Dienstag, 7. Januar 2014

Die Gottesmutterschaft




Die Evangelien, die das Leben des Heilands so genau erzählen. haben nur wenige Einzelheiten aus dem Leben der allerseligsten Jungfrau Maria festgehalten. Sie berichten nichts über ihre Unbefleckte Empfängnis, über ihre Geburt, über ihre Kindheit im Tempel von Jerusalem. Mit Wohlgefallen lassen sie sich über die wundervollen Szenen der Verkündigung und der Heimsuchung aus; dies sind aber auch schon die einzigen Geheimnisse, in denen Maria den ersten Platz einnimmt.
Danach finden wir in den Berichten der Evangelisten nur äußerst beiläufige Hinweise auf die Rolle Marias. Wir sehen sie, wie sie den neugeborenen Sohn den armen Hirten und den Drei Königen hinhält, wie sie später in aller Eile mit dem Jungen nach Ägypten aufbricht. Nur einige kurze Anmerkungen beziehen sich auf das lange Zusammenleben mit dem göttlichen Meister in dem kleinen Haus in Nazareth.
Wenn der Herr schließlich seine öffentliche Sendung beginnt, tritt die Gestalt Mariens fast völlig in diskreten Schatten. Einen Augen­blick lang treffen wir sie auf der Hochzeit von Kana wieder. Ein oder zwei Mal erwähnen die heiligen Schriftsteller dann, daß sie demütig der Predigt ihres Sohnes beiwohnt. Und schließlich finden wir sie wieder während der tragischen Ereignisse der Leidensgeschichte unter dem Kreuz.
Das ist alles, was uns die Evangelien über Maria berichten. Glaubt ihr nicht, daß unsere Frömmigkeit einen großen Gewinn davontragen würde, wenn wir mehr über ein so bewegendes Thema erführen?
Auch die Kirchenväter haben nach dem Grund dieses befremdlichen Schweigens gefragt. Und sie kamen übereinstimmend zu dem Schluß, das der heilige Matthäus damit, daß er den Stammbaum des Erlösers festhielt, in einer einzigen Linie all die Größe und den Ruhm Unserer Lieben Frau vereinigt hat. „Von Jakob stammte Josef“, sagt der heilige Text, „der Mann Marias, von der geboren wurde Jesus genannt Christus“. Jacob autem genuit Josef, virum Mariae de qua natus est Jesus, qui vocatur Christus. (1)
Wenn ihr die Königin des Himmels besser kennen lernen wollt müßt ihr euch mit frommer Aufmerksamkeit in ihr einzigartigste~ Privileg vertiefen: in ihre Gottesmutterschaft.
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Ich will keineswegs die fast unüberwindlichen Schwierigkeiten vor euch verstecken, die .ein so erhabenes Thema mit sich bringt. Bevor. ich näher darauf eingehe, wollte ich einige Stellen aus den zahlreichen Reden nachlesen, mit denen die Kirchenlehrer auf dieses Thema eingegangen sind. Und zu meiner Überraschung mußte ich feststellen, daß sie sich angesichts einer solchen Größe von einer ungeheuren Mutlosigkeit erfaßt fühlten. Gibt es denn Worte, die stark genug, und Vergleiche, die klar genug sind, um dieses Wunder völlig verständlich zu machen?
Der heilige Epiphanius, einer der größten Lichter des Orients geht alle Glorien des Himmels durch. Nacheinander erforscht er die Chöre der Enge! und die verschiedenen Kategorien von Heiligen und kommt schließlich zu der Überzeugung: „Die Mutter des Wortes aber steht unvergleichlich höher als sie alle. Gott ausgenommen steht sie über allem. Keine Menschenzunge vermag ihr Lob angemessen zu besingen. (2)
Der heilige Thomas von Aquin, der unumstrittene Meister der katholischen Theologie, lehrt uns, daß die Gottesmutterschaft Maria eine unendliche Würde verleiht. Er zeigt uns, daß die Gottesmutter auf ihrem Höhenflug die Grenzen der Göttlichkeit berührt. „Ad fines divinitatis propria operatione attigit.“ (3)
Ein Abgrund trennt uns vom Allerhöchsten. Denn wir sind reines Nichts. Seit aller Ewigkeit lebt er in einem unseren Augen unzugänglichen Licht. Während wir nichts aus uns selbst vermögen, erschafft er die Welten mit einem einzigen Wort. Er verlangt zwar unsere Anbetung, weist aber von vornherein darauf hin, daß ihm diese keinerlei Nutzen bringt „Glaubt ihr etwa“, sagte er zu einem seiner Propheten, „daß ich das Blut der Ziegen und Lämmer nötig habe, die ihr in meinem Tempel opfert?“ (4)
Nun wollte aber dieser von seinen Geschöpfen unabhängige Gott die allerseligste Jungfrau Maria nötig haben, um durch sie die großen Pläne seiner Barmherzigkeit auszuführen. Und er sandte ihr den Engel Gabriel, um sie um ihre Zustimmung zum Werk der Menschwerdung zu bitten.
Dieser so unendlich von unserer Kleinheit entfernte Gott wollte Beziehungen zu Maria herstellen und zwar so enge Beziehungen, daß sie, wenn ich es so ausdrücken darf, als einzige bis in die Tiefe der Allerheiligsten Dreifaltigkeit vordringt.
Der Heilige Geist, der durch sein wunderbares Eingreifen ihre unver­gleichliche Jungfräulichkeit fruchtbar werden ließ, machte sich zu ihrem Bräutigam.
Das Ewige Wort entnahm ihrer Substanz seinen heiligsten Leib und sein unendlich kostbares Blut. Als er in der Grotte von Bethlehem zur Welt kam, wurde er Monate lang von der Gottesmutter genährt. Eine wahrhaft bezaubernde Wahrheit: „Das Fleisch Christi“, ruft der heilige Augustinus aus, „ist das Fleisch Mariens!“ Caro Christi, caro Mariae. Und da die Züge der Kinder sehr oft die Züge der Mutter widerspiegeln, wollte der Erlöser, das schönste aller Menschenkinder, sehr wahrscheinlich der Unbefleckten Jungfrau ähnlich sehen.
Schließlich hat die Himmelskönigin Anteil an den Ehren des Vaters. Der Vater, der ewig sein Wort hervorbringt, hat zu Jesus gesprochen: „Du bist mein Sohn; auf dir ruht all mein Wohlgefallen.“ (5) Maria hat dem Herrn nicht seine göttliche Natur geschenkt, aber sie hat seiner Göttlichkeit einen sterblichen, dem unsrigen ähnlichen Körper gegeben. Nur sie kann mit dem Vater zu Jesus, dem unsterb­lichen König der Jahrhunderte, das Wort sagen, das die seligen Bewohner des Paradieses mit Staunen erfüllt hat: „Du bist wirklich mein Sohn; ich habe dir dein menschliches Leben geschenkt und auf dich, den Geliebten meines Herzens, alle Kräfte meiner Zärtlichkeit vereinigt.“
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Infolge ihrer Gottesmutterschaft besitzt die allerseligste Jungfrau Maria unbestreitbare Rechte auf den Erlöser.
Vor allem besitzt sie Rechte auf seinen Willen. Der Jesusknabe mußte Maria gehorchen: Die Evangelien bringen uns dies ausdrücklich in Erinnerung; sie zeigen ihn uns in Nazareth, seiner Mutter und seinem Stiefvater untertan. Et erat suhditus illis. (6)
Man braucht jedoch nicht zu übertreiben. Der Heiland hatte vom Allerhöchsten einen Auftrag erhalten, der über der Autorität der Gottesmutter stand. Als er im Alter von zwölf Jahren bei den Schrift­gelehrten im Tempel zurückblieb, hat er seinen Eltern nicht Bescheid gegeben. Damit wollte er uns deutlich machen, daß seine Mutter nicht in allen Dingen über ihn gebieten konnte. Sie bewahrte aber einen ungeheuren Einfluß auf seinen anbetungswürdigen Willen. Hat er in Kana nicht auf ihre Bitte hin sein erstes Wunder gewirkt?
Die allerseligste Jungfrau Maria besitzt auch Rechte auf das Herz ihres Sohnes; diese Rechte sind unvergänglich. Wie auf Erden zollt Jesus seiner Mutter auch im Himmel allen Respekt und alle Zärtlichkeit eines Kindes. Es ist demnach unmöglich, daß er ihr die Erfüllung Ihrer Wünsche versagt. Es ist undenkbar, daß er unsere Gebete abweist, wenn wir sie im Namen der Liebe unterbreiten, die er seiner Mutter schuldet und stets schulden wird.
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Was für Gefühle sollte uns dieses Privileg eingeben, das die allerseligste Jungfrau über alle Geschöpfe erhebt?
An erster Stelle soll es uns Anerkennung einflößen. Wir leben in einer Fülle übernatürlicher Güter, wie sie die Seelen des Altertums nicht besaßen. Wenige Tage nach unserer Geburt hat man uns zur Kirche gebracht, wo uns das geweihte Wasser der Taufe zu Gottes­kindern gemacht hat. Wenn die Last unserer Vergehen zu schwer auf unserem Gewissen liegt, gehen wir zum Priester und legen ihm unsere Skrupel und unsere Reue zu Füßen; dann erheben wir uns mit erleichterter Seele und gehen hinweg mit der Sicherheit, daß wir Vergebung erhalten haben. Wenn wir in der Versuchung Kraft, im Schmerz Trost brauchen, knien wir vor dem Altar nieder, in dem Jesus in Wahrheit gegenwärtig ist, um uns sein Herz zu öffnen. Im Tabernakel wartet er ungeduldig darauf, daß wir ihm die Gastfreundschaft unserer so gebrechlichen und elenden Seelen anbieten. Diese Gnaden, die sich wie ein Strom über die Erde ergießen, sind stets zu unserer Verfügung; wir brauchen nur einen Schritt zu tun und schon überfluten sie uns.
Habt ihr schon einmal daran gedacht, daß ihr dies der Gottesmutterschaft Mariens verdankt? Habt ihr auch nicht vergessen, ihr dafür eure Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen?
Der Herr hatte einmal zehn Leprakranke geheilt. Die glücklichen Wunderempfänger machten sich sofort auf den Weg, um sich den Priestern zu zeigen, wie es das Gesetz Moses' befahl; nur einer kehrte mitten auf dem Weg um seinem Wohltäter zu danken. „Sind nicht zehn rein geworden?“, fragte daraufhin der Heiland, „Wo sind denn die übrigen neun?“(7) - Könnte sich die allerseligste Jungfrau nicht ebenso beklagen? „Ich habe diesen Seelen Jesus geschenkt, und sie vergessen, daß sie ihn von mir bekommen haben.“
Danken wir darum heute der Gottesmutter, danken wir ihr oft für das, was sie für uns getan hat. Diese so einfache Übung wird reichen Segen auf uns ziehen.
Die Gottesmutterschaft soll uns auch ein grenzenloses Vertrauen einflößen. Maria ist überaus mächtig und gütig: Gewöhnen wir uns daher daran, sie häufig zu bitten.
Als der heilige Apostel Johannes bereits das Greisenalter erreicht hatte, ließ er sich zu den Versammlungen der Gläubigen tragen, deren Hirte er war. Und er richtete stets die gleichen Worte an sie: „Meine Kinder, liebt einander!“ Den Zuhörern wurde diese Wiederholung schließlich leid und sie fragten ihn: „Warum wiederholst du immer dasselbe?“ Der Lieblingsjünger, der die Liebe an der Brust des Erlösers gelernt hatte, antwortete ihnen darauf: „Die brüderliche Liebe ist eben das Gebot des Meisters.“
Wenn es euch also überraschen sollte, daß ich immer wieder darauf bestehe: „Bittet ohne Unterlaß eure himmlische Mutter!“, so entgegne ich euch: „Es ist dies das große Hilfsmittel der Beharrlich­keit und der Erlösung.“ Gott hat uns den kostbaren Schlüssel zum Herzen Jesu anvertraut, zu dem reichsten aller Schätze; es wäre unverzeihlich, wenn wir ihn nicht benutzen würden, um reichlich den Trost, das Licht und die Kraft bei ihm zu schöpfen, deren wir so sehr bedürfen.
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In unseren Tagen schätzt man sehr die äußerst wirksamen Gebete. Da gibt es äußerst wirksame Gebete zum heiligen Expeditus; es gibt äußerst wirksame Novenen zu anderen Heiligen, die ich mit der Kirche tief verehre. Es gibt jedoch eine Heilige, die alle anderen Heiligen an Glorie und Macht weit übertrifft.
Und es gibt ein Gebet, das nach dem Gebet, das der Herr uns selbst gelehrt hat, vollkommener ist als alle anderen. In ihm erbitten wir mit der Demut, die Gott so wohlgefällig ist, die Gnaden, die wir für den jetzigen Augenblick und für unsere letzte Stunde brauchen. Bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes!
Dieses Gebet ist äußerst angemessen, erinnert es doch die aller­seligste Jungfrau an ihre herrlichen Vorzüge, an die Unbefleckte Empfängnis und an die hehre Gottesmutterschaft. Es enthält einen Loberweis an ihren göttlichen Sohn, den sie so sehr liebt. - Und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Die Königin des Himmels kann daher dieses Gebet nicht hören, ohne gerührt zu sein.
Der heilige Bernhard hatte die Gewohnheit, ein Muttergottesbild zu grüßen, das es in seinem Kloster gab. Immer wenn er daran vorüberging, betete er ein Ave-Maria. Nun erzählt die Legende, daß das Bild eines Tages Leben annahm und das Gesicht ein Lächeln zeigte. Anmutig neigte die Gottesmutter dem Heiligen ihr Haupt zu und sagte: „Ich grüße dich auch, Bernhard.“
Beten wir mit Andacht den Englischen Gruß, beten wir ihn häufig, aber auch aufmerksam und fromm. Wahrscheinlich wird uns die allerseligste Jungfrau Maria nicht auf wunderbare Weise zurückgrü­ßen. Sie wird uns aber in diesem Leben beschützen und in der schrecklichen Todesstunde wird sie uns mütterlich helfen und unsere Seelen ins Paradies führen, dessen Königin sie ist.

(1) Mt 1, 16.
(2) Vgl. Hl. Epiphanius, Homilia 5a. in Laud. S.M. V
(3) Summa Theologica, 2a. 2ae. q. 103, art. 4, ad 2.
(4) Is 1, 11
(5) Lk 3, 22
(6) Lk 2, 51
(7) Lk 17, 17
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Diese Betrachtung ist entnommen aus dem Büchlein „Die Jungfrau Maria“ von P. Thomas de Saint Laurent, DVCK e.V., 2000

Samstag, 4. Januar 2014

Ein Gebet für unsere Zeit




Wir möchten Ihnen hier ein Gebet vorstellen, welches uns für unsere Zeit als sehr wichtig erscheint, und es Ihnen zum Gebrauch empfehlen:
Es entstand aufgrund einer Prophetie des Pater Louis-­Edouard Cestac (1801-1868), Gründer der Kongregation der Dienerinnen Mariens.
 
Am 13. Januar 1864 wurde P. Cestac im Heiligtum Unserer Lieben Frau von der Zuflucht in Anglet (Pyreneen) plötz­lich wie von einem Strahl göttlicher Klarheit erschüttert. Er sah die Dämonen auf der ganzen Welt verbreitet und überall unaussprechbaren Schaden anrichten. Gleichzeitig hatte er eine Vision der allerseligsten Jungfrau Maria. Diese gute Mutter sagte ihm, dass die Dämonen in der Tat auf der ganzen Welt entfesselt seien. Deswegen sei die Stunde gekommen, sie als Königin der Engel anzurufen und sie zu bitten, Legionen heiliger Engel zu senden, um die Mächte der Unterwelt zu bekämpfen und niederzu­werfen. „Meine Mutter“, sagte der Priester, „Ihr seid so gut, könntet Ihr sie nicht schicken, ohne dass man darum bittet?“ – „Nein“, antwortete die allerseligste Jungfrau, „das Gebet ist eine Bedingung, die von Gott gestellt wird, auch wenn man Gnaden erhalten möchte.“ – „Wenn es so ist, meine Mutter, würdet Ihr uns dann lehren, wie man beten muss?“ Daraufhin erhielt er von der allerseligsten Jungfrau das Gebet „Erhabene Königin“. 

Nachdem das Gebet vom Bischof von Bayonne gut gehei­ßen worden war, wurde es auf Anregung des ehrwürdi­gen Paters Louis-Edouard Cestac auf dem ganzen katholi­schen Erdkreis verbreitet, überall begleitet von außerge­wöhnlichen Gnaden. Es ist noch zu erwähnen, dass beim ersten Druck die Druckerpresse gleich zweimal kaputt ging.


Gebet „Erhabene Königin“

Erhabene Königin des Himmels, höchste Herrin der Engel, die du von Anbeginn von Gott die Macht und die Sendung erhalten hast, den Kopf Satans zu zer­treten, demütig bitten wir dich: Sende deine himmli­schen Legionen, damit sie, unter deinem Befehl und durch deine Macht, die Dämonen verfolgen, überall bekämpfen, ihre Verwegenheit zuschanden machen, und sie in den Abgrund zurückstoßen.

Wer ist wie Gott!

O gute und zärtliche Mutter, Du wirst immer unsere Liebe und unsere Hoffnung sein! O Muttergottes, sende die heiligen Engel, um uns zu verteidigen und den grausamen Feind weit von uns fernzuhalten. Heilige Engel und Erzengel verteidigt uns, beschützt uns!
Amen. 

(Quelle: IK-Nachrichten Dez 2013/Jan 2014)