen scheinen eine natürliche Veranlagung zu sein; ist ihre Befriedigung daher nicht etwas Legitimes?

ANTWORT: „Die spezifische Neigung der homosexuellen Person ist zwar in sich nicht sündhaft, begründet aber eine mehr oder weniger starke Tendenz, die auf ein sittlich betrachtet schlechtes Verhalten ausgerichtet ist. Aus diesem Grunde muss die Neigung selbst als objektiv ungeordnet angesehen werden (Kongregation für die Glaubenslehre, „Einige Anmerkungen bezüglich der Gesetzesvorschläge zur Nicht-Diskriminierung homosexueller Personen“, Nr. 2. 1992). Personen mit dieser Veranlagung sollte man mit Achtung, Mitgefühl und Takt begegnen; sie sind zur Keuschheit gerufen (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2358 u. 2359).
Ausgelebte homosexuelle Sexualität hingegen pervertiert die natürliche Finalität des Geschlechtsakts; wenn sie willentlich ausgeübt wird, stellt sie eine Sünde dar und ist somit moralisch verwerflich.
„Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet (vgl. Gen 19,1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,10; 1 Tim 1,10) hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, ,dass die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind‘ (CDF, Erkl. „Persona humana“ 8, AAS 68 1976, 95). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2357).


79. FRAGE: Könnte man nicht sagen, dass die Liebe zwischen zwei homosexuellen Partnern, wenn nicht identisch, so doch wenigstens ähnlich ist wie die zwischen Mann und Frau in der Ehe?

ANTWORT: „Das Wort ,Liebe‘ ist heute zu einem der meist gebrauchten und auch missbrauchten Wörter geworden, mit dem wir völlig verschiedene Bedeutungen verbinden“ erklärte Papst Benedikt XVI. aus gutem Grund (Enzyklika Deus caritas est, Nr. 2).
Im Fall der vorliegenden Frage umfasst der Begriff „Liebe“ zwei verschiedene Wirklichkeiten: einmal die erotische Anziehung oder „lüsterne Liebe“, und eine höhere Art der Liebe, die der „Zuneigung“, die ohne jeglichen sexuellen Hintergrund zwischen zwei Personen gleichen oder unterschiedlichen Geschlechts existieren kann (z.B. die väterliche, mütterliche, brüderliche, freundschaftliche Liebe). Jenseits der rein erotischen Anziehung ist es die Liebe der Zuneigung, die dazu führt, dass Mann und Frau sich finden und sich gegenseitig als Ehepartner erwählen, um Nachkommenschaft zu erzeugen und eheliche Liebe zu praktizieren. „Die eheliche Liebe erreicht dadurch jene Fülle, auf die sie von innen her ausgerichtet ist, die übernatürliche Gattenliebe, in welcher die Vermählten auf die ihnen eigene und spezifische Art an der sich am Kreuz schenkenden Liebe Christi teilnehmen und sie zu leben berufen sind.“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 13). Da die homosexuellen Verbindungen den Erzeugungszweck der Natur nicht erfüllen können, und deshalb schwer sündhaft sind, können sie objektiv nicht das Fundament der höheren Form der Liebe – der ehelichen Liebe – bilden.


80. FRAGE: Könnten zwei Personen gleichen Geschlechts, die zusammen leben, ihre Verbindung nicht formell durch eine Eheschließung bestätigen?

ANTWORT: Da von Natur aus ein Bund zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts den Zweck der Erzeugung von Kindern hat, kann eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden.
Zwei gleichgeschlechtliche Personen können keine gültige Ehe eingehen und ihr Zusammenleben kann keine Familie im wahren Sinn des Wortes bilden. Eine solche Vereinigung ist widernatürlich; sie ist nicht offen für das Leben und somit moralisch verwerflich.


81. FRAGE: Ein Bischof meinte, die Anerkennung von homosexuellen Paaren sei „eine Frage der Zivilisation“. Ein anderer wagte sogar vorzuschlagen, die homosexuelle Verbindung solle der Ehe zwar vielleicht nicht gleichgestellt, aber doch zumindest angenähert werden, zum Beispiel durch Erteilung eines priesterlichen Segens. Ist eine solche Annäherung möglich?

ANTWORT: Die homosexuelle Union ist ein stark erotisch motiviertes Zusammenleben von Partnern, die eine widernatürliche Form der Sexualität einschließt. Sie ist daher schwer sündhaft, kann unmöglich einer kirchlichen Eheschließung zwischen Mann und Frau gleichgestellt und daher auch nicht gesegnet werden. Es ist wichtig, sich den jüngsten Versuchen zu widersetzen, die sie unter allen Umständen legalisieren wollen.
„Wenn die Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts in rechtlicher Hinsicht nur als eine mögliche Form der Ehe betrachtet würde, brächte dies eine radikale Veränderung des Begriffs der Ehe zum schweren Schaden für das Gemeinwohl mit sich“ (Kongregation für die Glaubenslehre, Erwägungen zu den Entwürfen einer rechtlichen Anerkennung der Lebensgemeinschaften zwischen homosexuellen Personen, 28. März 2003, Nr. 8 – von Papst Johannes Paul II. approbierter Text).


82. FRAGE: Wie könnte eine fromme und verständnisvolle Person die Homosexuellen verurteilen, mit dem Argument, sie müssten immer ihre Instinkte unterdrücken?

ANTWORT: Wie alle Menschen, sind auch die Homosexuellen verpflichtet, nach dem Naturgesetz ihre ungeordneten Leidenschaften zu kontrollieren und gemäß ihrem Stand keusch zu leben.
„Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft –, durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2359)

Fortsetzung: Vorrangige Option für die Familie XI

Freitag, 18. September 2015

Vorrangige Option für die Familie IX - Die Kommunion für Getrennte, Geschiedene und wiedrverheiratete Geschiedene


IX. Die Kommunion für Getrennte, Geschiedene und wiederverheiratete Geschiedene


66. FRAGE: Kann eine in Trennung lebende verheiratete Person die Kommunion empfangen?

ANTWORT: Eine vom Ehegatten getrennt lebende Person kann die Kommunion empfangen, solange sie nicht eine neue beständige Verbindung mit einer anderen Person eingegangen ist, und natürlich soweit sie sich im Stand der Gnade befindet.


67. FRAGE: Darf jemand die heilige Kommunion empfangen, der ohne Selbstschuld geschieden wurde, aber nicht wieder geheiratet hat?

ANTWORT: Eine Person, die geschieden wurde, und nicht wieder geheiratet hat, darf die Kommunion empfangen, soweit sie sich im Stande der Gnade befindet.


68. FRAGE: Darf eine geschiedene wiederverheiratete Person die Kommunion empfangen?

ANTWORT: Ungeachtet ihrer subjektiven Intentionen befindet sich eine offenkundig geschiedene und zivil wiederverheiratete Person im Zustand einer „offenkundigen und schweren Sünde“ und kann somit zur heiligen Kommunion nicht zugelassen werden“ (Codex des Kanonischen Rechts, Nr. 915). Empfängt sie trotzdem die Kommunion, verbindet sie das Sakrileg mit dem Ärgernis.

„Falls Geschiedene zivil wiederverheiratet sind, befinden sie sich in einer Situation, die dem Gesetze Gottes objektiv widerspricht. Darum dürfen sie, solange diese Situation andauert, nicht die Kommunion empfangen. Aus dem gleichen Grund können sie gewisse kirchliche Aufgaben nicht ausüben. Die Aussöhnung durch das Bußsakrament kann nur solchen gewährt werden, die es bereuen, das Zeichen des Bundes und der Treue zu Christus verletzt zu haben, und sich verpflichten, in vollständiger Enthaltsamkeit zu leben“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1650).

„Die Kirche bekräftigt jedoch ihre auf die Heilige Schrift gestützte Praxis, wiederverheiratete Geschiedene nicht zum eucharistischen Mahl zuzulassen. Sie können nicht zugelassen werden; denn ihr Lebensstand und ihre Lebensverhältnisse stehen in objektivem Widerspruch zu jenem Bund der Liebe zwischen Christus und der Kirche, den die Eucharistie sichtbar und gegenwärtig macht. Darüber hinaus gibt es noch einen besonderen Grund pastoraler Natur: Ließe man solche Menschen zur Eucharistie zu, bewirkte dies bei den Gläubigen hinsichtlich der Lehre der Kirche über die Unauflöslichkeit der Ehe Irrtum und Verwirrung“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 84).


69. FRAGE: Könnte ein wiederverheirateter Geschiedener die Kommunion empfangen, wenn er in seinem Gewissen überzeugt ist, dies rechtmäßig tun zu können?

ANTWORT: „Gläubige, die wie in der Ehe mit einer Person zusammenleben, die nicht ihre rechtmäßige Ehegattin oder ihr rechtmäßiger Ehegatte ist, dürfen nicht zur heiligen Kommunion hinzutreten. Im Falle, dass sie dies für möglich hielten, haben die Hirten und Beichtväter wegen der Schwere der Materie und der Forderungen des geistlichen Wohls der betreffenden Personen und des Allgemeinwohls der Kirche die ernste Pflicht, sie zu ermahnen, dass ein solches Gewissensurteil in offenem Gegensatz zur Lehre der Kirche steht“ (Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben an die Bischöfe der Katholischen Kirche über den Kommunionempfang von wiederverheirateten geschiedenen Gläubigen, 14. September 1994, Nr. 6).


70. FRAGE: Dieses Verbot ist aber nur eine Anordnung des Codex des Kanonischen Rechts (Can. 915). Könnte sie eventuell in Zukunft durch eine neue Disziplin ersetzt werden?

ANTWORT: „Das Verbot, das im zitierten Kanon ausgesprochen wird, leitet sich, seiner Natur entsprechend, aus dem göttlichen Gesetz ab und überschreitet den Bereich der positiven kirchlichen Gesetze: Letztere können keine gesetzlichen Änderungen herbeiführen, die der Lehre der Kirche widersprechen würden“ (Päpstlicher Rat für die Gesetzestexte, Erklärung über die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene, 24. Juni 2000, Nr. 1).


71. FRAGE: Darf ein wiederverheirateter Geschiedener wenigstens die geistliche Kommunion empfangen?

ANTWORT: Um an den Früchten der Kommunion, der sakramentalen wie der geistlichen, teilzuhaben, ist es notwendig, sich im Stand der Gnade zu befinden. (Katechismus des Konzils von Trient, 2. Teil, Kapitel IV, Vom Sakrament der Eucharistie). In diesem Sinn erlangen diejenigen, die sich im Stand der schweren Sünde befinden, wie zum Beispiel die Ehebrecher, diese Wohltaten nicht. Diese Personen können und müssen sich jedoch danach sehnen, sich mit Christus zu vereinigen, indem sie um die notwendigen Gnaden bitten, damit sie die Sünde verlassen und ein tugendhaftes Leben führen können.


72. FRAGE: Könnte der Empfang der Kommunion nicht auch bei den wiederverheirateten Geschiedenen eine Arznei für die Seele sein, die ihre vollständige Bekehrung fördern würde?

ANTWORT: Wer die Kommunion empfängt, nimmt nicht nur einfach ein Arzneimittel für die Seele ein, sondern bekommt wahrhaftig den Leib und das Blut Christi. Die Bedingung dafür ist, im Stand der Gnade zu sein. Die wiederverheirateten Geschiedenen sind offensichtlich im Stand der Todsünde und setzen sich aus, ein Sakrileg zu begehen, wenn sie die Kommunion empfangen. Diese wird dann nicht für sie ein Arzneimittel sein sondern geistliches Gift. Wenn ein Priester solch einen gotteslästerlichen Kommunionempfang duldet, dann glaubt er entweder nicht an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie, oder er glaubt nicht daran, dass wiederverheiratete Geschiedene sich im Stand der Todsünde befinden.
„Ich möchte deshalb bekräftigen, dass in der Kirche die Norm gilt und immer gelten wird, mit der das Konzil von Trient die ernste Mahnung des Apostels Paulus (vgl. 1 Kor 11, 28) konkretisiert hat, indem es bestimmte, dass dem würdigen Empfang der Eucharistie die Beichte vorausgehen muss, wenn einer sich einer Todsünde bewusst ist“ (hl. Johannes Paul II., Ecclesia de Eucharistia, 17. April 2003, Nr. 36).


73. FRAGE: Ist eine geschiedene und wiederverheiratete Person „exkommuniziert“ und folglich aus der Kirche ausgeschlossen?

ANTWORT: Eine geschiedene und wiederverheiratete Person verliert nicht ihre Eigenschaft als Getaufte(r) und ist weiterhin Mitglied der Kirche, deren Gebote -wie etwa an Sonn- und Feiertagen die heilige Messe zu besuchen - sie unverändert zu befolgen hat. Der Kirche lässt solche Personen nicht im Stich, sondern ermutigt sie, am Leben der Kirche teilzunehmen und die Mittel des Heils, die sie bekommen kann, zu suchen, um sich von ihrer Sünde zu reinigen und zur Freundschaft mit Gott zurückzukehren.
Dennoch sollte die wiederverheiratete geschiedene Person in ihrem kirchlichen Leben jedes Ärgernis vermeiden und vor allem nicht den falschen Eindruck erwecken, ihre Situation in der Kirche sei gesetzmäßig.
„Die wiederverheirateten Geschiedenen gehören jedoch trotz ihrer Situation weiter zur Kirche, die ihnen mit spezieller Aufmerksamkeit nachgeht, in dem Wunsch, dass sie so weit als möglich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an der heiligen Messe, wenn auch ohne Kommunionempfang, das Hören des Wortes Gottes, die eucharistische Anbetung, das Gebet, (…) hingebungsvoll geübte Nächstenliebe, Werke der Buße und den Einsatz in der Erziehung ihrer Kinder“ (Papst Benedikt XVI. Sacramentum caritatis, Apostolisches Schreiben, 22. Februar 2007, Nr. 29)
„Den Christen, die in dieser Situation leben und den Glauben bewahren und ihre Kinder christlich erziehen möchten, sollen die Priester und die ganze Gemeinde aufmerksame Zuwendung schenken, damit sie sich nicht als von der Kirche getrennt betrachten, an deren Leben sie sich als Getaufte beteiligen können und sollen.
,Sie sollen ermahnt werden, das Wort Gottes zu hören, am heiligen Messopfer teilzunehmen, regelmäßig zu beten, die Gemeinde in ihren Werken der Nächstenliebe und Unternehmungen zur Förderung der Gerechtigkeit zu unterstützen, die Kinder im christlichen Glauben zu erziehen und den Geist und die Werke der Buße zu pflegen, um so von Tag zu Tag die Gnade Gottes auf sich herabzurufen‘“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1651).


74. FRAGE: Kann ein öffentlicher Sünder nicht wieder zur Eucharistie zugelassen werden, wenn er echte Reue empfindet?

ANTWORT: Um zur Eucharistie zugelassen zu werden, müssen die wiederverheirateten Geschiedenen auch den festen Vorsatz haben, nicht mehr zu sündigen, das heißt, ihr Leben zu ändern. Dazu gehört auch, zum Beispiel, aus der Ärgernis gebenden Situation heraus zu gehen, indem sie die unerlaubte Verbindung  mit einem anderen aufgeben.
Wenn aber wiederverheiratete Geschiedene das Haus, in dem sie im Ehebruch leben, nicht verlassen können, weil sie zum Beispiel für die Erziehung der Kinder sorgen müssen, müssen sie sich vornehmen, keusch zu leben, das heißt, „unter gleichem Dach, aber nicht im gleichen Gemach“.


75. FRAGE: Stimmt es, wie Kardinal Walter Kasper behauptet, dass in der Urkirche die Teilnahme wiederverheirateter Geschiedener an der Kommunion allgemein toleriert und akzeptiert wurde?

ANTWORT: Kein Konzil der Frühkirche und kein Kirchenvater hat die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene als Norm zugelassen. Einige moderne Studien, wie die des bekannten Patrologen Henri Crouzel S.J., widerlegen die Behauptung von Kardinal Kasper (vgl. John M. Rist, Scheidung und Wiederverheiratung in der Frühkirche — historische und kulturelle Betrachtungen, in In der Wahrheit Christi bleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, SS. 53-75)
Die von Kardinal Kasper angeführten Zitate sind nicht korrekt und auch im Kontext anderer Zitate aus den gleichen Quellen falsch zitiert. P. Pérez-Soba schreibt: „Dabei verschweigt er [Kasper]  aber die offensichtliche Tatsache, dass die Schriften der Väter, die diese Möglichkeit absolut verneinen, wesentlich zahlreicher sind und noch dazu viel deutlicher sprechen als die von ihm zitierten“ (Pérez-Soba und Kampowski, a.a.O. S. 88).
Die Entscheidungen der Generalräte und der lokalen Synoden sind nur dann als gültig anzusehen, wenn sie der echten und immerwährenden Tradition der Kirche entsprechen, ganz nach der goldenen Regel des hl. Vinzenz von Lérins: „quod semper, quod ubique, quod ab omnibus“ [was immer, was überall, was von allen – (gelehrt wurde)] (vgl. Kard. Walter Brandmüller, Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe, in  In der Wahrheit Christi verbleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, Kap. V).


76. FRAGE: In den orthodoxen Kirchen gibt es zur Segnung einer zweiten Ehe ein besonderes Ritual, das nicht als Sakrament gesehen wird, sondern als Lösung zur Vermeidung einer größeren Sünde; nach diesem Segen werden die Zusammenlebenden zu den Sakramenten zugelassen. Könnte die Katholische Kirche diesem Beispiel folgen?

ANTWORT: Die Theologie der orthodoxen Kirchen über die Ehe unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von der katholischen Lehre. Außerdem stellen die erwähnten Praktiken in den orthodoxen Kirchen eine historische Entgleisung infolge der Unterwerfung dieser Kirchen unter die weltliche Macht dar und sind daher für die Katholische Kirche weder gerechtfertigt noch anwendbar. Msgr. Cyril Vasil S.J., Sekretär der Kongregation für die Ostkirchen, behandelt dieses Thema sehr ausführlich in seinem Essay Trennung, Scheidung, Auflösung des Ehebandes und Wiederheirat – Theologische und praktische Ansätze der orthodoxen Kirchen (in In der Wahrheit Christi bleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, Kap.4).


77. FRAGE: Warum haben einige Teilnehmer an der Synode darauf bestanden, die Aufnahme von wiederverheirateten Geschiedenen in die Kirche vorzuschlagen?

ANTWORT: Selbst in der Kirche fühlen sich viele von der subjektiven Idee verführt, dass alle Menschen gleiche Rechte zu allem haben, und dass es eine inakzeptable Diskriminierung  darstellt, jemandem etwas zu verweigern, was anderen gewährt wird. Da aber der Empfang der Kommunion kein „menschliches Recht“ ist, kann die Kirche sie denen verweigern, die nicht fähig oder nicht würdig sind, sie zu empfangen und daher auch nicht das Recht dazu haben.
Wenn auch für eine wahre und vollständige Teilnahme an der heiligen Messe der Empfang der Kommunion empfohlen wird (vgl. Katechismus des Konzils von Trient, 2. Teil, Kapitel IV; vgl. auch II. Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium, 55), kann man nicht sagen, dass jene, die es nicht tun, ihre Sonntagspflicht nicht erfüllt haben.


Fortsetzung: Vorrangige Option für die Familie  X 

Donnerstag, 17. September 2015

Vorrangige Option für die Familie VIII - Ehe und Familie


VIII. Ehe und Familie




EHE: NATUR, FINALITÄT UND EIGENSCHAFTEN
 


47. FRAGE: Sind die Gebote des Naturrechts moralisch verbindlich, auch wenn sie als Belastung empfunden werden?


ANTWORT: Die Gebote des Naturrechts sind moralisch verbindlich, weil sie von Gott, dem Schöpfer der Natur, geschaffen und in den Zehn Geboten zum Ausdruck gebracht wurden.

„Es ist wahr, ein Bund kann des Öfteren eine Bürde bedeuten, eine Knechtschaft, wie die Ketten eines Gefangenen. Er kann aber auch eine mächtige Hilfe und ein sicherer Halt sein, wie die Seile, die den Bergsteiger an seine Mitsteiger binden oder wie die Sehnen, die die einzelnen Teile des Körpers verbinden und ihm Halt und Beweglichkeit sichern“ (s. Pius XII., Ansprache vom 22. April 1942)
 

48. FRAGE: Wenn die Ehe eine Institution des Naturrechts ist, ist das Sakrament dann nicht überflüssig? Sollte sich die Kirche nicht mit der zivilen Eheschließung begnügen?


ANTWORT: In der Christenheit hat die Ehe nicht nur den Zweck, neue Menschen für die Gesellschaft zu erzeugen, sondern auch neue Auserwählte für den Himmel; ebenso soll sie die geistige und menschliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten fördern. Dafür hat Jesus Christus sie in den Stand eines Sakramentes erhoben, sie ausgestattet mit geistlichen, übernatürlichen Inhalten und Mitteln und sie so in den Plan der Erlösung miteinbezogen. Für einen Getauften kann man den zivilen Vertrag der Ehe nicht von ihrer sakramentalen Natur trennen.
„Der ehelichen Gemeinschaft ist erstens eine viel höhere und edlere Aufgabe gestellt, als dies früher der Fall war; hat sie doch nach Gottes Gebot nicht bloß den Zweck der Fortpflanzung des Menschengeschlechts, sondern auch den, der Kirche Nachkommenschaft zu zeugen, ,Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes‘ (Eph 2,19), damit nämlich ,ein Volk für die Religion und zur Verehrung des wahren Gottes und unseres Heilandes Christi geboren und erzogen werde‘. (…) In der christlichen Ehe ist der Vertrag unlösbar mit dem Sakrament verbunden und deswegen ein wirklicher und rechtmäßiger Vertrag nicht stattfinden kann, ohne zugleich Sakrament zu sein. Denn Christus der Herr hat die Ehe zur Würde eines Sakramentes erhoben; die Ehe aber ist nichts anderes als eben der Vertrag, sofern er nur rechtmäßig abgeschlossen ist. Hierzu kommt, dass die Ehe deswegen ein Sakrament ist, weil sie ein heiliges und Gnade wirkendes Zeichen ist, versinnbildend Christi mystische Ehe mit seiner Kirche“ (Leo XIII., Arcanum Divinae Sapientiae, Nr. 10, 23 und 24).


49. FRAGE: Ist es wahr, dass es, wie man heute sagt, verschiedene Formen der Ehe und der Familie gibt?


ANTWORT: Nach dem Naturgesetz und dem göttlichen Gesetz gibt es nur eine Form der Ehe: die monogame und unauflösliche Ehe zwischen Mann und Frau. Es gibt auch nur eine Form der Familie, bestehend aus Vater, Mutter und ihren Kindern. Alle andern Formen des Zusammenlebens sind in ihrem Wesen verschieden und können der wahren Familie weder gleichgestellt noch in diese aufgenommen werden. Katholiken, die zusammenleben, ohne verheiratet zu sein, oder die nur zivil geheiratet haben, oder geschiedene Wiederverheiratete, leben in ungeordneten und ungesetzlichen Verhältnissen und können nicht als echte Familien angesehen werden, auch wenn solche Beziehungen moralische und legale Verpflichtungen enthalten.

Wie der bekannte Moraltheologe Kardinal Carlo Caffara, Erzbischof von Bologna, sagt, würde die Kirche durch Akzeptanz einer „Pluralität“ von Ehe- oder Familienformen – wie etwa des Zusammenlebens mit einem anderen als dem gesetzlich angetrauten heterosexuellen Ehepartner und damit einer „katholischen Art“ von Scheidung – den eigentlichen Begriff von Ehe auflösen und die „Dekonstruktion“ der Familie einleiten, wie dies von ihren Feinden schon lange betrieben wird (vgl. Kardinal Carlo Caffara, Sakramentale Ontologie und die Unauflöslichkeit der Ehe, in In der Wahrheit Christi verbleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, Kap. 7).

„Konkubinat, Ablehnung der Ehe als solche und Unfähigkeit, sich durch langfristige Verpflichtungen zu binden, alle diese Situationen verletzen die Würde der Ehe; sie zerstören den Grundgedanken der Familie; sie schwächen den Sinn für Treue. Sie verstoßen gegen das moralische Gesetz“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2390).
 


50. FRAGE: Ist die Ehe nicht nur eine Form der Gemeinschaft zwischen Personen, ein einfacher sozialer Vertrag, um das Zusammenleben zu regeln?


ANTWORT: Die Ehe beschränkt sich nicht auf einen privaten Vertrag zwischen zwei Personen. Sie ist ein echter und realer öffentlicher Akt, auf dem eine Gesellschaft – genauer gesagt:  die Keimzelle der Gesellschaft, das heißt, die Familie – aufgebaut ist. Die Ehe ist eine im Naturrecht begründete Institution, und wird, wenn sie zwischen Gläubigen geschlossen wird, zu einem heiligen Schwur, der dem göttlichen Recht unterliegt, denn Jesus Christus hat ihn zur Würde eines Sakraments erhoben und ihn zum Symbol der Vereinigung des Schöpfers mit seiner Schöpfung und des Erlösers mit seiner Kirche gemacht.

„Die Eheschließung ist ja nicht ein Ereignis, das nur die Brautleute betrifft. Sie ist von ihrem Wesen her auch ein gesellschaftliches Geschehen, das die Brautleute eben vor der Gesellschaft in die Pflicht nimmt“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 68).

„Keiner von uns gehört nämlich ausschließlich sich selbst; jeder ist deshalb aufgerufen, in seinem Innersten die eigene öffentliche Verantwortung zu übernehmen. Die Ehe als Institution ist also keine widerrechtliche Einmischung der Gesellschaft oder der Obrigkeit, die Auferlegung einer Lebensform von außen im privatesten Bereich des Lebens; sie ist vielmehr der wesenseigene Anspruch des Vertrags der ehelichen Liebe und der Tiefe der menschlichen Person“ (Benedikt XVI. Schreiben bei der Eröffnung der Pastoraltagung der Diözese Rom zum Thema Familie, 6. Juni 2005).
 


51. FRAGE: Von Natur aus ist der Mensch frei und die Ehe ist ein freiwilliger Bund. Wie kann dann eine Person aus dem Naturgesetz her verpflichtet werden, Bande und Verpflichtungen zu achten, die nicht mehr erwünscht sind, wie es die Unauflöslichkeit der Ehe verlangt?

ANTWORT: Die wahre Freiheit der Person besteht in der Verwirklichung des eigenen Wesens; dazu müssen bestimmte moralische Bande und Verpflichtungen geachtet und eingehalten werden, wie die, die im Naturrecht vorgesehen sind.

„Charakteristisch für die Ehegemeinschaft ist nicht nur ihre Einheit, sondern auch ihre Unauflöslichkeit. (…) Es ist eine Grundpflicht der Kirche, mit Nachdruck die Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe erneut zu betonen.(…) Den unschätzbaren Wert der Unauflöslichkeit und der ehelichen Treue zu bezeugen, ist eine der wichtigsten und dringendsten Pflichten der christlichen Ehepaare in unserer Zeit“(hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr.  20).

„Darüber hinaus ist an den anthropologischen Wert der unauflöslichen Ehe zu erinnern: Sie entzieht die Partner der Willkür und der Tyrannei der Gefühle und Stimmungen. Sie hilft ihnen, persönliche Schwierigkeiten durchzustehen und leidvolle Erfahrungen zu überwinden. Sie schützt vor allem die Kinder, die am Zerbrechen der Ehen am meisten zu leiden haben“ (Kardinal Gerhard Müller, Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Debatte in Bezug auf die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente, in In der Wahrheit Christi verbleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, S. 124).
 


52. FRAGE: Die Eheschließung eine Form der freiwilligen Gemeinschaft zwischen freien Menschen. Warum sollten die Ehepartner sie dann nicht nach freiem Willen schließen und wieder auflösen können?


ANTWORT: Der wichtigste Aspekt der Ehe ist nicht der Vertrag, sondern die Tatsache, dass sie eine göttliche Einrichtung ist, deren Eigenschaften und Gesetze von Gott selbst festgelegt wurden. Eine dieser Eigenschaften ist die Unauflöslichkeit. Der Katholik ist nur frei, zu heiraten und sich auszusuchen, wen er heiraten möchte, nicht aber, die Ehe aufzulösen.

„Wenn nun aber auch die Ehe ihrem Wesen nach von Gott stammt, so hat doch auch der Wille des Menschen, und zwar in hervorragender Weise, seinen Anteil an ihr. Denn die einzelne Ehe entspringt, sofern sie die eheliche Verbindung zwischen diesem Mann und dieser Frau ist, dem freien Jawort der beiden Brautleute. Diese freie Willensentscheidung, durch die jeder Teil das der Ehe eigentümliche Recht gibt und nimmt (vgl. CIC, c. 1081 § 2), ist zu einer wahren Eheschließung derart notwendig, dass sie durch keine menschliche Macht ersetzt werden kann (vgl. CIC, c. 1081 § 1). Diese Freiheit hat jedoch nur das eine zum Gegenstand, ob die Eheschließenden wirklich eine Ehe eingehen und ob sie dieselbe mit dieser Person eingehen wollen. Dagegen ist das Wesen der Ehe der menschlichen Freiheit vollständig entzogen, so dass jeder, nachdem er einmal die Ehe eingegangen hat, unter ihren von Gott stammenden Gesetzen und wesentlichen Eigenschaften steht. (...) So wird also die heilige Gemeinschaft der wahren Ehe gleichzeitig durch Gottes und des Menschen Willen begründet: Aus Gott ist die Einsetzung der Ehe, aus ihm sind ihre Zwecke, ihre Gesetze, ihre Segensgüter. Von den Menschen aber stammt mit Gottes Hilfe und Gnade durch edelmütige Hingabe des eigenen Ich an den andern für die ganze Lebensdauer die einzelne Ehe mit den von Gott gesetzten Pflichten und dem von ihm verheißenen Segen“ (Pius XI., Casti Connubii, Nr. 6 und 10).
 


53. FRAGE: Warum muss die Ehe unbedingt monogam sein, das heißt, nur mit einer Person vollzogen werden? Könnte man nicht auch die Polygamie akzeptieren – einen Mann mit mehreren Frauen (Polygenie) oder eine Frau mit mehreren Männern (Polyandrie)?


ANTWORT: Gott selbst hat die Ehe als einen Bund zwischen einem Mann und einer Frau festgesetzt, damit sie „ein Fleisch seien“ (Gen 2,24). Die Monogamie in der Ehe bringt darüber hinaus ein großes Geschenk mit sich, nämlich die Stärkung der ehelichen Liebe durch die gegenseitige Treue.

„Allerdings hat Gott später als oberster Gesetzgeber das Grundgesetz zeitweilig in etwa gemildert. Indes besteht kein Zweifel, dass das Gesetz Christi die ursprüngliche vollkommene Einehe in ihrer Unversehrtheit wiederhergestellt und jegliche Dispens aufgehoben hat, wie dies die Lehre Christi und die ständige Lehre und Praxis der Kirche mit voller Deutlichkeit zeigen. […] Aber Christus der Herr wollte nicht nur jede Form der sogenannten Polygenie und Polyandrie, der aufeinanderfolgenden wie der gleichzeitigen, verworfen wissen und ebenso jedes andere unehrbare Tun, sondern er hat sogar, um das umhegte Heiligtum der Ehe vor jeder Schändung zu schützen, auch alle dahingehenden freiwilligen Gedanken und Begierden verboten: ,Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau mit begehrlichen Blicken ansieht, hat schon in seinem Herzen die Ehe mit ihr gebrochen‘ (Mt 5,28) [...] In seiner Erhabenheit die Treue der Keuschheit, wie sie vom hl. Augustinus so treffend genannt wird, leichter, lieblicher und anziehender macht und ihr einen neuen Adel verleiht: die Gattenliebe, die alle Pflichten des Ehelebens durchdringt und in der christlichen Ehe sozusagen eine besondere Würde und Vorrangstellung einnimmt“ (Pius XI., Casti Connubii , Nr. 20, 21 und 23).

„Dem monotheistischen Gottesbild entspricht die monogame Ehe. Die auf einer ausschließlichen und endgültigen Liebe beruhende Ehe wird zur Darstellung des Verhältnisses Gottes zu seinem Volk und umgekehrt: die Art, wie Gott liebt, wird zum Maßstab menschlicher Liebe“ (Papst Benedikt XVI., Deus caritas est, Nr. 11).
 


54. FRAGE: Im Rahmen der präsynodalen Debatten wurde vorgeschlagen, die Ehe solle über Etappen zustande kommen, die Brautleute sollten allmählich in den Stand der Ehegatten eingeführt werden, indem sie Versuchsphasen des gemeinsamen Lebens durchlaufen, um ihre Reife für das sakramentale Versprechen zu prüfen (vgl. Fulvio de Giorgio, La personalizzazione dello sguardo. Per un rinnovamento della pastorale familiare, [Die Personalisierung des Blicks. Für eine Erneuerung der Familienpastoral],  in Il Regno, Jahresheft 2009, Bologna, 2010 SS. 57-67). Könnte man diese Vorgehensweise nicht einführen, um zu verhindern, dass übereilig oder falsch geschlossene Ehen in die Unauflöslichkeit fallen?


ANTWORT: Die Lehre und die Pastoral der Kirche haben diese graduelle Vorgehensweise zur Ehe oder Ehe auf Zeit, auch „Probe-Ehe“ genannt nie zugelassen. Die von den Brautleuten gegebene Einwilligung zur Ehe im sakramentalen Akt macht sie sofort zu Eheleuten. Außerdem ist es eine bekannte Tatsache, dass gerade diejenigen, die erst nach einer langen „Probephase“ heiraten, der Gefahr der Trennung und der Scheidung am ehesten ausgesetzt sind. (vgl. Tony Anatrella, Heureux époux. Essais sur le lien conjugal, Flammarion, Paris, 2007, Kap. II).




55. FRAGE: Was ist der Zweck der Ehe? Besteht er, wie man heute sagt, in einem auf Gefühlen aufgebauten Zusammensein von zwei Menschen, insbesondere in der Befriedigung der gegenseitigen sexuellen Attraktion in der leiblichen Vereinigung der Eheleute?


ANTWORT: In der Ehe, vor allem wenn sie christlich geprägt ist, sind die gegenseitige Unterstützung und die biologische Ergänzung der Ehegatten ein guter und legitimer Zweck, der von sich aus auf die Erhaltung des Menschengeschlechts und die Erziehung der Kinder hingeordnet ist. Die Liebe und der Geschlechtsakt sind von Natur aus zur Zeugung von Kindern bestimmt. Sie sind eine Gabe Gottes und ermöglichen uns, das biblische Gebot „wachset und mehret euch“ zu erfüllen.

„Ehe und eheliche Liebe sind ihrem Wesen nach auf die Zeugung und Erziehung von Nachkommenschaft ausgerichtet. (…) Das menschliche Leben und die Aufgabe, es weiterzuvermitteln, haben nicht nur eine Bedeutung für diese Zeit und können deshalb auch nicht von daher allein bemessen und verstanden werden, sondern haben immer eine Beziehung zu der ewigen Bestimmung des Menschen“ (Gaudium et Spes, Nr. 50-51).


EHEBRUCH

56. FRAGE: Könnte ein „pastoraler Ansatz“ nicht darin bestehen, den Ehebruch zu tolerieren, so dass das, was wir gestern Sünde betrachtet haben, in Zukunft keine Sünde mehr wäre?


ANTWORT: Der Ehebruch – ein sexuelles Verhältnis einer verheirateten Person mit einer anderen, die nicht der legitime Ehegatte ist – wurde von Jesus Christus selbst als schwere Sünde verurteilt: „Wer seine Frau entlässt und eine andere heiratet, der bricht an ihr die Ehe. Und wenn sie ihren Mann entlässt und einen anderen heiratet, bricht sie die Ehe“ (Mk 10,11-12; 1 Kor 6,9ff; 1 Tim 1,8-10). Die Heilige Schrift betrachtet den Ehebruch als ein Symbol des Götzendienstes und der Untreue im Hinblick auf den Ehebund zwischen Gott und seinem Volk. (vgl. Hos 2: 7; Jer 5, 7; Jer 13, 27).

Kein „pastoraler Ansatz“ kann etwas rechtfertigen, das vor den Augen Gottes eine Sünde ist. Die Berücksichtigung von Personen und Umständen eines Ehebruchs ändert nichts am Unrechtsgehalt der Tat selbst.

„Das Zusammenleben mit einem Partner, der nicht der eigene Ehemann oder die eigene Ehefrau ist, ist eine böse Tat an sich, für die es niemals eine Rechtfertigung geben kann. Es ist die katholische Sittenlehre, vor kurzem erst von Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika Veritatis Splendor bestätigt, (…), dass es sich um göttliches Recht handelt, das von seiner Natur her für alle Fälle gilt und keine Ausnahmen duldet“ (Kardinal Velasio De Paolis, Vortrag, a.a.O., S. 23).




57. FRAGE: Könnte man sich nicht im pastoralen Umgang mit Ehebruchsfällen darauf einigen, ihn zu tolerieren, oder ihn wenigstens mit Wohlwollen zu betrachten, indem man den Schweregrad der moralischen Verfehlung abschwächt und ihn als lässliche Sünde einstuft, die ohne Reue oder Buße ganz leicht vergeben werden kann?


ANTWORT: Der Ehebruch ist objektiv eine schwere Sünde und kann als solche nur vergeben werden, wenn der Sünder nicht nur eine aufrichtige Reue bekundet, sondern auch den Vorsatz zeigt, sich zu ändern, das heißt, sein ehebrecherisches Verhalten aufzugeben.

„Die Reue ist der Schmerz und die Abscheu der Seele über die begangene Sünde mit dem Vorsatz, künftighin nicht mehr zu sündigen“ (Katechismus des Konzils von Trient, 3. Teil, Kapitel V, Nr. 23).

„Es ist also klar, dass jede eheähnliche Verbindung außerhalb des [sakramentalen] Ehebundes Untreue einschließt und deshalb ein Ehebruch ist. (…) Die Vergebung kann nur dem gewährt werden, der in wirklicher Reue die sündige Situation ändert. Natürlich kann der Ehebruch vergeben werden; ebenso logisch ist aber, dass dieser nicht die einzige Sünde sein kann, die ohne Reue vergeben wird“ (Perez-Soba, Die Wahrheit des Ehesakraments, in J.J. Perez-Soba und S. Kampowski, a.a.O. S. 73-74)




SCHEIDUNG, TRENNUNG, NICHTIGKEITSERKLÄRUNG



58. FRAGE: Fast alle christlichen Kirchen dulden die Ehescheidung. Warum besteht allein die katholische Kirche auf ihrer Ablehnung?


ANTWORT: Die Katholische Kirche lehnt die Ehescheidung ab, weil eine Ehe der Regel nach unauflöslich ist; das ist keine Konvention, sondern im Naturrecht und im göttlichen Recht so festgelegt. Die sakramentale Ehe ist, wie schon erwähnt, ein Zeichen des Bundes zwischen Gott und der Menschheit und ganz besonders der Allianz zwischen dem Erlöser und seiner Braut, der Kirche. Deshalb muss die Ehe ausschließlich und unauflöslich sein, so wie jener Bund und jene Allianz es sind. Es ist also kein Zufall, das die Katholische Kirche die einzige ist, die eine echte und eigene Theologie der Ehe hervorgebracht hat.

„Aus einer gültigen Ehe entsteht zwischen den Ehegatten ein Band, das seiner Natur nach lebenslang und ausschließlich ist. (…) Das Band der Ehe wird somit von Gott selbst geknüpft, sodass die zwischen Getauften geschlossene und vollzogene Ehe nie aufgelöst werden kann. Dieses Band (…) ist fortan unwiderrufliche Wirklichkeit und stellt einen durch die Treue Gottes gewährleisteten Bund her. Es liegt nicht in der Macht der Kirche, sich gegen diese Verfügung der göttlichen Weisheit auszusprechen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1638 und 1640)
 


59. FRAGE: Kommt eine Ablehnung der Ehescheidung nicht einer Verletzung der Freiheit und Würde der Person gleich?


ANTWORT: Die Würde der Person verlangt auch die Übernahme und Einhaltung von unauflöslichen Verpflichtungen wie der Ehe. In Wirklichkeit richtet sich vielmehr die Scheidung gegen die Würde der Eheleute, vor allem der schwächsten, weil sie die Sicherheit des Bundes zerstört und sie der Möglichkeit aussetzt, verlassen dazustehen und die schlimmen Folgen übernehmen zu müssen, für die sie gar keine Schuld tragen; ganz zu schweigen von den psychologischen und moralischen Folgen für die Kinder, die bereits in unzähligen Studien dokumentiert wurden.
 


60. FRAGE: Akzeptiert die Kirche nicht die Trennung der Eheleute als eine Art Scheidung?


ANTWORT: Scheidung und Trennung sind aus moralischer und rechtlicher Sicht sehr unterschiedlich. Getrennt lebende Eheleute sind nicht geschieden; vor Gott und der Kirche sind sie weiterhin verheiratet. Die Trennung ist ein Übel, das von der Kirche mit Schmerz geduldet wird, wenn es aus schwerwiegenden Gründen unvermeidlich scheint, das heißt, nur wenn alle Alternativen sich als nicht durchführbar erweisen, und um Schlimmeres zu verhindern. Manchmal ist es besser, eine Trennung zu erlauben, um schlimmere Schäden zu vermeiden, die durch das Zusammenleben entstehen könnten.

„In gewissen Fällen gestattet die Kirche, dass sich die Gatten dem Leib nach trennen und nicht länger zusammenwohnen. Die Ehe der getrennten Gatten bleibt aber vor Gott weiterhin aufrecht; sie sind nicht frei, eine neue Ehe zu schließen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1649).

„In solchen Härtefällen hat die Kirche immer gestattet, dass sich die Gatten trennen und nicht länger zusammenwohnen. Dabei ist aber zu bedenken, dass das Eheband einer gültig geschlossenen Ehe vor Gott weiterhin bestehen bleibt und die einzelnen Partner nicht frei sind, eine neue Ehe zu einzugehen, solange der Ehepartner am Leben ist“ (Kardinal Gerhard Müller, Die Unauflöslichkeit der Ehe und die Debatte in Bezug auf die zivil Wiederverheirateten und die Sakramente, in  In der Wahrheit Christi verbleiben: Ehe und Kommunion in der katholischen Kirche, Echter Verlag, Würzburg, 2014, S. 125).
 


61. FRAGE: Akzeptiert die Kirche nicht die Annullierung der Ehe als eine Art Scheidung?


ANTWORT: Wenn die Kirche nach einem dokumentierten kanonischen Prozess eine Ehe als ungültig und wirkungslos erklärt, löst sie das Eheband nicht auf, sondern erklärt, dass diese Eheschließung aufgrund ursprünglich vorhandener und nicht zu behebender Fehler nie stattgefunden hat. Es handelt also nicht um eine „Annullierung“, sondern um eine Feststellung der Ungültigkeit, die nichts mit der Scheidung gemein hat.
 


62. FRAGE: Ist nicht zu erwarten, dass eines Tages die kirchliche Autorität die Scheidung in Einzelfällen zulassen wird, um wenigsten einige „besondere Fälle“ pastoral zu lösen?


ANTWORT: „Wenn aber der Wille der Eheleute das eheliche Band nicht mehr lösen kann, darf es dann vielleicht die von Christus für das religiöse Leben der Menschen eingesetzte Obrigkeit tun, die über den Eheleuten steht? Der Bund der christlichen Ehe ist so stark, dass wenn er durch den Gebrauch der ehelichen Rechte seine volle Festigkeit erlangt hat, keine Macht der Welt, nicht einmal die Unsere, die des Stellvertreters Christi, stark genug ist, ihn zu lösen“ (Papst Pius XII:, aus der Ansprache an Neuvermählte, 22. April 1942).
 


63. FRAGE: Wie soll man über geschiedene Eheleute denken, die zivil wieder geheiratet haben?


ANTWORT: Eheleute, die nach der Scheidung jemand anderen geheiratet haben, befinden sich im objektiven Stand der Todsünde, die, falls dies öffentlich bekannt wird, noch durch den Skandal erschwert wird. Ihr Bund kann von der Kirche nicht anerkannt und auch nicht durch eine trauungsähnliche kirchliche Zeremonie bestätigt werden. Um Vergebung zu erlangen und wieder in den Schoß der Kirche aufgenommen zu werden, müssen sie ihre Sünden bereuen und ihre Situation bereinigen.

„Das Eingehen einer, wenn auch vom Zivilrecht anerkannten, neuen Verbindung verstärkt den Bruch noch zusätzlich. Der Ehepartner, der sich wieder verheiratet hat, befindet sich dann in einem dauernden, öffentlichen Ehebruch“ (Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2384).

„Die erforderliche Achtung vor dem Sakrament der Ehe, vor den Eheleuten selbst und deren Angehörigen wie auch gegenüber der Gemeinschaft der Gläubigen verbietet es jedem Geistlichen, aus welchem Grund oder Vorwand auch immer, sei er auch pastoraler Natur, für Geschiedene, die sich wiederverheiraten, irgendwelche liturgischen Handlungen vorzunehmen. Sie würden ja den Eindruck einer neuen sakramental gültigen Eheschließung erwecken und daher zu Irrtümern hinsichtlich der Unauflöslichkeit der gültig geschlossenen Ehe führen. (hl. Papst Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 84).
 


64. FRAGE: Wie sollen sich zwei geschiedene und wiederverheiratete Personen verhalten, die aus schwerwiegenden Gründen ihr Zusammenleben nicht unterbrechen können?


ANTWORT: Wo schließlich (…) objektive Bedingungen gegeben sind, die das Zusammenleben tatsächlich irreversibel machen, ermutigt die Kirche jene Gläubigen, ihre Beziehung entsprechend den Anforderungen des Gesetzes Gottes als Freunde, wie Bruder und Schwester, zu leben. (…) Damit ein solcher Weg möglich ist und fruchtbar wird, muss er durch die Hilfe der Seelsorger und durch geeignete kirchliche Initiativen unterstützt werden, wobei in jedem Fall zu vermeiden ist, diese Verbindungen zu segnen, damit unter den Gläubigen keine Verwirrungen in Bezug auf den Wert der Ehe aufkommen. (Benedikt XVI., Sacramentum Caritatis, Nr.  29).

Selbst in diesen Fällen sind die Personen selbstverständlich allgemein dazu verpflichtet, Ärgernis zu vermeiden. Diese Verpflichtung ist hier schwerwiegender, da in diesem Fall die Gefahr des Ärgernisses viel größer ist, „da nicht offensichtlich ist, dass sie nicht more uxorio leben, während sie sich nach außen hin in der Situation wiederverheirateter Geschiedener befinden“ (Kardinal Velasio de Paolis, In der Wahrheit Christi verbleiben, a.a.O. S. 145).
 


65. FRAGE: Könnte eine geschiedene Person mit Kindern nicht wieder heiraten, um wirtschaftliche und emotionale Stabilität für sich und vor allem für die der Kinder zu sichern?


ANTWORT: So etwas ist natürlich eine schmerzliche Situation, die aber nicht durch eine Sünde gelöst werden kann. Ein zweites Übel kann das erste weder auslöschen noch ausgleichen; es kommt nur zu dem ersten dazu und verschlimmert es.
 
Fortsetzung:  Vorrangige Option für die Familie IX