Donnerstag, 28. Juli 2011

Franziskus drohte mit Strafen

Die Anwohner von Greccio wurden viel von Unglücksfällen heimgesucht. Ein Rudel räuberischer Wölfe fraß nicht nur Vieh, sondern auch Menschen, und ein alljährlicher Hagelschauer zerschlug Felder und Weinberge. Eines Tages aber, als ihnen der selige Franziskus von Assisi predigte, sprach er:
„Zu Ehre und Preis des allmächtigen Gottes höret an, was ich euch der Wahrheit gemäß verkündige. Wenn jeder von euch beichtet und würdige Früchte der Buße bringt, so verspreche ich euch, daß diese ganze Pest fernbleiben wird, und Gott wird sein Auge auf euch wenden und wird seine Güte im Zeitlichen verdoppeln. Aber höret noch weiter: wiederum künde ich euch, wenn ihr für die Wohltaten undankbar, euch wiederum dem frühen Gespei zuwendet, so wird die Plage wiederkommen, ja die Strafe verdoppelt werden, und noch ein größeres Zorngericht über euch wüten.“

Das Kloster von Greccio. Vom
damaligen Städchen Greccio
fehlt jede Spur.
Und wirklich geschah es, daß durch die Verdienste und Gebete des heiligen Vaters von jener Stunde an der Schaden aufhörte, die Gefahr wich, und die Wölfe weiter niemanden belästigten, noch der Hagel fiel. Ja, noch mehr. Wenn manchmal in dem benachbarten Saatfeld ein Hagel niederging und sich dem Bezirk Greccio näherte, so hörte er dort entweder auf, oder er wandte sich in andere Richtung. Da nun Ruhe war, strömten in unermeßlicher Fülle die zeitlichen Güter herein. Aber das Wohlergehen hatte auch da die gewohnte Wirkung. Der Leute Gesicht erstickte beinahe im Fett, und die Fülle oder vielmehr der Mist zeitlicher Güter machte sie erblinden. Sie verfielen ins alte Sündenleben und vergaßen Gott, der sie gerettet hatte. Doch nicht ungestraft: denn das göttliche Gericht bestraft die erste Sünde milder als den Rückfall. Gottes Zorn entbrannte wider sie, die Übel, die gewichen waren, kamen zurück, dazu noch das menschliche Schwert, und ein vom Himmel gesandtes Sterben raffte viele dahin. Endlich wurde die ganze Stadt ein Fraß der rächenden Flammen. So müssen in gerechtem Gericht die im Verderben verkommen, die der Wohltat den Rücken wenden.

(„Das Leben des heiligen Franziskus von Assisi“ beschrieben durch den Bruder Thomas von Celano. Basel, 1919, S. 137f. in „Franzenkalender“ 2011, Franziska-Verlag)

Donnerstag, 21. Juli 2011

IV. Metamorphosen des revolutionären Prozesses

Wie das vorhergehende Kapitel zeigt, ist der revolutionäre Prozess eine schrittweise Entwicklung gewisser ungeordneter Tendenzen des christlich-abendländischen Menschen und der daraus bedingter Irrtümer.

In jeder Stufe dieses Prozesses erscheinen diese Tendenzen und Irrtümer mit einem anderem Gesicht. Die Revolution wandelt sich also im Laufe der Geschichte.

Diese Metamorphosen, die sich in den großen allgemeinen Linien der Revolution feststellen lassen, wiederholen sich in kleinerem Maßstab in jedem großen Abschnitt derselben.

So bediente sich der Geist der Französischen Revolution in seiner ersten Phase einer durchaus aristokratischen, ja sogar kirchlichen Maske und Sprache, ging am Hofe ein und aus und hatte sogar einen Sitz im Kronrat.

Später nahm er bürgerliche Züge an und setzte sich für die unblutige Beseitigung der Monarchie und des Adels sowie für eine verschleierte, friedliche Abschaffung der katholischen Kirche ein.

Bei der erstbesten Gelegenheit übernahm er die Haltung der Jakobiner ein und berauschte sich am Blut der Terrorherrschaft.

Doch die Ausschreitungen des Jakobinerklubs stießen auf Widerstand, und so durchlief er nun auf dem Rückzug dieselben Etappen wieder, allerdings in umgekehrter Richtung. Aus dem Jakobiner wurde im Direktorium ein Bürgerlicher und unter Napoleon streckte die Hand wieder der Kirche entgegen und öffnete dem verbannten Adel wieder die Türen; am Ende begrüßte er sogar die Rückkehr der Bourbonen. Das Ende der Französischen Revolution bedeutet aber nicht den Abschluss des revolutionären Prozesses. Mit dem Sturz Karls X. und dem Aufstieg Louis-Philippes kommt er wider zum Ausbruch und von Wandel zu Wandel zieht er aus Erfolgen und selbst aus Misserfolge Nutzen und erreicht so in unseren Tagen seinen Höhepunkt.

Die Revolution nützt somit ihre Metamorphosen nicht nur um vorzustoßen, sondern sie versteht es auch, immer wieder notwendige taktische Rückzieher zu unternehmen.

Manchmal täuscht die stets lebendige Bewegung ihren Tod vor, und dies ist eine ihrer interessantesten Wandlungen. Dem Anschein nach ist die Lage in einem bestimmten Land dann völlig ruhig. Die gegenrevolutionäre Reaktion räkelt sich und schläft ein. Doch in den Tiefen des religiösen, kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens gewinnt derweil der revolutionäre Gärungsprozess immer mehr an Boden, und am Ende dieses scheinbaren Stillhaltens kommt es dann plötzlich zu einem unerwarteten Ausbruch, der in seiner Stärke oft die vorausgegangenen Ausbrüche noch übertrifft.

Mittwoch, 20. Juli 2011

V. Die drei Tiefenschichten der Revolution: in den Tendenzen, in den Ideen, in den Fakten

1. Die Revolution in den Tendenzen

Wie wir bisher gesehen haben, ist diese Revolution ein Prozess, der in Etappen abläuft und ihren Ursprung in bestimmten ungeordneten Tendenzen hat, die ihr als Seele und innerste Triebkraft dienen. (Vgl. Teil I, Kap. III, 5)
So können wir auch in der Revolution drei Tiefenschichten unterscheiden, die sich chronologisch bis zu einem gewissen Punkt durchdringen.
Die erste und tiefste Schicht besteht in einer Krise der Tendenzen. Diese ungeordneten Tendenzen, die von ihrer eigenen Natur aus zur Verwirklichung drängen, da sie sich nicht mehr mit einer Ordnung der Dinge abfinden können, die ihnen zuwiderläuft, beginnen die Mentalitäten, die Seinsweisen, die künstlerische Ausdrucksweisen und die Sitten zu verändern, ohne jedoch in der Regel gleich die Ideen und das Gedankengut anzutasten.

2. Die Revolution in den Ideen

Von diesen tiefsten Schichten heraus greift die Krise auf das ideologische Gebiet über. In der Tat, wie mit Recht Paul Bourget in seinem bekannten Buch "Le démon du midi" schreibt: "Man muss leben, wie man denkt, um nicht früher oder später anfängt so zu denken, wie man gelebt hat" (a.a.O., Librairie Plon, Paris, 1914, Bd. II, S. 375). So sprießen nun, angeregt von der Unordnung der tiefliegenden Tendenzen, neue Ideen, neue Lehren hervor. Manchmal suchen sie anfangs einen modus vivendi mit den früheren Ideen und damit eine Harmonie vortäuschen, die aber gewöhnlich recht bald zum offenen Kampfe übergeht.

3. Die Revolution in den Fakten

Diese Revolution der Ideen greift sodann auf das Gebiet der Fakten über und bewirkt hier mit blutigen oder unblutigen Mitteln einen Wandel in Institutionen, Gesetzen und Sitten sowohl im religiösen Bereich als auch in der weltlichen Gesellschaft. Es ist eine dritte Krise, die sich im Bereich der Fakten abspielt.

4. Verschiedene Beobachtungen

A. Die drei Tiefenschichten der Revolution sind nicht mit Zeitabschnitten gleichzusetzen
Diese Tiefenschichten weisen eine gewisse Staffelung auf. Doch bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass das Wirken der Revolution in diesen Schichten derart zeitlich verflochten ist, dass sie nicht als zeitlich unterschiedliche Einheiten betrachtet werden können.

B. Erkennbarkeit der drei Tiefenschichten der Revolution
Die drei Tiefenschichten sind nicht immer deutlich voneinander zu unterscheiden. Der Grad ihrer Erkennbarkeit ist von Fall zu Fall verschieden.

C. Der revolutionäre Prozess ist nicht unumkehrbar
Der Weg eines Volkes durch diese Tiefenschichten ist nicht unumkehrbar, so dass er nach dem ersten Schritt zwangsläufig bis zum letzten kommen müsse und in die nächste Tiefenschicht hineingleite. Im Gegenteil, der freie Wille des Menschen ist in der Lage, mit Hilfe der Gnade Gottes, jede Krise zu überwinden und selbst die Revolution aufzuhalten und zu besiegen.
Wenn wir hier die verschiedenen Aspekte des revolutionären Prozesses beschreiben, so gehen wir dabei vor wie etwa ein Arzt, der die Entwicklung einer Krankheit bis zum Tode hin beschreibt, ohne damit jedoch behaupten zu wollen, dass die Krankheit unheilbar sei.

Montag, 18. Juli 2011

Christlicher Fürstenspiegel des hl. Augustinus


Denn wir preisen manche christlichen Kaiser nicht darum glücklich, weil sie länger regierten oder eines sanften Todes starben und ihren Söhnen die Herrschaft hinterließen, oder weil sie die Feinde des Staates niedergeworfen und bösartige Bürgeraufstände entweder verhütet oder unterdrückt haben. Solche und andere Gnadengaben und Tröstungen dieses sorgenvollen Lebens konnten auch Dämonenverehrer empfangen, die am Himmelreich keinen Anteil haben wie sie; und zwar ist es Gottes Barmherzigkeit, die das so fügt, damit die an ihn Glaubenden dergleichen Erdengüter nicht als Höchstes von ihm begehren.

Sondern glücklich nennen wir sie, wenn sie gerecht herrschen, wenn sie trotz aller schmeichlerisch verhimmelnden und kriecherisch unterwürfigen Reden sich nicht überheben und nicht vergessen, daß sie Menschen sind, wenn sie ihre Macht in den Dienst seiner Majestät stellen und die Gottesverehrung so weit wie möglich ausbreiten, wenn sie Gott fürchten, lieben und verehren, wenn sie jenes Reich am meisten lieben, in dem sie keine Mitregenten zu fürchten brauchen, wenn sie langsam sind zu strafen und gern Nachsicht

üben, wenn sie Strafe nur darum verhängen, weil Leitung und Schutz des Staates es fordern, aber nicht um Rachgier zu befriedigen, wenn sie Nachsicht. gewähren, nicht um Vergehen straflos zu lassen, sondern in der Hoffnung auf Besserung, wenn sie harte Erlasse, zu denen sie oft gezwungen werden, durch erbarmende Milde und gütige Freigebigkeit ausgleichen, wenn sie von Ausschweifungen sich um so mehr zurückhalten, je ungehinderter sie sich ihnen ergeben könnten, wenn sie lieber über ihre schlimmen Leidenschaften als über fremde Völker herrschen, und wenn sie dies alles tun nicht aus Gier nach eitlem Ruhme, sondern aus Verlangen nach der ewigen Seligkeit, wenn sie auch nicht unterlassen, für ihre Sünden ihrem wahren Gotte das Opfer der Demut, der Klage und des Gebetes darzubringen.


Solche christlichen Kaiser nennen wir glücklich, einstweilen nur in Hofnung, künftig aber voll und ganz, wenn eingetroffen ist, was wir erwarten.

Königin Maria Klothilde von Sardinien

Sie war am 23. September 1759 zu Versailles geboren. Ihr Vater war der Dauphin Ludwig, der Sohn des damals regierenden Ludwig XV. und Schwester des späteren Königs Ludwig XVI.
An einem duch seine Sitelosigkeit verrufenen Hofe bewahrte ihr Vater Tugend und Frömmigkeit. Schon im Jahre 1767 war Klothilde, die in der Furcht des Herrn aufgewachsen war, eine Doppelweise.
Am 17. August 1775 heiratete sie in der Schloßkapelle zu Versailles den Thronernben von Piemont. Karl Emaniel. Er war sehr religiös, seine Grundsätze und Gesinnungen unterschieden sich nicht von der ihreigen.
Als Prinzessin setzte die Dienerin Gottes (*) ihre gewohnten religiösen Übungen fort. Drei- bis viermal in der Woche ging sie zumTische des Herrn. Ihre religiösen Übungen hinderten sie keinesgwegs and er Erfüllunh ihrer Standespflichten und an der Ordnung ihres Hauswesens. Den Dienstboten war sie eine liebevolle Herrin. Sie nannten sie eien Engel. Gegen ihre edle Schwiegermutter hatte sie eine besondere Zuneigung und tat nichts ohne ihren Rat. Ihrem Gemahl war sie in der liebenswürdigsten Weise untertänig. Den Armen ließ sie durch die Hand anderer reichliche Almosen zukommen.
Klothildens ganzes Leben war ein Kreuzweg. Schon mit acht Jahren hatte sie Vater und Mutter verloren, ihr Bruder Ludwig XVI. und ihre Schwester Elisabeth endeten auf dme Schafott, ihr Neffe (Ludwig XVII.) starb infolge grausamer Behandlung eines frühen Todes. Aber gotttergeben ertrug die Dulderin diese fürchterlichen Schläge.
Als sie am 16 Oktober 1796 Königin von Piemont wurde, änderte sie in keiner Weise ihre bisherige Lebensweise. Schon nach zwei Jahren nahm die französische Republik dem Gatten alle Besitzungen und zwang ihn als Verbannten nach Sardinien zu gehen. Auch hier verlor Klothilde ihren Starkmut nicht und richtete ihren bekümmerten Gemahl auf. Bald darauf kam sie mit dem König nach Rom, wo Papst Pius VI. sie herzlich empfing. Von Rom begab sich Klothilde nach Neapel, wo sie den ehrwürdigen Barnabiten, Pater Biachi, kennen lernte, aus dessen Seelenführung sie großen Trost für ihre daniederliegende Seele Schöpfte.
Sie verschied in Neapel, versehen mit den heiligen Sterbesakramenten, am 7. März 1802 im Alter von 42 Jahren. In der Krankheit, die ihrem kostbaren Tode vorausging, bekundete sie eine große Sehnsucht nach dem Himmel. Oftmals sagte sie zu ihrem Beichtvater, dem P. Marino: „O diese Ruhe, dieser Friede! Wie schön ist der Himmel! Zum Himmel! Zum Himmel!“ und klatschte bei diesen Worten in die Hände. Ihr Todeskampf erschien als sanfter Schlummer. Als der berühmte Doktor Cotugno, der bei ihrem Verscheiden zugegen war, dem Könige entgegenging, um ihn vom Eintritt in das Zimmer der Verstorbenen abzuhalten, sagte er, anstatt ihm zu konholieren, mit dem Ausdruck der Freude: „Ich freue mich mit Ew. Majestät, das ein Engel in den Himmel geflogen ist.“

(*) Papst Pius VII., der Maria Klothilde persönlich gekannt hatte, leitete am 10. April 1808 ihren Seligsprechungsprozess mit ihrer Erklärung zur Ehrwürdigen Dienerin Gottes ein. (Wikipedia)
Aus „Das Ende großer Menschen“ von Anton Steeger, Regensburg 1915, Verlagsanstalt vorm. G.J. Manz, Buch- und Kunstdruckerei A.-G., München, Regensburg, S.1

Montag, 11. Juli 2011

So wie er die bösen Engel bestraft hat, wird er auch die falschen Lehrer bestrafen

Es gab aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie es auch unter euch falsche Lehrer geben wird, die verderbliche Irrlehren aufbringen und den Herrn verleugnen werden, der sie erkauft hat. Sie bereiten sich selbst ein jähes Verderben. Und viele werden ihre Ausschweifungen folgen, und der Weg der Wahrheit wird ihretwegen gelästert werden. In Habgier werden sie euch mit betrügerischen Worten übervorteilen; doch schon längst ist für sie das Gericht müßig, und ihr Verderben schläft nicht. Denn Gott hat der Engel, die sich versündigten, nicht geschont, sonder sie den finsteren Höhlen der Unterwelt übergeben, um sie verwahren für das Gericht. Er hat der alten Welt nicht geschont, sondern nur Noah, den Künder der Gerechtigkeit, mit sieben anderen gerettet, da er die Flut über die Welt der gottlosen heraufführte. Er hat die Städte Sodom und Gomorrah durch die Vernichtung mit Feuer gerichtet und sie als Beispiel hingestellt für künftige Gottlose, indes er den gerechten Lot rettete, der durch das liederliche Treiben der Zuchtlosen zu leiden hatte. Denn der Gerechte, der in ihrer Mitte wohnte, quälte sich in seiner Seele, da er Tag für Tag ihr frevlerisches Treiben sah und hörte. So weiß der Herr die Frommen aus der Prüfung zu erretten, die Ungerechten aber für den Tag des Gerichtes zur Bestrafung aufzubewahren, und zwar vor allem jene, die in schmutziger Gier dem Fleisch sich hingeben und die Macht des Herrn missachten.

Aus dem 2. Brief des Apostel Petrus, geschrieben in Rom im Jahre 67

Mittwoch, 6. Juli 2011

Staat und Kirche trennen zu wollen, ist ein schwerer Irrtum

Der Grundsatz, dass Staat und Kirche getrennt werden müssen, ist fürwahr vollständig falsch und im höchsten Grade verderblich. - Denn wer sich zur Auffassung bekennt, dass der Staat sich in keiner Weise um die Religion kümmern dürfe, fügt erstens Gott eine große Beleidigung zu, der ebenso Begründer und Erhalter der menschlichen Gesellschaft wie des Lebens der einzelnen Menschen ist. Deshalb kann sich der Kult nicht in den Bereich des Privatlebens zurückziehen, sondern er muss ein öffentlicher sein. – Ferner liegt diesem Grundsatz deutlich die Leugnung des Übernatürlichen zugrunde. Denn hierbei werden die staatlichen Unternehmungen ausschließlich nach der Wohlfahrt dieses sterblichen Lebens bemessen, die lediglich die nächste Angelegenheit der bürgerlichen Gesellschaft ist. Die höchste Angelegenheit der Bürger aber, die ewige Seligkeit, die jenseits des kurzen Erdenlebens auf uns wartet, vernachlässigt er vollständig als eine dem Staat fremde Sache. Und doch sollte das Staatswesen gemäß der Gesamtordnung der vergänglichen Dinge für die Erreichung des absoluten, höchsten Gutes nicht hinderlich, sondern förderlich sein. – Sodann durchbricht er die von Gott mit höchster Weisheit getroffene Ordnung der menschlichen Dinge, die ohne Zweifel die Eintracht zwischen der religiösen und der bürgerlichen Gesellschaft fordert. Denn da beide, wiewohl auf getrenntem Gebiete jede für sich, doch eine Herrschaft über dieselben Menschen ausüben, so müssen sie oft Fragen in Angriff nehmen, deren Beurteilung und Lösung beide Teile betrifft. Wo nun der Staat mit der Kirche keine Beziehungen unterhält, da werden solche Fragen leicht zum Anlass von Streitigkeiten, die für beide Teile recht bitter sind und - was die Geister nicht wenig bedrückt – den Sinn für die Wahrheit trüben. Das hat schließlich auch für den Staat sehr große Nachteile im Gefolge. Bei Zurücksetzung der Religion kann die bürgerliche Gesellschaft nicht blühen, noch festen Bestand haben. Jene ist nämlich die oberste Führerin und Lehrerin der Menschen für die gewissenhafte Beobachtung von Recht und Pflicht.

Aus der Enzyklika „Vehementer Nos esse“ vom hl. Pius X., vom 11. Februar 1906

Jesus Christus ist der Eckstein der Gesellschaft

Dennoch ist in keinem andern Heil als in Christus. Denn es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, wodurch wir selig werden sollen (Apg 4,12). Zu ihm müssen wir zurückkehren, ihm müssen wir uns zu Füßen werfen, von seinem göttlichen Munde Worte des ewigen Lebens empfangen; er allein kann uns den Weg zeigen, das Heil wieder zu gewinnen, er allein die Wahrheit lehren, er allein wieder das Leben erwecken, der von sich gesagt hat: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Man hat es nun wieder versucht, die irdischen Dinge ohne Christus zu ordnen, man hat es gewagt, den Eckstein zu verwerfen, wie es Petrus den Juden vorwerfen musste, die Jesus gekreuzigt hatten, und so zu bauen begonnen. Nun seht, zum zweiten Male stürzen die aufgeschichteten Waffen zusammen und zermalmen ihre stolzen Erbauer. Jesus aber ist, immer noch da, der Eckstein der menschlichen Gesellschaft, und zum zweiten Male ist die Wahrheit bekräftigt, dass nur in ihm das Heil ist: Dieser ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der zum Eckstein geworden ist, und es isst in keinem andern Heil (Apg 4,11-12).

Aus der Enzyklika "Jucunda Sane" vom hl. Pius X., vom 12. März 1904