Msgr. Joseph Gawina
Heute wird viel Schönes und Großartiges in der Heiligen Kirche getan. Wir glauben jedoch, dass es in seiner großen und tragischen Schönheit, nichts dem Martyrium so vieler Katholiken, die in China, Indochina und Osteuropa unsagbare Qualen leiden und ihr Blut großzügig zur größten Ehre Gottes vergießen. Es ist ein Lied von Kraft, Schmerz und Hoffnung, das nur durch das Lied der Engel im Himmel in Schönheit übertroffen wird.
Immer wenn es sich um Leiden und um den Kampf für den Namen Jesu
Christi handelt,
ist Polen an erster Linie. Es ist nur zu gerecht, dass aus
einem polnischen Herzen mit besonderer Hervorhebung der schwingende Protest,
die Stimme des Mitgefühls, das ergreifende Flehen der gesamten Geistlichkeit der
Christenheit, damit Gott seine Helden stärke, die Opfer des Kommunismus sind.
Und ganz besonders wenn dieses Herz das eines Prälaten wie S.
Hochw. Msgr. Joseph Gawina ist, der Held des polnischen Widerstands, Symbol des
apostolischen Mutes und christlichen Patriotismus.
Unsere Leser und insbesondere diejenigen, die Priester sind,
werden daher das größte Interesse haben, diese Feuerzeilen des bedeutenden
Direktors der Weltkonföderation der Marianischen Kongregationen zu lesen (die
Untertitel stammen aus dieser Redaktion):
Das Gesetz der gegenseitigen Liebe
Eines der größten Genies des Christentums, Kardinal John Henry
Newman, rief aus: „Mein Gott, ich weiß nicht, was unendliche Liebe bedeutet; doch
eines sehe ich: dass deine Liebe so tief und stark ist, dass alle meine Maße
und Klassifizierungen verwirrt und ohnmächtig sind“ (Med. Chr. Doctr., X, 74,
5).
Die göttliche Liebe, die ihre tiefste Wurzel in der göttlichen
Güte legt, entgeht der menschlichen Intelligenz.
Unsere Seele wurde nach Bild und Ähnlichkeit Gottes geschaffen.
Der Sohn Gottes, in wenigen Augenblicken vor seinem Leiden, gab den Aposteln
das Gesetz der gegenseitigen Liebe: „Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und
werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei und
ich in ihnen“ (Joh 17,26). Und der Apostel der Nächstenliebe fährt fort: „Wer
seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht
sieht?“ (1 Joh 4, 20).
Grausamkeit größer als die
von Babylon
Wir leben in einzigartigen Zeiten. Der Mensch ist in den letzten
zehn Jahren in eines der grundlegenden Mysterien der Natur eingedrungen; Aber
nur die Zukunft wird zeigen, ob dieser „progressistische“ Mensch moralisch in
der Lage sein wird, der Verantwortung für die zukünftige Welt gegenübertreten,
damit diese nicht pervers wird.
Sicher ist, dass wir im moralischen Bereich, obwohl es sich um
Beziehungen von Mensch zu Mensch handelt, sehen wir nicht einen Fortschritt,
sondern einen enormen Rückschritt. Nicht einmal Babylon selbst war so grausam
wie Europa in den letzten fünfzehn Jahren. Vielleicht könnte man es nur mit
Assyrien vergleichen.
Ich kenne ein bestimmtes assyrisches Basrelief, der die Expatriierung
eines besiegten Volkes darstellt. Ihre Hütten brennen; Jeder darf nur ein paar
Objekte mit sich führen, und diejenigen, die sich nicht entscheiden können, die
rauchenden Ruinen ihrer lieben Hütten zu verlassen, diesen heftet die
Soldateska mit ihren Lanzen auf den Boden.
Seit 1939 sehen wir die Abschiebung, Kolkozen, das Verbot eine Ehe
zu schließen, tödliche Gaskammern, Krematorien - die schlimmste Offenbarung von
Degeneration und moralischer Perversion – wahrhafte „Blumen des Bösen“ gesät
von dem Feind des Menschengeschlechts.
Es sind schon zwölf Jahre, dass Gott mir die Gnade gegeben hat, einen
Teil des Unglücks zu sehen, das damals über Osteuropa stürzte. Ich war in
Sowjetrussland, wohin etwa zwei Millionen Polen deportiert wurden, sowie
Hunderttausende von Ukrainern und Litauern.
Gewalttätige Zerstreuung von Familien - der Vater an die Grenzen
Chinas deportiert, die Mutter nach Sibirien und die Kinder an den Ufern des Arktischen
Meeres – Zwangsarbeit den besiegten, Inzeste, Blasphemien, Verbot der Religionsausübung,
physischer und moralischer Hunger, der schreckliche sibirische Winter - Oh! In
diesem Winter, der es uns ermöglicht, zu verstehen, warum Dante die unterste
Ebene der Hölle in ewiges Eis gestellt hat - dies ist die vollständige
Subversion des Naturgesetzes, siehe da, wohin die Essenz der modernen Verneinung
gekommen ist.
Von einer halben Million deportierten Kindern sah ich nur ein paar
Zehntausende von wandelnden Skeletten, in deren Augen ich den bevorstehenden
Tod las. In dieser Welt, in der sich andere Kinder an mütterlicher Betreuung
und Zuneigung freuen, mussten diese Unglücklichen mit enormen Opfer um ihren
eigenen Lebensunterhalt kämpfen. Ich sah einen Jungen, der als Almosen der
Armee ein Stück Brot bekommen hatte und es Vergrub, in der Hoffnung es für
einen anderen Tag aufzubewahren, in dem in dem es vielleicht niemand mehr gäbe,
der ihm Almosen solch ein Almosen gebe.
Um das Losungswort der frühen
Christen wieder aufzunehmen:
Ehrwürdige Väter: Wenn das priesterliche Ideal und der Zölibat
jemals harten Prüfungen ausgesetzt waren – Prüfungen, die glücklich überstanden
wurden –, dann geschah dies zweifellos in diesen grenzenlosen Ländern
Sowjetrusslands. Ich kenne Fälle von Priestern, die, obwohl sie nicht zur
Deportation verurteilt waren, unter Missachtung strengster Vorschriften
heimlich die Wagen der Verbannten betraten, um diesen unglücklichen Menschen
weit weg im sibirischen Eis Trost der Religion zu spenden und ihr Schicksal zu
teilen.
Trotz des strengen Verbots verrichteten sie liturgische Gebete und
brachten das Opfer der Heiligen Messe dar, meist im Geheimen, zu jeder
günstigen und sicheren Stunde des Tages oder der Nacht.
Zur Mitternachtsmesse (Christmesse) um drei Uhr morgens
versammelten sie sich zum Klang der geheimnisvollen Worte der frühen Christen:
„Der Fisch ist fertig.“
Wäre ich Dichter, würde ich als erste Szene des ersten Aktes eines
modernen religiösen Dramas folgende Darstellung zum Thema nehmen: ein
Konzentrationslager, Schneesturm, Stacheldraht, Nacht, Sturm. Wachen mit
geladenen Maschinengewehren, eine in der Dunkelheit verschwindende Kaserne und
davor unsere Wächter. Aus der Kaserne tritt leise eine Gestalt, gekleidet wie
ein Kriegsgefangener, mit einer Stola über den Schultern, und ruft mit gedämpfter
Stimme in die Nacht: „Der Fisch ist fertig.“ Dann geben die Wächter diese
symbolischen Worte weiter. Von rechts und links nähern sich mit langsamen
Schritten die Schatten, jene, die in tiefer Ruhe und Freude im Kuss des
eucharistischen Herrn. die unendliche Liebe suchen.
„Die Dogmen zum Schweigen zu
bringen, wäre dasselbe, wie sie zu leugnen.“
Meine liebsten Brüder, wo sind diese heldenhaften Priester heute?
Einige kamen in diesem unmenschlichen Land um, andere auf den Schlachtfeldern;
und der Rest ist über das Universum verstreut, denn es gab keine Möglichkeit
mehr, in ihre Heimat zurückzukehren. Wären sie zurückgekehrt, wären sie erneut
deportiert worden. Aber ihre Plätze sind jetzt von anderen Dienern Jesu Christi
eingenommen. Es war des Teufels brennender Wunsch, Priester wie Weizen zu
sieben (Lk 22,31).
Ich spreche nicht nur von meiner Heimat, sondern von all den
Ländern jenseits des Eisernen Vorhangs. Ich habe die bedeutendsten Kardinäle
Mindszenty, Stepinac und Wyszynski vor Augen; die Pater Slipyj und Reynis; die
polnischen, ukrainischen, litauischen, tschechischen, slowakischen,
ungarischen, rumänischen und weißrussischen Bischöfe. Einige sind in ihrer
eigenen Heimat inhaftiert; andere deportiert.
Ich habe Tausende von heiligen Priestern vor Augen, die verurteilt
wurden – aus welchem Grund? Einzig und allein, weil sie Gott und seinem Volk dienten;
einzig und allein, weil sie Gott mehr gehorchten als den Menschen
(Apostelgeschichte 5,29); nur weil sie den Versuchungen des Teufels
widerstanden; nur weil sie den Mut zeigten, das Loblied auf die göttliche Macht
des Gewissens zu singen; nur weil sie den Heiligen Vater nicht kompromittiert
haben, geschweige denn sich von der katholischen Einheit trennen wollten; nur,
schließlich, weil sie, aufgefordert, das Dogma vom Primat des römischen Papstes
zum Schweigen zu bringen, mit dem heiligen Maximus dem Bekenner antworteten:
„Die Dogmen zum Schweigen zu bringen, hieße, sie zu leugnen!“
Vom polnischen Klerus, der bereits durch den Krieg dezimiert
wurde, sitzen Hunderte Priester in Kerkern; viele weitere ukrainische Priester
wurden verfolgt und deportiert; vom litauischen Klerus ist nur noch eine
Handvoll in ihren Ämtern; und so lässt sich die Zahl der Verluste der Kirche in
Osteuropa in erschreckenden Statistiken festhalten, die nach Rache schreien.
Und streben diese Helden Christi nach Rache? Nein! Sie wissen
genau, dass das Schicksal des Priesters Verfolgung und Leid ist, denn „der
Jünger ist nicht größer als sein Meister“ (Mt 10,24); sie wissen genau, dass
„die Wunden, die aus Liebe zu Christus getragen werden, nicht den Tod, sondern
das Leben garantieren“ (hl. Ambrosius ad Imperatorem Valentinianum).
Man erzählt von diesem bewundernswerten Artilleriehauptmann, dass
er, nach Sibirien deportiert, dort seine Gefangenschaft Gott als Opfer für die
Bekehrung jenes undankbaren Volkes anbot, das seine Heimat zerstört, seine
Familie gespalten und seine Freunde getötet hatte (nach zehn Jahren grausamer
Gefangenschaft trat er dem Karmeliterorden bei). So beten auch die Soldaten
Christi und bitten den Himmel, dass das Reich Gottes über dieses riesige Volk
komme, in dessen Land keine Freiheit, sondern Sklaverei herrscht. Und sie
hoffen, dass ihre Hände, obwohl in Ketten gelegt, dank der Inbrunst unserer
Gebete erhoben bleiben mögen.
Wer betet für unsere Brüder „in vinculis“?
An dieser Stelle frage ich jedoch: Wer betet für sie? Der Heilige
Vater betet und ruft unaufhörlich andere dazu auf, ebenfalls zu beten. Und wer
hört diesen Appell des Papstes, der in der Enzyklika „Ingruentium malorum“ erneut zum Ausdruck kommt? Leider haben nur
wenige, sehr wenige Priester diesem Ruf des Pontifex geantwortet. „Quoniam abundavit iniquitas, refrigescit
caritas multorum – Weil die Ungerechtigkeit überhandgenommen hat, ist die
Liebe in vielen erkaltet“ (Mt 24,12).
Gerade wir, die wir uns hier zusammenfinden, oder besser gesagt,
die wir uns mit dem Papst vereint fühlen, sollten uns der Verantwortung bewusst
sein, die uns zukommt. Warum vereinen wir uns im Zeichen der „unendlichen
Liebe“? Oder sind wir uns der Qualen nicht bewusst, denen diese Gefangenen
ausgesetzt sind, im Vergleich zu denen die Szenen aus „Quo vadis“ trotz ihrer
Grausamkeit nichts sind?
Haben wir noch nicht bemerkt, dass heute alles Materie heißt? Und
diese menschliche „Materie“, vorbereitet durch Hypnose und Injektionen, ist
gezwungen zuzuhören, in Prozessen Buße zu tun, sich selbst anzuklagen und sogar
sich selbst zu verleugnen.
Keine juristische Vorbereitung nützt ihnen, denn was sie erwartet,
ist keineswegs ein Prozess nach dem Gesetz, sondern lediglich eine Farce, in
der jedes Argument ihrer Verteidigung ihre Verurteilung verstärkt.
In der Vergangenheit blieb dem Christen als letztes Wort die
Möglichkeit, seine Überzeugungen zu verkünden, selbst auf Kosten des eigenen
Lebens. Kirche und Volk sahen im Tod des Märtyrers den Triumph der Sache
Gottes, und diesem Tod folgten außergewöhnliche Zeichen. Doch die heutigen
Kämpfer müssen mit einer neuen Tyrannei rechnen, die ihnen sogar den Ruhm des
Martyriums raubt; eine Tyrannei, die umso abscheulicher ist, weil sie sich zu
diesem Zweck auch besonderer Mittel bedient.
Wenn der Feind die Schranken
der Seele niederreißt
Wie sieht es mit einem Bischof oder Priester aus, der jahrelang im
Gefängnis sitzt? Er verbringt Tage und Nächte hungrig und frierend, nur unterbrochen
von der schrecklichen Erpressung der „Wahrheit“, unter physischem und
psychischem Zwang, die darauf abzielt, dem Unglücklichen das gewünschte
Geheimnis zu entlocken oder ihm das Gefühl zu geben, ein Verbrecher zu sein.
Wer von uns würde dieses Martyrium ertragen?
„Nec fortitudo lapidum
fortitudo mea, nec caro mea aenea est – sind etwa meine Kräfte
Felsenkräfte, oder ist mein Fleisch aus Erz gemacht?“ (Hiob 6,12).
Ich kenne einen Priester, der seit fünf Jahren inhaftiert ist und
auf seine Verurteilung vorbereitet wird. Körperlich am Ende, fühlte er seine
geistige Kraft am Ende, und aus Angst zu fallen, gelang es ihm, durch die
Gitterstäbe des Gefängnisses eine Bitte um Gebete zu übermitteln. Dieser Schrei,
dieser Ruf: „Gebete – Gebete!“ aus
den Gefängnissen der Priester jenseits des Eisernen Vorhangs hallt in die
gesamte katholische Welt wider. Unsere armen Brüder glauben, sie und ganz
Osteuropa seien von ihren Mitpriestern vergessen worden. Sie glauben, sie seien
bereits aus unserem Gedächtnis gelöscht. „Miseremini
mei, saltem vos amici mei, quia manus Domini tetigit me“ - Erbarmt euch
meiner, erbarmt euch meiner, ihr meine Freunde; denn Gottes Hand hat mich
getroffen! (Hiob 19,21).
Diese Brüder werden sich am Weihnachtstag daran erinnern, dass „apparuit benignitas et humanitas Salvatoris
nostri Dei“, und zum Gesang der Engel, „gloria
in excelsis Deo“, werden ihnen die Worte des Psalms über die Lippen kommen:
„De profundis clamavi ad te, Domine.“
Sie finden keine Gelegenheit zur Beichte; und selbst wenn sie es
täten, würden sie sich nicht sicher fühlen, weil die Gefahr besteht, heimlich
belauscht zu werden. So beichtete ich in Moskau einem Priester, der seit zehn
Jahren nicht mehr gebeichtet hatte. Wir taten dies auf Latein, da der uns
verfolgende Spion die Sprache nicht verstand; dennoch mussten wir uns auf die
in den Mauern versteckten Mikrofone rechnen.
„Meine Seele ist zu
Tode betrübt.“ Nur wer selbst im Gefängnis oder in einem Konzentrationslager
gelitten hat, weiß, was Sehnsucht bedeutet, aber auch, was Versuchung bedeutet.
„Pericula inferni“, wenn der Feind
die Dämme der armen Seele durchbricht, sodass die Wellen des Bösen sie überwältigen
können! Angst, Schrecken und Traurigkeit überfallen sie sofort. Wer hat einen
so starken Geist, dass er allen Schlägen des Feindes standhalten kann, der
niederträchtig und furchtbar erscheint, der auf das Haupt des armen und
einsamen Priesters ein Meer böser Gedanken ausgießt und gleichzeitig seine
Gebete verspottet, seine Augen mit bösen Visionen entweiht, ihn mit der
Faszination der Attraktionen der Welt in Versuchung führt, seiner zahllosen
teuflischen Legionen befiehlt, sich um die arme Seele zu scharen, um sie zur
Verzweiflung zu treiben, das Werk seiner Bosheit an ihr zu verrichten und
seinen satanischen Despotismus auszuüben?
Die Hölle auf Erden und die Hölle unter der Erde wirken genau
darauf hin: die Zerstörung nicht nur von Körper und Ehre, sondern auch der
Seele.
Mit Ketten beladen, singen
sie das Lob Christi.
O barmherziger Gott, erlöse uns von dieser Prüfung, die wir in
Freiheit leben und Kraft und Freude aus der eucharistischen Quelle und dem
Felsen Petri schöpfen; die wir mit Freude oder zumindest in Frieden beten, denn
all unser Leiden ist nur ein idyllisches Lied im Vergleich zum Leiden unserer
gefangenen und deportierten Brüder.
Wir wissen, dass der hl. Petrus, als er im Gefängnis war, „oratio autem fiebat sine intermissione ab
Ecclesia ad Deum pro eo“ - „von der Gemeinde ohne Unterlass für ihn zu Gott
gebetet wurde“ – die ganze Kirche betete ohne Unterlass zu Gott für ihn“
(Apostelgeschichte 12,7). Heute betet der heilige Petrus durch den Mund seines
Nachfolgers ohne Unterlass für seine gefangenen Kinder. Wir legen dem Papst,
der diesen „großen und glorreichen mystischen Leib“ leitet, unseren tiefsten
Dank zu Füßen und bitten alle unsere Brüder und Schwestern, dafür zu beten,
dass auch sie, die Verfolgten, die Wahrheit bezeugen, „denn wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“ (1 Kor
12,26).
Obwohl sie gefesselt sind, singen diese Gefangenen Christi sein
Lob mit Worten und Beispielen.
Ich kenne einen zum Tode verurteilten, aber durch den Pakt von
1941 freigelassenen Priester, der einige Tataren bekehrte und taufte, die,
nackt wie er, in der Todeszelle auf ihre Hinrichtung warteten. Mit ihnen, zum
gleichen Schicksal verurteilt, war auch ein Oberst der N.K.W.D. Als dieser den
Eifer und den Frieden unseres Peiresters sah, sagte er ihm eines Tages: „Ich
habe alles dem kommunistischen Ideal geweiht. Ich habe ihm meine Jugend, meine
Familie und mein Land geweiht. Heute jedoch sehe ich, dass mein ganzes Leben im
Irrtum war. Komm, Pater, und sprich zu mir über Jesus Christus.“
„Ich war im Gefängnis, und
ihr habt mich nicht besucht.“
Jenseits des Eisernen Vorhangs tobt Israels Kampf gegen Amalek (Ex
17,8-16), nicht mit der Schärfe des Schwertes, sondern mit dem Schwert des
Geistes, „nicht nur gegen Fleisch und Blut, sondern auch gegen die Herrscher
und Mächte der Hölle, gegen die Herrscher dieser Welt der Finsternis, gegen die
bösen Geister, die in den Lüften umherschweife“ (V. 6,12).
Auf dem Gipfel des Berges steht der Heilige Vater, wie der Moses
des Neuen Bundes, „in seiner Hand die Gnade Gottes“ (Ex 17,9). Doch wo sind
diese neuen Aarons und Hurs, die im Gebet die Hände des Führers des
auserwählten Volkes halten (Ex 10,12)?
Sind unsere deportierten und gefangenen Brüder nicht ein Vorbote
dessen, was uns allen widerfahren kann?
Wenn, wie der heilige Paulus an die Römer schreibt (8,19), selbst
die Natur, stöhnend und leidend, nicht nur Sehnsucht nach Gott empfindet,
sondern auch mit großer Sehnsucht auf die Offenbarung der Söhne Gottes seufzt
und wartet, mit wie viel größerer Sehnsucht erwarten dann unsere Brüder die
Erweisung unserer Nächstenliebe, auf die sie ein bedingungsloses Recht haben?
Sie wissen wohl, dass das Leiden eine Verpflichtung ihres
Priestertums ist, doch wir wissen ebenso wohl, dass das Gebet für sie unsere
Verpflichtung ist. So erweist sich die priesterliche Nächstenliebe als Widerschein
unendlicher Liebe.
Beim Jüngsten Gericht wird der göttliche Richter zu seinen Dienern
sagen: „Ich war krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht“ (Mt
25,43). Doch sie werden ihm erwidern: „Herr, wann haben wir dich krank oder im
Gefängnis gesehen und sind nicht zu dir gekommen?“ (25,44). Darauf wird er antworten:
„Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner Geringsten nicht getan habt, das
habt ihr auch mir nicht getan“ (25,45).
Eines Tages fragte mich jemand, wie man den Gefangenen mitteilen
könne, dass wir für sie beten. Nun, das spielt keine Rolle, denn unser Gebet
wird sie erreichen, ob sie es wissen oder nicht; und sie nehmen es an, weil sie
das Gesetz der Nächstenliebe kennen. Sollten wir vielleicht zulassen, dass sie
statt des Gefäßes der priesterlichen Nächstenliebe, aus dem sie Balsam für ihre
Seelenwunden schöpfen, nur die Henkel dieses Gefäßes in ihren Händen behalten?
Auch wenn uns die größten Entfernungen trennen, sind wir Gefäße, die in der
Nächstenliebe miteinander verbunden sind. „Qui
non diligit, non novit Deum, quoniam Deus caritas est“ - „Wer nicht liebt, hat
Gott nicht, erkannt; aber Gott ist Liebe“ (1 Joh. 4,8). Glaube und Liebe sind
nicht Gott, aber Gott ist die Liebe (Kardinal Manning, „Die innere Mission des
Heiligen Geistes“).
„Wenn ich Prophetengabe besitze und um all Geheimnisse weiß und
alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben habe, dass ich Berge versetze, doch
Liebe nichts habe, so bin ich nichts – sie
prophetiam et noverim mysteria omnia et omnenm scientiam ets sie habiero omnem
lidem, ita ut montes transferam, caritatem autem non habuero, nhil sum“ (1.
Kor. 13,2).
Auch Bileam hatte am Anfang Glauben und Hoffnung, doch besaß er
keine Liebe (Kardinal Newman, „Glaube und Liebe“). Auch er besaß Gehorsam, und
doch fand er ein trauriges Ende, weil sein Gehorsam bar der Liebe war (Kardinal
Newman, „Gehorsam ohne Liebe“).
Lasst uns dem Himmel
Gewalt antun, durch die Hände der Jungfrau.
Verzeiht mir, liebe Brüder, wenn ich es wage, so offen zu euch zu
sprechen. Ich weiß, dass der Heilige Geist göttliche Nächstenliebe in eure
Herzen gegossen hat. Ich weiß auch, dass einige von euch täglich die zweite
Nocturne des Breviers für die Kirche des Schweigens und für inhaftierte
Priester beten. Das ist sehr lobenswert. Aber reicht das aus? Wir sollten diese
zweite Nocturne bereits beten; wird die bloße Tatsache, eine Intention
hinzuzufügen, vollkommen mit den Sehnsüchten eures großmütigen Priesterherzens
übereinstimmen? „Flamescat igne caritas,
accendat ardor proximos.“
Inmitten der großen Auswanderungsströme hat sich der schöne Brauch
verbreitet, dass jeder, wo auch immer er sich befindet, in Europa oder
Argentinien, in Australien oder Indien, zu einer der neun Stunden der Nacht ein
Vaterunser, Ave und Gloria für seine verfolgten Landsleute betet, damit Tag und
Nacht ein ununterbrochener Gebetskreis besteht. Und so werden diese Gebete
Stunde für Stunde dem Himmel Gewalt antun und durch die Hände des Trösters der
Betrübten Gott, dem Sohn, dargeboten werden, der seinen Segen wie einen Regen
der Gnade und des Trostes auf die durstigen Seelen jenseits des Eisernen
Vorhangs herabregnen lässt.
Ich glaube nicht, dass ein solcher Liebesbeweis ein zu schweres
Opfer für uns ist; ich bitte darum im Namen all jener Nationen, die unter dem
Joch der Tyrannei stöhnen. „Vinculum
perfectionis est caritas“, besonders, wenn jeder, ohne Unterschied von
Hautfarbe oder Rasse, für seine in Ketten gelegten Brüder und Schwestern betet.
„Caritas fraternitatis maneat in vobis …
Me mentote victorum tamquam simul vincti, et laborantium tamquam et ipsi in
corpore morantes“ (Hebr 13,1.3).
Ihr Schicksal ist äußerst schwer. Sie sind von Feinden und
Verfolgern umgeben. Damit sie nicht mit Jesus klagen müssen: „circumdederunt me undique, et non erat, qui
adjuvaret, respiciens eram ad adjutorium, hominum, et non erant“ (Ecli 51,7)
– Ich wandte mich ringsum und fand keinen Helfer, ich späte nach Beistand, doch
keiner war hier – zeigen wir ihnen unsere wirksame Nächstenliebe zumindest durch
das Gebet.
Im Buch Genesis (21,9) lesen wir die traurige Geschichte der
verbannten Hagar, deren Sohn Ismael in der Wüste verdurstete. Der Engel des
Herrn erschien der verzweifelten Mutter und zeigte ihr eine Quelle mit reinem
Wasser, mit der sie das sterbende Kind rettete. Ebenso sterben Bischöfe und
Priester in der Wüste, in Gefangenschaft und Grausamkeit. Wo sollen sie dann
die Quelle der Hilfe finden?
Liebe Brüder: Ich sehe diese Quelle und höre ihre Stimme, oder
besser gesagt, ihr sanftes Murmeln. Ich sehe sie in euren priesterlichen Herzen
und höre ihre Stimme und ihr Murmeln in den Gebeten, die aus euren Herzen
fließen. Gottes Liebe und eure Nächstenliebe werden diese Quelle der Hilfe
sein.
Und was das Schicksal der Kirche betrifft, so werden sich die
Worte des hl. Ambrosius erfüllen. Er sagte: „Je schmerzlicher das Erbe Jesu,
das sich auf alle Völker erstreckt, geprüft wird, desto treuer wird es werden;
denn häufige Verfolgungen der Kirche haben uns die Siege der Heiligen und den
Ruhm des Martyriums gebracht. Und wie wahres Gold, je mehr es der Einwirkung
des Feuers ausgesetzt wird, desto glänzender wird es, ohne Schaden zu nehmen –
so wird auch die Kirche, je mehr sie im Feuer der Verfolgung geprüft wird, umso
größer ihr Glanz sein, bis zu dem Tag, an dem Christus kommt, um sein Reich zu
erringen und sein Haupt auf den Glauben der Kirche zu stützen. Amen“ (Expositio Psalm 118, Sermo 3, 7).
Aus dem portugiesischen von „PRECE
pelos sacerdotes encarcerados“ in Catolicismo von Februar 1956
Die deutsche Fassung dieses Artikels „Gebet
für die inhaftierten Priester“
ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com
© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit
Quellenangabe dieses Blogs gestattet.