Donnerstag, 19. Dezember 2024

Vorwort von S.E. Weihbischof Athanasius Schneider zum Buch

 Eine pastorale Revolution von Guido Vignelli



Seit mehr als fünfzig Jahren ist ein Änderungsprozess im Gange, in dem das Wort „pastoral“ zum meist verwendeten Begriff in der Kirche avancierte. Zugleich wurde es aber am häufigsten missbraucht. Dieses Phänomen entfaltet sich seit dem letzten Ökumenischen Konzil, das nach dem Willen der Päpste Johannes XXIII. und Paul VI. als ein „pastorales“ Konzil gedacht war und auch so geplant und realisiert wurde. Der Begriff „pastoral“ sollte dabei andeuten, dass im Konzil nicht beabsichtigt war, formell neue dogmatische Definitionen zu fassen oder endgültig zu beschließende Lehrsätze vorzugeben. Daran hielt man sich auch tatsächlich.

Das Konzil brachte somit Lehrsätze mit überwiegend pastoralem Charakter hervor. Das heißt, Glaubensauslegungen, Regeln der Disziplin und kirchliche Aktionsmethoden wurden den spezifischen historischen Gegebenheiten angepasst, in denen die Menschen der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts lebten. Damit sollten diese pastoralen Lehrsätze als solche offen für neue Zusätze, Auslegungen und Veränderungen sein, so wie es die pastoralen und disziplinären Texte aller vorherigen Ökumenischen Konzilien waren.

In der nachkonziliaren Zeit war das Wort „pastoral“ allgegenwärtig. Sehr oft wurde es wie ein Allheilmittel eingesetzt und zur Rechtfertigung selbst abwegiger Äußerungen über Lehre, Moral und Liturgie herangezogen, die sicherlich im Gegensatz zur ursprünglichen Meinung der Konzilspäpste und der Mehrheit der Konzilsväter standen. Kleriker, die die Unversehrtheit des katholischen Glaubens und den sakralen Charakter der Liturgie zu zerstören trachten, verwenden daher bis heute den Begriff „pastoral“ als Schutzschild, um die Reinheit des Glaubens ungestraft zu verderben, wie er von den einfachen Gläubigen praktiziert wird.

Der Missbrauch des Wortes „pastoral“ bewirkt heutzutage nicht selten ein eher anti-pastorales Ergebnis. Das geschieht, wenn Vertreter des Klerus merkwürdige und finstere Lehren predigen und verteidigen. Dies verleitet die Menschen dazu, eine dem Willen Gottes entgegengesetzte Lebensweise anzunehmen. Damit setzen sie sich der Gefahr aus, das ewige Leben zu verlieren. Jene vermeintlich „pastorale“ Tätigkeit nimmt vor allem dann Dimensionen eines geistigen Verbrechens an, wenn deren Fürsprecher – unter ihnen tragischerweise des Öfteren selbst Bischöfe und Kardinäle – als Glaubenshirten ihre Herde nicht mehr zu den Quellen der göttlichen Wahrheiten und Gnaden führen wollen. Stattdessen bringen jene Hirten, nachdem sie sich der Welt angepasst haben (vgl. Röm 12,2), auch ihre Herde dazu, sich ebenfalls dem Zeitgeist anheimzugeben. Erst dann können jene Hirten ihr Gewissen beruhigen, um doch nur weiter auf eine Weise leben zu können, die offen im Gegensatz zum Willen Gottes steht, namentlich der im sechsten Gebot begründeten Unauflöslichkeit der Ehe.

Der Missbrauch des Begriffs „pastoral“ erreicht in unseren Tagen einen neuen Höhepunkt. Ihre Verkünder wollen die Sünde gegen das sechste Gebot und die Ehescheidung legitimieren, indem sie dazu zweideutige, verführerische, verfängliche oder „talismanische“ Ausdrücke benutzen, die auf eine gewisse Zauberwirkung abzielen. Diese unter dem Schutzschild der „Pastoral“ angewandte Wortspielerei bedeutet letztendlich einen Angriff auf den sakralen und göttlichen Charakter der Sakramente der Ehe, der Buße und der Eucharistie. Wenn die Unauflöslichkeit der Ehe mit List unterwandert wird, leidet am Ende auch das Heiligtum der Familie – die „Hauskirche“ – darunter. Solch eine Familienpastoral führt die Seelen dazu, den Zeitgeist mehr zu lieben. So wählen sie das, „was der Menschen ist, und nicht was Gottes ist“ (Mt 16,23). Jene Pseudo-Familienpastoral hat sich zum Ziel gesetzt, der Welt zu gefallen, anstatt der reinen und anspruchsvollen Wahrheit Christi zu dienen. Die kirchlichen Verkünder dieser Pseudo-Pastoral bezeigen eine Liebe zur Welt, die ihr gegenüber immer aus einer Mischung von Furcht und Minderwertigkeitskomplex besteht.


In diesem Buch, Eine pastorale Revolution? Sechs Zauberwörter in der synodalen Debatte über die Familie, stellt Guido Vignelli eine genaue und überzeugende Analyse einiger Begriffe vor, die von jener Pseudo-Familienpastoral am meisten benutzt und aus ihrem ursprünglichen und authentischen Sinn herausgerissen werden. In der Tat kann man Spuren dieses Vorgehens in der Entwicklung, in den Diskussionen und teilweise auch in den Dokumenten der zwei letzten Synoden zum Thema Familie finden, die in Rom 2014 und 2015 abgehalten wurden. Guido Vignelli gebührt das Verdienst, den verzerrten Sinn einiger der von der „neuen Familienpastoral“ am meisten benutzten Begriffe zu entlarven und ihre Verbreiter aufzufordern, die Karten auf den Tisch zu legen.

Der hl. Papst Gregor der Große, eine der hervorragendsten Persönlichkeiten der Kirchengeschichte, hinterließ den Hirten für alle Zeiten leuchtende Anweisungen zur Orientierung des Lebens und der pastoralen Tätigkeit. Unter seinen Instruktionen ist die Monographie Regula Pastoralis hervorzuheben. Die von Gregor dem Großen vorgegebenen und erläuterten pastoralen Grundsätze und Methoden, sowie eine authentische pastorale Vorgehensweise der kirchlichen Amtsträger, sind heute aktueller denn je.

In unseren Tagen müssen die Hirten der Kirche die forma mentis der wahren Pastoral besitzen und bewahren, die ganz „dem ergeben ist, was Gottes ist und nicht was der Menschen ist“ (Mt 16,23). Wenn er über die Pseudo-Pastoral spricht, verdeutlicht Gregor der Große zugleich, wie eine wahre pastorale Gesinnung aussehen soll:

Wenn der Seelsorger nur mehr ein weltlicher Beamter ist, ist bei der Bewachung der Herde von Seelsorge keine Rede mehr. Da vermögen die Untergebenen das Licht der Wahrheit nimmer zu schauen, weil den Hirten irdische Sorgen in Beschlag genommen haben und weil der vom Sturme der Versuchung aufgewirbelte Staub die Augen der Gemeinde umnachtet. (…) Solch ein Hirte versucht, den Menschen zu gefallen, indem er sie im geschmeidigen Bett des Irrtums legt. In der Folge wird kein noch so heftiger Tadel die Seele seiner Untergebenen von der aufgeladenen Schuld wieder befreien.“ (Frei nach Regula Pastoralis, II, 7.) „Die Heilige Kirche erwählt als Seelenführer nicht Experten in weltlichen Angelegenheiten, aber doch diejenigen, die Erfahrung im geistlichen Leben haben. Weltlich gesinnt sind diejenigen, die sich anschicken, äußerliche Erfolge vorzuzeigen und das Streben nach himmlischen Dingen an zweiter Stelle zu setzen. Ein guter Hirte muss sich bemühen, seinen Gläubigen die himmlischen Dinge zu übermitteln, nicht die weltlichen und vergänglichen, sondern die ewigen. Unter den vielen Aufgaben der Kirche ist das priesterliche Amt ein Amt des Heils. Doch wenn dieses Amt Personen anvertraut wird, die durch Unkenntnis blind sind, die wohlerzogen sind, aber keinen Glauben haben, oder sich den weltlichen Dingen hingeben – wie können diese die Seelen führen?“ (Frei nach In 1 lib. Reg., 6, 81-85.)

Eine gottergebene Pastoral und spezifisch eine gottergebene Familienpastoral muss in den Seelen eine tiefe Liebe zum Willen Gottes und seinen Geboten und einen starken Wunsch nach dem ewigen Leben erwecken. Solch eine Liebe und solch ein Wunsch sind aber nicht ohne die Bereitschaft zum Opfer und zum Kreuz möglich. Denn die Annahme des Kreuzes mit Hilfe der Gnade und im Geiste des Glaubens führt – gerade in der Ehe und im Familienleben – mit Sicherheit die Seelen zum himmlischen Vaterland.

Hören wir den hl. Gregor den Großen: „Wir dürfen uns nicht zu sehr an unser irdisches Exil gewöhnen; der Wohlstand des Lebens darf uns nicht unsere wirkliche Heimat vergessen machen; unser Geist darf in diesem Wohlstand nicht schläfrig werden. Aus diesem Grund verbindet Gott seine Gaben mit seinen ,Besuchen‘. Das heißt, er versieht sie mit Strafen. So wird alles, was uns in dieser Welt begeistert, bitter und entfacht in unserer Seele das Feuer, das in uns den Wunsch nach den himmlischen Dingen erweckt und uns vorantreibt. Dieses Feuer schmerzt uns angenehm, kreuzigt uns sanft und betrübt uns froh.“ (Hez. 2, 4, 3.)

Möge Gott in unseren Tagen viele Hirten hervorbringen, die eine wahre Familienpastoral betreiben, die die Kirche und die heutige Welt mit vielen heiligen Eheleuten, Vätern und Müttern, Kindern und Jugendlichen bereichern. Dazu wird uns bestimmt nicht eine vergängliche, provisorische und „talismanische“ Pastoral verhelfen können, sondern nur eine Pastoral, die dauerhaft und fordernd, klar und kreuzesliebend ist; eine Pastoral, die die Seelen nicht allein auf die weltlichen Dinge begrenzt, sondern sie durch die Wahrheit zur Ewigkeit führt.

Astana, den 2. April 2016

Athanasius Schneider

Weihbischof der Erzdiözese der Allerheiligsten Jungfrau in Astana


© Nachdruck ist mit Quellenangabe gestattet.


Dienstag, 17. Dezember 2024

Linzer Dom: Man soll vor einem homosexuellen Paar niederknien


von Julio Loredo


Vor wenigen Wochen endete die Ausstellung zum 100. Jahrestag des Linzer Domes.

Die Veranstaltung verlief nicht frei von Kontroversen und löste einen internationalen Skandal aus, beispielsweise mit der Ausstellung „Donna Stage“, einer Statue der nackten Madonna bei der Geburt ihres Kindes. Die Statue war stark pornographisch und blasphemisch und musste nach der empörten Reaktion der Gläubigen zurückgezogen werden.

Es scheint jedoch, dass die Kurie ihre Lektion nicht gelernt hat. Den Abschluss der Ausstellung bildete schließlich die Ausstellung „Die neue Familie“ der Künstlerin Bernadette Huber. Eine Ausstellung, die Homosexualität, Transgenderismus, die „queere“ Familie und so weiter huldigt. Die aus einem großen Smartphone bestehende Installation soll ein zeitgenössisches Kultobjekt darstellen. Etwa 100 Bilder, abgespielt wie ein Film, auf einem Handybildschirm.

Der Film sollte auf den Knien geschaut werden. Ein roter Knieschützer vor einem riesigen Smartphone lädt ein: „Bitte knien Sie hier.“ Die Fotografien zeigen homosexuelle Paare, Transgender, Transvestiten usw.

Dies ist eine seltsame Szene einer Kathedrale, in der man nicht vor dem Allerheiligsten Sakrament kniet, sondern die Darstellung von Situationen, die die katholische Lehre als „in sich ungeordnet“ und sündig definiert.


Bild generiert mit der DALL-E AI von OpenAI


Aus dem italienischen „Duomo di Linz: ti devi inginocchiare davanti a una coppia omosessuale֧“ in  https://www.atfp.it/notizie/chiesa/2952-duomo-di-linz-ti-devi-inginocchiare-davanti-a-una-coppia-omosessuale

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